Masken tragen ist kein Verbrechen!

Seit Wochen werden Leute angezeigt, weil sie zum Infektionsschutz Masken tragen, als Geist bei einer Antifa-Faschingsdemo verkleidet sind oder nur bei dem FFF-Klimastreik mitlaufen. Die Polizei nutzt das Vermummungsverbot, um linken Protest mit Anzeigen zu überziehen. Dabei gibt das Versammlungsgesetz dies gar nicht her. Deshalb wollen wir mit unserem Protest aufzeigen, dass man sich vermummen darf. Wie das genau ablaufen wird, teilen wir euch noch mit.

Kommt am Montag um 18:30 Uhr auf den Augustusplatz zu unserer Versammlung “Vermummung ist kein Verbrechen”!

🗓 Montag, 13.03.
🕡 18:30 Uhr
📍 Augustusplatz

Falls es Stress mit der Polizei gibt ist wie jeden Montag der Ermittlungsausschuss (EA) zu erreichen: 0341 2119313

Infos und Tipps rund um Demos:

Rund um die Demo

Aufruf:

Diesen Montag beschäftigt sich unsere Versammlung thematisch mit der Möglichkeit, sich auf Versammlungen zu verhüllen. Derzeit liegt uns noch kein Versammlungsbescheid vor. Angemeldet sind aber u.a. Schlauchschals, Sturmhauben und FFP2-Masken als Kundgebungsmittel.

Im Kooperationsgespräch wurde uns großzügigerweise angeboten, 5 Minuten pro Stunde die Vermummung anlegen zu dürfen.

Wir treffen uns um 18.30 Uhr auf dem Augustusplatz und wollen mit der Aktion gemeinsam zeigen, dass nicht jede Vermummung eine Straftat darstellt. Es gibt gute Gründe, warum Vermummungen erlaubt sind und es ärgert uns, dass die Polizei ständig junge Menschen mit Anzeigen überzieht. Wir empfehlen Polizei und Versammlungsbehörde einen Blick in den Standardkommentar zum Versammlungsgesetz:

“Eine Aufmachung, die erkennbar der Meinungsäußerung oder künstlerischen Aussage dient, fällt von vornherein nicht unter das Vermummungsverbot, weil sie den Gesamtumständen nach nicht auf eine Identitätsverschleierung gerichtet ist, etwa das Tragen von auch den Kopf verhüllenden Strahlenschutzanzügen bei einer Demonstration gegen die Atomkraft.” (Dietel/Gintzel/Kniesel, Versammlungsgesetze 17. Auflage, S.351)

Seid daher kreativ und nutzt eure Masken und Co. als Kundgebungsmittel und Fläche für Botschaften.

Foto: Dani Luiz (Flickr: https://www.flickr.com/photos/194044063@N06/)

Stellungnahme von Leipzig nimmt Platz zu „Leipzig leuchtet“

 

Am 30.01.2022 fand die von einem breiten Bündnis getragene Aktion „Leipzig leuchtet“ statt, in der das Aktionsnetzwerk eingebunden war. Wir wollen mit diesem Statement eine solidarische, aber kritische Diskussion anstoßen. Insbesondere nach der Diskussion um einen Redebeitrag des StuRa, hinter den wir uns solidarisch stellen.

Eigene Fehler.
Kritik sollte zunächst eigenes Handeln kritisch reflektieren. Als Aktionsnetzwerk ist es uns nicht gelungen, vorhandene Kritik und Vorschläge stärker in die Vorbereitung einzubringen. Wir versäumten es, die jetzt notwendigen Kritikpunkte im Vorfeld zu klären. Bei den Planungsprozessen brachten wir inhaltlich nicht genug ein. Dies wäre notwendig gewesen, da uns bekannte Gruppen aus der rechtsoffenen Verschwörungszene dazu aufgerufen hatten, die Veranstaltung zu unterwandern. Wir hätten unser Wissen im Umgang mit Versammlungen und den Umgang mit Störversuchen stärker im Vorfeld einbringen können und müssen.

Im Nachhinein den Finger zu heben, ist leicht. Notwendig wäre aber ein Handeln gewesen, das Probleme antizipiert und Fehler schon in der Vorbereitung ausschließt. Leider gelang uns das nicht in einem akzeptablen Maß.

Anspruch und Wirklichkeit.
Grundsätzlich ist es notwendig und richtig in breiten Bündnissen mit unterschiedlichen Vorstellungen gemeinsame Nenner zu suchen, um gemeinsam auch gegen menschenfeindliche Einstellungen handlungsfähig zu sein. Diese Brücken von Gewerkschaften, über Parteien bis hin zu Initiativen und emanzipatorischen Gruppen und Vereinen zu schlagen, ist mitunter mühevoll, nicht frei von Spannungen, aber zwingend notwendig.
Im Vorfeld von „Leipzig leuchtet“ ist es aus unserer Sicht nicht ausreichend deutlich geworden, dass ein breiter Brückenschlag gesucht wird und eben nicht nur das sogenannte bürgerliche Spektrum mobilisiert werden soll. Auch der Anspruch, am 90. Jahrestag der Machtübernahme der NSDAP ein Zeichen zu setzen, ist nur teilweise erfüllt worden. Dennoch gab es viele gute Redebeiträge.

Unbehagen.
So wichtig wie es ist, stellenweise gemeinsam zu agieren, so deutlich muss auch die Kritik ausfallen, wenn Personen die Aktion für sich nutzen dürfen, die sonst eher damit auffallen, antifaschistischen Gegenprotest zu kriminalisieren oder zu kritisieren – also gerade der Ministerpräsident, der mit seinem Handeln in den letzten Jahren auch zur Etablierung von rechten Einstellungen in Sachsen beigetragen hat. Positiv herauszuheben ist, dass auf der Bühne mit den Vertreterinnen des Stadtschüler:innenrates und des Student:innenrates, die junge Generation vertreten war und auch die migrantische Perspektive einbezogen wurde. In diesem Zusammenhang stehen wir auch solidarisch an der Seite des Student:innenrates der Uni Leipzig, dessen Rednerin aus unserer Sicht zu Unrecht für ihren Beitrag kritisiert wurde. Wir verstehen, dass dieser Redebeitrag für einige verstörend wirkte. Aber er spiegelt das Grundgefühl vieler junger Menschen wieder, die das Zitat der Auschwitz Überlebenden Esther Bejarano wieder, dass wer gegen Nazis kämpft sich auf den Staat nicht verlassen kann, mit eigenen Erfahrungen teilen. Für viele junge Menschen, die Montags auch gegen rechte Raumnahmen demonstrieren ist übergriffiges Verhalten von Polizeibeamten Realität, verbunden mit dem Gefühl im Ernstfall nicht geschützt zu werden.

Das auszuklammern, was ist, und sich gegebenenfalls zu distanzieren, nur weil man die Wahrnehmung nicht teilt, verprellt auch diese Menschen, die sich für Menschenrechte und Demokratie engagieren.

Wir verstehen auch die notwendige radikal emanzipatorische Kritik, dass man nicht Seite an Seite mit Menschen stehen will, die mit ihren einseitigen Gesprächsangeboten an Verschwörungsfreund:innen und rechte Demagog:innen immer wieder menschenfeindliche Aufwallungen in Sachsen letztlich legitimiert haben.

Kritik.
Der notwendige Bruch muss kommen, wenn rechte Gruppen, wie geschehen, zur Teilnahme aufrufen und versuchen, die Demonstration zu kapern. Mit Menschen, die montäglich mit Reichsfahnen über den Ring laufen, antisemitische Erzählungen verbreiten und meinen, dass wir in einer Diktatur seien und sie deswegen die eigentlichen „Antifaschisten“ wären, weil dieser Staat bereits „faschistisch“ sei, kann und darf es keinen Frieden geben. Allein schon deshalb nicht, weil damit auch die Shoah verharmlost wird. Die Toleranz darf nicht der Intoleranz weichen.

Notwendig wäre es daher gewesen, die Versuche von rechten Gruppen, am Geschehen teilzunehmen, konsequenter zu unterbinden und Ordner darauf hinzuweisen. Dass rechte Streamer ungestört vor der Bühne filmen und Verschwörungsfans ohne Widerspruch teilnehmen konnten, muss daher denjenigen, die montags – allein gelassen von breiten Teilen der Zivilgesellschaft – den Protest organisieren, wie ein Schlag ins Gesicht vorkommen.
Rechte Gruppen und Personen konnten glücklicherweise keine wirkmächtigen Bilder produzieren. Dies darf uns aber nicht ausreichen.

Es ist leicht als Angehöriger der weißen Mehrheitsgesellschaft darüber hinweg zu sehen, dass rechte Personen teilgenommen haben und zu begrüßen, dass es keine Störungen gab. Für Menschen, die nicht Teil dieser Mehrheitsgesellschaft sind, weil sie rassifiziert werden, war es ein Problem. Dabei wäre diese Perspektive zwingend erforderlich. Auch wir sind hier immer noch lernende und umso wichtiger ist es daher marginalisierten Gruppen mehr Raum zu geben und ernst zu nehmen, was sie sagen. Teil 2/2

Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“
www.platznehmen.de

Antifaschistischer Neujahrsempfang

🗓 Montag, 06.02.23
🕡 ab 18:30 Uhr
📍 Augustusplatz

Seit nunmehr 2 Jahren erheben sich Montags in Leipzig rechte und rechtsoffene Demonstrationen, die die Deutungshoheit auf der Straße beanspruchen. Ursprünglich durchgeführt vom langjährigen NPD Mitglied Volker Beiser wurde versucht, dass durch die Coronademonstrationen zu Tage getretene Potential zu nutzen.

Die mutmasslich durch Beiser bespielte Telegramgruppe ist im Spektrum der rechten Coronademonstrationen auch die regional größte mit über 6 T Followern. Primär dominiert die Erzählung, dass Deutschland kein souveräner Staat sei sondern immer noch besetzt wäre. Man sehnt sich nach der Verfassung von 1871, die monarchistisch geprägt war und keine Grundrechte kannte.

Klassische narrative der Reichsbürger und Neonazisprech werden verbreitet. Entsprechend folgen der Gruppe um Beiser auf der Straße vor allen Dingen Rechtsextreme und Reichsbürger, jeweils zu erkennen an den Schwarz- Weiß Roten Fahnen.

Auch klassische Neonaziklientel wie der mehrfach wegen Körperverletzung verurteilte Enrico Böhm, finden dort Zuspruch.

Spätestens seit dem Frühjahr 2022 wurde das dominierende Thema der Ukrainekrieg. Die Gruppe um Beiser vertritt dabei die Linie der rechtsextremen Kleinstpartei Freie Sachsen, um den wegen Volksverhetzung verurteilten Chemnitzer Martin Kohlmann und dem ebenfalls langjährigen NPD Mitglied Stefan Hartung aus dem Erzgebirge. Russland gilt als Gegenbild des liberalen Westens und Putin als starker Mann und Erlöser.

Nach Streitigkeiten innerhalb der Gruppe brach die ursprüngliche sogenannte Bewegung Leipzig auseinander. Während Beiser sich mit der „Patriotischen Stimme Deutschlands/ Sachsen“ ein neues Spielfeld suchte, übernahm Annette Hoffmann und der ehemalige NVA Offizier Bernd Ringel, der auch als Anmelder bei den Corona Demos 2020 und 2021 bereits auftauchte das Zepter. Man wollte sich ein wenig von allzu rechtsextremen Tendenzen absetzen, um durch ein zu radikales Auftreten, nicht Teile des Bürgertums zu verlieren, dass man erreichen wollte.

Leitmotiv bei Annette Hoffmann ist das Thema Krieg, mit der Meinung, dass die Nato Schuld sei, Klimahysterie herrsche und Deutschland ein Vasallenstaat der USA sei. Hier fühlt sich die sogenannte Freie Linke wohl, eine Gruppe im Dunstfeld von Mike Nagler und Alexander Kalex, die ebenfalls eine klar russische Linie vertreten und Russland gegen jede Kritik in Schutz nehmen.

Während Hoffmann thematisch zuletzt ausschließlich auf den Ukrainekrieg fokussierte und versuchte auch Fahnen der Freien Sachsen und Reichsfahnen zu unterbinden, kam es zum Bruch mit der Gruppe um Bernd Ringel, die nunmehr als dritter Akteur auftreten.

In der Folge traten zuletzt 3 rechte und rechtsoffene Demonstrationen auf. Die vermeintlichen Friedensfreunde um Hoffmann, die Gruppe um Bernd Ringel und Beiser und Gefolge.

Für diejenigen den Beiser zu radikal ist und Hoffmann zu monothamtisch und weich bietet sich nunmehr Ringel, der sich selbst als linksgrüner Patriot sieht. In der Demo wehen Fahnen der Freien Linken, neben Fahnen der Freien Sachsen und Reichsfahnen einträchtig nebeneinander. Thematisch bleibt man bei der Erzählung, dass Corona ein Schwindel gewesen sei, der Krieg Deutschland schade und der Erzählung des tiefen Staates, verbunden mit dem Great Reset.

Einmal alles bitte. Antisemitische Verschwörungsfans, treffen auf esoterische Coronaleugner und Reichsbürger, die zusammen mit der 5. Kolonne Putins durch Leipzig laufen.

Im Zuge dieser unübersichtlichen Melange fühlen sich auch neonazistisch orientierte Hooligans wohl und versuchen seit einiger Zeit die Situation in ihrem Sinne zu nutzen, während die AfD treu ihre Unterstützung für die Montagsgänger bekundet und selbst mit AfD Stadtrat Marius Beyer auf der rechtsextremen Compactdemo stolz das Banner zusammen mit verurteilten Neonazis hochhält.

Seit einiger Zeit taucht regelmäßig der oben genannte Enrico Böhm bei den Demos auf. Öfter wurde auch Kai Mose gesehen, der wiederum mit als einer der Drahtzieher hinter dem Überfall auf Connewitz 2016 gilt.

Ausgehend aus dieser Gruppe kommt es seit einiger Zeit immer wieder zu versuchen den Gegenprotest anzugreifen.

Am 26.09. etwa griff eine Gruppe von ca. 10 Personen, die vorher auf der Demonstration waren, Gegendemonstranten gezielt an.

Noch nie konnten allerdings diese rechten und rechtsoffene Demonstrationen ungestört laufen. Jeden Montag werden sie gestoppt und zeitweise blockiert, durch den Gegenprotest, der immer wieder auf die Entwicklungen hinweist.

Mehrfach gelang es zudem durch zahlenmäßig deutlich überlegene Blockaden die rechten Demos zur Umkehr und Auflösung zu zwingen.

Die Polizei ist dabei Montags mit bis zu 400 Beamten im Einsatz und nicht selten entsteht der Eindruck einer einseitigen Parteinahme für die rechten Demos.

Für uns Grund genug, den Jahresanfang zu nutzen und die letzten Jahre des Protests zu feiern und immer wieder auch auf das Geschehen auf der Straße hinzuweisen.

Wir wollen und werden nicht zulassen, dass montäglich eine krude Mischung an Ressentiments und Putinpropaganda über Leipzigs Straßen trottet und dabei gewalttätige Neonazis versuchen Menschen anzugreifen.

Wir sind die Mauer, die sich diesem Treiben entschlossen entgegenstellt.

Kommt zu unserem Neujahrsempfang am

Und lasst uns auf den Protest anstoßen und mit neuer Energie den Widerstand gegen die rechten Aufmärsche organisieren.

„Leipzig leuchtet antifaschistisch”

Heute, am 90. Jahrestag der Machtübernahme Hitlers sehnen sich manche nach einem erneuten rechten Umsturz. Jeden Montag gehen Reichsbürger*innen und Neonazis auf die Straße für ein „souveränes Deutschland“ und das Ende der „Corona-Diktatur“.

Lasst uns am Montag, dem 30.01. gemeinsam gegen die rechte Melange auf die Straße gehen und den geschichtsträchtigen Ring erleuchten! Den Anfängen wehren – Demokratie stärken – solidarisch durch Krisen gehen.

17:30 Uhr: Zubringer-Demo | Rabet
18 Uhr: Spektrenübergreifende Kundgebung | Marktplatz
19 Uhr: „Der Ring leuchtet“

Alle Infos: leipzig-leuchtet.de

Wir rufen dazu auf, zu der antifaschistischen Demo um 17:30 Uhr zum Rabet zu kommen. Es wird dort Redebeiträge von Copwatch, FFF, LE Schwurbelfrei, Migrant*innenbeirat, Juliane Nagel, Jakob Springfield & Jürgen Kasek geben. Die Demo endet direkt auf dem Ring. Es haben sich für den Abend zahlreiche rechte Akteur*innen angekündigt. Auch heute heißt es diesen die Plätze zu nehmen!

Nach Polizeigewalt in Lützerath: Anzeige gegen Polizeipräsidenten von Aachen

An den Protesten in Lützerath haben sich auch mehrere hundert Menschen aus Leipzig beteiligt. Ebenfalls waren etliche Personen aus unserem Netzwerk vor Ort. Einige von Ihnen wurden erheblich körperlich verletzt und traumatisiert. Im Nachgang des Geschehens, stellvertretend für viele Betroffene, haben wir Anzeige u. a. wegen Körperverletzung und Störung einer Versammlung gegen die Polizei und insbesondere gegen den Polizeipräsidenten eingereicht.

Zu den rechtlichen Ausgangsbedingungen: Der zuständige Landkreis Heinsberg hatte vorab eine Allgemeinverfügung mit einem Betretungsverbot erlassen, das aber nur Lützerath selbst und einige umliegende Flurstücke betraf. Allerdings war vor Ort weder ersichtlich, welche Bereiche hiervon erfasst waren, noch wurde dies kommuniziert. So war es den Menschen auf freiem, nicht umfriedetem Feld, nicht möglich zu unterscheiden, welche Flächen von der Verfügung betroffen waren und welche nicht. Die Polizei hätte vor dem Einsatz von Gewalt die bestehende Spontanversammlung, von der zu keiner Zeit eine Gefahr ausging, auflösen müssen. Aus unserer Sicht liegt damit eine Störung einer Versammlung nach § 7 Versammlungsgesetz des Landes NRW zu Lasten der Polizei vor. Vor dem Einsatz von unmittelbarem Zwang muss dieser zudem angekündigt werden, was in etlichen Fällen nicht geschah.

Das Ausmaß der Polizeigewalt war beträchtlich. Dass verletzte Versammlungsteilnehmende zum Teil mit Knochenbrüchen und Platzwunden behandelt werden mussten, spricht nicht für einen deeskalativen Polizeieinsatz. Der Einsatz muss rasch aufgearbeitet werden. Dass die Polizei zudem die Pressearbeit von RWE mit übernommen hat, spricht für sich.

Zahlreiche Jugendliche und junge Erwachsene waren mit vor Ort und haben dort friedlich demonstriert. Nach Hause fuhren viele mit Prellungen und Platzwunden. Wir haben deswegen Anzeige gegen den Einsatzverantwortlichen eingereicht.

22 ist nicht 89 – wir leben in keiner Diktatur!

1989 kostete es viel Mut, um gegen eine pseudo-sozialistische Diktatur, für elementare Menschenrechte auf die Straße zu gehen. Meinungsfreiheit und freie Wahlen waren für Millionen Menschen fern der Realität. Versuche, dagegen aufzustehen, wurden niedergeschlagen. Der Herbst 1989 brachte den Aufbruch.

Wenn sich nun in Leipzig jede Woche Menschen versammeln, die in Einklang mit rechtsradikalen Hetzern die Errungenschaften von 1989 in Abrede stellen, müssen Demokrat*innen ein deutliches STOPP vermitteln. Wir lassen nicht zu, dass die Werte der Friedlichen Revolution vereinnahmt und missbraucht werden.

Wir treffen uns hierfür am
🗓 Montag, dem 12.12.22
🕖 um 19:00 Uhr an der
📍 Runden Ecke, Dittrichring 24

Wir erinnern damit an den Tag der Menschenrechte vom 10.12.1948 und auch an die Besetzung der Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR in Leipzig am 04.12.1989.

Wir streiten für Demokratie, Freiheit und soziale Gerechtigkeit auch in 2022.

#NoCompact – Elsässer, иди домой!

Am 26. November 2022, fast auf den Tag genau fünf Jahre nach der sechsten „Compact-Konferenz für Souveränität“, die in Leipzig stattfand, möchte Jürgen Elsässer, Chefredakteur des Compact-Magazins, wieder in unserer Stadt seine Ideologie verbreiten. Diesmal ruft er zur „Großdemonstration: AMI GO HOME – Frieden, Freiheit, Souveränität“ ab 15:30 Uhr auf den Simsonplatz auf.

Er möchte gemeinsam mit Freien Sachsen, Thüringer Patrioten, Teilen der AfD sowie sonstigen rechten Kräften ihren Hass auf die USA und die bundesdeutsche Regierung, welche nach seiner Auffassung US-amerikanisch gesteuert sei, verbreiten. Dabei werden Verschwörungstheorien verbreitet, Angst vor einem Atomkrieg geschürt und Russland verteidigt.

Aber wer und was ist eigentlich Compact?

Compact ist ein seit 2010 monatlich erscheinendes Magazin, welches als Querfront-Projekt gestartet wurde und inzwischen als medialer Arm von Pegida über die Alternative für Deutschland (AfD) bis zu den Identitären gilt. Nach Recherchen der Zeitung „Die Zeit“ werden monatlich etwa 40.000 Exemplare verkauft.1 Die Redaktion versteht Compact als Kontrapunkt in einer angeblich „gleichgeschalteten“2 Medienlandschaft von „Einheitsmedien“3, die von wenigen Verlagsgruppen wie der Axel Springer SE, Hubert Burda Media, Bertelsmann, der Funke Mediengruppe und den „Systemparteien“4 kontrolliert würde. Compact stellt sich rebellisch dar und begründet die These der gleichgeschalteten Medien mit dem starken Einfluss der USA. Deutschland sei schließlich kein souveränes Land.

Anfangs schrieben öffentlich bekannte Personen wie Peter Scholl-Latour oder der in islamfeindlichen Kreisen beliebte Thilo Sarrazin regelmäßig Beiträge und nahmen an Konferenzen teil.5 Seit 2013 trägt es den Zusatz „Magazin für Souveränität“. Souveränität meint dabei vor allem die angeblich fehlende Souveränität der Deutschen. Als Chiffre steht die herbeigesehnte Souveränität dabei für alles, wonach sich die Rechte sehnt: mehr Nationalismus und weniger EU, mehr „wir hier unten“ und weniger „die da oben“, und überhaupt sei Deutschland kein eigenständiger Staat.

Prokurist der Compact-Magazin GmbH ist Kai Homilius, der zusammen mit Mario Rönsch einer der Administratoren der berüchtigten, inzwischen gelöschten Facebook-Seite „Anonymous.Kollektiv“ war6, die vor allem mit Falschmeldungen und Verschwörungstheorien vorrangig gegen Menschen mit Migrationshintergrund Stimmung machte. Herausgeber Elsässer hat die Zusammenarbeit mit Rönsch eingestanden.7

Auch der ehemalige Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz Thüringen Helmut Roewer, in dessen Ägide die Gründung des NSU fällt und der immer wieder mit Relativierung des rechten Terrorismus aufgefallen ist, schrieb wiederholt für das Magazin.8

Obwohl Compact unabhängig sein will, fällt auf, dass viele Artikel nicht selbst recherchiert wurden, sondern die von der sog. „Lügenpresse“ ermittelten Daten und Fakten zum Teil eigenwillig wieder zusammengesetzt werden. Stellenweise werden ganze Sätze kopiert, was diesen Fakt verdeutlicht.

Der Chefredakteur

Der Herausgeber und Chefredakteur des Compact-Magazins ist Jürgen Elsässer. Politisch engagierte er sich u. a. beim Kommunistischen Bund in Stuttgart und publizierte in diverser linker Presse wie Bahamas, Jungle World, Junge Welt, Konkret und Neues Deutschland. Er war einer der prominenten Vertreter der antideutschen Bewegung. Seit der Jahrtausendwende kam es zum sukzessiven Bruch mit der linken Szene. So trennten sich Junge Welt, Jungle World und auch die Konkret aufgrund seiner Positionen zum Irakkrieg von ihm. Zitate wie „Mit Staatsknete wird Multikulti, Gendermainstreaming und die schwule Subkultur gefördert, während die Proleten auf Hartz IV gesetzt werden und sich oft auch keine Kita, kein Schwimmbad und keine warme Wohnung mehr leisten können“9, waren darauf öfter zu hören.

Als selbst ernannter „Volksvertreter“ spricht er diesen Titel allen Repräsentant*innen der Parteien abseits der AfD ab. Diese würden vielmehr im Auftrag heimlicher Kräfte agieren. An sich bereits ein antisemitisches Stereotyp wird Elsässer auch konkret und bedient antisemitische Mythen, wenn er beispielsweise der jüdischen Familie Rothschild finstere Machenschaften unterstellt.10 Völkische Parolen werden auch mal unverhohlen verbreitet: „Kein Volk ist schlechter als das andere. Aber absolut TÖDLICH ist das Vermischen“.11

Kapitalistische Produktionsweise wird auf die Handlungen einzelner Konzerne und Personen reduziert. Die reale Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft sieht Elsässer befriedet in der Besinnung auf Blut und Boden. Soziale Kämpfe werden zu ethnischen Konflikten umgelogen und ein Keil zwischen proletarisierte Menschen getrieben. Folgerichtig trat Elsässer Karl Marx‘ Anliegen mit Füßen, als er am 1. Mai 2017 bei Pegida davon sprach: „Proletarier und Patrioten aller Länder vereinigt euch!“12

Zu Anfang der Corona-Pandemie begrüßte Compact zunächst, dass Italien unter Quarantäne gestellt wurde. Die Regierung und Merkel hingegen wurden scharf kritisiert und es wurde vorgeworfen, dass nicht strikt genug in Deutschland vorgegangen werde.13 Kurz danach, keinen Monat später, schrieb Elsässer angesichts der dann angelaufenen staatlichen Eindämmungsmaßnahmen über eine angebliche „Corona-Diktatur“.14 Zu einer Querdenken-Demonstration am 29. August 2020 in Berlin rief er mit den Worten auf, dass dies „das wichtigste Datum in der deutschen Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg“ sei.15 Nachdem es in deren Verlauf zu einem gewaltsamen Sturm durch hunderte aufgeputschte Teilnehmende – unter ihnen bekannte Rechtsradikale – auf den Bundestag kam, fabulierte Compact von einem „Happening auf der Treppe des Reichstages“.16 Den Protestierenden wurde gar ein Compact-Spezial mit dem Titel „Die Querdenker – Liebe und Revolution“ gewidmet. Auch der Youtube-Kanal CompactTV brachte wiederholt Sendungen zur „Corona-Diktatur“, wie auch das Magazin Sonderausgaben und Artikel.

Die Compact-Magazin GmbH wurde 2021 vom Bundesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch bewertet.17 Anlässlich der vorherigen Einstufung als Verdachtsfall gemeinsam mit dem zwischenzeitlich aufgelösten „Flügel“ der AfD fühlte sich Elsässer bemüßigt, Bernd Höcke, einen Bruder im Geiste, zu verteidigen – dieser sei, „im Unterschied zu den staatlichen Agitatoren, ein echter Demokrat“.18

Ein weiteres Feindbild, das immer wieder thematisiert wird, ist LGBT*. So titelte 2021 Compact „Die schwule Republik“. Ein „COMPACT Spezial“-Heft wurde auch der verhassten „Antifa“ gewidmet.

Bereits im ersten Ukrainekonflikt schlug sich Elsässer auf die Seite Russlands.19 Putin wurde und wird als Patriot gelobt und friedliebend dargestellt. Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland gipfelte die Faktenverdrehung im November 2014 in einer Konferenz „Frieden mit Russland“.20 Nur folgerichtig erschien im März 2022 die Compact-Spezialausgabe Nr. 33 mit dem Titel „Feindbild Russland“.

Die simplen Welterklärungen gepaart mit einer wahnhaften Vorstellung, jede Kritik sei staatlich gesteuert, der Staat amerikanisch versklavt und Gegenprotest gar bezahlt, ziehen sich durch Elsässers Reden und Artikel. Geschürt werden Hass, verbreitet werden Desinformation und Hetze, immer wieder antisemitisch garniert. Dabei wird jede Krise, jedes neu auftauchende Thema passend zurecht gedreht.

Unsere Antwort heißt: #NoCompact. Elsässer, иди домой!


Quellen:

3 u. a. Editorial in COMPACT 09/2013 von Jürgen Elsässer

9 Tageszeitung „junge Welt“, Ausgabe 19. September 2006

14 Editorial in COMPACT 04/2020 von Jürgen Elsässer

17 Bundesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2021, S. 75 f.

19 vgl. Fußnote 10


Zum Weiterlesen:

  • Felix Schilk: Fallstudie: Compact: Scharniermedium der extremen Rechten. In: Zentrum Liberale Moderne, 2022, https://gegneranalyse.de/fallstudie-2-compact/
  • Felix Schilk: Souveränität statt Komplexität. Wie das Querfront-Magazin ›Compact‹ die politische Legitimationskrise der Gegenwart bearbeitet. Edition DISS, 2017, ISBN 978-3-89771-768-8.
  • Kevin Culina, Jonas Fedders: Im Feindbild vereint. Zur Relevanz des Antisemitismus in der Querfront-Zeitschrift Compact. Edition Assemblage, 2016, ISBN 978-3-96042-004-0.
  • kreuzer — Das Leipzig Magazin (Zeitschrift), Ausgabe April 2016, S. 18 ff.
  • Markus Liske / Manja Präkels (Hg.): Vorsicht Volk!, Verbrecher-Verlag, Berlin 2015, ISBN: 978-3-95732-121-3
  • Jutta Ditfurth: Warum ich vor das Bundesverfassungsgericht gehe, Frankfurt/Main, 2015

Nachdem die Neue Rechte den Ring 2020 noch freiprügeln musste, wird er 2022 von der Stadt Leipzig geschenkt

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ sagt aufgrund der behördlichen Entscheidungen fast alle angezeigten Versammlungen ab und ruft am 7. November zum aktiven Protest gegen den von rechten Akteuren geplanten Aufmarsch um den Ring auf, der vorbei an Stolpersteinen führt. Zentraler Ort ist 18:30 Uhr am Augustusplatz vor dem Paulinum der Universität.

Zur aktuellen Entscheidung der Behörde und dem geplanten Protest erklärt Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk: „Erst auf öffentlichen Druck hin hat die Versammlungsbehörde die Fackeln beim rechten Aufmarsch verboten. Allerdings darf die rechte Melange in der Gedenkwoche um den 9. November direkt an den Stolpersteinen auf dem Dittrichring laufen. Eine Versammlung des Aktionsnetzwerks wurde wegbeauflagt zu Gunsten des rechten Aufzugs, genau wie auch auf der Goethestraße am Mahnmal an ‘Porajmos’. Die Rechtsblindheit der Behörde ist nahezu unerträglich.“ Mit Porajmos wird in Romanes der Genozid („das Verschlingen“) an den Sinti und Roma während der Zeit des Nationalsozialismus bezeichnet.

Markus Röder stellt klar: „Die Versammlungsbehörde hat alles getan, um die Neonazis laufen zu lassen. Die rechte Daueranmeldung ohne Zusammenhang zum Ring wurde wiederholt höhergestellt als der Protest des Aktionsnetzwerks, der einen inhaltlich thematischen Zusammenhang zu den Stolpersteinen besitzt. Die Behörde misst wieder mal mit zweierlei Maß.”

Jürgen Kasek, Stadtrat, ergänzt: „Die zuständige Behörde der Stadt Leipzig hält es für eine gute Idee, an genau dem Tag, an welchem sich vor zwei Jahren auf dem Ring die Gewalt der Querdenker entlud, diesen geschichtsträchtigen Ort nicht etwa der stetig aktiven und weltoffenen Zivilgesellschaft zu überlassen, sondern denen zu schenken, die unsere Gesellschaft mit ihrer egozentrischen und Wissenschaft leugnenden Agenda terrorisieren und mit den Nazis auch jetzt gemeinsame Sache machen.“

Es bleibt dabei: Erinnern heißt kämpfen. Das Querdenken-Jubiläum muss ein Desaster werden! Je mehr Menschen sich am Montag dem Gegenprotest anschließen, desto besser kann das gelingen. Deshalb rufen wir alle Antifaschist:innen und die breite städtische Zivilgesellschaft auf, sich am 7. November ab 18:30 Uhr auf dem Augustusplatz zu versammeln!

Bildquelle: recherche-nord, 07.11.2020: Demonstration von Querdenken in Leipzig
Pressemitteilung: Leipzig, 5. November 2022