Einnahmen aus fehlerhaften Bußgeldbescheiden müssen in den Aktionsplan fließen

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ fordert die Stadt Leipzig auf, den Förderrahmen des lokalen Aktionsplans „Leipzig. Ort der Vielfalt“ um den Betrag der fehlerhaft erlassenen Bußgeldbescheide (mehrere zehntausend Euro) zu erhöhen.

Dieses Geld stammt aus Bußgeldverfahren, die im Nachgang einer Sitzblockade auf dem Leipziger Ring am 2. Mai 2016 eingenommen wurden. Insgesamt hatte die Stadt damals 146 Bußgeldbescheide erlassen in einer Höhe zwischen 300 und 400 Euro. Nach Verhandlungen zwischen Rechtsanwält*innen und der Staatsanwaltschaft wurde ein Teil der Bescheide auf 150 bzw. 200 Euro gesenkt. Im Nachgang dazu hatten das Aktionsnetzwerk und die Kampagne „Dazusetzen“ Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der polizeilichen Maßnahmen gestellt. Die Solidaritätskampagne „Dazusetzen“ hatte die Verfahren mehr als ein Jahr begleitet und mit Spenden deren Finanzierung sichergestellt. Das Urteil des Verwaltungsgerichtes Leipzig hat zwar im Grunde die Rechtmäßigkeit der polizeilichen Maßnahmen bejaht, aber die Grundlage der Bußgeldbescheide entfallen lassen.

Dazu erklärt Rechtsanwalt Jürgen Kasek, der die Klage eines Betroffenen eingereicht hatte: „Die Bußgeldbescheide waren ergangen, da den Personen, die auf dem äußeren Ring Platz genommen hatten, vorgeworfen wurde, dass sie nach Aufforderung der Polizei die Versammlung nicht verlassen hätten. Ferner hätten sie gegen die Auflage verstoßen, dass nur auf der Innenseite des Ringes demonstriert werden durfte. Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil, diese Rechtsauffassung nicht bestätigt. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes handelte es sich bei der Personengruppe, die damals auf dem äußeren Ring Platz genommen hatte, um eine rechtlich eigenständige Versammlung. Die Aufforderung der Polizei sei daher als Auflösung der Versammlung zu verstehen. Mit der Feststellung des Verwaltungsgerichtes, dass es sich um eine rechtlich eigenständige Versammlung handelt, können aber deren Teilnehmer*innen keine Ordnungswidrigkeit dadurch begangen haben, dass sie gleichzeitig einer Auflage einer anderen Versammlung nicht nachkamen und sich nicht aus dieser entfernten. Davon ist jedoch die Stadt ausgegangen. Die Bußgeldbescheide sind damit dem Grunde nach rechtswidrig.“

„Die Stadt hat mehrere zehntausend Euro eingenommen. Da nunmehr feststeht, dass die Bescheide rechtswidrig sind, sollte die Stadt im Wege der Anerkennung der Fehler ihres Handelns die eingenommenen Gelder dem lokalen Aktionsplan zuführen, um damit zumindest symbolisch Wiedergutmachung zu betreiben“, fordert Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“. „Die Erhöhung des Budgets des lokalen Aktionsplanes wäre eine Wiedergutmachung, die den Betroffenen, die damals gegen Nationalismus und Rassismus in Leipzig demonstriert haben, entgegenkommen würde“, so Rudolph-Kokot abschließend.

Pressemitteilung: Leipzig, 23. Mai 2019

Erfolgreiche Blockaden am 1. Mai 2017 bei Halle gegen Rechts

Friedliche Sitzblockaden müssen auch in Leipzig straffrei sein: Das Aktionsnetzwerk reicht eine Petition im Stadtrat ein und klagt gegen die Verfahren vom 2. Mai 2016.

Am 1. Mai wurde in Halle/S. der Aufmarsch von ca. 400 Nazis der Partei „Die Rechte“ und der angeschlossenen „Antikapitalistischen Kollektive“ erfolgreich verhindert. Drei große Demonstrationszüge und klug positionierte Sitzblockaden machten die angemeldete Strecke für die Nazis unpassierbar. Die vorherzusehenden Gewaltausbrüche vonseiten der Nazis taten ihr Übriges, um den Tag der Arbeit nicht als nationalistische Machtdemonstration enden zu lassen. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ bedankt sich bei dem Bündnis für Zivilcourage „Halle gegen Rechts“ für die ausgezeichnete Organisation, bei allen Initiativen und Gruppen für ihre Beteiligung, aber vor allem bei den etwa fünftausend Menschen, die sich gestern aktiv gegen Nazis stellten.

Die Versammlungsbehörde in Halle/S. hatte auch zum Erfolg des Protestes beigetragen, indem sie spontane Versammlungsanmeldungen zuließ und auch zu friedlichen Sitzblockaden keine Berührungsängste zeigte. Das unterscheidet Halle/S. von Leipzig. Hier wurden vor fast genau einem Jahr im Nachgang einer Sitzblockade gegen Legida 163 Ordnungswidrigkeitsverfahren eröffnet, obwohl auch diese friedlich war und den Aufzug von Legida – leider – nicht stoppen konnte.

Das Aktionsnetzwerk hat deshalb eine Petition zur „Überprüfung der im Zusammenhang mit der Versammlung am 2. Mai 2016 verhängten Bußgeldbescheide“ beim Petitionsausschuss/Stadtrat eingereicht. Irena Rudolph-Kokot erklärt hierzu: „Es ist für die tausenden Menschen, die sich über zwei Jahre am Protest in Leipzig beteiligt haben, überhaupt nicht nachvollziehbar, dass ihr Protest immer wieder kriminalisiert wurde, die Stadt selbst sich aber mit dem zivilgesellschaftlichen Protest und dem Ende von Legida schmückt. Das Aktionsnetzwerk fordert die Einstellung der Verfahren nach dem Opportunitätsprinzip.“

Es gibt darüber hinaus erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des damaligen Vorgehens der Versammlungsbehörde. Das Aktionsnetzwerk beschreitet heute den Klageweg und wird gemeinsam mit Betroffenen auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des rechtlichen Vorgehens im Zusammenhang mit der Sitzblockade drängen – juristisch: eine Fortsetzungsfeststellungsklage wird eingereicht. Dazu erklärt Jürgen Kasek, ebenfalls für das Aktionsnetzwerk: „Wir wollen an dieser Stelle Rechtssicherheit schaffen und überprüfen lassen, ob die Beschränkung der Spontanversammlung und der Ausschluss von Beteiligten rechtmäßig war. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Urteilen entschieden, dass auch Spontanversammlungen in Form von Sitzblockaden von der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 I GG geschützt sein können. Die Fragestellungen sind auch deswegen von Belang, da rechte Gruppierungen angekündigt haben, am 1. Mai 2018 in Leipzig demonstrieren zu wollen.“

Pressemitteilung: Leipzig, den 2. Mai 2017

Redebeitrag von Irena Rudolph-Kokot zum Fachtag „Nächstenliebe – Polizei – Gesellschaft“

Fachtag der ökumenischen Arbeitsgemeinschaft „Kirche für Demokratie und Menschenrechte“ am 5. April 2017 in Leipzig


Sehr geehrte Damen und Herren,

nach dem Eingangsreferat von Norbert Kueß, der uns eine spannende Betrachtung zivilgesell­schaftlichen Protestes aus polizeiwissenschaftlicher Perspektive geboten hat, möchte ich als Vertreterin eines großen Leipziger Netzwerkes zivilgesellschaftlicher Akteur*innen zum Protest­geschehen der letzten Jahre sprechen.

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“

Das Aktionsnetzwerk hatte sich 2009 gegründet, um einem Aufmarsch der „Nationalen Sozialis­ten“ am 17.10.2009 in Leipzig mit Aktionen des zivilen Ungehorsams zu begegnen. Diese Demonstration und eine folgende im Oktober gelang es zu verhindern. Danach gab es in Leipzig lange Zeit nur wenige (stationäre) Kundgebungen, häufig von so genannten „Bürger­initiativen“ wie die gegen den Moschee-Bau in Gohlis. Auch gegen die letzten „echten“ Nazidemos 2013 in Schönefeld (NPD) und 2014 in Lindenau (JN) wurde im Aktionsnetzwerk Proteste organisiert.

Gemeinsam mit zahlreichen Partner*innen aus zivilgesellschaftlichen und antifaschistischen Zusammenhängen – dazu gehören Gruppen, Initiativen, Gewerkschaften, Parteien, Jugend­organisationen, engagierte Einzelpersonen und auch Kirchenvertreter*innen – mobilisierte das Aktionsnetzwerk gegen viele weitere Nazidemonstrationen in Leipzig und anderen Städten. „Leipzig nimmt Platz“ kooperiert mit ähnlichen überregionalen Strukturen, z. B. dem „Aktionsnetzwerk Jena“, dem „Bündnis für Zivilcourage Halle“ oder „Dresden Nazifrei“.

Die Leipziger Erklärung 2015 und erste Repressionen des Protests

Im Januar 2015 wurde ein besonderes und öffentlich wirksames Handeln in Leipzig für das Aktionsnetzwerk akut notwendig. Ein Ableger der *Gida-Bewegung, LEGIDA, wollte in Leipzig Fuß fassen. In kürzester Zeit konnte die Leipziger Zivilgesellschaft aktiviert werden. In diesem Zusammenhang wurde die Leipziger Erklärung 2015 verabschiedet, die bis heute ihre Gültigkeit hat. Darin heißt es:

  1. Wir sind entschlossen, LEGIDA-Proteste und andere rassistische und Neonaziaufmärsche in Leipzig zu verhindern.
  2. Neonazistische Einstellungen, Rassismus, Islamfeindlichkeit und andere Ideologien der Ungleichwertigkeit haben in Leipzig keinen Platz.
  3. Wir sind solidarisch mit allen, die diese Ziele mit uns teilen.
  4. Wir wollen das in gemeinsamen und gewaltfreien Aktionen erreichen.
  5. Wir werden Rassist_innen, Neonazis und andere LEGIDAs mit Widersetz-Aktionen zeigen, dass wir sie weder in Leipzig noch anderswo dulden.

Unterzeichnet wurde diese Erklärung innerhalb nur einer Woche von 2183 Menschen. Zu den Erstunterzeichnenden gehörten unter anderen der Künstler Michael Fischer-Art, Ines Kuche: Geschäftsführerin ver.di Leipzig/Nordsachsen, Bernd Kruppa: 1. Bevollmächtigter IGM Leipzig/Vorsitzender Courage Verein, der Sänger Sebastian Krumbiegel, Franz Kimmerle vom Erich-Zeigner-Haus e.V., Monika Lazar: MdB B90/Grüne, Daniela Kolbe: MdB SPD, Constanze Krehl: MdEP SPD, Juliane Nagel und Marco Böhme: MdL Linke, Dirk Panter und Holger Mann: MdL SPD, Jürgen Kasek: Landesvorstandssprecher B90/Grüne Sachsen, und viele mehr.

Die erste Legida-Gegendemo hatte am 12. Januar 2015 mit ca. 30.000 Menschen auf der Straße gezeigt, dass der *Gida Ableger hier nicht willkommen ist. Damals brachte das selbst ernannte „Volk“ maximal 5.000 Menschen auf die Beine.

Schon an diesem ersten erfolgreichen Protesttag begann die lange Reihe der staatlichen Repres­sionen gegen friedliche Aktionen des zivilen Ungehorsams. Damals gab es eine Sitzblockade, deren Beteiligte über ein Jahr erst mit Strafandrohungen, dann Bußgeldern schikaniert wurden. In den meisten Fällen wurden die Verfahren schließlich eingestellt.

Um weiterhin viele Leipziger*innen zum Protest gegen das aufkommende Unheil zu mobilisieren, veranstaltete das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ am 19. Januar 2015 eine Presse­konferenz, an der u. a. die Bundestagsabgeordnete der Grünen Monika Lazar und die Landtags­abgeordnete der Linken Juliane Nagel teilnahmen. Sie riefen die Leipzigerinnen und Leipziger zum Protest auf. Für beide folgte ein juristisches Nachspiel. Ihnen wurde vorgeworfen, zu Verhinderungsblockaden aufgerufen zu haben.

Aus Solidarität stellten über hundert Menschen Selbstanzeige nach § 111 StGB bei der Staats­anwaltschaft Leipzig, auch ich persönlich. Denn wir alle hatten die Leipziger Erklärung unterzeichnet und nichts anderes als in der Erklärung geschrieben steht, haben die beiden Politiker*innen verlautbart. Die Anzeigen wurden wegen Mangels an öffentlichem Interesse nicht verfolgt, das Verfahren gegen Frau Lazar wegen geringer Schuld eingestellt, wobei sie heute noch auf die Antwort der Staatsanwaltschaft wartet, was denn ihre geringe Schuld gewesen sei. Auch Frau Nagels Verfahren fand nach zwei Jahren ein Ende, allerdings gegen Zahlung von 3.500€. Was darüber hinaus geblieben ist – ein tiefes Misstrauen vieler Menschen in die sächsische Justiz und die bestätigte Gewissheit, in Sachsen gilt „derjenige, der auf den Schmutz hinweist, für viel gefährlicher als der, der den Schmutz macht.“ (Tucholsky)

Einordnung von Legida in die Neue Rechte

In der Wahrnehmung von außen war das Oranisationsteam von Legida überwiegend von Personen aus dem Hooliganmillieu, aus der subkulturellen Neonaziszene und dem Umfeld der „Montags­mahnwachen“ getragen. Der Mann, der laut Boulevardzeitungen Pegida nach Leipzig holte, war jedoch der jetzige AfD-Landtagsabgeordnete Hans-Thomas Tillschneider. Er wird ebenso wie beispielsweise der Verleger Götz Kubitschek oder Jürgen Elsässer einer sogenannten „Neuen Rechten“ zugeordnet, die sich zumindest verbal vom historischen Nationalsozialismus abgrenzt und einen biologistischen Rassismus nicht öffentlich legitimiert, sich dafür aber positiv auf die Vordenker*innen des NS bezieht und mit ihrem „Ethnopluralismus“ auf die ideologischen Grundlagen von „Blut und Boden“ zurückgreift.

Neben Tillschneider erhielt Legida auch von Kubitschek und Elsässer durch Reden und Werbung über deren ausgebaute Netzwerke Unterstützung. Öffentlich wurde teilweise über finanzielle Unterstützung durch Elsässer spekuliert. Im Sommer 2015 beteiligte sich außerdem die, ebenfalls als „neurechts“ bezeichnete Identitäre Bewegung mit einem eigenen Block und einem Rede­beitrag durch den sächsischen Anführer Tony Gerber aus Zwickau, der Kontakte zum NSU-Umfeld unterhielt. Das rechte Projekt „Ein Prozent für unser Land“ um den Burschenschaftler Philipp Stein, Götz Kubitschek und Jürgen Elsässer spendete an den damaligen Legida-Anführer Markus Johnke.

Entwicklung des Protestgeschehens
oder wie in Leipzig die *Gida-Bewegung scheiterte

Anders als in Dresden riss der Protest über zwei Jahre nie ab und brachte regelmäßig wesentlich mehr Menschen auf die Straße, als Legida es vermochte.

Im Jahr 2015 gab es alleine in Leipzig an 36 Terminen rassistische Aufmärsche. Diesen hat das Aktionsnetzwerk 80 angemeldete Veranstaltungen entgegengesetzt und so breiten Protest ermöglicht. Das Ziel, die Aufmärsche zu verhindern, wurde nur partiell erreicht. Es gab verschie­dentlich Absagen der Rassist*innen aufgrund von taktisch klugen Anmeldungen der Proteste und etliche Widersetzaktionen, welche zu Routenverkürzungen führten. Die Zahl der Teilnehmer*innen gegen die rassistischen und nationalistischen Aufmärsche hatte sich auch minimiert, weil die Proteste sehr oft von starken Repressionen begleitet waren.

Neben dem Protestgeschehen initiierte das Aktionsnetzwerk im Zuge des Anstiegs der zu uns kommenden Menschen im September 2015 erstmalig das Brückenfest, an dem Alt- und Neu Leipziger*innen sich kennenlernen und zusammen feiern konnten. Dies war aber auch ein Ort politischer Forderungen nach einem humanen Umgang mit den zu uns geflohenen Menschen, einer Erhöhung und Verstetigung der Förderung antirassistischer und in der Geflüchtetenhilfe ehrenamtlich aktiven Initiativen. Das Fest war ein großer Erfolg und wurde 2016 mit erweitertem Fokus auf Antirassismus erneut durchgeführt.

Mit dem Aufkommen diverser Legida-Abspaltungen wie OfD (Offensive für Deutschland) oder GIDA-Regional verstärkte das Aktionsnetzwerk sein Engagement außerhalb von Leipzig. Es gab Beteiligungen an Protesten in Dresden, Freital, Plauen, Halle, Heidenau, Bautzen und weiteren Städten. Die dort gesammelten verschiedenartigen Erfahrungen mit den Behörden vor Ort könnten separat bewertet werden. Dies würde aber den Rahmen hier sprengen.

Nachdem das selbst ernannte, aber stark geschrumpfte „Volk“ die Auftrittsversuche 2016 in Leipzig reduzieren musste, organisierte das Aktionsnetzwerk – neben der Aufrechterhaltung des Protestes – das zweite „Brüc­kenfest“ und schob im Frühjahr 2016 die Kampagne „Druck! Machen. Für ein anderes Sachsen“ an. Daneben wurden zahlreiche inhaltliche Veranstaltungen, wie ein Gespräch mit dem Kapitän der „Cap Anamur“, Stefan Schmidt, zum Thema Seenotrettung sowie etliche Mobilisierungs­veranstaltungen und praktische Demotrainings organisiert.

Nach dem zweiten Jahrestag und einem kraftvollen Protest gegen die Ewiggestrigen, gab Legida am 9. Januar 2017 auf. Das war der Verdienst der Menschen, die unter Einsatz von Freizeit, Nerven und ihrer persönlichen Sicherheit den stetigen Protest ermöglicht haben, immer wieder den Dialog mit den Behörden gesucht haben, um zu verdeutlichen, dass dieses Engagement wichtig ist, und natürlich der vielen Menschen die bei Wind und Wetter sich auf der Straße dem aufkeimenden Hass, Nationalismus und Rassismus widersetzt haben.

Umgang der Behörden mit zivilgesellschaftlichem Protest

Nach jeder Anmeldung einer Kundgebung oder Demonstration erfolgte regelmäßig ein Koope­rationsgespräch, zu dem die Versammlungsbehörde der Stadt Leipzig die Polizei und die Anmel­denden einlud. An den meisten Gesprächen der vergangen zwei Jahre habe ich teilgenommen.

In der Anfangszeit der Proteste im Jahre 2015 gestaltete sich aus meiner Sicht die Kooperation schwierig. Ich erlebte die Vertreter*innen der Polizei sehr oft mit einer vorgefertigten Meinung, dass die Demonstrationen von „Leipzig nimmt Platz“ prinzipiell das eigentliche Problem für die Sicherheit und Ordnung darstellen würden. Unseren potenziellen Teilnehmer*innen wurde immer wieder unterstellt, Straftaten begehen zu wollen. Dabei wurden Würfe von Steinen und friedliche Sitzblockaden in einem Atemzug genannt. Man unterstellte sehr oft im Voraus einen unfriedlichen Verlauf und stützte sich dabei, auch als Versammlungsbehörde, auf völlig abstruse Einschätzungen des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen.

Im ersten Protestjahr entstand der Eindruck, dass man unsere Anmeldungen, hier sind alle demokratischen Proteste eingeschlossen, immer wieder stärker beschränkte als die von Legida. Bestes Beispiel war die Eingitterung der Stolpersteinmahnwache. Damals wurden völlig ignorant gegenüber gesellschaftlicher Erinnerungskultur Absperrgitter auf die Stolpersteine gestellt und der Zugang zu der Mahnwache vielen Menschen versagt. Diese Zuwegungsversagung ist sachsenweit eine gern gelebte Praxis im Demonstrationsgeschehen.

Dagegen wurde der westliche Leipziger Ring regelmäßig den Rassist*innen und Hetzer*innen überlassen, welche vorbei an Stolpersteinen und dem Synagogendenkmal marschieren durften. Dies war für viele Bürger*innen ein unerträglicher Zustand und führte zu einem Gespräch zivil­gesellschaftlicher Akteur*innen mit dem Oberbürgermeister und dem Polizeipräsidenten Anfang 2016.

Aus meiner persönlichen Sicht hat sich seitdem die Kommunikation wesentlich verbessert. Vor allem die Versammlungsbehörde hat immer wieder neu abgewogen, welche Versammlungslagen möglich sind und uns schließlich auch den westlichen Ring für die Demonstrationen dem Aktions­netzwerk überlassen.

Auch die Kommunikation mit den Vertretern der Polizei hat sich verbessert. Ich führe das auch auf die Verstetigung der an den Gesprächen teilnehmenden Beamt*innen zurück. Eine grundlegende Änderung der Herangehensweise, vor allem der potenziellen „Störerbetrachtung“ konnte ich leider nicht erkennen. Die Entspannung war hauptsächlich auf die eingespielten Lagen und betei­ligten Personen zurückzuführen.

Beim Versammlungsgeschehen selbst war Anfang 2015 ein höchst gewaltvolles Vorgehen der Polizei gegen Demonstrant*innen zu beobachten. Wenn dies zum Ziel hatte viele Menschen zu verschrecken, so hat dies gefruchtet.

So ereigneten sich im Januar 2015 mehrere aus unserer Sicht nicht nachvollziehbare Polizei­einsätze. Am 30. Januar 2015 kam ich auch in den Genuss, ein Polizei-Tonfa im Rücken spüren zu dürfen in einer Situation, wo genau dieser Einsatz nicht angezeigt war. Neben dem Abdrängen von Protest und dem rabiaten Räumen von Sitzblockaden wurden Menschen systematisch nicht zu den angemeldeten Kundgebungen durchgelassen. Besonders krass wirkten die Geschehnisse des 20. April 2015, als die Polizei mehrfach völlig unverhältnismäßig gegen versuchte Sitzblockaden vorging.

Darüber hinaus sind vielfache Weigerungen der Polizei dokumentiert, gewalttätige Teilnehmende bei Legida in die Schranken zu weisen. Allen Anwesenden dürften die Bilder vom 21. Januar 2015 im Kopf sein, als an der Spitze des Aufmarsches eine regelrechte Jagd auf Journalist*innen begann und die Polizei nicht einschritt. Viele weitere Vorfälle sind bei der Leipziger Zeitung dokumen­tiert.

Auch im Jahre 2016 gingen die Repressionen weiter. Am 2. Mai 2016 fand am Leipziger Innenstadt­ring nicht nur lautstarker Protest gegen das neofaschistische Legida-Bündnis statt, sondern eine dreistellige Zahl von Demonstrierenden beschloss, das „Platznehmen“ wortwörtlich zu nehmen. Sie setzten sich auf die angekündigte Legida-Route. Im Anschluss wurden die Personalien von 163 Personen aufgenommen, denen fälschlicherweise ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen wird.

Weder wurde Legidas Versammlungsrecht eingeschränkt, noch wurden durch die Teilnehmenden Versammlungsauflagen verletzt. Einige von ihnen berichten, es sei ihnen gar nicht mehr möglich gewesen, noch vor der dritten Räumungsaufforderung die Blockade zu verlassen. Danach bekamen die Betroffenen Bußgeldbescheide in überdurchschnittlicher Höhe und willkürliche Strafbefehle gegen Einzelpersonen. Insgesamt fordert die Stadt Leipzig über 50.000 € ein. Es sind nicht nur die Kosten für die Einzelpersonen, die diesen Fall so bitter machen, vielmehr ist es ein fatales Zeichen gegen all diejenigen die gegen die regelmäßigen Nazi-Aufmärsche protestiert und mit ihrem lang anhaltenden Engagement Legida zum aufgeben gebracht haben. Während die Stadt Leipzig und das Land Sachsen Zivilcourage einfordern und anpreisen, werden diejenigen, die sie zeigen, mit Strafbefehlen belegt. Sich dagegen zu wehren, ist schwierig und mühselig

Was bedeuten für uns Widersetzaktionen?

Ziviler Ungehorsam ist kein bockiges Querstellen, sondern ein ganz bewusster und durchdachter Regelübertritt. Hintergrund ist, dass der und die Einzelne in einem Gemeinwesen den eigenen Verstand und das Gewissen als letzte Entscheidungsinstanz behält. Wenn in Politik oder Gesell­schaft generell etwas falsch läuft, muss den Verursachenden des Problems dies auch gezeigt oder Missstände sogar direkt verhindert werden. Unter Umständen wird dabei ein Gesetz oder eine Vorschrift übertreten. Mit voller Absicht und reinem Gewissen. Einfach ungehorsam.

Den zivilen Charakter bekommt der Ungehorsam dadurch, dass es um das Engagement von Bürger*innen geht, die im Sinne demokratischer Selbstorganisation das Gemeinwesen, in dem sie leben, mitgestalten. Definieren kann man Zivilen Ungehorsam also als einen bewussten, begrenz­ten Regelverstoß.

Es gibt für den Zivilen Ungehorsam keine rechtliche Grundlage und er wird damit als nicht legal eingestuft, basiert aber auf Gewissensentscheidungen, die die Handlung moralisch rechtfertigen – also legitim machen. Die Handlungen sind auf das Allgemeinwohl gerichtet und rechtliche Konse­quenzen werden akzeptiert. Außerdem sollen zuvor legale Möglichkeiten der Einflussnahme ausgeschöpft worden sein.

Das Aktionsnetzwerk richtet sein Handeln an einer Definition des Soziologen Habermas1 aus:

»Ziviler Ungehorsam ist ein moralisch begründeter Protest, dem nicht nur private Glaubensüberzeugungen oder Eigeninteressen zugrunde liegen dürfen; er ist ein öffentlicher Akt, der in der Regel angekündigt ist und von der Polizei in seinem Ablauf kalkuliert werden kann; er schließt die vorsätzliche Verletzung einzelner Rechtsnormen ein, ohne den Gehorsam gegenüber der Rechtsordnung im Ganzen zu affizieren; er verlangt die Bereitschaft, für die rechtlichen Folgen der Normverletzung einzustehen; die Regelverletzung, in der sich ziviler Ungehorsam äußert, hat ausschließlich symbolischen Charakter – daraus ergibt sich schon die Begrenzung auf gewaltfreie Mittel des Protests.«

Ziviler Ungehorsam kann sicherlich nicht bereits vorhandene rechte Gesinnungen abändern. Sitz­blockaden können aber verhindern, dass rechtsradikale Aufmärsche – egal unter welchem Etikett – ungestört verlaufen, manchmal sogar, dass sie überhaupt stattfinden. Es kann verhindert werden, dass die Parolen unwidersprochen in die Öffentlichkeit getragen werden. Die rechte Szene kann außerdem nicht nach innen gestärkt aus den Aufmärschen hervorgehen, bestenfalls wird sie sogar zermürbt.

Von zivilgesellschaftlichen Sitzblockaden gehen starke Zeichen aus:

  • dass sich viele Büger*innen mit verschiedensten weltanschaulichen Hintergründen für eine aktive, offene und solidarische Gesellschaft einsetzen,
  • dass diese Menschen mit verantwortlicher Entschlossenheit vorangehen und nicht warten, dass gesellschaftliche Auseinandersetzungen z. B. an Gerichte delegiert werden,
  • dass rechte Aufmärsche Weck- und Warnrufe verlangen, weil sie nicht bloße Unmuts­äußerungen sind, sondern auf Eroberung der Macht in der Gesellschaft zielen.

Eine Sitzblockade kann somit beides sein: eine symbolische Aktionsform, die starke Signale an die Öffentlichkeit und Politik sendet, aber auch ein Mittel, mit dem konkret und direkt Unrecht verhindert oder zumindest eingedämmt wird.

Wir werben darum:

  1. friedliche Sitzblockaden als „demonstrative“ Blockaden, also Versammlungen zu werten,
  2. in Abwägung der Verhältnismäßigkeit eher das Mittel der Routenverlegung zu wählen und nicht der Räumung,
  3. die Teilnehmer*innen der demonstrativen Sitzblockaden nicht zu kriminalisieren und auf umfassende Identitätsfeststellungen zu verzichten,
  4. auf demonstratives Abfilmen des Protestes – häufig als Übersichtsaufnahme deklariert – zu verzichten,
  5. die Höhe der Bußgelder zu überdenken – in Leipzig wurden jetzt 300 bis 400 Euro erhoben, für Castor-Blockaden gibt es regelmäßig 50 Euro.

Warum ich persönlich mich antirassistisch und antifaschistisch engagiere

Ich wurde als Tochter einer Russin und eines Deutschen in Moskau geboren und verbrachte auch viele Jahre meines Lebens in Russland. Wie nahezu jede russische Familie, hatte auch meine Opfer des Nationalsozialismus zu beklagen. Meine russische Großmutter erzählte mir von ihren, als vermeintliche Partisanen, gehängten Geschwistern. Das Leben in der Sowjetunion war stark geprägt von der Erinnerung an den traumatischen Zweiten Weltkrieg. Für mich ist Antifaschismus sozusagen eine Selbstverständlichkeit.

Als politisch interessierter junger Mensch erlebte ich die rassistischen und nationalistischen Entwicklungen im wiedervereinigten Deutschland in den1990er Jahren. Diese Zeit prägte mich zusätzlich stark.

Als dann 2014 Pegida sich zu einer Bewegung entwickelte, hatte ich starke Befürchtungen, dass sich die 1990-er wiederholen oder es noch schlimmere Entwicklungen geben könnten. Da konnte ich nicht untätig bleiben. Den Umfang meines Engagements hatte ich so nicht geplant und hätte mir im Januar 2015 jemand gesagt, dass ich bis März 2017 an die 150 Versammlungen aktiv gestalten werde, hätte ich es vermutlich nicht geglaubt.

Aus meiner Sicht gibt es keine Alternative zu zivilgesellschaftlichem Engagement gegen rechts. Wann immer nötig: natürlich auch mit Mitteln des zivilen Ungehorsams.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
Irena Rudolph-Kokot


1) Jürgen Habermas: Ziviler Ungehorsam – Testfall für den demokratischen Rechtsstaat. Wider den autoritären Legalismus in der Bundesrepublik, in: Peter Glotz (Hrsg.): Ziviler Ungehorsam im Rechtsstaat, Frankfurt/Main: Suhrkamp 1983, S. 35.


Download des Redebeitrages (PDF, 257kB)

Brief an den Ordnungsbürgermeister zu den Demonstrationen am 2. Mai 2016

Sehr geehrter Herr Rosenthal,

wir wenden uns an Sie als für die Ordnungsbehörde zuständigen Bürgermeister.

Vor fast einem Jahr, am 2. Mai 2016, fand in Leipzig ein Aufmarsch des Leipziger *Gida Ablegers statt. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ organisierte eine Demonstration, welche zeitlich davor die geplante Legida-Route tangierte.

An diesem Tag beschlossen viele Menschen spontan, sich dem Aufmarsch der *Gida zu widersetzen und meldeten eine Spontanversammlung an. Dabei kam es offensichtlich zu Verwirrungen und auch undurchsichtigen Ansagen von Polizeibeamt*innen.

Die angemeldete Versammlung wurde beauflagt, nur auf einer Straßenseite stattzufinden, was aber von den sich auf der anderen Seite befindlichen Menschen nicht flächendeckend gehört wurde. Viele Demonstrant*innen berichteten hinterher, dass sie absolut nicht verstanden hatten, was in welchem Moment als erlaubt galt und wo genau welche Versammlung stattfand. Diejenigen, die es dennoch verstanden hatten, wurden noch vor der Räumungsaufforderung der Polizei von Beamt*innen daran gehindert, die „falsche“ Straßenseite zu verlassen.

Wie Sie der Darstellung entnehmen können, sehen wir die Sachlage anders, als es die Bußgeldbescheide der Stadt Leipzig nun abbilden. Die Teilnehmer*innen der aufgelösten Versammlung erhielten empfindliche Bußgelder bis zu einer Höhe von 400 Euro.

Abertausende Menschen haben über zwei Jahre verhindert, dass Leipzig zu einem zweiten Dresden werden konnte. Überall rühmt sich die Stadt Leipzig dafür, dass *Gida hier nicht Fuß fassen konnte. Aber diejenigen, die dies ermöglicht haben, werden dafür bestraft. Das ist wenig vertrauensbildend.

Selbst wenn man der Argumentation Ihrer Behörde folgen sollte und die Verstöße nach § 30 Absatz 1 Nr. 1–6 SächsVersG als gegebene Ordnungswidrigkeiten annimmt, verstehen wir nicht die Höhe der Bußgelder. Nach § 30 Absatz 2 SächsVersG kann für die behaupteten Ordnungswidrigkeiten ein Bußgeld von bis zu 500 Euro erhoben werden. Die Ermessensausübung erfolgte in diesen Fällen aus unserer Sicht höchst zweifelhaft.

Wir bitten Sie, die Notwendigkeit und Höhe der verfügten Bußgeldbescheide in den vorliegenden Fällen nochmals intensiv prüfen zu lassen und die Forderungen niederzuschlagen oder zumindest die Höhe der Bußgelder dem obig geschilderten Sachverhalt anzupassen, dass die Demonstrant*innen zwei Jahre lang dazu beigetragen haben, dass Leipzig ein heller Fleck in Sachsen bleiben konnte.

Des weiteren würde uns interessieren, wie es geplant ist, die Mittel aus diesen Bußgeldern zu verwenden.

Selbstverständlich würden wir uns auch über ein Gespräch zum angerissenen Themenkomplex freuen und verbleiben

Mit freundlichen Grüßen
gez. Irena Rudolph-Kokot
für das Aktionsnetzwerk

Leipzig, den 18. April 2017

Redebeitrag vom 20.02.17

Dieser Redebeitrag wurde auf den Kundgebungen gegen die AFD-Veranstaltung am 20.02.17 in Leipzig gehalten

Weiter Infos zum Thema:

1. Offenes Treffen am 22.02.17 19:30 Uhr im interim (Demmeringstraße 32)

Zivilcourage ist kein Verbrechen – Lasst uns Solidarität organisieren

Erinnert ihr euch noch an den 2. Mai 2016? Für mehr als 160 Menschen hinterlässt dieser Tag leider sehr schlechte Erinnerungen an Polizeigewahrsam und die Ankündigung strafrechtlicher Maßnahmen.

Am ersten Montag im Mai vergangenen Jahres fand am Leipziger Innenstadtring nicht nur lautstarker Protest gegen das neofaschistische LEGIDA-Bündnis statt, sondern eine dreistellige Zahl von Demonstrierenden beschloss, das „Platznehmen“ wortwörtlich zu nehmen. Auf Höhe der Otto-Schill-Straße setzten sie sich auf die angekündigte LEGIDA-Route. Eine solche Sitzblockade ist eine friedliche Form des zivilen Ungehorsams, um einen Nazi-Aufmarsch vollständig zu verhindern. Dies gelang an diesem Tag nicht, sondern LEGIDA wurde an den sich Widersetzenden vorbei geleitet. Im Anschluss wurden die Personalien von 163 Personen aufgenommen, denen fälschlicherweise ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen wird.

Fälschlicherweise? Allerdings, denn weder wurde LEGIDAs Versammlungsrecht eingeschränkt, noch wurden durch die Teilnehmenden Versammlungsauflagen verletzt. Einige von ihnen berichten, es sei ihnen gar nicht mehr möglich gewesen, noch vor der dritten Räumungsaufforderung die Blockade zu verlassen.

Nun flattern seit über einem Dreivierteljahr mehr als schlechte Erinnerungen ins Haus der Betroffenen: Bußgeldbescheide in überdurchschnittlicher Höhe und willkürliche Strafbefehle gegen Einzelpersonen erreichten nach und nach fast alle, deren Personalien am 2. Mai aufgenommen worden sind. Insgesamt fordert die Stadt Leipzig über 50.000 € für ihre Repression ein.
Es sind nicht nur die Kosten für die Einzelpersonen, die diesen Fall so bitter machen, vielmehr ist es nach zwei Jahren LEGIDA ein fatales Zeichen gegen all diejenigen, die weiterer Repression und Ermüdung zum Trotz gegen die regelmäßigen Nazi-Aufmärsche protestiert haben. Während die Stadt Leipzig und das Land Sachsen Zivilcourage einfordern und anpreisen, werden diejenigen, die sie zeigen, mit Strafbefehlen belegt. Sich dagegen zu wehren, ist schwierig und mühselig. Doch es gibt eines, das alle, ob betroffen oder nicht, ob Gruppe oder Einzelperson, dem entgegensetzen können: Solidarität.

Solidarität bedeutet ihn diesem Fall nicht nur praktische Unterstützung für die Betroffenen, sondern auch ein starkes politisches Zeichen. Rechte Umtriebe und Aufmärsche in Sachsen hat es immer gegeben und wird es auch in Zukunft geben. Ob sie nun LEGIDA heißen oder Bürgerbewegung, PEGIDA oder AfD, es ist nicht abzusehen, dass menschenfeindliche Bewegungen in naher Zukunft und ohne Weiteres Geschichte sind. Umso wichtiger ist eine entschlossene Zivilgesellschaft, die ihre Grundrechte nutzt und mit aller Deutlichkeit und allen Mitteln jeglicher Diskriminierung und Ideologie der Ungleichwertigkeit widerspricht.

Um zu planen, wie genau diese Solidarität aussehen soll, findet am 22. Februar ab 19:30 Uhr ein Treffen im Interim in der Demmeringstraße 32 statt. Dort werden Ideen gesammelt und letzten Endes geplant, welche Aktionen der Repression des 2. Mai 2016 entgegengesetzt werden können.

Ihr wollt

  • einen Solitresen starten?
  • eine Party feiern?
  • eine Unterschriftensammlung auf den Weg bringen?
  • kennt euch mit Crowdfundingprojekten aus?

Vielleicht habt ihr Ideen oder auch Wünsche, vielleicht habt ihr Fragen oder schon Projekte in den Startlöchern – kommt vorbei! Lasst uns Solidarität organisieren!

Offenes Solidaritäts-Treffen zu den Repressionen von #LE0205

LASST UNS SOLIDARITÄT ORGANISIEREN!

  • 22.02.17
  • 19:30 Uhr
  • interim (Demmeringstraße 32, 04177 Leipzig)

Am 2.Mai 2016 kurz nach 19 Uhr ließen sich einige hundert Menschen auf dem Martin-Luther-Ring nieder, um im Rahmen des friedlichen zivilen Ungehorsams ihren Protest gegen LEGIDA kundzutun.
Während der LEGIDA-Aufmarsch umgeleitet wurde, endete der Abend für 163 Personen in Polizeigewahrsam und mit der Einleitung von Strafverfahren wegen des vermeintlichen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Diese Verfahren wurden schließlich zu einem Großteil eingestellt.
Stattdessen werden die Teilnehmer*innen der friedlichen Sitzblockade nun mit empfindlichen Bußgeldern überzogen. In der Gesamtsumme fordert die Stadt Leipzig über 50.000€. Es ist deutlich, dass dies auch als Signal der Einschüchterung an die Zivilgesellschaft zu verstehen ist.

Doch davon wollen wir uns nicht erschüttern lassen! Lasst uns gemeinsam planen wie wir die tapferen 163 Antifaschist*innen auch praktisch unterstützen können. Lasst uns überlegen wie wir Solidarität organisieren können.

Darum kommt am 22.Februar zum gemeinsamen Treffen und bringt eure Ideen und euer Engagement mit.

Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsradikalen Parteien und Organisationen, Freien Kameradschaften oder der rechten Hooliganszene zuzuordnen sind, sowie jene, die sich aktiv an rechtspopulistischen Veranstaltungen beteiligt haben, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren bzw. von dieser auszuschließen. Dieser Ausschluss gilt ebenso für Personen, die durch rassistische, nationalistische, islamfeindliche, antisemitische oder sonstige Kennzeichen bzw. Äußerungen der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit in Erscheinung treten.

PM: Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ lädt zum solidarischen Neujahrsempfang.

Am 4. Februar 2017 veranstaltet das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ ab 13 Uhr auf dem Willy-Brandt-Platz einen „solidarischen Neujahrsempfang“. Die Veranstaltung soll ein Zeichen der Solidarität mit all denjenigen sein, die im Zusammenhang mit Protesten gegen Nazis und neurechte Bewegungen vom Agieren der sächsischen Ordnungsbehörden betroffen sind. Insbesondere stehen Verfahren gegen die Mitglieder des sächsischen Landtages Juliane Nagel und Marco Böhme im Zusammenhang mit den Protesten gegen Legida in der Kritik. Darüber hinaus thematisiert das Aktionsnetzwerk die Abschiebepraxis im Freistaat.
„Ziviler Ungehorsam gegen Nazis und Rassist*innen ist nicht kriminell, sondern gerade in diesen in vielerlei Hinsicht kalten Zeiten extrem notwendig. Der repressive Umgang mit Menschen, die gegen Legida & Co protestierten, muss aufhören, den Betroffenen gebühren Dank und Solidarität dafür, dass sie sich für die Wahrung der Menschenwürde einsetzen“, formuliert Juliane Nagel (MdL).

„Zwar ist das neue Jahr schon etwas älter, dafür können wir bereits einen kleinen Etappenerfolg feiern: Am 9. Januar erklärte das neofaschistische LEGIDA-Bündnis seinen Rückzug von den Straßen Leipzigs“, erklärt Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk, „Dies ist unter anderem dem dauerhaften Protest gegen Menschen- und Demokratiefeindlichkeit zu verdanken. Dass dieser sich trotz ständiger und teils heftiger Repression und Kriminalisierung durch Polizei und Behörden nicht entmutigen ließ, ist nicht selbstverständlich.“

„Das Aktionsnetzwerk ist solidarisch mit allen Betroffenen staatlicher Repression – nicht nur mit Demonstrierenden. Die sächsische Abschiebepraxis und der Umgang mit Geflüchteten sind menschenunwürdig und reihen sich in das systemische Versagen des Freistaats ein“, so Rudolph-Kokot und schließt: „Wir rufen alle engagierten Menschen auf, sowohl aus Solidarität als auch zur Vernetzung und für weitere Informationen am solidarischen Neujahrsempfang teilzunehmen.“

Pressemitteilung Leipzig, den 30. Januar 2017

Für die Betroffene der polizeilichen Maßnahme am 02.05.2016

Liebe Menschen, liebe Betroffene der polizeilichen Maßnahme am 2. Mai 2016, wir ihr wisst gab es am 02.05.2016 im Rahmen der #platznehmen-Demo eine teils sitzende Spontan-Versammlung auf dem Ring, in deren Folge mehr als 160 Personen polizeilich festgestellt wurden. Einige haben inzwischen Strafbefehle bekommen, andere Bußgeldbescheide.

Wir sind gerade dabei ein Betroffenen-Treffen zu organisieren, um eine gemeinsame Strategie zu entwickeln und gegenseitige Unterstützung sicherzustellen. Das Ganze wird voraussichtlich Mitte Februar stattfinden. #STAYTUNED

⚠ Bis dahin, folgende Tipps: ⚠

Wenn ihr einen Strafbefehl erhaltet, könnt ihr dagegen Einspruch einlegen. Dies muss innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt geschehen, sonst wird der Strafbefehl rechtskräftig. Den Einspruch könnt ihr auch später noch zurückziehen, ohne weitere Kosten.

Ähnlich verhält es sich bei dem Erhalt eines Bußgeldbescheides. Hier gilt, dass innerhalb von zwei Wochen Widerspruch eingelegt werden kann. Damit gewinnt ihr erst mal Zeit. Bitte daher nicht vorschnell zahlen.

Nutzt diese Zeit, um Kontakt mit anderen Betroffenen aufzunehmen, und sprecht auf jeden Fall mit dem Ermittlungsausschuss
antirepression.noblogs.org/kontakt

Zum Einspruch einlegen, könnt ihr folgende Formulierung nutzen:

“Zu Aktenzeichen xyxyxy

Gegen den Bußgeldbescheid/Strafbefehl vom XX.XX.XX, erhalten am XX.XX.XX, lege ich Einspruch ein und beantrage Akteneinsicht.

Unterschrift, Datum

10. Offener Kneipenabend

Infos:

Freitag, 02.12.16, ab 19 Uhr
HanDstand und moral
Adresse: Merseburger Str. 88b | Karte (OSM)

Themen:

  • Weihnachtliches #Schnapsnehmen
  • Jahresrückblick
  • Infos zu #LE0512
  • Ausblick

Es ist nicht alles nur finster in diesem #Kaltland: Freudigst und mit Glöckchenklingeln können wir verkünden, dass am 2. Dezember unser 10. offener Kneipenabend stattfindet! Zum Weihnachtlichen Jahresrückblick und einem Ausblick auf kommende Veranstaltungen laden wir euch herzlich in das “HanDstand und moral” ein.

Ab 19 Uhr wollen wir es uns mit euch gemütlich machen, heiße und kalte Getränke verputzen und auf die Ereignisse des Jahres zurückblicken. Das Pläneschmieden soll aber nicht zu kurz kommen: Lasst uns überlegen, wie dem GIDA-Aufmarsch am 5. Dezember der Platz genommen werden und wie antifaschistischer Protest im kommenden Jahr aussehen kann.

Also: Freut euch auf einen entspannten Abend und bringt all eure lieben Freund*innen mit!

Wie immer gilt: Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsradikalen Parteien oder Organisationen angehören, der rechten Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit oder vor Ort durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtenden Äußerungen in Erscheinung getreten sind oder treten, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen. Hierzu gehören insbesondere aktuelle und ehemalige Vertreter*innen, Redner*innen, Organisator*innen und regelmäßige Besucher*innen von Pegida, Legida, Offensive für Deutschland und aller Ableger und Organisationen, die in Verbindungen mit ihnen stehen, sowie alle Personen aus dem Umkreis der Freien Kameradschaften und rechten Hooliganszene. Weiterhin sind Personen ausgeschlossen deren Erscheinungsbild, z.B. durch szenetypische Kleidung, auf rassistische, nationalistische, antisemitische Einstellungen hindeutet.

9.Offener Kneipenabend am 4.November

#schnapsnehmen am 04.11.2016

Im Hinterzimmer der Frau Krause ab 19:00 Uhr

Themen:

  • Rechtliches zu Repressionen
    • 07.09.2015
    • 18.11.2015
    • 02.05.2016
  • #LE0711
  • Kein ruhiges Hinterland!

Am Freitag, den 4. November laden wir euch erneut zum offenen Kneipenabend ein. Zum neunten Mal möchten wir mit euch zusammen #platznehmen und aktuelle Themen rund um das Aktionsnetzwerk und das Demonstrationsgeschehen in Leipzig unterhalten. Einen Blick ins „Hinterland“ werfen wir mit Aufrufen nach Zwickau und Schnellroda.

Einige von euch sind vermutlich von Fragen geplagt, wie mit dem Nachspiel von Blockaden und polizeilichen Maßnahmen umzugehen ist, haben Post bezüglich des 2. Mai erhalten oder fragen sich, was mensch in Zukunft auf Demonstrationen noch machen kann und möchte. Wir wollen diese Fragen klären, uns gegenseitig Mut machen und Pläne schmieden für die Zukunft.

Zukunftspläne? – Auf jeden Fall, denn am 7.11. plant der Leipziger GIDA-Ableger nach monatelanger Pause erneut in Leipzig aufzumarschieren. Gerade in der Gedenkwoche rund um den 9. November ist es wichtig, seiner neofaschistischen Ideologie mit aller Deutlichkeit zu widersprechen! Welche Aktionen es gibt, und wie wir den Menschenfeind*innen den #platznehmen können, soll ebenfalls Thema des Abends sein.

Also: Ladet eure Freund*innen ein, holt euch euer Lieblingsgetränk und überlegt in angenehmer Runde, wie antifaschistischer Protest in und um Leipzig aussehen kann und soll.


Wie immer gilt:

Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsradikalen Parteien oder Organisationen angehören, der rechten Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit oder vor Ort durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtenden Äußerungen in Erscheinung getreten sind oder treten, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen.

Hierzu gehören insbesondere aktuelle und ehemalige Vertreter*innen, Redner*innen, Organisator*innen und regelmäßige Besucher*innen von Pegida, Legida, Offensive für Deutschland und aller Ableger und Organisationen, die in Verbindungen mit ihnen stehen, sowie alle Personen aus dem Umkreis der Freien Kameradschaften und rechten Hooliganszene.

Weiterhin sind Personen ausgeschlossen deren Erscheinungsbild, z. B. durch szenetypische Kleidung, auf rassistische, nationalistische, antisemitische Einstellungen hindeutet.