Auswertungsstatement zur Demonstration „Zusammen gegen Rechts!“ am 21.01.2024

Überall in Deutschland gehen Menschen auf die Straßen. Menschen, die in all ihrer Unterschiedlichkeit, etwas eint: dass sie gemeinsam dem aufziehenden Faschismus begegnen wollen und deutlich machen, dass die AfD als rechtsextreme Partei eine Gefahr für unsere Gesellschaft ist.

In Leipzig beteiligten sich am 21. Januar etwa 60–70.000 Menschen an unserer Demonstration „Zusammen gegen Rechts!“ und haben ein sehr deutliches Zeichen gesetzt. Damit war dies einer der größten Proteste seit 1989 in der Stadt. Wir danken allen Menschen, die sich beteiligt haben!

Bei aller Kritik, mit der wir uns auseinandersetzen müssen und wollen, ist es dennoch wichtig, das Gemeinsame zu unterstreichen und zu betonen. Die Demokratie lebt von ihrem Pluralismus, vom demokratischen Streit und von unterschiedlichen Positionen, die auch wir in einem breiten Bündnis, das unterschiedliche Perspektiven integriert und Sichtweisen Raum gibt, abbilden wollen.

Von der ungeheuren Menge an Menschen waren wir überrascht. Die uns zur Verfügung stehende Technik war nicht dafür vorgesehen, eine Demonstration in dieser Größenordnung zu bespielen. Wir prüfen daher, ob wir bei weiteren Versammlungen zusätzliche Technik anmieten, um mehr Menschen die Möglichkeit zu geben, Redebeiträge auch zu hören und zu verstehen.

Für die Koordination innerhalb der Demonstration müssen wir in Zukunft verstärkt auf Megafone setzen, um einzelne Informationen besser übermitteln zu können.

Eine Reihe von Kritik hat uns zu den Redebeiträgen erreicht. Einigen waren die Redebeiträge zu lang. Andere monierten, dass Parteijugenden sprechen durften. Anderen waren einzelne Redebeiträge zu radikal. Grundsätzlich prüfen wir keine Redebeiträge vorab und halten es auch für wichtig, unterschiedlichen Perspektiven Raum zu geben, ohne Anspruch darauf, dass diese eine Mehrheitsmeinung abdecken.

Wir versuchen darauf zu achten, dass die Redebeiträge ausgeglichen sind und damit ein möglichst breites gesellschaftliches Spektrum abbilden. Dazu gehören für uns auch Vertreter von Jugendorganisationen. Bei offiziellen Parteivertreter*innen halten wir uns zurück. Auch wenn im Netzwerk zum Teil Menschen aus Parteien organisiert sind, ist unsere Erwartungshaltung, dass die Parteien handeln und Verantwortung übernehmen. Wir haben zwar die Kritik erhalten, dass zu viel Parteienbashing betrieben wurde, wollen aber transparent machen, dass es diesbezüglich ebenso positives Feedback gab. Gut gewesen sei, dass sich die Parteien und Politiker*innen nicht kritiklos profilieren konnten

Aktuell sammeln wir noch alle gehaltenen Redebeiträge, um diese im Anschluss auch auf unserer Webseite zur Verfügung zu stellen und haben einzelne Kritik an den Inhalten der Beiträge auch weitergeleitet. Wir wünschen uns auch, dass man lernt, mit Kritik umzugehen und somit auch Redebeiträge zulässt, die explizit nicht die eigene Sichtweise spiegeln.

Es gab einen Vorfall, den wir im Nachgang noch gesondert mit der Polizei auswerten müssen. Auf Höhe der Runden Ecke fuhr ein oranger Pickup quer durch die Demonstration und gefährdete dadurch mutwillig Menschenleben. Dazu liegen uns mehrere Zeugenaussagen vor, sodass wir im Nachgang Anzeige stellen werden. Wir setzen auf die Ahndung dieses grob rücksichtslosen und Menschen gefährdeten Vorgangs. Von einem politischen Motiv gehen wir aktuell tendenziell eher nicht aus.

Auch mit der Frage der Auseinandersetzungen in Bezug auf den NahostKonflikt wollen wir uns im Nachgang gesondert auseinandersetzen. 

Grundsätzlich haben wir deutlich gemacht, dass wir keine National- und Parteifahnen auf der Demonstration möchten und haben dies auch unterschiedslos angesprochen und durch unsere Ordner*innen weitergegeben. Dazu gehört auch die Flagge Palästinas. Wir kritisieren, dass einige Gruppen versucht haben, die Demo in ihrem Sinne zu vereinnahmen. Auf der anderen Seite wurden Schneebälle und andere Gegenstände in Richtung der Gruppe geworfen, die sich mit Palästina solidarisch erklärten. Auch das verurteilen wir klar und deutlich.

Unsere Demonstrationen sollen für alle Menschen, die das gemeinsame Ziel eint, ein sicherer Ort sein. Für Jüdinnen und Juden ebenso wie für Pälästinenser*innen und Menschen, die sich mit ihnen solidarisch erklären.

Im Nachgang werden wir uns auch mit der Kritik näher auseinandersetzen, die uns in Bezug auf das Verhalten einzelner Ordner*innen erreichte und diese besser schulen. An dieser Stelle müssen wir aber auch eingestehen, dass wir als Demo-Orga das Handeln aller einzelnen Ordner*innen nicht kontrollieren können. Gerade bei  Großdemonstrationen ist eine so große Menge an Menschen als Ordner*innen tätig, was es erschwert jeden einzelnen Vorwurf zu prüfen. Für uns ist aber klar, dass wir auf unseren Versammlungen niemals Menschen mit der Polizei drohen.

Wir werden in Kürze gesondert auf einzelne Gruppen zugehen und diesen ein Gespräch anbieten. 

Personen, die Sprechchöre anstimmen, die eine Lösung des Konflikts durch Bombardierung von Gaza einerseits oder Israel andererseits sehen, die antisemitische Erzählungen verbreiten oder Palästinenser*innen pauschal mit den Islamisten der Hamas gleichsetzenwerden wir beim nächsten Mal ausschließen.

Die Demonstrationen aktuell sind ein ermutigendes Zeichenauch wenn für uns der aktuelle Grund nicht neu ist. Besonders ermutigend ist, dass gerade auch im ländlichen Raum und vielen Kleinstädten Menschen auf die Straße gehen. Diese wollen wir unterstützen und auch darauf aufmerksam machen. Es ist leicht in einer Großstadt wie Leipzig Haltung zu zeigenaber es ist schwer dort Gesicht zu zeigen und Haltung anzunehmen, wo in den letzten Jahren eine dauerhafte rechtsextreme Bedrohungslage entstanden ist. Umso mehr gilt es die Menschen in beispielsweise FreitalBautzen, Pirna und Altenburg zu sehen und zu unterstützen. Auch wir wollen das tun. 

Die Demonstrationen können etwas bewegen und sind wichtigaber reichen allein nicht aus. Vor uns steht ein herausforderndes Jahr mit einigen entscheidenden Wahlen. Wir wollen gemeinsam für eine weltoffene Gesellschaft streiten, wo jeder Mensch gesellschaftliche und kulturelle Teilhabe genießt und es nicht darauf ankommt, wo jemand herkommt, wen man liebt oder welche Sprache man spricht.

Das Zeitalter der multiplen Krisen verunsichert und führt zur Angst, was auch zur Stärkung autoritäreEinstellungsmuster führt. Wir sind überzeugt, dass man diese Gesellschaft nur mit Mut, Zuversicht und Solidarität gestalten kann. Gegen die autoritäre Formierung und gegen den aufziehenden Geist des Faschismus!

Ein Gedanke zu „Auswertungsstatement zur Demonstration „Zusammen gegen Rechts!“ am 21.01.2024“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.