PM: Ziviler Ungehorsam ist kennzeichnend für eine aufgeklärte Gesellschaft

Zum Demonstrationsgeschehen am 2. Mai 2016

Am 2. Mai 2016 beteiligten sich mehr als 1000 Menschen an den Protesten gegen das menschenfeindliche LEGIDA Bündnis. Allein der Demonstration des Aktionsnetzwerks, die unter dem Motto „Solidarität – Für soziale Gerechtigkeit“ über den Innenstadtring lief, schlossen sich über 750 Personen an.

Kurz nach 19 Uhr ließen sich einige hundert Menschen auf dem Martin-Luther-Ring nieder, um im Rahmen des friedlichen zivilen Ungehorsams ihren Protest gegen LEGIDA kundzutun, während der vordere Teil der Demonstration weiter zum Richard-Wagner-Platz zog. Mit Ordnungsamt und Polizei wurde über die Legalisierung dieser spontanen Versammlung verhandelt. Die Entscheidung des Ordnungsamtes, die Spontanversammlung nur auf einer Ringseite zuzulassen, stieß auf Unverständnis des Verhandlungskollektivs.

„Die Entscheidung von Ordnungsamt und Polizei, eine Ringseite zu räumen, erscheint gerade vor dem Hintergrund, dass die sitzende Versammlung auf dem Ring etwa so viele Teilnehmende umfasste wie der LEGIDA-Marsch, unverhältnismäßig. Anstelle einer gewissenhaften Abwägung und Entscheidung im Sinne der Ausübung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit der auf dem Ring Protestierenden, setzten die Behörden auf Repression. Das ist nicht zu akzeptieren und ein Kniefall vor LEGIDA“, so Juliane Nagel, die an den Verhandlungen teilnahm.

Obwohl der LEGIDA-Aufmarsch schlussendlich umgeleitet wurde, endete der Abend für 163 Personen in Polizeigewahrsam und mit der Einleitung von Strafverfahren wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. Die Polizei filmte immer wieder ohne erkennbare Rechtsgrundlage und setzte wiederholt und ohne erkennbare Strategie körperliche Gewalt ein. Eine Journalistin, die diesen Polizeieinsatz dokumentieren wollte, wurde geschlagen.

Die auf dem Richard-Wagner-Platz Demonstrierenden solidarisierten sich in der Folge mit den in Gewahrsam Genommenen und zogen mit einer friedlichen Spontandemonstration zur Polizeikette, an der eine Kundgebung angemeldet war, um die Festgehaltenen abzuholen. Nach Hinweis des Ordnungsamtsleiters Herrn Loris wurden sie dort in die Ratsfreischulstraße umgeleitet. Ein Verstoß gegen Auflagen, von dem im Polizeibericht zu lesen ist, ist hier nicht bekannt,

„Sowohl die Menschen in der Sitzblockade als auch diejenigen, die sich dann der Spontandemonstration anschlossen, haben zivilen Ungehorsam gelebt, wie er nach Jürgen Habermas prägend ist für eine aufgeklärte Gesellschaft“, erklärt Jürgen Kasek für das Netzwerk.

„Ein weiteres Mal werden Menschen, die Demokratie leben und die Grundrechte gegen deren erklärte Feinde verteidigen, mit Repression überzogen. Dem Vertrauensverlust in den Rechtsstaat wird damit Vorschub geleistet“, ergänzt Juliane Nagel.

Leipzig nimmt Platz wird das Geschehen umfassend auswerten und in Abstimmung mit allen Beteiligten Rechtsmittel gegen die Entscheidungen der Stadt prüfen. Das Aktionsnetzwerk vertritt auch weiterhin die Auffassung, dass ziviler Ungehorsam als Akt des symbolischen Protestes angezeigt ist, wenn Menschenfeinde über die Straßen ziehen und rechte Gewalt sich ausbreitet.

Pressemitteilung: Leipzig, den 3. Mai 2016


„Ziviler Ungehorsam ist ein moralisch begründeter Protest, dem nicht nur private Glaubensüberzeugungen oder Eigeninteressen zugrunde liegen dürfen; er ist ein öffentlicher Akt, der in der Regel angekündigt ist und von der Polizei in seinem Ablauf kalkuliert werden kann; er schließt die vorsätzliche Verletzung einzelner Rechtsnormen ein, ohne den Gehorsam gegenüber der Rechtsordnung im Ganzen zu affizieren; er verlangt die Bereitschaft, für die rechtlichen Folgen der Normverletzung einzustehen; die Regelverletzung, in der sich ziviler Ungehorsam äußert, hat ausschließlich symbolischen Charakter – daraus ergibt sich schon die Begrenzung auf gewaltfreie Mittel des Protests.“

Jürgen Habermas: Ziviler Ungehorsam – Testfall für den demokratischen Rechtsstaat. Wider den autoritären Legalismus in der Bundesrepublik, in: Peter Glotz (Hrsg.): Ziviler Ungehorsam im Rechtsstaat, Frankfurt/Main: Suhrkamp 1983, S. 35.

PM: Sächsische Verhältnisse reloaded

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ bezieht Stellung zur Aufhebung der Immunität der sächsischen Landtagsabgeordneten Juliane Nagel. Im Internet wurde ein Aufruf zur Solidarisierung veröffentlicht: http://leipzig-nimmt-platz.de/soliaufruf/

Dieser war vorgeworfen worden, auf einer Pressekonferenz von „Leipzig nimmt Platz“ zu Straftaten aufgerufen zu haben. Dabei wurde auf den Aufruf des Aktionsnetzwerkes abgestellt, den Vertreter_innen aus Politik, Gewerkschaften und Kirchen und viele weitere Menschen unterschrieben hatten und in dem es ausdrücklich heißt, dass LEGIDA und andere rassistische Aufmärsche von Neonazis und Neurechten in Leipzig verhindert werden sollen.

„Über die Entscheidung des Immunitätsausschusses kann man nur den Kopf schütteln. Das Verfahren trägt die Züge einer Farce. Juliane Nagel hat, wie alle anderen engagierten Menschen, die sich konsequent gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit stellen, unsere volle Unterstützung. Abermals zeigt sich, wie der Freistaat, die viel beschworene Zivilgesellschaft behandelt: mit Nichtachtung und Kriminalisierung”, erklärt Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“.

Nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen Monika Lazar und Juliane Nagel hatten sich Mitglieder des Aktionsnetzwerkes und weitere Menschen selbst angezeigt und darauf abgestellt, dass sie ebenfalls die Erklärung unterzeichnet hatten. Diese Verfahren wurden durchweg eingestellt mit der Begründung, dass der Aufruf des Netzwerkes die Schwelle zur Strafbarkeit gerade nicht überschreite. Das Verfahren gegen Monika Lazar wurde ebenfalls eingestellt, nachdem die Staatsanwaltschaft während einer Anhörung im Immunitätsauschuss des Bundestages gestellte Fragen nicht beantworten konnte.

„Das Verfahren wirft mehrere Fragen auf“, so Jürgen Kasek, Rechtsanwalt des Aktionsnetzwerkes. „Es ist unverständlich, dass die inkriminierte Handlung in der Verfolgung über ein Jahr dauert. Das Verfahren weist weder in rechtlicher, noch tatsächlicher Hinsicht Probleme auf. Im Prinzip haben wir es mit einer offensichtlichen Verfahrensverzögerung zu tun zum Schaden von Frau Nagel. Das Vertrauen in den Rechtsstaat wird damit weiter unterminiert. Ebenfalls ist es nicht einleuchtend, warum der sächsische Immunitätsausschuss auf die Anhörung der Staatsanwaltschaft verzichtet hat um die bestehenden Ungereimtheiten in der Sache, ähnlich wie im Verfahren von Frau Lazar, aufzuklären. Der Immunitätsausschuss hat damit seiner Sorgfaltspflicht nicht Genüge getan und den Eindruck erhärtet, dass es sich letztlich um ein politisch gewolltes Verfahren handelt.“

„Dass die CDU und die AfD gemeinsam stimmen überrascht nicht. Einzelne CDU-Landtagsabgeordnete wie Sebastian Fischer, Daniela Kuge und Alexander Krauß fordern bereits seit Längerem die Zusammenarbeit mit der AfD. Dass die SPD sich in diesen Reigen der Rechtspopulist_innen einreiht überrascht dann doch. Haltung sucht man bei der SPD im sächsischen Landtag offensichtlich vergeblich“, ergänzt Carolin Franzke für das AktIonsnetzwerk.

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ ist auch weiterhin fest entschlossen, mit gewaltfreien Mitteln Einstellungsmustern der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit zu widersprechen und sich rassistischen Zusammenrottungen und Naziaufmärschen konsequent entgegenzustellen.

Pressemitteilung: Leipzig, den 17.03.2016

Solidaritätsaufruf

Kein Frieden mit sächsischen Verhältnissen – Solidarität mit allen verfolgten Antirassist_innen

Am Mittwoch, den 16. März 2016 hat der sächsische Landtag die Immunität der Abgeordneten Juliane Nagel aufgehoben. Der Vorwurf lautet, sie habe auf einer Pressekonferenz des Aktionsnetzwerkes zu Straftaten aufgerufen. Inhalt ihrer Aussagen war die Leipziger Erklärung, in der es unter anderem heißt, dass Naziaufmärsche „in gemeinsamen und gewaltfreien Aktionen“ verhindert werden sollen.

Bereits zuvor wurde aus demselben Grund ergebnislos gegen Monika Lazar ermittelt.

Im letzten Jahr wurden unzählige Verfahren gegen engagierte Demokrat_innen eingeleitet. Die Vorwürfe: hanebüchen bis vollkommen konstruiert. Gerade erst vor wenigen Wochen musste eine Reihe von Verfahren, die in Zusammenhang mit dem ersten LEGIDA-Aufmarsch am 12. Januar 2015 in Leipzig standen, eingestellt werden. Die Polizei hatte gegen Teilnehmer_innen der „NO LEGIDA“-Demonstrationen schlicht rechtswidrig gehandelt. Ein rechtswidriges Handeln, dass sich bei fast jeder Demonstration fortsetzte und nach wie vor zu beobachten ist: Anzeigen wegen vermeintlicher Vermummung („Schal tragen im Winter“), Beleidigung, Aufruf zu Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gegen Antirassist_innen gehen allein in Leipzig in die Hunderte. Aktuell warten die Verfahren rund um den 24. Oktober in Markkleeberg und den 18. November 2015 in Leipzig auf Bearbeitung.

Ein ähnlicher Verfolgungsdruck findet sich in Sachsen gegen Rechte nicht.

Seit mehr als einem Jahr erleben wir eine Welle rechter, menschenverachtender Gewalt. Wir erleben das Schweigen des Freistaates und seiner Politiker_innen, die immer wieder zur Eskalation beigetragen haben und Rassismus nach wie vor relativieren, verharmlosen oder gar verbreiten.

Wir sind davon überzeugt, dass es die Pflicht aller Demokrat_innen ist, Vorurteilen und Hass konsequent zu widersprechen und die Menschen- und Grundrechte entschieden gegen alle Angriffe zu verteidigen. Protest gegen menschenfeindliche Aufmärsche ist daher nicht nur legitim, sondern zwingend notwendig. Auch dies hat das letzte Jahr in Sachsen gezeigt.

Immer wieder ist jedoch die Kriminalisierung von Personen und Gruppen zu erleben – anstelle von Unterstützung antirassistischer Arbeit. Statt des beschworenen Aufstandes der Zivilgesellschaft, die nach den Ereignissen in Bautzen und Clausnitz gefordert sei, wie der sächsische Ministerpräsident betont, erleben wir das fortschreitende Zurückdrängen und die stetige Kriminalisierung des Protestes, egal ob in Leipzig oder Dresden. Und es ist nicht zufällig, wenn der CDU-Fraktionsvorsitzende bekundet, dass ihm bei den Worten antirassistischen Engagements ein kalter Schauer über den Rücken läuft.

Das Verfahren gegen Juliane Nagel steht mit seinen Merkwürdigkeiten und der klaren Tendenz eines politisch willkürlichen Verfolgungsdrucks stellvertretend für die sogenannten „sächsischen Verhältnisse“: Kriminalisierung antirassistischen Engagements, Relativierung rechter Gewalt und Ignoranz gegenüber Einstellungsmustern der Ungleichwertigkeit.

Wir als Aktionsnetzwerk erklären uns ausdrücklich mit Juliane Nagel und allen Verfolgten solidarisch. Wir werden uns nicht einschüchtern lassen und auch weiterhin deutlich widersprechen, wenn gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und aus ihr entstehender Hass und Gewalt sich Platz verschaffen wollen.

Leipzig, den 17. März 2016


Erstunterzeichnende:

  • Jürgen Kasek, Landesvorstandssprecher BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen
  • Irena Rudolph-Kokot, stellv. Bundesvorsitzende der AG Migration und Vielfalt in der SPD
  • Marcel Nowicki, No Legida
  • Frank Kimmerle, Erich-Zeigner-Haus e. V.
  • Christin Melcher, Vorstandssprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Leipzig
  • Carolin Franzke, Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“
  • Bündnis Chemnitz Nazifrei
  • Christian Wolff, Initiative „Willkommen in Leipzig“

Der Aufruf wurde innerhalb von drei Wochen (17. März bis 8. April 2016) von 3667 Menschen unterzeichnet. Hier ist der Aufruf als PDF zum Download (163 kB) verfügbar.

Kein Frieden mit sächsischen Verhältnissen – Solidarität mit allen verfolgten Antirassist_innen

Am Mittwoch, den 16. März 2016 hat der sächsische Landtag die Immunität der Abgeordneten Juliane Nagel aufgehoben. Der Vorwurf lautet, sie habe auf einer Pressekonferenz des Aktionsnetzwerkes zu Straftaten aufgerufen. Inhalt ihrer Aussagen war die Leipziger Erklärung, in der es unter anderem heißt, dass Naziaufmärsche „in gemeinsamen und gewaltfreien Aktionen“ verhindert werden sollen.

Bereits zuvor wurde aus demselben Grund ergebnislos gegen Monika Lazar ermittelt.

Im letzten Jahr wurden unzählige Verfahren gegen engagierte Demokrat_innen eingeleitet. Die Vorwürfe: hanebüchen bis vollkommen konstruiert. Gerade erst vor wenigen Wochen musste eine Reihe von Verfahren, die in Zusammenhang mit dem ersten LEGIDA-Aufmarsch am 12. Januar 2015 in Leipzig standen, eingestellt werden. Die Polizei hatte gegen Teilnehmer_innen der „NO LEGIDA“-Demonstrationen schlicht rechtswidrig gehandelt. Ein rechtswidriges Handeln, dass sich bei fast jeder Demonstration fortsetzte und nach wie vor zu beobachten ist: Anzeigen wegen vermeintlicher Vermummung („Schal tragen im Winter“), Beleidigung, Aufruf zu Straftaten und Ordnungswidrigkeiten gegen Antirassist_innen gehen allein in Leipzig in die Hunderte. Aktuell warten die Verfahren rund um den 24. Oktober in Markkleeberg und den 18. November 2015 in Leipzig auf Bearbeitung.

Ein ähnlicher Verfolgungsdruck findet sich in Sachsen gegen Rechte nicht.

Seit mehr als einem Jahr erleben wir eine Welle rechter, menschenverachtender Gewalt. Wir erleben das Schweigen des Freistaates und seiner Politiker_innen, die immer wieder zur Eskalation beigetragen haben und Rassismus nach wie vor relativieren, verharmlosen oder gar verbreiten.

Wir sind davon überzeugt, dass es die Pflicht aller Demokrat_innen ist, Vorurteilen und Hass konsequent zu widersprechen und die Menschen- und Grundrechte entschieden gegen alle Angriffe zu verteidigen. Protest gegen menschenfeindliche Aufmärsche ist daher nicht nur legitim, sondern zwingend notwendig. Auch dies hat das letzte Jahr in Sachsen gezeigt.

Immer wieder ist jedoch die Kriminalisierung von Personen und Gruppen zu erleben – anstelle von Unterstützung antirassistischer Arbeit. Statt des beschworenen Aufstandes der Zivilgesellschaft, die nach den Ereignissen in Bautzen und Clausnitz gefordert sei, wie der sächsische Ministerpräsident betont, erleben wir das fortschreitende Zurückdrängen und die stetige Kriminalisierung des Protestes, egal ob in Leipzig oder Dresden. Und es ist nicht zufällig, wenn der CDU-Fraktionsvorsitzende bekundet, dass ihm bei den Worten antirassistischen Engagements ein kalter Schauer über den Rücken läuft.

Das Verfahren gegen Juliane Nagel steht mit seinen Merkwürdigkeiten und der klaren Tendenz eines politisch willkürlichen Verfolgungsdrucks stellvertretend für die sogenannten „sächsischen Verhältnisse“: Kriminalisierung antirassistischen Engagements, Relativierung rechter Gewalt und Ignoranz gegenüber Einstellungsmustern der Ungleichwertigkeit.

Wir als Aktionsnetzwerk erklären uns ausdrücklich mit Juliane Nagel und allen Verfolgten solidarisch. Wir werden uns nicht einschüchtern lassen und auch weiterhin deutlich widersprechen, wenn gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und aus ihr entstehender Hass und Gewalt sich Platz verschaffen wollen.

Leipzig, den 17. März 2016


Erstunterzeichnende:

  • Jürgen Kasek, Landesvorstandssprecher BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen
  • Irena Rudolph-Kokot, stellv. Bundesvorsitzende der AG Migration und Vielfalt in der SPD
  • Marcel Nowicki, No Legida
  • Frank Kimmerle, Erich-Zeigner-Haus e. V.
  • Christin Melcher, Vorstandssprecherin BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Leipzig
  • Carolin Franzke, Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“
  • Bündnis Chemnitz Nazifrei
  • Christian Wolff, Initiative „Willkommen in Leipzig“

Der Aufruf wurde innerhalb von drei Wochen (17. März bis 8. April 2016) von 3667 Menschen unterzeichnet. Hier ist der Aufruf als PDF zum Download (163 kB) verfügbar.

Weltfrauentag – Daueraufgabe Demokratie

Deutlich mehr als 2000 Menschen haben sich gestern auf die Straße begeben, um ihre Ablehnung von Sexismus, Nationalismus und Rassismus kundzutun. Über 1000 Personen nahmen an der Demonstration von „Leipzig nimmt Platz“ teil, die vom Augustusplatz über den Ring bis zum Refugees-Welcome-Platz und weiter zum Matthäikirchhof zog. Darüber hinaus gab es einen Demonstrationszug der Global Space Odyssey mit Beteiligung des Social Centers for all, fanden eine Kundgebung und das Friedensgebet an der Thomaskirche sowie die Mahnwachen an den Stolpersteinen statt. Alle Demonstrationen sorgten dafür, dass LEGIDA entlang der gesamten Aufzugstrecke deutlicher Protest entgegen schallte.

Trotz der Beteiligung von PEGIDA aus Dresden hatten sich nur etwa 800 Reaktionäre eingefunden. Deutlicher als sonst waren offensichtliche Neonazis vertreten, selbst „Heil Hitler“ gehörte gestern zum sprachlichen Repertoire des Publikums. Es bleibt weiterhin wichtig, immer und immer wieder Widerspruch laut werden zu lassen, wenn Einstellungsmuster der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit Platz finden wollen. Deshalb ruft das Aktionsnetzwerk heute schon auf, sich den Protesten gegen Legida am 4. April 2016 anzuschließen.

Ziel des Aktionsnetzwerks „Leipzig nimmt Platz“ war, am Vorabend des Weltfrauentages den Sexismus und Antifeminismus der GIDA-Bewegung offensiv zu thematisieren. Zu den zu diesem Anlass ausschließlich weiblichen Rednerinnen gehörten unter anderem Caren Lay (DIE LINKE), Monika Lazar (Bündnis 90 / Die Grünen), Iris Gleicke (SPD) und Sarah Buddeberg (DIE LINKE). Nicht allein dem Rassismus der GIDAs muss in aller Deutlichkeit widersprochen werden, sondern ebenso ihrem rechtsradikal konnotierten Antifeminismus, der Frauen als schwach begreift und Rollenbilder des 19. Jahrhunderts wieder aufleben lässt. Die Frau ist in diesem Weltbild, welches seine politische Umsetzung bei der AfD findet, in erster Linie für die Reproduktion zuständig. Ergänzt wird dieser kämpferische Antifeminismus durch Homophobie und die Ablehnung von allen alternativen Lebensformen abseits des völkischen Bildes von Familie und archaischen Geschlechterrollen.

„Wir bedanken uns an dieser Stelle bei allen, die gestern deutlich Gesicht gezeigt haben für die Grund- und Menschenrechte und für die konsequente Gleichstellung unabhängig von sexueller Identität. Abermals ist sichtbar geworden, dass die Mehrheit der Leipzigerinnen und Leipziger den Faschismus von LEGIDA und PEGIDA entschieden ablehnt.

Ebenfalls Dank sagen wir der Stadt Leipzig, die diesmal versucht hat, den rechtswidrigen Aufzug der GIDAs vom Hauptbahnhof zu unterbinden und die Nutzung von Blendlichtern untersagt hat“, erklärt Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“. Inwiefern die Auflagen tatsächlich vollständig umgesetzt wurden, ist fraglich. So durften die LEGIDA-Teilnehmer_innen bei der Anreise zwar weder Fahnen schwenken noch skandieren, ein großer Aufzug vom Hauptbahnhof aus wurde dennoch toleriert. Während der Kundgebungen von „Leipzig nimmt Platz“ auf dem Refugees-Welcome-Platz beschwerten sich mehrere Teilnehmer_innen über Blendlichter auf LEGIDA-Seite. Während die Polizei ungefähr zehn Minuten brauchte, um nach mehrfacher Bitte von Ordner_innen und Versammlungsleitung einen gewalttätigen und betrunkenen Störer der Kundgebung zu verweisen, tat sie sich deutlich weniger schwer damit, Ordner_innen mit falschen Informationen und Unhöflichkeit zu begegnen und damit die Ordner_innenaufgaben an diesem Abend zu behindern.

„Erneut ist deutlich geworden, dass die Auseinandersetzung mit Vorurteilen und Einstellungsmustern der Ungleichwertigkeit eine Daueraufgabe ist“, so Jürgen Kasek für das Aktionsnetzwerk. „Täglich gilt es, eigene Vorurteile zu hinterfragen, Zivilcourage und damit auch Demokratie zu leben. Dabei muss auch klar sein, dass alles diskutiert werden kann, im Rahmen der Demokratie. Hass und Hetze und Ideologien der Ungleichwertigkeit verlassen diesen Rahmen.“

Pressemitteilung: Leipzig, den 8. März 2016

Leipzig weltoffen? – Vorurteilen konsequent widersprechen!

Demonstration am 24. Februar ab 16 Uhr vor dem Neuen Rathaus

Leipzig möchte weltoffen sein und deutlich machen, dass die Stadt internationales Flair verströmt. Mit Blick auf das Demonstrationsgeschehen sei dies besonders für den Wirtschaftsstandort von Belang, wie erst kürzlich Händlergemeinschaft und Dehoga betonten. Ein Blick, der zur kurz greift und der kapitalistischen Logik entspringt, anstatt konsequent für Menschenrechte einzutreten. Das aktuelle Problem Leipzigs – regelmäßige Aufmärsche einer faschistoiden Bewegung und die parallele Zunahme von Alltagsrassismus – wird man mit dem Ansatz einer reinen Verwertungslogik nicht lösen können,die die gruppenbezogene Abwertung stattdessen eher bestärkt. Auch den Händlern und Hoteliers täte ein Blick über den Tellerrand, im eigenen Interesse, gut.

Gerade das vergangene Jahr hat eindrücklich gezeigt, dass der Anspruch „weltoffen“ zu sein eben nicht von der kompletten Stadtgesellschaft gelebt wird und es mehr als das bloße Wiederholen eines Anspruches bedarf, um Zielvorstellungen Wirklichkeit werden zu lassen.

Wer weltoffen sein will, in dem Sinne, dass man aufgeschlossen gegenüber anderen Kulturen auftritt, muss sich auch mit Vorurteilen auseinandersetzen und darf diese nicht ignorieren.

Wir können nachvollziehen, dass viele das redundante Demonstrationsgeschehen rund um den Protest gegen LEGIDA ablehnen und sich Ignoranz wünschen. Ignoranz, die zu Lösungen wie in Dresden führt – einer Stadt, die sich inzwischen damit rühmen kann, auf der Titelseite der „Times“ mit dem Slogan „unwelcome“ zu prangern und die jeden Montag zum Angstraum von Geflüchteten und Nicht-Rechten wird.

Dass es bislang in Leipzig dazu nicht gekommen ist, hängt auch damit zusammen, dass es von Anfang an kontinuierlichen Gegenprotest gab, der von breiten Teilen der Zivilgesellschaft getragen wurde. Ein Gegenprotest, der dazu geführt hat, dass LEGIDA nicht anschlussfähig wurde und in einer Parallelgesellschaft von 400 bis 600 Menschen versunken ist, die den Untergang Deutschlands zitieren und die die Sehnsucht nach einem neuen Totalitarismus umtreibt.

Wir verkennen nicht, dass im Schatten des Geschehens die Angriffe auch in Leipzig deutlich zugenommen haben. Informationsveranstaltungen zur Unterbringung von Geflüchteten in Holzhausen und Paunsdorf zeigen, dass Einstellungsmuster der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit abseits der Demonstrationen bis weit in die Mitte der Gesellschaft Fuß gefasst haben.

Dabei muss klar sein, dass in einer Demokratie alles gesagt werden kann – im Rahmen der Demokratie. Rassistische Äußerungen, die Abwertung von anderen Menschen, verlassen diesen demokratischen Rahmen, der von der Gleichheit aller Menschen ausgeht. Rassismus, Frauenverachtung, Antisemitismus dürfen wir ebenso wenig tolerieren wie die immer wieder stattfindenden Angriffe auf die Pressefreiheit im Rahmen von LEGIDA-Demonstrationen.

Wenn Leipzig wirklich weltoffen sein will, wird es also darum gehen müssen, diesen Rahmen immer wieder deutlich zu machen und Vorurteilen konsequent zu widersprechen und diese zu widerlegen. Wer zugunsten von Wählerstimmen Verständnis für Rassismus hat, verrät die Demokratie, verrät die Menschenrechte und macht sich mitschuldig an der virulenten rechten Gewalt in Sachsen.

Dass es mit dem Anspruch nicht allzu weit her ist, wird mit Blick auf das Demonstrationsgeschehen deutlich. Die Stadt Leipzig lässt LEGIDA-Versammlungen nicht nur in beständig größer werdendem Rahmen zu, sondern beauflagt zeitgleich den Gegenprotest in einer Art und Weise, die diesen immer mehr einschränkt, teilweise sogar verunmöglicht. Die Versammlungsbehörde hat das Grundrecht neutral auszulegen. Dass dies noch der Fall ist, darf bezweifelt werden. Zu oft erleben wir, dass LEGIDA ohne Anmeldung in einer quasi Demonstration vom Bahnhof bis zum Refugees-Welcome-Platz zieht. Ein Aufzug, der in klarem Widerspruch zum Versammlungsrecht steht und der dazu führt, dass alle anderen angemeldeten Versammlungen zu einem anderen Ort beauflagt werden.

Auch das Verhalten der Polizeibeamten lässt mehr und mehr Zweifel an der Neutralität aufkommen. Wir werden an dieser Stelle nicht die unzähligen Vorkommnisse bei allen Demonstrationen wiedergeben. Wir verkennen nicht, dass ein Großteil der Beamten die Arbeit beanstandungslos versieht, doch es muss auch für die Polizei ein Alarmsignal sein, wenn Beschwerden und Anzeigen exponentiell zugenommen haben und selbst Pressevertreter sich in den Chor der kritischen Stimmen gegenüber der Polizeiarbeit einreihen. Wenn nicht einmal mehr die Pressefreiheit durch die Polizei geschützt wird, dann bewegen wir uns in Richtung eines Unrechtsstaates, der Menschenrechte nicht schützt, Grundrechte einseitig auslegt und aushöhlt.

Nein, Leipzig ist nicht weltoffen.

Aber jeder einzelne Vertreter dieser Stadt kann etwas dafür tun, dass dieser Anspruch umgesetzt wir: Immer wieder laut und deutlich Vorurteilen widersprechen und Ideologien der Menschenfeindlichkeit nicht tolerieren, sondern klar und deutlich zurückweisen.

Wir wiederholen unsere Forderungen aus dem offenen Brief, der Anfang Februar Oberbürgermeister Jung, Ordnungsbürgermeister Rosenthal und Polizeipräsident Merbitz erreichte:

  1. umfassend und transparent aufzuklären, wie Polizeiinterna an neonazistische Gruppen gelangen konnten,
  2. Beleidigungen durch Polizeibeamt_innen zu ahnden und zu unterbinden,
  3. den Grundsatz der praktischen Konkordanz und das Verhältnismäßigkeitsprinzip konsequent anzuwenden und die faktische Demonstration der LEGIDA vom Bahnhof zum Richard-Wagner-Platz zu unterbinden und den Ring wieder freizugeben,
  4. Gegendemonstrationen in Hör- und Sichtweite real zuzulassen.

Wir rufen dazu auf, am 24.02. ab 16 Uhr vor dem Neuen Rathaus gemeinsam mit dem Aktionsnetzwerk und allen beteiligten Gruppen und Initiativen deutlich zu machen, dass es für Menschenfeindlichkeit keinen Rückzugsraum geben darf und die Stadt einen langen Weg vor sich hat, um weltoffen zu sein. Wir demonstrieren auch für das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, das man uns so oft genommen hat.

Auf Engagement folgt Repression: Zum Protest gegen den europaweiten Aufruf von Pegida am 6. Februar

In Dresden waren am Samstag unter dem Motto „Solidarity without Limits“ mehrere Tausend Menschen zum breiten Protest gegen den europaweiten Aufmarsch von rechtspopulistischen und in Teilen neofaschistischen Bewegungen zusammengekommen. Die zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen waren ein deutliches Zeichen gegen die rassistische Hetze von Pegida & Co. Wir danken allen Leipziger_innen, die – auch den Aufrufen von „Legida? Läuft nicht.“, „The Future Is Unwritten“ sowie der „Reisegruppe Kaltland“ folgend – von ihrem Grundrecht der Versammlungsfreiheit Gebrauch machten. Dies scheint in Sachsen nach dem heutigen Tage einmal weniger selbstverständlich zu sein.

Irena Rudolph-Kokot, die schon als Anmelderin bei „Leipzig nimmt Platz“ auftrat, wurde von einem Polizeibeamten mit den Worten „Hier ist Schluss für Sie, Frau Kokot!“ ohne weitere Begründung daran gehindert, die Augustusbrücke zu betreten. Andere Personen wurden an der Kontrollstelle am Theaterplatz durchgelassen. Da es eine Polizei-Einheit aus Sachsen-Anhalt war, fragt Irena Rudolph-Kokot: „Woher hat eine fremde Landesbehörde Daten über meine Person? Werden zwischen Polizeidienstellen ohne Berechtigung Daten weitergegeben?“

Beim späteren Versuch, sich an der Carolabrücke ein Bild von der bei Pegida aufgefahrenen Hetze zu verschaffen, wurde eine Gruppe aus fünf Personen, unter anderem Irena Rudolph-Kokot, einer Identitätsfeststellung unterzogen und ihre Sachen durchsucht. Im Anschluss wurde ein weiträumiger Platzverweis erteilt. Einzige Begründung dafür war das Wiedererkennen nach dem Demonstrationsgeschehen in Leipzig durch einen sächsischen Polizeibeamten. Der „Tatvorwurf“, der zum Eingriff in Persönlichkeitsrechte und in die individuelle Bewegungsfreiheit führte, lautete also: Wahrnehmung von verfassungsmäßig garantierten Grundrechten. Christin Melcher kündigt an: „Wir werden sowohl die Rechtmäßigkeit der Datenübermittlung und der Platzverweise als auch die Errichtung von Kontrollstellen überprüfen lassen.“

Wohlgemerkt hielt sich die Gruppe weder im Bereich der Pegida-Versammlung auf noch hatte sie in irgendeiner Form das Versammlungsgeschehen versucht zu beeinflussen. Im Gegensatz dazu wurden Pegida-Teilnehmer_innen Flaggen schwenkend und verbal provozierend von der Polizei direkt durch die Kundgebung auf dem Theaterplatz geleitet. Die Ungleichbehandlung durch die Ordnungsbehörden zeigte sich deutlich in der Aufstellung der Polizei. Die Wasserwerfer waren gegen den gewaltfreien Gegenprotest gerichtet, nicht etwa gegen die Neo- und Altnazis, rechten Hooligans usw. bei Pegida – wie das auch in Leipzig üblich ist.

Am Abend schnitten Neonazis ein Transparent am Königsufer ab, in der Folge wurden einzelne Personen attackiert. Dank der schnellen Intervention durch Beteiligte der Demonstration von „Kaltland Reisen“ gab es hier keine Verletzten. Mit einer anschließenden Spontandemo wurde die Abreise in Richtung Dresden-Neustadt gesichert. Trotz der offensichtlichen und bereits zuvor angekündigten Bedrohung wurde die Demonstration von der Polizei nur mit einem einzelnen Fahrzeug gesichert, das noch vor Beendigung der Versammlung abgezogen wurde.

Überdies gab es während der Rückfahrt nach Leipzig durch vier Pegida-Änhänger einen rassistischen Übergriff auf Geflüchtete. Diese wurden aggressiv aufgefordert, ihre Sitzplätze zu verlassen. Begleitet von wüsten Beschimpfungen flogen auch Glasflaschen im voll besetzten Reisezug. Nur durch das entschlossene Einschreiten von Teilnehmenden der Gegendemos konnte Schlimmeres verhindert werden.

An dieser Stelle sei der Polizei Sachsen insofern gedankt, als auf den Hilferuf der Bedrängten per twitter in kurzer Zeit reagiert wurde. Leider erfolgte keine direkte Intervention vor Ort.

Pressemitteilung: Leipzig, den 7. Februar 2016
Bildquelle: Caruso Pinguin 06.02.2016 – Demo: Solidarity without limits & PEGIDA – Dresden

In Dresden waren am Samstag unter dem Motto „Solidarity without Limits“ mehrere Tausend Menschen zum breiten Protest gegen den europaweiten Aufmarsch von rechtspopulistischen und in Teilen neofaschistischen Bewegungen zusammengekommen. Die zahlreichen Demonstrationen und Kundgebungen waren ein deutliches Zeichen gegen die rassistische Hetze von Pegida & Co. Wir danken allen Leipziger_innen, die – auch den Aufrufen von „Legida? Läuft nicht.“, „The Future Is Unwritten“ sowie der „Reisegruppe Kaltland“ folgend – von ihrem Grundrecht der Versammlungsfreiheit Gebrauch machten. Dies scheint in Sachsen nach dem heutigen Tage einmal weniger selbstverständlich zu sein.

Irena Rudolph-Kokot, die schon als Anmelderin bei „Leipzig nimmt Platz“ auftrat, wurde von einem Polizeibeamten mit den Worten „Hier ist Schluss für Sie, Frau Kokot!“ ohne weitere Begründung daran gehindert, die Augustusbrücke zu betreten. Andere Personen wurden an der Kontrollstelle am Theaterplatz durchgelassen. Da es eine Polizei-Einheit aus Sachsen-Anhalt war, fragt Irena Rudolph-Kokot: „Woher hat eine fremde Landesbehörde Daten über meine Person? Werden zwischen Polizeidienstellen ohne Berechtigung Daten weitergegeben?“

Beim späteren Versuch, sich an der Carolabrücke ein Bild von der bei Pegida aufgefahrenen Hetze zu verschaffen, wurde eine Gruppe aus fünf Personen, unter anderem Irena Rudolph-Kokot, einer Identitätsfeststellung unterzogen und ihre Sachen durchsucht. Im Anschluss wurde ein weiträumiger Platzverweis erteilt. Einzige Begründung dafür war das Wiedererkennen nach dem Demonstrationsgeschehen in Leipzig durch einen sächsischen Polizeibeamten. Der „Tatvorwurf“, der zum Eingriff in Persönlichkeitsrechte und in die individuelle Bewegungsfreiheit führte, lautete also: Wahrnehmung von verfassungsmäßig garantierten Grundrechten. Christin Melcher kündigt an: „Wir werden sowohl die Rechtmäßigkeit der Datenübermittlung und der Platzverweise als auch die Errichtung von Kontrollstellen überprüfen lassen.“

Wohlgemerkt hielt sich die Gruppe weder im Bereich der Pegida-Versammlung auf noch hatte sie in irgendeiner Form das Versammlungsgeschehen versucht zu beeinflussen. Im Gegensatz dazu wurden Pegida-Teilnehmer_innen Flaggen schwenkend und verbal provozierend von der Polizei direkt durch die Kundgebung auf dem Theaterplatz geleitet. Die Ungleichbehandlung durch die Ordnungsbehörden zeigte sich deutlich in der Aufstellung der Polizei. Die Wasserwerfer waren gegen den gewaltfreien Gegenprotest gerichtet, nicht etwa gegen die Neo- und Altnazis, rechten Hooligans usw. bei Pegida – wie das auch in Leipzig üblich ist.

Am Abend schnitten Neonazis ein Transparent am Königsufer ab, in der Folge wurden einzelne Personen attackiert. Dank der schnellen Intervention durch Beteiligte der Demonstration von „Kaltland Reisen“ gab es hier keine Verletzten. Mit einer anschließenden Spontandemo wurde die Abreise in Richtung Dresden-Neustadt gesichert. Trotz der offensichtlichen und bereits zuvor angekündigten Bedrohung wurde die Demonstration von der Polizei nur mit einem einzelnen Fahrzeug gesichert, das noch vor Beendigung der Versammlung abgezogen wurde.

Überdies gab es während der Rückfahrt nach Leipzig durch vier Pegida-Änhänger einen rassistischen Übergriff auf Geflüchtete. Diese wurden aggressiv aufgefordert, ihre Sitzplätze zu verlassen. Begleitet von wüsten Beschimpfungen flogen auch Glasflaschen im voll besetzten Reisezug. Nur durch das entschlossene Einschreiten von Teilnehmenden der Gegendemos konnte Schlimmeres verhindert werden.

An dieser Stelle sei der Polizei Sachsen insofern gedankt, als auf den Hilferuf der Bedrängten per twitter in kurzer Zeit reagiert wurde. Leider erfolgte keine direkte Intervention vor Ort.

Pressemitteilung: Leipzig, den 7. Februar 2016
Bildquelle: Caruso Pinguin 06.02.2016 – Demo: Solidarity without limits & PEGIDA – Dresden

Offener Brief an Oberbürgermeister und Ordnungsbürgermeister der Stadt Leipzig sowie den Polizeipräsidenten

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung,
sehr geehrter Herr Ordnungsbürgermeister Rosenthal,
sehr geehrter Herr Polizeipräsident Merbitz,

seit nunmehr einem Jahr erleben wir fast wöchentlich Aufmärsche der sogenannten LEGIDA, an denen neonazistische Hooligans, so genannte Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker sowie extrem Rechte teilnehmen. In den Redebeiträgen wird zum Sturz des Systems aufgerufen, ausdrücklich rassistische Äußerungen werden kundgetan, Migrant_innen, Andersdenkende, Pressevertreter_innen und Politiker_innen werden beschimpft und diffamiert. Immer wieder bleibt es nicht nur bei verbaler Gewalt, auch die Übergriffe auf Menschen und Sachwerte haben zugenommen. Nicht zufällig kam es deshalb am ersten Jahrestag dieser völkischen Bewegung zum Angriff von mehr als 250 neonazistischen Hooligans auf einen ganzen Stadtteil.

Unser Anspruch war und ist es, kontinuierlichen Gegenprotest auf die Straße zu bringen und diesem Hass, der Hetze und letztlich dem Faschismus deutlich zu widersprechen. Auch dadurch wurde in Leipzig ein Flächenbrand wie in Dresden verhindert. Sie alle haben immer wieder die Notwendigkeit dieses Handelns betont.

Dennoch ist bei vielen Menschen der Eindruck entstanden, geprägt durch eigene Erfahrungen, dass einzelne Polizeibeamt_innen und zunehmend auch das Ordnungsamt nicht mehr neutral handeln sondern in Teilen mit LEGIDA sympathisieren. Beispielhaft verdeutlicht durch die Weitergabe von Polizeiinterna an Personen des neonazistischen Spektrums am 11.01.2016.

Am Montag, den 01.02.2016 will LEGIDA abermals in Leipzig aufmarschieren. Auch dazu ist notwendiger und legitimer Gegenprotest angemeldet. Wenn mehrere Grundrechtsträger aufeinander treffen sind die Grundrechte unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes so in Ausgleich zu bringen, dass beide ihre größtmögliche Reichweite entfalten. Diese Auslegung entspricht der konsequenten Anwendung des Rechtsstaatsprinzips wie es vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung erfolgt.

Tatsächlich stellt sich das Bild so dar, dass für angenommene 400 bis 600 Personen, die die Grundwerte unserer Demokratie und die Menschenrechte ablehnen, die Stadt in mehrere Bereiche geteilt wird. Vom Hauptbahnhof entlang des Tröndlingrings bis in die Jahnallee wird faktisch eine Grenze gezogen, die es nicht nur Teilnehmer_innen der Demonstrationen für Toleranz und Demokratie sondern darüber hinaus auch unbeteiligten Dritten unmöglich macht, vom Norden der Stadt in den Süden und umgekehrt zu gelangen. Dabei ist in diesem Bereich keine Demonstration angemeldet. Gleiches geschieht mit dem Westring vom Goerdelerring bis zum Neuen Rathaus. Während LEGIDA keine Einschränkungen in der Wegstrecke hinnehmen muss und sich am Bahnhof treffen und sodann, ohne Anmeldung, bis zum Richard- Wagner Platz ziehen darf, wird der Gegenprotest massiv beauflagt. Dabei werden grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien außer Kraft gesetzt.

Die Beauflagung von Versammlungen richtet sich nach § 15 SächsVersG und darf nur dann erfolgen, wenn eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung droht. Dabei ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten und folglich stets das mildeste Mittel anzuwenden.

Dies stellt sich am Montag so dar, dass keine Mahnwachen an den Stolpersteinen während des Aufmarsches von LEGIDA stattfinden können, die Evangelische Studierendengemeinde nicht für den Erhalt des Naturkundemuseums demonstrieren darf und die „Initiative für ein Weltoffenes Gohlis“ nicht während der Zeit demonstrieren darf. Dem Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ wird wiederholt nicht die angemeldete Route zugesprochen.

Der Gegenprotest wird pauschal für alle Störungen in Haft genommen, die es in der Vergangenheit gegeben hat. Gleiches lässt sich bei LEGIDA nicht behaupten. Dies dürfte maßgeblich mit der polizeilichen Gefahrenprognose zusammenhängen.

Werden die Fakten gegenübergestellt, ist festzustellen, dass eben nicht Grundrechte in Ausgleich gebracht werden sondern faktisch die Grundrechte der Teilnehmer_innen des Gegenprotestes nachrangig behandelt und deutlich stärker eingeschränkt werden. Dies geschieht offensichtlich, um einer pauschal antizipierten Gewalt entgegenzuwirken. An dieser Stelle konstatieren wir, dass die aktuellen Zahlen eine deutliche Sprache sprechen. Die seit dem Auftauchen der *Gidas eklatant steigende Zahl an Übergriffen, Brandanschlägen und Drohungen gegen Geflüchtete und Andersdenkende wären ohne den Hass und die Hetze der völkischen Bewegung nicht denkbar.

Viele Menschen, die sich regelmäßig dem Gegenprotest anschließen, haben Gewalt erlebt und erleben gerade, dass ihre Grundrechte, ihr Recht für die Menschenrechte einzutreten nachrangig behandelt werden.

Eine große Anzahl an Menschen verliert dadurch auch das Vertrauen in den Staat. Wenn das Vertrauen in die Institutionen des Staates sinkt, steigt die Bereitschaft zur Selbstjustiz. Wir laufen Gefahr eine Generation junger Menschen an die Gewalt zu verlieren. Statt der ursächlichen Gewalt wirksam entgegenzutreten, schafft der derzeitige Umgang mit unseren friedlichen Demonstrationen latent neue Gewalt.

Es ist ein Alarmsignal, dass inzwischen auch Vertreter_innen von Kirchen, Gewerkschaften und Parteien ihren Protest gegen diese Art des Handelns deutlich machen und ihr Unverständnis äußern.

Vor diesem Hintergrund fordern wir Sie auf:

  1. umfassend und transparent aufzuklären, wie Polizeiinterna an neonazistische Gruppen gelangen konnten,
  2. Beleidigungen durch Polizeibeamt_innen zu ahnden und zu unterbinden,
  3. den Grundsatz der praktischen Konkordanz und das Verhältnismäßigkeitsprinzip konsequent anzuwenden und die faktische Demonstration der LEGIDA vom Bahnhof zum Richard-Wagner-Platz zu unterbinden und den Ring wieder freizugeben,
  4. Gegendemonstrationen in Hör- und Sichtweite real zuzulassen.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Jürgen Kasek und Irena Rudolph-Kokot
für das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“

Leipzig, den 31. Januar 2016

Download des Offenen Briefes (PDF, 156kB)

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Jung,
sehr geehrter Herr Ordnungsbürgermeister Rosenthal,
sehr geehrter Herr Polizeipräsident Merbitz,

seit nunmehr einem Jahr erleben wir fast wöchentlich Aufmärsche der sogenannten LEGIDA, an denen neonazistische Hooligans, so genannte Reichsbürger und Verschwörungstheoretiker sowie extrem Rechte teilnehmen. In den Redebeiträgen wird zum Sturz des Systems aufgerufen, ausdrücklich rassistische Äußerungen werden kundgetan, Migrant_innen, Andersdenkende, Pressevertreter_innen und Politiker_innen werden beschimpft und diffamiert. Immer wieder bleibt es nicht nur bei verbaler Gewalt, auch die Übergriffe auf Menschen und Sachwerte haben zugenommen. Nicht zufällig kam es deshalb am ersten Jahrestag dieser völkischen Bewegung zum Angriff von mehr als 250 neonazistischen Hooligans auf einen ganzen Stadtteil.

Unser Anspruch war und ist es, kontinuierlichen Gegenprotest auf die Straße zu bringen und diesem Hass, der Hetze und letztlich dem Faschismus deutlich zu widersprechen. Auch dadurch wurde in Leipzig ein Flächenbrand wie in Dresden verhindert. Sie alle haben immer wieder die Notwendigkeit dieses Handelns betont.

Dennoch ist bei vielen Menschen der Eindruck entstanden, geprägt durch eigene Erfahrungen, dass einzelne Polizeibeamt_innen und zunehmend auch das Ordnungsamt nicht mehr neutral handeln sondern in Teilen mit LEGIDA sympathisieren. Beispielhaft verdeutlicht durch die Weitergabe von Polizeiinterna an Personen des neonazistischen Spektrums am 11.01.2016.

Am Montag, den 01.02.2016 will LEGIDA abermals in Leipzig aufmarschieren. Auch dazu ist notwendiger und legitimer Gegenprotest angemeldet. Wenn mehrere Grundrechtsträger aufeinander treffen sind die Grundrechte unter Wahrung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes so in Ausgleich zu bringen, dass beide ihre größtmögliche Reichweite entfalten. Diese Auslegung entspricht der konsequenten Anwendung des Rechtsstaatsprinzips wie es vom Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtsprechung erfolgt.

Tatsächlich stellt sich das Bild so dar, dass für angenommene 400 bis 600 Personen, die die Grundwerte unserer Demokratie und die Menschenrechte ablehnen, die Stadt in mehrere Bereiche geteilt wird. Vom Hauptbahnhof entlang des Tröndlingrings bis in die Jahnallee wird faktisch eine Grenze gezogen, die es nicht nur Teilnehmer_innen der Demonstrationen für Toleranz und Demokratie sondern darüber hinaus auch unbeteiligten Dritten unmöglich macht, vom Norden der Stadt in den Süden und umgekehrt zu gelangen. Dabei ist in diesem Bereich keine Demonstration angemeldet. Gleiches geschieht mit dem Westring vom Goerdelerring bis zum Neuen Rathaus. Während LEGIDA keine Einschränkungen in der Wegstrecke hinnehmen muss und sich am Bahnhof treffen und sodann, ohne Anmeldung, bis zum Richard- Wagner Platz ziehen darf, wird der Gegenprotest massiv beauflagt. Dabei werden grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien außer Kraft gesetzt.

Die Beauflagung von Versammlungen richtet sich nach § 15 SächsVersG und darf nur dann erfolgen, wenn eine konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung droht. Dabei ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten und folglich stets das mildeste Mittel anzuwenden.

Dies stellt sich am Montag so dar, dass keine Mahnwachen an den Stolpersteinen während des Aufmarsches von LEGIDA stattfinden können, die Evangelische Studierendengemeinde nicht für den Erhalt des Naturkundemuseums demonstrieren darf und die „Initiative für ein Weltoffenes Gohlis“ nicht während der Zeit demonstrieren darf. Dem Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ wird wiederholt nicht die angemeldete Route zugesprochen.

Der Gegenprotest wird pauschal für alle Störungen in Haft genommen, die es in der Vergangenheit gegeben hat. Gleiches lässt sich bei LEGIDA nicht behaupten. Dies dürfte maßgeblich mit der polizeilichen Gefahrenprognose zusammenhängen.

Werden die Fakten gegenübergestellt, ist festzustellen, dass eben nicht Grundrechte in Ausgleich gebracht werden sondern faktisch die Grundrechte der Teilnehmer_innen des Gegenprotestes nachrangig behandelt und deutlich stärker eingeschränkt werden. Dies geschieht offensichtlich, um einer pauschal antizipierten Gewalt entgegenzuwirken. An dieser Stelle konstatieren wir, dass die aktuellen Zahlen eine deutliche Sprache sprechen. Die seit dem Auftauchen der *Gidas eklatant steigende Zahl an Übergriffen, Brandanschlägen und Drohungen gegen Geflüchtete und Andersdenkende wären ohne den Hass und die Hetze der völkischen Bewegung nicht denkbar.

Viele Menschen, die sich regelmäßig dem Gegenprotest anschließen, haben Gewalt erlebt und erleben gerade, dass ihre Grundrechte, ihr Recht für die Menschenrechte einzutreten nachrangig behandelt werden.

Eine große Anzahl an Menschen verliert dadurch auch das Vertrauen in den Staat. Wenn das Vertrauen in die Institutionen des Staates sinkt, steigt die Bereitschaft zur Selbstjustiz. Wir laufen Gefahr eine Generation junger Menschen an die Gewalt zu verlieren. Statt der ursächlichen Gewalt wirksam entgegenzutreten, schafft der derzeitige Umgang mit unseren friedlichen Demonstrationen latent neue Gewalt.

Es ist ein Alarmsignal, dass inzwischen auch Vertreter_innen von Kirchen, Gewerkschaften und Parteien ihren Protest gegen diese Art des Handelns deutlich machen und ihr Unverständnis äußern.

Vor diesem Hintergrund fordern wir Sie auf:

  1. umfassend und transparent aufzuklären, wie Polizeiinterna an neonazistische Gruppen gelangen konnten,
  2. Beleidigungen durch Polizeibeamt_innen zu ahnden und zu unterbinden,
  3. den Grundsatz der praktischen Konkordanz und das Verhältnismäßigkeitsprinzip konsequent anzuwenden und die faktische Demonstration der LEGIDA vom Bahnhof zum Richard-Wagner-Platz zu unterbinden und den Ring wieder freizugeben,
  4. Gegendemonstrationen in Hör- und Sichtweite real zuzulassen.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Jürgen Kasek und Irena Rudolph-Kokot
für das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“

Leipzig, den 31. Januar 2016

Download des Offenen Briefes (PDF, 156kB)

PM: Welche Daten hat der sächsische Verfassungsschutz?

Nachdem bekannt wurde, dass das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen einzelne Gruppen und Personen des Aktionsnetzwerkes „Leipzig nimmt Platz“ beobachtet, ruft das Netzwerk dazu auf, nach der Teilnahme an Aktionen und Demonstrationen des Aktionsnetzwerkes eine Anfrage auf Datenauskunft beim Landesamt zu stellen.

„Durch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gedeckt hat Jede und Jeder einen Anspruch darauf, zu erfahren welche Daten von ihm oder ihr gespeichert wurden. Das Landesamt für Verfassungsschutz muss daher das Auskunftsersuchen beantworten“, so Jürgen Kasek, Rechtsanwalt für das Aktionsnetzwerk.

„Wir haben begründeten Verdacht, dass der sächsische Verfassungsschutz willkürlich Daten sammelt und einzelne Personen und Gruppen ohne rechtliche Grundlage überwacht. Den Versuch das Aktionsnetzwerk und damit auch Parteien, Kirchen und Gewerkschaften zu kriminalisieren werden wir nicht unwidersprochen hinnehmen. Wir wollen damit klären, wer und aus welchem Grund überwacht wird, und zudem den Grundrechtsschutz stärken“, so Irena Rudolph-Kokot zum Ansinnen der Aktion.

Das Aktionsnetzwerk wiederholt seine Kritik am Kurs des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz. Es entsteht der Eindruck, dass das Landesamt nicht die Verfassung schützt sondern selbst zu einem Problem für die Demokratie geworden ist. Immer wieder wird versucht, den Verdacht des „Linksextremismus“ zu konstruieren.

Dabei gilt der Satz, dass da wo es auch in der Mitte braun schimmert, bereits diejenigen als „linksextrem“ verdächtigt werden, die Grundrechte und Demokratie verteidigen.

Anbei ein Musterschreiben zur Einholung einer Auskunft zu den gespeicherten Daten. Betroffene von Überwachungsmaßnahmen werden gebeten, sich beim Aktionsnetzwerk zu melden.

Hintergrund: Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“, zu dem Gewerkschaften, Vereine, Parteien, Initiativen und Kirchen und gehören, hat sich mit dem Ziel gegründet, Widerspruch gegen rassistische, nationalistische und antidemokratische Aufmärsche gewaltfrei deutlich zu machen. Dazu finden regelmäßige offene Treffen statt, in welche die beteiligten Partner Personen entsenden können.

Download: Pressemitteilung und Musterschreiben: Leipzig, den 28. Januar 2016 (PDF, 151 kB)


Musterschreiben

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Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen
Postfach 10 02 47
01072 Dresden

Leipzig, den _______________

Auskunft über zu meiner Person gespeicherte Daten

Sehr geehrte Damen und Herren,

bitte erteilen Sie mir auf Grundlage von §18 Abs. 1 des Sächsischen Datenschutzgesetzes sowie §9 Abs. 1 des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes Auskunft über die durch Ihre Behörde (auch im Weg der Auftragsdatenverarbeitung) zu meiner Person in Systemen der elektronischen Datenerfassung und -verarbeitung gespeicherten Daten, im Besonderen über

  • personenbezogene Datensätze, die der sächsische Verfassungsschutz in NADIS pflegt,
  • den Zweck der Speicherung sowie
  • soweit möglich die Herkunft der Daten und
  • im Fall einer Übermittlung deren Empfänger.

Meiner Anfrage liegt ein generelles Informationsinteresse unter Wahrnehmung meines verfassungsrechtlich verbürgten Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung zugrunde.

Mit freundlichen Grüßen

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[Unterschrift]

Der Angriff auf Connewitz, das Versagen des Rechtsstaates und die Relativierung der CDU

Das Aktionsnetzwerk “Leipzig Nimmt Platz” fordert nach den Angriffen am 11.01.2016 den Rücktritt des Präsidenten des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen und eine lückenlose Aufklärung darüber, wie Polizeiinterna im Vorfeld an Neonazis gelangen konnten.

Am Montag versammelten sich mehr als 6000 Menschen in Leipzig, um vielfältigen Protest gegen Rassismus und Hass bei LEGIDA zu üben. Während viele Leipziger Bürgerinnen und Bürger ein klares Zeichen setzten, kam es in Leipzig-Connewitz zu einem gezielten Angriff durch ca. 300 Neonazis. Dabei wurden mehrere Personen – zum Glück nur leicht – verletzt.

Der Einschätzung des sächsischen Verfassungsschutzes folgend, der das Aktionsnetzwerk in eine „extremistische“ Ecke rückte und unfriedliche Aktionen vorhersagte, konzentrierte sich die Polizei auf den Gegenprotest und sicherte den Aufmarsch der Menschenfeinde bei Legida/Pegida, bei dem neben etlichen anderen Rechtspopulisten und Nazis auch der Sänger der rechten Hooliganband “Kategorie C” auftrat. Durch die polizeilichen Absperrungen wurde der Zugang zur angemeldeten Kundgebung unter dem Titel “Für Weltoffenheit und Toleranz” am Nordplatz erheblich erschwert. Wiederholt gaben Polizeibeamt_innen wahrheitswidrig an, dass die Kundgebung abgesagt worden sei.

Parallel dazu wurde bekannt, dass es offenbar Verbindungen zwischen organisierten Neonazis und der Polizei gibt. Im Vorfeld der Kundgebungen wurden interne Polizeidokumente veröffentlicht. Das Vertrauen in die grundgesetzlich verankerte Gewaltenteilung wurde erheblich erschüttert.

Bereits Tage zuvor hatten neonazistische Gruppen wie Brigade Halle und Freie Kräfte Dresden zum „Sturm auf Leipzig“ und zur Unterstützung für Legida/Pegida aufgerufen. Anzeichen für organisierte Übergriffe gab es zuhauf. Sie wurden vom Verfassungsschutz ignoriert. Im Verlauf des Abends gab es über verschiedene neonazistische Accounts bei Twitter vielfach Versuche, Aktivist_innen und Politiker_innen einzuschüchtern. Der Angriff auf Connewitz wurde auch durch die im Leipziger Stadtrat vertretene Partei NPD über Twitter gefeiert.

Die CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla antwortete am Tag danach über Twitter auf die Empörung von Justizminister Maas zu den gezielten rechten Anschlägen mit einem Verweis auf linksradikale Gewalt. Dies ist ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen und eine unglaubliche Entstellung der wahren Zusammenhänge. Bereits vorher hatte die CDU es abgelehnt, sich gegen Rassismus und Gewalt auszusprechen. Die Teilnahme an der Lichterkette oder anderen Gegenprotesten wurde durch die CDU verweigert.

“Der gestrige Tag macht betroffen. Wir sind vom Ausmaß der Gewalt schockiert. Den Geschädigten gilt unsere Anteilnahme und Solidarität. Dass die Nazis gestern auch den Tod von Menschen billigend in Kauf nahmen, ist ungeheuerlich, ebenso wie die Tatsache, dass die CDU in Gestalt von Frau Kudla diese Gewalt verdreht und relativiert”, erklärt Irena Rudolph-Kokot für „Leipzig nimmt Platz“.

Jürgen Kasek ergänzt für das Aktionsnetzwerk: “Angesichts des Geschehens gestern wird auch das Versagen von Polizei und Verfassungsschutz mehr als deutlich. Ein Verfassungsschutz, der offenbar gezielt versucht, demokratischen Protest gegen Rassismus zu delegitimieren und neonazistische Umtriebe verschweigt und ignoriert, ist eine Gefahr für die Demokratie. Wir fordern die umfassende Aufklärung der Vorgänge und den Rücktritt des zuständigen Leiters.”

Abschließend weist das Aktionsnetzwerk auf das Spendenkonto der Amadeu-Antonio-Stiftung hin, das für die direkten Schäden in Läden und Geschäften eingerichtet wurde:

Opferfonds CURA der Amadeu Antonio Stiftung
GLS Bank Bochum
IBAN: DE75 4306 0967 6005 0000 02
BIC: GENODEM1GLS
Stichwort: Leipzig

Pressemitteilung: Leipzig, den 13. Januar 2015

Sächsischer Verfassungsschutz – eine Behörde im Wahn der Extremismustheorie?

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ hat im Zusammenhang mit den angemeldeten Protesten für den 11. Januar 2016 von einer Lageeinschätzung des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz Kenntnis erhalten, welches das Aktionsnetzwerk in die Nähe gewalttätiger Aktionen rückt.

Alle Beteiligten im Aktionsnetzwerk verwahren sich entschieden gegen die Vorwürfe des sächsischen Verfassungsschutzes. Den Aufrufen des Netzwerks liegt die „Leipziger Erklärung“ vom Januar 2015 zugrunde. In dieser ist die Gewaltfreiheit aller Aktionen festgeschrieben. Im Netzwerk sind unter anderem Politiker_innen von Grünen, Linken und SPD ebenso engagiert wie Kirchen, Gewerkschaften und Initiativen.

„Der offensichtliche Versuch des Landesamtes für Verfassungsschutz und damit des Staatsministeriums des Inneren, den gewaltfreien Protest gegen eine rassistische und menschenverachtende Gruppierung zu kriminalisieren, kann und darf nicht hingenommen werden“, empört sich Irena Rudolph-Kokot als Anmelderin der Proteste.

Das Aktionsnetzwerk ruft regelmäßig zu Widersetz-Aktionen auf. Friedliche Blockaden sind nicht generell unzulässig und können ebenso vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit erfasst sein. Das gemeinsame Behindern menschenverachtender und rassistischer Aufmärsche von Gruppierungen im Muster der *GIDA versteht das Aktionsnetzwerk als kollektives Recht auf demokratischen Meinungsstreit und Mitbestimmung. Das Aktionsnetzwerk wird nicht akzeptieren, dass das Grundrecht auf Meinungsfreiheit durch Rassist_innen missbraucht wird, um eine Hassstimmung gegen Menschen, die hier Zuflucht suchen, aufzubauen.

Dem Aktionsnetzwerk wird insbesondere vorgeworfen, Aktionen „gegen Bullenschweine“ zumindest „subtil“ zu unterstützen. Dieser Duktus entspringt der Ära einer „Armeefraktion“ und ist dem Aktionsnetzwerk vollständig fremd. Ziel des Netzwerkes ist es, eine demokratische solidarische Gesellschaft zu stärken, nicht Feindbilder aufzubauen. Alle Menschen in Uniform oder in Zivil sind vollwertig einbezogen.

Bekanntlich befreien Uniformen und Ämter aber nicht von Fehlverhalten. Uniformen und Ämter haben die Demonstrationen von „Leipzig nimmt Platz“ immer wieder massiv eingeschränkt. Beispiele in jüngerer Zeit waren die Kesselung ohne Angabe von Gründen (23.09.2015), der anlasslose Abschuss einer Gasgranate in die Kundgebung (12.12.2015) oder die vermutlich verdeckte Überwachung der Versammlung (04.01.2016). Dagegen wehrt sich das Aktionsnetzwerk auch juristisch – auf dem Boden der Rechtsordnung.

Auch der Dialog mit Herrn Innenminister Ulbig wurde von Akteuren des Aktionsnetzwerks gesucht. Der im Januar 2015 an ihn versandte Brief blieb leider ohne Antwort. Der offensichtliche Unwille zum Dialog auf der einen und die fehlenden Berührungsängste zu Pegida auf der anderen Seite deuten darauf hin, dass der für den Verfassungsschutz zuständige Minister keineswegs neutral agiert. So traf sich Herr Ulbig im selben Monat mit der damaligen Pegida-Sprecherin K. Oertel.

Der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen Meyer-Plath hatte im Oktober 2015 erklärt, dass Legida und Pegida nicht beobachtet würden. Entsprechend hatte der öffentliche Aufruf von Lutz Bachmann (Pegida) „Wir holen uns die Neustadt“ für den 21. Dezember 2015 in Dresden zur Folge, dass dieser verbreitet und schließlich mit zahlreichen Gewalttaten, die zum Teil schwere Körperverletzungen zur Folge hatten, auch umgesetzt wurde. Die Polizei und der Verfassungsschutz waren hier offensichtlich überfordert.

Der Verfassungsschutz, der im Falle des NSU vollständig versagt hat und ganz offensichtlich mit zweierlei Maß misst, folgt der wissenschaftlich kritisierten Extremismustheorie, die Rechte und Linke als analoge Phänomene umdeutet, aber die empirisch belegten „extremistischen“ Einstellungsmuster einer gesellschaftlichen „Mitte“ ausblendet. In widersinniger Konsequenz scheint der Verfassungsschutz nun das Aktionsnetzwerk zu observieren.

Rechtsanwalt Jürgen Kasek, der sich laut dem VS-Papier „als Rechtsanwalt für ‘No LEGIDA’ ausgibt“ und dem vorgeworfen wird, dass er Demonstrationsteilnehmer_innen über ihre Grundrechte aufgeklärt habe, erklärt: „Wir werden die lückenlose Aufklärung der nun wahrscheinlichen Beobachtung tausender Menschen einleiten. Für die Staatsregierung ist das offenbar der Versuch, gegen die Stadt Leipzig und die Zivilgesellschaft vorzugehen.“