Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freund*innen, wir wenden uns bezüglich der kommenden Kommunal- und Europawahl an Sie, an euch.
Regelmäßig finden angesichts verschiedener Wahlen Podiumsdiskussionen mit Kandidat*innen von Parteien statt. Meistens sind diese beschränkt auf Parteien, die bereits im Stadtrat oder Landtag vertreten sind.
Eingeladen wurde in der Vergangenheit auch die AfD, mit dem Verweis darauf, dass es sich zwar um eine nationalistische und chauvinistische Partei handelt, die jedoch demokratisch gewählt sei und man diese doch inhaltlich stellen müsse. Eine Nichteinladung wurde als undemokratisch empfunden bzw. bewertet. Eine Partei ist aber nicht bereits deswegen demokratisch, weil sie demokratisch gewählt werden kann. Die freiheitlich-demokratische Grundordnung schützt in Grenzen auch ihre Gegner. Eine Partei ist dann demokratisch, wenn sie auf den Boden des Grundgesetzes steht und die Werteordnung des Grundgesetzes und die Grundrechte vertritt.
Nunmehr haben sich die Voraussetzungen geändert. Neben unabhängigen Initiativen und Studien ist mittlerweile auch behördlich festgestellt, dass es sich bei der AfD um eine gesichert rechtsextreme Partei handelt, welche die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen will. Sie ist durchsetzt von strukturellem Rassismus und Antisemitismus. In ihren Reihen finden sich Vertreter*innen, die aus ihrer Bewunderung für Diktator*innen keinen Hehl machen und die auch in ihren Schriften deutlich äußern, dass sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung lieber heute als morgen abschaffen wollen. Im Stadtrat sitzen Vertreter, die an der Wolfsschanze (dem Führerbunker bei Kętrzyn/Polen posieren) oder den antisemitischen Anschlag von Halle relativieren. Björn Höcke zitiert in seinen Reden häufiger auch Vertreter der NSDAP.
Wer rechtsradikalen Menschenfeind*innen eine Bühne gibt, trägt weiterhin zur Etablierung von deren Einstellungsmustern bei und normalisiert Menschenfeindlichkeit. Es gibt keine Notwendigkeit dazu, dass Vereine bzw. Initiativen eine Einladung an die Vertreter*innen der AfD aussprechen. Wir bitten Sie, euch, sehr genau den Umgang damit zu prüfen. Gerade in diesen Zeiten ist eine Haltung, die darauf abstellt, dass man keine Haltung hat, nicht zu vertreten. Schon einmal hat sich gezeigt, dass die Vorstellung, solche Parteien einhegen zu können oder inhaltlich zu stellen, ein Fehler ist, an dessen Ende der Weltenbrand und mehr als 50 Millionen Tote standen.
Machen Sie sich, macht euch, nicht mitschuldig! Eine klare Grenzziehung ist wichtig. Diese Demokratie braucht Haltung und Menschen, die die Grund- und Menschenrechte entschieden gegen ihre Feind*innen verteidigen.
Mit freundlichen Grüßen aus dem Aktionsnetzwerk
Irena Rudolph-Kokot und Jürgen Kasek