Wer marschiert am 17. Oktober unter dem Motto „Recht auf Zukunft“ auf?

Am 17. Oktober wollen Neonazis zum ersten Mal, seit uns Christian Worch 2007 verlassen hat, wieder eine Großdemonstration durchführen. Angemeldet wurde der Aufzug vom Vorsitzenden der NPD-Jungendorganisation „Junge Nationaldemokraten“ in Sachsen, Tommy Naumann. Er ist gleichzeitig Stützpunktleiter der JN in Leipzig und Mitglied der Neonazi-Gruppierung „Freie Kräfte Leipzig“. Er kandidierte erfolglos 2009 für den Leipziger Stadtrat.

Aufruf und Inhalt
Unter dem Motto „Recht auf Zukunft“ erklären die Organisatoren in ihrem Aufruf selbst, für welche Ideale und mit welchen Absichten sie ihren Aufmarsch versuchen wollen. Unter dem Deckmantel einer stark verkürzten Kritik des kapitalistischen Wirtschaftssystems sehen sie nur eine Möglichkeit zur „…Rettung des deutschen Volkes…“: Die Abschaffung der demokratischen Grundordnung zugunsten eines nationalistischen und völkischen Staates, welcher durch eine zu bildende Elite gelenkt und geführt wird. Im Nazi-eigenen Sprech wird daraus dann „Die Demokraten bringen uns den Volkstod“ und die Lösung soll „Nationaler Sozialismus“ heißen.
Im Aufruf selbst finden sich drei zentrale Elemente, die bereits zur Zeit des Nationalsozialismus bestimmend waren:

  1. „Recht ist, was dem deutschen Volke nützt“ – Hinter dieser Forderung versteckt sich die Ideologie der Ungleichwertigkeit, welche auch an anderen Stellen des Aufrufs an die Oberfläche rückt. Über das Konstrukt einer genetisch/rassisch definierten vermeintlichen „deutschen Volksgruppe“ versuchen sich Nazis von Menschen anderer Hautfarbe und/oder Herkunft abzugrenzen und sich selbst aufzuwerten. Klar werden positive Eigenschaften dem eigenen „Genpool“ zugeschrieben, während nach der Ansicht einiger Neonazis fast alle Übel der Welt durch andere „Rassen“ zu verantworten sind. Dieses rassistische Konstrukt ist zwar wissenschaftlich nicht haltbar, hindert aber Nazis nicht daran, es zu glauben und auch danach zu handeln.
  2. „Zins und Zinseszins“ – Es sind antisemitische Motive, die sich verklausuliert, aber stringent durch den Aufruf ziehen. Zum Ausdruck gebracht werden soll die scheinbar empfundene Ohnmacht gegenüber einer nicht näher definierten Gruppe, welche sich verschwörerisch über das „deutsche Volk“ hermachen würde, es durch „Zins und Zinseszins“ auszubeuten sucht und eben jenem „Volk“ die Freiheit und Selbstbestimmung raubt. Sowohl im ausgehenden 19. Jahrhundert als auch in den 1920er und 30er Jahren wurde eben so in einschlägigen Kreisen argumentiert.
  3. „Die Demokraten bringen uns den Volkstod“ – Die Lösung aller irdischen Probleme sehen die Organisatoren des Aufmarschs in der Abschaffung des „Systems“, gemeint ist hier das demokratische Mehrparteiensystem. Entschieden werden solle ihrer Ansicht nach nicht durch gewählte Vertreter_innen, sondern durch eine auszubildende Elite, welche dann über das Schicksal und die Belange der Bevölkerung entscheiden solle. Gemeinhein nennt man das auch eine Diktatur. In der Zeit des Nationalsozialismus ging dieses Prinzip im sogenannten Führerstaat auf.

Geplante Route
An diesem Samstag wollen sich die sogenannten „Nationale Aktivisten“ um 12 Uhr am S-Bahnhof Sellerhausen treffen und dann durch Eisenbahnstraße, Torgauer-Str., Wurzener Str., Breite Straße, Täubchenweg, Dresdner Str., über Augustusplatz und Georgiring zum Leipziger Hauptbahnhof ziehen. In Erwartung von Protesten wurde der Aufmarsch bis 24 Uhr angemeldet.

Im Kooperationsgespräch, welches im Vorfeld von Veranstaltungen zwischen Anmeldern, Versammlungsbehörde und Polizei durchgeführt wird, erhöhten die Organisatoren die geschätzte Teilnehmerzahl von 200 auf 500. Realistisch sind durchaus Zahlen von 1.000 Neonazis. Bundesweit werben rechte Gruppierungen seit fast einem halben Jahr für diese Veranstaltung, zahlreiche Neonaziversände unterstützen die Organisatoren durch Werbung, Druck von Propaganda und direkte Finanzhilfen. Selbst auf einschlägigen Seiten in anderen europäischen Ländern findet sich der Verweis auf diesen Aufmarsch. Die Organisatoren selbst geben ihre Unterstützer-Liste mit folgender Erklärung nicht preis: “ (…) schließlich wollen wir unseren Feinden keine Gelegenheit bieten sich darauf einzustellen wer uns wie unterstützt (…)“.

Pressemitteilung 01.10.09

– Leipzig nimmt am 17.10. großflächig Platz gegen Nazis! Über 320 Leipzig_innen, Initiativen und Vereine haben den Aufruf bereits jetzt unterzeichnet.
– Vorbereitungsveranstaltung am 11.10.2009
– Spenden zur Unterstützung sehr willkommen!

Über 320 Initiativen, Gruppierungen und Einzelpersonen wollen sich dem Neonaziaufmarsch schon widersetzen: – Mobilisierung und Vorbereitung gehen in heiße Phase!

Das „Bündnis 17.10.“ verzeichnet für ihr Widersetz-Anliegen gegen den Neonazi-Aufmarsch „Recht auf Zukunft“ sehr große Unterstützung
Unter den Unterstützer_innen des Bündnisaufrufes finden sich gewerkschaftliche und kirchliche Gruppen, Bürgerinitiativen, Kulturvereine und viele andere mehr. Immer mehr Vereine, Gruppen und Personen aus den Gebieten im Leipziger Osten, durch die die Neonazis am 17.10. laufen wollen, sowie eine große, bunte Vielfalt an Einzelpersonen aus Leipzig und darüber hinaus haben sich ihr Platzkarte gesichert.
Auch viele Parteigruppierungen und bekannte Politiker_innen von SPD, der LINKEN, Bündnis 90/Die Grünen und inzwischen auch aus der FDP wollen sich am Protest gegen Ideologien der Ungleichheit und deren Vertreter_innen beteiligen.

Was wird konkret passieren?

Die Protestformen sind Kundgebungen, Straßenfeste, Kulturveranstaltungen sowie friedliche und gewaltfreie Widersetz-Aktionen. „Dadurch will das Bündnis möglichst viele Menschen dieser Stadt motivieren am 17.10.2009 auf die Straße zu gehen und den Neonazis ihre Demo vermiesen“, so die Pressesprecher_innen Jule Nagel und Stefan Kausch.

Zur Vorbereitung findet am 11.10. einen Aktionstrainingstag statt, in dessen Rahmen es rechtliche Tipps, Hinweise zur 1. Hilfe in Stresssituationen, Infos zur Demo und Gegenaktion, sowie andere Aktionstrainings geben wird.

Infos und Anmeldung unter der Homepage www.leipzig-nimmt-platz.de,

sowie der Mailadresse:

Warum Widersetzen? Gegen Rassimus, Antisemitismus und Demokratiefeindlichkeit!

Das Ziel der Aktionen, so die Pressesprecher_innen Kausch und Nagel: „Rassistischen, antisemitischen und demokratiefeindlichen Aktionen und Parolen durch friedliche und gewaltfreie Widersetz-Aktionen entgegentreten!“

Spenden zur Unterstützung notwendig – Protest geht nicht ohne Solidarität!

Der Druck von Flyern und Plakaten sowie anderweitig anfallende Kosten ist nicht ohne Geld zu bewerkstelligen. Die Einnahmen sind knapp – um Spende wird deshalb geben. Mit der Gleichung 100 Menschen geben 5 Euro helfen Sie/ helft Ihr uns massiv! Spendenkonto: Courage Werkstatt, Konto XXXXXXXX, BLZ XXXXXXXX, Stichwort „Spende“. Vielen Dank!

Der Aufruf kann unter der Internetseite: www.leipzig-nimmt-platz.de unterstützt werden.

Für Rückfragen: Pressetelefon 0157 8 3521028

Sind Sitzblockaden eigentlich strafbar?

Ein Interview mit Albrecht Schröder (OBM Jena, SPD) aus dem „Buch gegen Nazis“ (Kulick/Staud, Köln 2009, S. 172ff.)

Im September 2007 hatte die NPD im thüringischen Jena ihr sogenanntes „Fest der Völker“ angesetzt. Dagegen versammelten sich 3.000 Bürger erst zu einer Kundgebung – und besetzten dann blitzschnell Straßen und Kreuzungen, um die Zufahrten zu ihrer Innenstadt zu blockieren. In vorderster Reihe dabei: Oberbürgermeister Albrecht Schröter (SPD).

Herr Schröter, wie viel Strafe mussten Sie dafür zahlen, mitblockiert, ja sogar dazu aufgerufen zu haben?

Gar nichts. Alle Bürger kamen ohne Strafe davon. Denn es ist ihr gutes Bürgerrecht, deutlich zu machen, dass Neonazis in einer weltoffenen Stadt wie Jena nichts zu suchen haben. Nach allem, was die deutsche Geschichte gelehrt hat, sehe ich das sogar als eine Bürgerpflicht. Es wäre eine Verhöhnung der Naziopfer, einen Neonazi-Aufmarsch einfach zuzulassen. Andernorts sehen Polizei und Justiz das anders. Blockaden werden abgeräumt und Teilnehmer wegen Nötigung bestraft.
Es gibt in der Praxis immer einen Ermessensspielraum. In Jena war die Polizei bereit, den ersten Versuch einer Blockade hinzunehmen und nur zu räumen, wenn tätliche Gewalt von Demonstranten ausgeht. Und die blieb aus.

Gewaltfreies Blockieren ist also legal?

Zumindest legitim, wenn dabei nicht gravierend gegen Recht und Gesetz verstoßen wird. Juristisch ist das natürlich eine Gratwanderung. Doch wenn zum Ausdruck kommt, dass die Blockade eine friedliche Willensbekundung sogar von vielen Bürgern ist – und möglichst von viel mehr Menschen als
auf Neonazi-Seite -, dann wird ein kluger Einsatzleiter anerkennen, dass hier Bürgerwille zum Ausdruck kommt. Und er wird dies respektieren, wenn es dem Gesetz über die Versammlungsfreiheit nicht widerspricht, wenn also die Demonstranten zum Beispiel unbewaffnet und nicht uniformiert sind.

Die Rechtsextremisten wollten aber zu einer genehmigten Veranstaltung. Und sie pochen auch auf ein Grundrecht, nämlich ihre Versammlungs- und Meinungsfreiheit?

Das tun sie wohl. Aber: Neonazismus und Faschismus sind keine Meinung, sondern nachweislich ein Verbrechen. Und die Freiheit, gegen Neonazismus und Faschismus aufzutreten, nehmen sich die Bürger in so einem Moment. Es ist ein Akt zivilen Ungehorsams. Dazu gehört, im Zweifelsfall ein Bußgeld in Kauf zu nehmen.

Wie gezielt wurde die Blockade denn vorbereitet?

Von verschiedenen Aktionsbündnissen in Jena wurden allerlei Demonstrationsformen erwogen. Aber weil das allgemeine Entsetzen über den Nazi-Aufmarsch groß war, konnte man davon ausgehen, dass die Blockaden eine Art Selbstläufer werden. Natürlich bekommt man an einem solchen Tag auch mit, dass manche sehr strategisch herangehen. Da gibt es Schulungen, man teilt sich in kleine Gruppen auf, denen man Farben zuordnet. Und dann heißt es plötzlich via Megafon: „Der blaue Finger auf die Kreuzung soundso, der gelbe Finger da- und dorthin!“ Wie die einzelnen Finger einer Hand werden dann etwaige Polizeisperren umgangen. Das soll es an jenem Tag in Jena auch gegeben haben.

Die Polizei rief sogar auf Flugblättern dazu auf, „Protestformen zu finden, die der Polizei eine Chance geben, sich zurückzuhalten“.

Die Polizei soll ja nicht Gewalt ausüben, sondern helfen, Gewalt zu verhindern und Rechte durchzusetzen. Das wurde in Jena damals auch geschafft. Die Polizei hat letztlich zwar den Zugang zu dem Neonazi-Fest gewährleistet – aber die Bürger haben das „Fest“ zumindest behindert. Was behördlich nicht verboten werden kann, sollte so erschwert werden, dass die Nazis keinen Spaß haben.

Andere Städte sind da rigoroser, vor allem mit Verweis auf „gewaltbereite Autonome“.

Auch mit Autonomen kann man reden. Einmal grölten hier in Jena bei einer Demo Leute: „Klatscht die Nazis aufs Pflaster, bis das Blut spritzt.“ Da hab‘ ich gesagt: „Hört auf, sonst gehe ich nicht weiter mit euch. Und viele andere auch nicht.“ Damit war das geklärt. Ich bin nämlich fest davon überzeugt, dass solche Parolen die Bürger nicht zum Mitmachen anregen. Auch die sogenannte bürgerliche Mitte ist bereit, etwas gegen Neonazis zu tun – aber ohne Gewalt. Und nur gemeinsam ist eine Bürgerschaft stark. Hier wird nicht einer vor den Karren des anderen gespannt. Wir sind viele Karren – um im Bild zu bleiben -, und wir sind als Konvoi unterwegs zu einem gemeinsamen Ziel.

Haben Sie mit der Teilnahme daran nicht Ihre Neutralitätspflicht als Beamter verletzt?

Oberbürgermeister legen einen Amtseid auf die Verfassung ab – das verpflichtet sie, die Demokratie und ihre Werte ernst zu nehmen. Aber gegenüber Neonazis können Demokraten nicht neutral sein. Ich habe mir deshalb am Tag der Blockaden Urlaub genommen und die sonst mir obliegende Leitung
der Versammlungsbehörde an meinen Dezernenten für Sicherheit übergeben. An der Blockade nahm also ein ganz normaler Bürger Albrecht Schröter teil.

Pressespiegel

15:44min
(Interview mit dem Bündnissprecher auf Radio Blau)

8. Oktober 09


(Leipziger Volkszeitung) „Friedliche Proteste“ – Bündnis plant Aktionen gegen Neonazi-Aufmarsch
Es wird berichtet, dass bereits mehr als 430 Unterstützer_innen hinter dem Aufruf stehen, mindestens 10 Aktionen geplant sind. Zudem wird der Pressesprecher des Bündnis „17. Oktober“ zitiert: „Man kann friedliche Proteste gegen 300 Demokratiefeinde nicht in Frage stellen. Wir haben mit unserem Aufruf an die Leipziger deutlich gemacht, dass wir unter zivilem Ungehorsam nur friedliche und gewaltfreie Aktionen verstehen.“

7. Oktober 09


(Leipziger Internetzeitung) „Recht auf Zukunft“? Leipziger Neonazis auf dem Weg in die Vergangenheit
Am 17.10. möchten Neonazis durch den Leipziger Osten und die City marschieren. Wenn sie nicht auf Demos gehen, stehen manche in der Fankurve das Bruno-Plache-Stadions, machen Partei-Arbeit oder betreiben Webportale. Was sich tatsächlich hinter unverfänglich klingenden Forderungen nach „Gemeinschaft“, „Gerechtigkeit“, „Freiheit“ und „Selbstbestimmung“ verbirgt, zeigt ein Blick hinter die Kulissen des braunen Leipziger Sumpfs. (weiter zum Artikel)

30. September 09


(Kreuzer) Protest gegen Nazi-Demo am 17. Oktober – Ein breites Bündnis ruft Leipzigs Bürger auf, den Neonazi-Aufmarsch zu verhindern
»Bitte nehmen sie Platz«: Sitzblockaden und andere Wege des gewaltlosen zivilen Ungehorsams gehören sicher zum Repertoire der Gegendemonstranten
Die Nazis wollen mal wieder durch Leipzig marschieren. Unter dem Motto »Recht auf Zukunft« hat Tommy Naumann, Leiter der hiesigen JN-Ortsgruppe, NPD-Stadtratskandidat und Aktivist der Freien Kräfte für den 17. Oktober von 12-20 Uhr eine Demo im Leipziger Osten angemeldet. (weiter zum Artikel)

27. September 09


(Leipziger Internetzeitung) Schere im Kopf – „Ziviler Ungehorsam“ scheint in Leipzig noch immer ein Unwort zu sein
Die Leipziger Internetzeitung berichtet ausführlich über das Bündnis „17. Oktober“, die Nazidemo am gleichen Datum und die Aufgaben des Referates Extremismus und Gewaltprävention der Stadt Leipzig. Zudem geht der ARtikel näher auf sogenannten „Zivilen Ungehorsam“ ein. (weiter zum Artikel)

25. September 09


(Leipziger Volkszeitung*) Blockade-Plan – Rathaus stellt sich hinter Mitarbeiterin
Die beiden Lokalredakteure Frank Döring und Klaus Staeubert berichten von einer ausführlicheren Stellungnahme eines Sprechers der Stadt Leipzig: „Es gehe „in erster Linie um die Gewinnung von vielen Menschen“, heißt es in der Erklärung, „die an unterschiedlichen Aktionen, Aktivitäten ihren Protest gegen die Demonstration der Nazis zum Ausdruck bringen.“ Deshalb werde nach Bündnispartnern gesucht. Jugendamtsleiter Haller, dem das Referat für Extremismus und Gewaltprävention angegliedert ist, werde den Fall prüfen.

24. September 09


(Radio Blau) Interview mit Stefan Kausch, dem Pressesprecher des Bündnis „17.Oktober“

15:44min

(Leipziger Volkszeitung*) Behörde in Blockade-Plan involviert – Rathaus-Mitarbeiterin organisiert mit Netzwerk Gegenaktionen zu rechtsextremer Demo
Die Lokalredakteure Frank Döring und Klaus Staeubert berichten zunächst in wenigen Zeilen über das Stattfinden der Nazidemonstration am 17. Oktober. Im folgenden, deutlich längeren Teil, veröffentlichen sie Inhalte eines Protokolls des Bündnis „17. Oktober“, welches ihnen zugespielt worden sei. Demnach nahm die Referentin für Extremismus und Gewaltprävention ebenso an Bündnis-Treffen teil, in denen auch über einen möglichen Blockade-Aufruf nach dem Beispiel des Jenaer Aktionsnetzwerkes, gesprochen worden sei. Zudem stellen sie die Stadt tendenziös als Behörde dar, welche einerseits über Auflagen des Nazi-Aufmarsches zu entscheiden und andererseits aber auch in die Gegenaktivitäten involviert sei und versuchen dies, zu skandalisieren. Desweiteren stellen sie das „Netzwerk für Demokratie und Courage“ als Organisator und Veranstalter dar.
Die Journalisten kontaktierten weder die namentlich genannte Fachreferentin, noch das namentlich genannte „Netzwerk für Demokratie und Courage“, noch die beiden Pressesprecher_innen des Bündnis „17. Oktober“.

Reaktionen zum Artikel:

    • Leserbriefe (

1

    • ,

2

    • )

Offener Brief des Stadtjugendrings 24.09.09
Pressemitteilung des NDC Leipzig 25.09.09
Pressemitteilung des Mehr Demokratie e.V. Sachsen 25.09.09

*Einer Veröffentlichung des gesamten Artikels wurde bisher durch die Leipziger Volkszeitung nicht zugestimmt.

Gegendarstellung des Mehr Demokratie e.V. 250909

Leipzig, 25.09.2009

Gegendarstellung

Der LVZ-Artikel vom 24.09.2009 „Behörde in Blockade-Plan involviert“ ist ein Schlag ins Gesicht für alle Menschen, die sich bürgerschaftlich gegen den erstarkenden Rechtsextremismus und Rassismus engagieren. Die zusammenhanglosen Ausführungen durch die LVZ-Reporter Klaus Staeubert und Frank Döring sind dreiste Verzerrungen der Tatsachen! Diese Darstellungsweise suggeriert eine Gleichsetzung mit der geplanten Antifa-Demonstration am 10.10.2009. Die Veranstaltung des „Aktionsbündnisses 17. Oktober“ ist von vornherein als eine friedliche und ausdrücklich gewaltfreie Widersetzaktion konzipiert worden.

Traurig stimmt uns alle, dass die LVZ mit ihrem Artikel den Aufmarsch der Neonazis bekräftigt, indem sie durch die Konzentration auf Begrifflichkeiten wie „Blockade-Konzepte“ den Eindruck erweckt, dass es sich hierbei um eine so genannte „Steine-Werfer-Aktion“ handle!!! Somit vereiteln Sie unseren Wunsch, möglichst viele Menschen, egal ob jung oder alt, für unser geplantes Straßenfest zu mobilisieren.

Im Übrigen besteht das Aktionsbündnis aus bisher 193 Vereinen, Initiativen und Einzelpersonen aus ganz Leipzig. Wir bitten Sie ihre Artikel zukünftig in adäquater Weise zu recherchieren.

Als Hilfestellung empfehlen wir Ihnen einen Blick auf die Homepage: www.leipzig-nimmt-platz.de

Mehr Demokratie e.V. Sachsen

Haus der Demokratie

Bernhard-Göring-Str.152

D-04277 Leipzig

Tel.: 0341-3065140

Email:

http://sachsen.mehr-demokratie.de

Leserbrief 2 240909

Sehr geehrter Herr Staeubert, sehr geehrter Herr Döring,

mit Entsetzen habe ich Ihren Artikel „Behörde in Blockadeplan involviert“ vom 24.09.2009 gelesen. Anstatt nach sorgfältiger journalistischer Recherche über das Anliegen des „Bündnisses 17.10.“ zu berichten, beschränken Sie sich auf haarsträubende Halbwahrheiten (wenn Sie z.B. über die „Sitzungen des NDC“ sprechen) und diskreditieren bürgerliches Engagement gegen Neonazis in dieser Stadt auf äußerst unfeine Art.
Da erhoffe ich mir von den Leser_innen Ihrer Zeitung die nötige Reflektion und Ansporn sich
anderweitig eine differenzierte Meinung einzuholen. Ich verstehe nicht ganz, weshalb es nötig ist, so detailliert mit sachlichen Fakten über die Eckpunkte der Nazidemonstration am 17.10. zu schreiben und dann in einen unsachlichen Ton über breites bürgerliches Engagement gegen Nazis in dieser Stadt zu verfallen…

Was ist denn Ihrer Meinung nach Aufgabe der Fachstelle Extremismus und Gewaltprävention der
Stadt?! Doch wohl nicht, sich neutral zu verhalten! Doch wohl nicht, mit Wohlwollen Extremisten
durch die Stadt ziehen zu lassen, an der sich sicherlich einige viel zu viele „normale“ Bürger_innen sowieso beteiligen werden?! Aufgabe dieser Fachstelle ist die Aufklärung darüber, weshalb die Demo-Devise der Neonazis „Recht auf Zukunft“ kein nett gemeinter familientauglicher Slogan ist.
Dahinter steckt vielmehr das antisemitische, rassistische, sexistische, nationalistische, NS-
verherrlichende Weltbild der Autonomen Nationalisten, einer losen Gruppe von Neonazis, die die Straßen und Köpfe Leipzigs laut und gewalttätig, und doch oft unbeachtet, für sich gewinnen wollen. Ich habe kein Verständnis dafür, diese Menschen hier und anderswo demonstrieren zu lassen. Diskriminierende Meinungen haben nichts auf der Straße zu suchen! Oder möchten Sie Feinden der Demokratie den Platz überlassen?
Es scheint mir so – in der Art, wie Sie das „Bündnis 17.10.“ diffamieren. Ein Bündnis, das aus vielen verschiedenen Vereinen, Verbänden, Parteien, kirchlichen Gruppen, Arbeitsgruppen und
Einzelpersonen besteht (und keinesfalls nur aus dem NDC, „Linksaktivisten“ und der „Behörde“-wie aus Ihrem Artikel hervorgeht). Das dazu aufruft, sich dem Naziaufmarsch mit FRIEDLICHEN Mitteln wieder zu widersetzen. Es kann in einer ach so weltoffenen Stadt wie Leipzig nichts Besseres geben!
Mit aller Unterschiedlichkeit der (politischen) Meinungen haben sich hier Menschen zu einem Ziel zusammengefunden: Platz zu nehmen und sich auf vielfältige Art und Weise gewaltfrei zu
widersetzen. Die Unterstützung dieses Bündnisses ist ein Zeichen von Zivilcourage und von gelebter Demokratie.
Rufen Sie und Ihre Zeitung mit uns auf, alle Bürger_innen dieser Stadt zu ermutigen, Gesicht zu
zeigen! Zu zeigen, dass Nazis hier keine Straße-breit einnehmen können! Weiterführende
Informationen finden Sie auf der Internetseite www.leipzignimmtplatz.blogsport.de .
Ich wäre Ihnen für die Veröffentlichung meines Leserbriefs dankbar, jedoch nur in der ungekürzten, unveränderten Fassung.

Freia S.

Leserbrief 1 an LVZ 240909

Sehr Geehrter Herr Hilder, sehr geehrter Herr Döring, sehr geehrter Herr Stäubert,

Mit Empörung musste ich heute ihre höchst verkürzte Berichterstattung zum „Bündnis 17. Oktober“ (24.10.2009, „Behörde in Blockade-Plan involviert“) lesen. Sie stellen die Aktivitäten, die im Oktober stattfinden nicht etwa als die legitime Äußerung einer wachen und aktiven Demokratie dar, sondern eben ausschließlich als ein Problem für „Recht und Ordnung“ in der Stadt. Sie vergessen dabei, dass es bei dem Bündnis 17. Oktober nicht allein um bereits aktive politische Akteure handelt, sondern dass sich hier ein breites Bündnis von Menschen seinen politischen Willen diskutieren und deutlich zum Ausdruck bringen will. Damit steht das Bündnis in der zivilgesellschaftlich-demokratischen Tradition – auch wenn dieser Vergleich schon viel zu oft benutzt worden ist – von den Leipziger Friedensdemonstrationen 1989, den Gegendemonstrationen zu den Worch-Aufmärschen oder auch dem zivilgesellschaftlich organisierten Bürgerentscheid zum
Stadtwerkeverkauf im vergangenen Jahr. Eine öffentliche Äußerung des politischen Willens kann und darf nicht auf Kosten für Polizeieinsätze reduziert werden.

In ihrem Artikel vermisse ich eine Auseinandersetzung mit den Inhalten, die hinter dem agieren des „Bündnis 17. Oktober“ stehen. Die Aufzählung ‚von „dezentralem Vorgehen“, von „Flexibilität (auch wegen möglichen Streckenänderungen)“, von „Konzept light“ und „Konzept plus“ und der „Verzahnung mit anderen Aktionen“‘, die sie anbringen ist lächerlich – Kontingenzpläne, Flexibilität und Vernetzung gehören in allen Teilen unserer Gesellschaft zu jeglicher Form von Handeln. Offensichtlich soll hier aber zwischen den Zeilen suggeriert werden, dass diese Aktion von „Chaoten“ durchgeführt werden soll, von denen sich die „rechtschaffenen Bürger“ fern halten sollten. Dabei vergessen Sie was in dem Aufruf des Bündnisses und in allen Protokollen drin steht: Eine hohe Anschlussfähigkeit auch für alle humanistisch orientierten Menschen, Konsensorientierung und – ganz wichtig! – Gewaltfreiheit. Was, wenn nicht die
friedliche Äußerung einer politischen Meinung, ist denn gelebte Demokratie? Alle paar Jahre zur Wahlurne zu gehen und zu wählen? Das kann mitnichten ihr Ernst sein!

Dass die Stadtverwaltung in den Treffen des Bündnisses dabei ist, kann man nur begrüßen. Die Treffen sind offen für alle, die sich interessieren und die Anwesenheit von Behörden hilft auf beiden Seiten Ängste und Vorbehalte abzubauen. Ängste und Vorbehalte, die ihr Artikel versucht zu schüren. Ich frage mich ernsthaft welche Rolle Ihre Zeitung bei der gelebten Demokratie hier in Leipzig eigentlich spielen möchte? Frau Lahm hat bei den Treffen es immer vorzüglich geschafft, ihre persönlichen und amtlichen Ansichten zu trennen und war stets eine verlässliche Stimme der Stadt, wenn es darum ging was die Stadt noch unterstützen kann und was nicht.

Letztlich ist es unheimlich verkürzt davon zu sprechen, dass es hier nur um eine Blockade gehe. Geplant sind Kundgebungen, Straßenfeste und Kulturveranstaltungen und eine offensive, aber friedliche, Konfrontation mit den Nazis. Deren menschenfeindliches Weltbild muss doch eine bunte, vielfältige und humanistische Alternative entgegengesetzt werden! Da Sie davon nichts schreiben, frage ich mich doch: Haben Sie eigentlich mit den Beteiligten überhaupt gesprochen? Mit Frau Lahm ja offensichtlich nicht, und mit anderen Akteuren offensichtlich auch nicht. Warum brauchen Sie dann für einen solch flachen Artikel eigentlich zwei Autoren? Und was verstehen Sie eigentlich unter verantwortungsvollem Journalismus? Als Journalistik-Student würde mich das ernsthaft interessieren.

Ich freue mich auf eine Antwort von Ihnen. Diesen Brief dürfen Sie gerne ungekürzt veröffentlichen. Mit einer redaktionellen Bearbeitung (außer orthographisch und grammatisch) bin ich nicht einverstanden.

Beste Grüße

Lalon S.

Wahlaufruf

Liebe Mitmenschen,

wir möchten Sie/Euch aufrufen, an der heutigen Bundestagswahl teilzunehmen!

Sollten Sie/ solltet Ihr noch unentschlossen sein, an wen Ihre/Eure Stimmen gehen soll(en), gibt es die Möglichkeit, sich beim wahl-o-maten der Bundeszentrale für politische Bildung über Positionen und Inhalte der antretenden Parteien zu informieren. Über die Positionen der einzelnen Kadidierenden gibt die Seite abgeordnetenwatch.de Auskunft!

Wer in Leipzig für welche Partei antritt, erfahren Sie/ erfahrt Ihr auch auf der Seite zu den Bundestagswahlen der Stadt Leipzig. Dort gibt es ab ca. 19:30 Uhr auch die vorläufigen Ergebnisse in den beiden Leipziger Wahlkreisen zu sehen!

Wie Ihre/Eure Entscheidung auch ausfallen mag, wir rufen Sie/Euch auf, die Stimmen den antretenden demokratischen Parteien zu geben! Jede Stimme, die an diese Parteien gegeben wird, ist eine Stimme gegen die menschenfeindliche und antidemokratische NPD!

Bündnis „17. Oktober“

Leipziger Erklärung des Stadtrates zum Auftreten der NPD

17.12.2008

Zu Beginn der 52. Sitzung der Ratsversammlung gab Oberbürgermeister Jung am 17. Dezember die folgende gemeinsame Erklärung

    aller

Fraktionen des Leipziger Stadtrates ab.

Rechtsradikale Demonstrationen, aber auch das verstärkte Auftreten der NPD in Leipzig ist für alle demokratisch und rechtsstaatlich gesinnten Bürger dieser Stadt eine Provokation, aber auch eine Herausforderung.

Es ist 63 Jahre nach Ende der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und dem von ihr beherrschten Verbrecherregime unerträglich, eine politische Partei in unserem Land und unserer Stadt aktiv zu wissen, die ihre geistigen Wurzeln in diesem braunen, nationalsozialistischen Sumpf hat. Jeder, der mit der NPD sympathisiert, sollte nicht vergessen, dass es die Nationalsozialisten waren, welche mit ihrem menschenverachtenden Antisemitismus und mörderischen Nationalismus Europa und unser Land in die totale Katastrophe geführt haben.

Die NPD respektiert als politische Partei nicht die Würde des anders denkenden oder ausländischen Mitbürgers. Die NPD verachtet die Demokratie und sät Hass gegen alles, was ihrer primitiven Ideologie widerspricht. Mit ihrer Arbeit im sächsischen Landtag hat die NPD bewiesen, dass sie unfähig ist, Politik für unser Land zu gestalten. Die NPD in Sachsen ist nicht die Partei des kleinen Mannes, sondern eine Partei des dumpfen Vorurteils. Sie verachtet alle humanistischen Traditionen unseres Volkes.

Wenn wir uns gegen das Auftreten der NPD in unserer Stadt wenden, dann deshalb, weil ein Volk den furchtbaren Fehler des Nationalsozialismus nicht zweimal machen darf. In diesem Sinne suchen die Unterzeichner dieser Erklärung eine argumentative, fundierte und gewaltfreie politische Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt über die von der NPD und ihren Anhängern ausgehende Gefahr. Die Kraft der Argumente und nicht Provokation und gegenseitige Gewalt werden die Widerwärtigkeit der neonazistischen Politik der NPD entlarven.

Pressemitteilung 24.09.09

* Zivilgesellschaftlicher Protest gegen Demonstration menschenverachtender Ideologien ist legitim und notwendig
* Stadt sollte für Demokratie streiten und nicht neutral bleiben
* Weit über 100 Initiativen, Organisationen, Einzelpersonen unterstützen mittlerweile den Aufruf des Bündnisses

Die für nur 200 Personen angemeldete Nazidemonstration am 17.10.2009 wird von den aufrufenden „Nationalen Sozialisten“ inzwischen als „Großdemonstration“ beworben. Mit rassistischen, antisemitischen und demokratiefeindlichen Parolen werden an diesem Oktober-Samstag Neonazis aus dem gesamten Bundesgebiet vom Leipziger Osten in die Innenstadt ziehen.

„Eine demokratische Stadtgesellschaft darf sich eine solche Manifestation der Menschenverachtung und Demokratiefeindlichkeit nicht bieten lassen. Für alle, denen an einer humanistischen und demokratischen Gesellschaft gelegen ist, ist es eine Pflicht sich den Nazis zu widersetzen. “, erklären die PressesprecherInnen des Bündnisses, Stefan Kausch und Juliane Nagel, „In diesem Sinne ruft das Bündnis 17. Oktober zu vielfältigen friedlichen und gewaltfreien Aktionen auf.“

Im Bündnis hat sich ein breites Spektrum an Einzelpersonen, Initiativen und Organisationen zusammengefunden. Mit Kundgebungen, Straßenfesten und Kulturveranstaltungen will das Bündnis möglichst viele Menschen dieser Stadt motivieren am 17.10.2009 auf die Straße zu gehen und an alte Traditionen anknüpfen – erfolgreich widersetzten sich Tausende Menschen in den vergangenen Jahren den Aufmärschen des Hamburger Neonazis Christian Worch.

Als Vorbild für eine breit getragene zivilgesellschaftliche Mobilisierung gegen Neonaziaufmärsche fungiert dabei auch die Stadt Jena. Dort gehörte der Oberbürgermeister Dr. Albrecht Schröter zu den Hauptprotagonisten der ideellen und praktischen Unterstützung der Proteste gegen das neonazistische „Fest der Völker“.

„Die Stadtverwaltung, vor allem die politischen Verantwortlichen dieser Stadt, sollten die engagierten Aktivitäten gegen Neonazis und deren Demonstrationen unterstützen und aktiv mitgestalten. Dies wäre einer demokratischen Stadtkultur und einer Tradition für Menschenwürde und gegen Unterdrückung, auf die sich Leipzig bezieht, sehr angemessen.“, so die PressesprecherInnen des Bündnisses 17. Oktober.

Der Aufruf des Bündnisses 17. Oktober, “Bitte nehmen Sie Platz“, kann nach kurzer Zeit auf weit über 100 UnterstützerInnen verweisen, darunter kirchliche Initiativen, Abgeordnete von SPD; Grünen und LINKER, Gewerkschaftsgliederungen und Leipziger Vereine.

Der Aufruf kann unter der Internetseite: www.leipzig-nimmt-platz.de unterstützt werden.

Für Rückfragen: Pressetelefon 0157 8 3521028