Aufruf des Aktionsnetzwerks „Leipzig nimmt Platz“ gegen Legida/Pegida am 11. Januar 2016

Wir lassen uns den Platz nicht nehmen

Am 12.01.2015 demonstrierten 35.000 Menschen in Leipzig gemeinsam gegen Rassismus und Ideologien der Ungleichwertigkeit. Seitdem haben sich Woche für Woche, Tag für Tag Menschen für Geflüchtete engagiert, haben gespendet und haben immer wieder gegen diskriminierende Ideologien Stellung bezogen. Damit konnte in Leipzig eine breite Anschlussfähigkeit von Legida – anders als bei Pegida in Dresden – verhindert werden.

Dennoch ist bei weitem nicht „alles gut“. Auch in Leipzig hat sich das gesellschaftliche Klima eingetrübt, und die Anzahl an Übergriffen auf Migrant_innen und Nichtrechte ist deutlich angestiegen. Antifaschistische und antirassistische Arbeit konnte die Verbreitung von Einstellungsmustern der Ungleichwertigkeit und ihre Auswirkungen nicht verhindern, wohl aber deutlich begrenzen.

11. Januar 2016: Wir lassen uns den Platz nicht nehmen. NoLegida NoPegida

Vom Irrglauben mit LEGIDA zu reden

Das Entstehen der GIDAs, die auf die Erfahrungen der Montagsmahnwachen zurückgriffen, war absehbar. Dass LEGIDA, CEGIDA, PEGIDA und weitere immer noch eine gefährliche Anziehungskraft besitzen, hängt auch mit dem ambivalenten Agieren von Teilen der Politik und Zivilgesellschaft zusammen, die trotz unzähliger Übergriffe schweigen, das Problem leugnen und dem Irrglauben folgen, dass man mit den GIDAs reden könne. So wurde der GIDA-Bewegung ein Resonanzraum gegeben, der das eigentliche Problem der Vorurteile und Einstellungsmuster der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit verdeckte, und den Hass als „berechtigte Ängste“ legitimierte. Dabei hat sich mehr als ein Mal gezeigt, dass die GIDAs und ähnliche rassistische Gruppierungen in ihrem Kern weder durch Fakten noch Argumente zu erreichen sind.

Sehenden Auges nimmt ein Großteil der Gesellschaft hin, dass sich eine völkische Front von Rechts herausbildet, die demokratischen Grundwerten und Grundrechten ablehnend gegenübersteht. Diese „Volksfront“, die auf die Theorien der Neuen Rechten zurückgreift, hat in der völkisch-nationalistischen Partei AfD bereits einen parlamentarischen Arm, der stetig an der Etablierung von menschenfeindlichem Gedankengut arbeitet. Dennoch werden weiterhin Gesprächsangebote unterbreitet und eine Bereitschaft zum Dialog gefordert.

Eine ähnliche Aufmerksamkeit wird den Gegner_innen des Rassismus nicht zuteil. Stattdessen wurde im letzten Jahr immer wieder deutlich, dass nicht nur Teile der Politik, sondern auch der Polizei mit den GIDAs sympathisieren und versuchen, den notwendigen Protest gegen Vorurteile und Faschismus zu kriminalisieren. Mithilfe einer wissenschaftlich fragwürdigen Extremismustheorie wird „linke Gewalt“ als staatsgefährdendes Mysterium beschworen, werden Antirassist_innen pauschal verurteilt und stigmatisierend unter Generalverdacht gestellt. Wer sich in Sachsen demokratisch äußern darf, bestimmt anscheinend die herrschende CDU mit ihrem willfährigen Arm der parteigebundenen Extremismus- und Politikforschung. Dabei wird konsequent ignoriert, dass es ebenso wenig um Kommunalpolitik geht wie um den Ruf Sachsens.

Es geht nicht um Leipzig, es geht um Menschen- und Grundrechte

Der Protest gegen Ideologien der Ungleichwertigkeit bleibt weiterhin notwendig – gerade in Sachsen, einem demokratischen Entwicklungsland. Ziel des Protests gegen LEGIDA war von Anfang an eben nicht, das Image Leipzigs zu verteidigen. Die Stadt Leipzig will als weltoffen wahrgenommen werden, ein Teil seiner Bewohner_innen ist es jedoch nicht, wie der Widerstand gegen den Moscheebau in Gohlis, die Diskussionen um die Unterbringung von Geflüchteten und die Versammlungen in Paunsdorf, Wahren und Schönefeld und schließlich die LEGIDA-Aufmärsche immer wieder gezeigt haben.

Es geht um die Menschenrechte, wie sie 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurden, inbegriffen das Menschenrecht auf Asyl. Ein Menschenrecht, das zusammen mit anderen Grundrechten in unserem Grundgesetz Einklang findet und seitdem immer wieder Angriffen ausgesetzt war. Mit der letzten Asylrechtsverschärfung ist dieses Recht faktisch im Grundgesetz abgeschafft.

Aber der Angriff der GIDAs und nationalkonservativer Politiker_innen richtet sich nicht nur gegen das Asylrecht – auch die Gleichheit aller Menschen und die Religionsfreiheit sind wie die Presse- und Meinungsfreiheit in Bedrängnis geraten. In Leipzig wie in Dresden wurden am Rande der Aufmärsche immer wieder Pressevertreter_innen attackiert. Auch die Gleichheit von Mann und Frau wird durch das Gesellschaftsbild der GIDAs negiert, das kämpferischen Antifeminismus propagiert. Die Frau als Mutter, als ausschließlich Reproduktionsarbeit leistender Teil der Familie und der gesamten Gesellschaft entspricht dem nationalsozialistischen Frauenbild und ist mit dem des 21. Jahrhunderts nicht vereinbar. Dass auch die Religionsfreiheit abgeschafft werden soll, ist fast eine Randnotiz im Ringen um die „völkische Revolution“.

In der Auseinandersetzung mit dieser Entwicklung wird ein Versagen der gesellschaftlichen Mitte deutlich, die sich angesichts des Auftretens von völkischem Nationalismus und rechten Gewalttaten in Schweigen hüllt und damit einem neuen Faschismus dem Weg bereitet. Es geht längst nicht mehr darum, die vielbeschworene aber nicht erreichte Weltoffenheit zu verteidigen, für die Leipzig gern stehen möchte, sondern den aufkeimenden Faschismus und den Angriff auf die Grund- und Menschenrechte abzuwehren.

Ein Jahr Hass und Gewalt

Wenn am 11. Januar die auf wenige hundert Menschen zusammengeschmolzene Parallelgesellschaft von LEGIDA in Leipzig zusammen mit der Dresdner PEGIDA aufmarschieren will, steht auch unser gemeinsames Ziel einer offenen, demokratischen und pluralistischen Gesellschaft zur Disposition. Nein, wir stellen uns nicht vor die Politik irgendeiner Regierung oder Partei. Wir stellen uns nicht nur gegen die Inbesitznahme öffentlichen Raumes in Form wöchentlicher GIDA-Aufmärsche.

Wir treten dem Angriff gegen Grund- und Menschenrechte durch Diskriminierung und Einstellungsmuster der Ungleichwertigkeit entschlossen entgegen.

Wir rufen daher dazu auf, am 11.01.2016 ein deutliches Zeichen gegen den aufkeimenden Faschismus zu setzen und Hass und Rassismus den Platz zu nehmen. Treffpunkt zur Demonstration von „Legida? Läuft nicht.“ ist 17 Uhr am Augustusplatz. Ab 18 Uhr wird die Lichterkette des Bündnisses „Willkommen in Leipzig“ den Ring umschließen.

Leipzig, den 5. Januar 2016
Aufruf als Download (PDF, 124kB)

Redebeitrag 23.11. „Nie wieder Mölln – Erinnern erkämpfen.“

Heute jährt sich zum 23. Mal der Mordanschlag von Mölln. In Zeiten wie diesen, in Zeiten in denen seit Monaten Rassist_innen vor Unterkünften für Zufluchtsuchende ihre Parolen brüllen. In Zeiten wie diesen, wo Migrant_innen und Zufluchtsuchende sich tagtäglich rassistischer Hetze und rechter Gewalt ausgesetzt sehen. In Zeiten, in denen wieder Unterkünfte für Zufluchtsuchende brennen. In Zeiten wie diesen, in denen die rassistische Bewegung Legida zum 28. Mal in Leipzig aufmarschiert – ist es umso wichtiger zu zeigen, wozu Rassismus führen kann. Rassismus kann töten.

Das Aktionsnetzwerk “Leipzig nimmt Platz” ruft deshalb zum entschlossenen Gegenprotest unter dem Motto “Nie wieder Mölln – Erinnern erkämpfen.” auf.

Seit Monaten sehen wir uns konfrontiert mit einer gesamtgesellschaftlichen Stimmungsmache gegen Zufluchtsuchende und Migrant_innen. Seit Monaten bricht sich rassistische Hetze neue Bahnen.

Neben der Gida-Bewegung gründen sich Bürgerwehren und Bürgerinitiativen, die offen menschenfeindliche Parolen verbreiten und die Gewalt gegen Zufluchtsuchende und gegen geplante oder bestehende Unterkünfte verüben.

Seit Monaten bedient sich auch die etablierte Politik einer Rhetorik, die von Asylflut oder Krise spricht. Diese Metaphern suggerieren, dass Zufluchtsuchende etwas Bedrohliches seien, eine “Naturkatastrophe” die man bändigen muss – Grenzen setzen muss.

Die Asylrechtsverschärfung und die EU-Außenpolitik zeigen, wie menschenverachtend die etablierte Politik ist. Das Menschenrecht auf Asyl wird weiter und weiter ausgehöhlt. Die Politik schürt weiter Ressentiments gegenüber Zufluchtsuchenden. Der gesamtgesellschaftliche Diskurs rückt damit immer weiter nach rechts und schafft so eine Akzeptanz von Rassismus.

Rassismus ermöglicht Morde, Brandanschläge, Hetzreden und Pogrome. Das Erinnern an Mölln und damit das Benennen von Rassismus als eine Struktur, die weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitet ist, gar eine Organisationsform der Gesellschaft darstellt, ist heute aktueller den je.

In der Nacht auf den 23. November 1992 warfen Neonazis Molotowcocktails auf zwei Häuser, die von türkischstämmigen Menschen bewohnt waren. Dabei starben 3 Menschen (darunter zwei Kinder), 9 wurden zum Teil schwer verletzt. Die Täter waren schnell gefasst. Sie riefen bei der Feuerwehr an und beendeten ihr Telefonat mit “Heil Hitler” – beide Täter sind inzwischen wieder frei.

Dem Mordanschlag vorangegangen waren viele Monate rechter und rechtsextremer Stimmungsmache in ganz Deutschland bis hin zu pogromähnlichen Ausschreitungen, zum Beispiel in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen.

Damals waren in der sogenannten Asyldebatte parteiübergreifend häufig von “Asylantenschwemme” die Rede, zu reglementieren nur durch eine Grundgesetzänderung und eine schärfere Abschottungspolitik. Diese unsägliche Debatte damals hat rechte Tabuzonen durchbrochen und die Hemmschwelle für rassistische Gewalttaten gesenkt.

Die Parallelen zu heute sind ernüchternd.

Das Erinnern an Mölln ist keine Selbstverständlichkeit. Die jährlich stattfindende Gedenkfeier in Mölln darf in Mölln nicht mehr stattfinden. In Mölln will man sich nicht erinnern. Der Freundeskreis Mölln, der das jährliche Gedenken organisiert, führt seine Gedenkfeier im Exil durch.

In Mölln ist man lieber um ein positives Image bemüht. Über Rassismus wird geschwiegen.
Aber über Rassismus darf nicht geschwiegen werden. Rassismus kann töten.

Für viel Aufmerksamkeit hat damals die Nicht-Anteilnahme von Bundeskanzler Helmut Kohl an den rassistischen Mordanschlag gesorgt. Er tat es ab mit “Beileidstourismus”.

Und auch hier zeigen sich die Parallelen zu heute. Heidenau, Freital und die vielen anderen Orte, wo rassistische Anschläge stattfanden und stattfinden – die Anteilnahme der etablierten Politik ist gering.

Aber nicht nur, dass Fehlen von Anteilnahme ist ein Problem. Nein, viel schlimmer ist, dass Rassismus nicht auf allen Ebenen deutlich widersprochen und begegnet wird. Viel mehr sehen wir uns konfrontiert mit einem strukturellen Rassismus. Ein Rassismus, der mehr und mehr salonfähig gemacht wird.

Solange Ängste und Befindlichkeiten von sogenannten “besorgten Bürger_innen” ernster genommen werden, als die Bedürfnisse von Zufluchtsuchenden werden wir widersprechen. Solange Ressentiments gegenüber Menschen geschürt werden, werden wir widersprechen. Solange Rassist_innen aufmarschieren, werden wir uns widersetzen.

Rassismus hat viele Gesichter. Rassismus muss immer widersprochen und entschlossen entgegentreten werden. Rassismus kann töten.

Mordanschläge wie in Mölln dürfen sich nicht wiederholen. Der Mordanschlag von Mölln und die gesamtgesellschaftliche Debatte damals und heute müssen uns mahnen. Das Erinnern an Mölln heißt das Schweigen über Rassismus zu durchbrechen, rassistische Strukturen und Ausdrucksformen immer wieder klar zu benennen und zurückzuweisen. Jegliche Form von Rassismus muss widersprochen werden. Deshalb rufen wir alle auf. sich der rassistischen Bewegung von Legida zu widersetzen.

Nie wieder Mölln. Nie wieder Rassismus.

Leipzig nimmt Platz klagt gegen die Stadt auf Versammlungsfreiheit

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ hat sich entschieden, ein Eilverfahren gegen die Stadt Leipzig als Versammlungsbehörde anzustrengen. Hintergrund ist die Verlegung der angemeldeten Demonstration im Andenken an die Pogrome von Mölln auf eine komplett andere Route. Die Stadt hatte dies im Auflagenbescheid mit den erheblichen Verkehrseinschränkungen durch die Demonstration und mit der Prognose möglicher Störungen des Anreiseweges zu LEGIDA gerechtfertigt.

Seit fast einem Jahr tritt LEGIDA, deren Anhänger immer offener gewalttätig agieren, montags im Stadtgebiet auf. Trotz erheblicher Einschränkungen des Verkehrs wie des öffentlichen Lebens wurde LEGIDA bislang fast jedes Mal eine Route über den Ring genehmigt, obwohl sich seit Februar nur noch jeweils wenige hundert Rassist_innen und ihre Sympathisant_innen angeschlossen haben.

Wenn nunmehr an die Opfer der rassistischen Pogrome gedacht werden soll, gilt dieses Recht nicht mehr. Gerade vor dem Hintergrund der Vielzahl an rechten Gewalttaten auch in Leipzig ist dies unverständlich.

“Treffen zwei Grundrechtsträger aufeinander sind beide Grundrechte so auszulegen, dass beide ihre größtmögliche Reichweite entwickeln”, so Jürgen Kasek als Anwalt des Aktionsnetzwerkes. “Die Stadt Leipzig hat in der Abwägung der aufeinandertreffenden Belange mehrfach gegen diesen Grundsatz verstoßen und einseitig LEGIDA Vorrechte eingeräumt. Ebenso verkennt die Stadt, dass zwar der Weg zu einer Versammlung geschützt wird, es aber keinen Anspruch auf einen speziellen Weg gibt. Dabei geht die Stadt offensichtlich selbst davon aus, dass ein Großteil der LEGIDA-Klientel über den Hauptbahnhof anreist. Aus diesen Gründen ist Klage angezeigt”, so Kasek weiter.

Ebenso verhält es sich mit der Anmeldung für den „Refugees-Welcome-Platz“. Die Stadt hat dem Aktionsnetzwerk die Straße um die Hainspitze zugebilligt ohne zu prüfen, ob eine Teilung des Platzes in Betracht kommt. Und dies geschah, obwohl die Fläche von den Abmessung groß genug wäre, dass zwei konkurrierende Veranstaltungen Platz finden können. Vor allem unter der Maßgabe, dass LEGIDA in der jüngeren Vergangenheit kaum wenig mehr als 500 Anhänger mobilisieren konnte, wäre eine solche Lösung aber zu prüfen gewesen. Hinzu kommt, dass die Stadt als Versammlungsbehörde Auflagen verhangen hat, die nicht einzuhalten sind. So soll die Straße an der Hainspitze für eine Befahrung von Rettungsfahrzeugen freigehalten werden und gleichzeitig dort der Lautsprecherwagen postiert werden, was angesichts des Platzmangels nicht in Betracht kommt.

Die Stadt hat selbst in ihren Bescheiden festgestellt, dass von den durch das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ angemeldeten Gegenveranstaltungen keine Störungen ausgingen. Dies gilt es nun auch zu berücksichtigen.

Das Durchsetzen unseres Rechts auf Versammlungsfreiheit mittels Klage ist nicht kostenfrei. Deswegen ruft das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ dazu auf, das Anliegen mit einer Spende zu unterstützen.

Pressemitteilung: Leipzig, den 21. November 2015

NoLegida-Proteste am 23. November 2015: Nie wieder Mölln – Erinnern erkämpfen.

[update 20.11.2105]
Die Initiative NoLegida hat eine Veranstaltung auf Facebook erstellt:
#platznehmen 23. November 2015: Nie wieder Mölln! Erinnern erkämpfen!

Pressemitteilung: Leipzig, 19. November 2015

NoLegida-Proteste am 23. November 2015
Nie wieder Mölln – Erinnern erkämpfen.

Wenn am Montag den 23.11.2015 die rassistische Bewegung Legida zur wöchentlichen Hetze gegen Asylsuchende und Migrant_innen aufruft, jährt sich zum 23. Mal der Mordanschlag von Mölln. Das Aktionsnetzwerk “Leipzig nimmt Platz” ruft deshalb zum entschlossenen Gegenprotest unter dem Motto “Nie wieder Mölln – Erinnern erkämpfen.” auf. Wie vor 23 Jahren sehen wir uns konfrontiert mit einer gesamtgesellschaftlichen Stimmungsmache gegen Zufluchtsuchende und Migrant_innen. Eine allgegenwärtige Rhetorik von Asylflut und Krise, rechte Hetze vor Unterkünften für Zufluchtsuchende, parteiübergreifend formulierte Forderungen nach mehr Abschiebung und Abschottungspolitik, die schließlich in der Asylrechtsverschärfung mündete, schaffen ein Klima für die Akzeptanz von Rassismus. Rassismus hat viele Gesichter. Rassismus muss immer widersprochen und entschlossen entgegentreten werden. Rassismus kann töten. Mordanschläge wie in Mölln dürfen sich nicht wiederholen. Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk: “Der Mordanschlag von Mölln und die gesamtgesellschaftliche Debatte damals und heute müssen uns mahnen. Jeglicher Form von Rassismus muss widersprochen werden. Deshalb rufen wir alle auf, am Montag sich der rassistischen Bewegung von Legida zu widersetzen. Nie wieder Mölln. Nie wieder Rassismus.”

In der Nacht auf den 23. November 1992 warfen Neonazis Molotowcocktails auf zwei Häuser, die von türkischstämmigen Menschen bewohnt waren. Dabei starben drei Menschen (darunter zwei Kinder), neun wurden zum Teil schwer verletzt. Vorangegangen waren viele Monate rechtsradikaler Stimmungsmache in ganz Deutschland bis hin zu pogromähnlichen Ausschreitungen, zum Beispiel in Hoyerswerda und Rostock-Lichtenhagen. Damals waren in der sogenannten Asyldebatte parteiübergreifend häufig von “Asylantenschwemme” die Rede, zu reglementieren nur durch eine Grundgesetzänderung und einer schärferen Abschottungspolitik. Diese unselige Debatte damals hat rechte Tabuzonen durchbrochen und die Hemmschwelle für rassistische Gewalttaten gesenkt. “Die Parallelen zu heute sind ernüchternd. Nahezu täglich gibt es Anschläge auf Unterkünfte für Zufluchtsuchende, rassistische Kundgebungen, rassistische Anfeindungen bis hin zu Anschlägen auf engagierte Anti-Rassist_innen. Der gesamtgesellschaftliche Diskurs ist nach rechts gerückt, alltäglicher Rassismus gehört zur Tagesordnung, mehr noch werden Ängste und Befindlichkeiten von Rassist_innen ernster genommen als die von Zufluchtsuchenden. Diese Gesamtsituation kann zu einem zweiten Mölln oder zu Pogromen wie in Hoyerswerda oder Rostock-Lichtenhagen führen. Rassismus dort bekämpfen, wo er auftritt! Deshalb rufen wir auf, am Montag zum Protest gegen Legida auf die Straße zu gehen.” so Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk “Leipzig nimmt Platz” abschließend.

Das Aktionsnetzwerk “Leipzig nimmt Platz” hat für Montag, den 23.11.2015 folgende Versammlungen angemeldet:

  • Demonstration ab 17 Uhr: Westplatz → Waldplatz → Jahnallee → Ranstädter Steinweg → Tröndlinring → Hallisches Tor → Hainspitze
  • Kundgebungen ab 19 Uhr: Hainspitze, Oberer Dittrichring und Goerdeler-Denkmal

Redebeitrag bei #NoCegida am 17. August 2015 in Chemnitz.

Liebe Antirassistinnen und Antirassisten, ich überbringe euch solidarische Grüße vom Aktionsnetzwerk “Leipzig nimmt Platz”.

Seit Dezember des vergangenen Jahres zeigen sich die Feinde einer offenen Gesellschaft in erschreckender Weise auf den Straßen Deutschlands und vor allem Sachsens. Die selbst ernannten Hüter der europäischen Kultur warteten mit menschenfeindlichen Tiraden, Verschwörungstheorien, rassistischen und völkischen Beiträgen und einer konstruierten Bedrohung der Überfremdung auf. Andersdenkende werden zu Feinden bzw. Feindinnen erklärt und bedroht. Auch die Zahl der Übergriffe auf Migrantinnen und Migranten sowie auf Asylunterkünfte steigt vor allem in Sachsen seit Anfang 2014 dramatisch an. Wir erleben in Sachsen gerade sehr plastisch, was sich im Schlepptau von Pegida und Co, von NPD und Freien Kameradschaften zusammengebraut hat. Zustände wie in Böhlen, Freiberg, Freital und Meißen sind Resultat einer von oberster politischer Ebene entfachten Ablehnung von geflüchteten Menschen. Wenn Asylsuchende wie in Sachsen explizit von Integrationsbemühungen ausgeschlossen werden, wenn sich der Freistaat als Abschiebespitzenreiter rühmt, Herr Tillich Anfang August ein Abschiebecamp fordert und Innenminister Ulbig gestern in einem BILD-Interview sich der abstrusen Forderung von de Maiziere zu Taschengeldkürzungen für Geflüchtete anschließt, dann kann man sich über Brandanschläge auf Unterkünfte und Übergriffe auf MigrantInnen kaum noch wundern.

Wenn man sich das Chaos bei den Erstaufnahmeeinrichtungen ansieht – Zeltlager, Turnhallen, zum Teil fehlende BetreiberInnen für die Unterkünfte, uninformierte Kommunen – sollte man meinen, dass Herr Tillich und Herr Ulbig erst einmal ganz andere Aufgaben zu lösen hätten. Es fehlt in Sachsen nach wie vor ein schlüssiges und nachhaltiges Unterbringungskonzept und ein komplettes Umdenken, was die Integration und Teilhabe von Menschen mit Migrationsgeschichte angeht.

Die CDU und CSU haben aber insgesamt, egal ob auf Landes- oder Bundesebenen, verbal gegen das Grundrecht auf Asyl aufgerüstet mit dem Ziel, es weiter zu beschränken. So steckt hinter den Verbalattacken eindeutig die Absicht, weitere Länder zu so genannten „sicheren Herkunftsstaaten“ zu erklären.

Bis zum 1. Juli 1993 gab es im Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG („Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“) ein grundgesetzliches Recht auf Asyl ohne festgelegte Ausnahmen. Leider stimmte eine Zweidrittelmehrheit unter Druck der fremdenfeindlichen pogromartigen Stimmung, die Anfang der 90iger Jahre in der Bundesrepublik herrschte, den Plänen der Union zu einer Grundgesetzänderung im so genannten Asylkompromiss zu. Das Zugeständnis sah auch die Einführung des Konzeptes der „sicheren Herkunftsstaaten“ vor, was einer Aushöhlung des Grundrechtes gleichkam. Dieses Bewertungskonzept macht faire Verfahren mit Einzelfallprüfungen unmöglich, da das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) diese Anträge als offensichtlich unbegründet ablehnt.

Auch eine objektive Betrachtung, jenseits der grundsätzlichen Kritik, des Nutzens der letzten Ausweitung der Liste „sicherer Herkunftsstaaten“ auf Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zeigt, dass es nicht zum erwünschten Abschreckungseffekt geführt hat. Serbien lag nach den Antragszahlen im Monat Juni dieses Jahres auf Platz vier (nach Syrien, Kosovo und Albanien). [1] Die Zahlen der Menschen aus den genannten Staaten haben also nicht abgenommen. [2]

Eine weitere Asylrechtsverschärfung würde außerdem die rassistischen und nationalistischen Kräfte in unserem Land weiter fördern und damit die RechtspopulistInnen der *Gidas stärken.

Cegida Chemnitz am 17. August 2015Cegida Chemnitz am 17. August 2015 (Quelle: eigene)

Deswegen bleibt es nach wie vor wichtig, überall wo die *Gidas und andere rassistische Gruppierungen auftauchen, sich entgegenzustellen und ihnen weder die Deutungshoheit noch die Straßen zu überlassen.

So wird heute, am 17. August, dem Todestag von Rudolf Heß, auch unser Nachbarbundesland Thüringen von rassistischen und nationalistischen Aufmärschen gleich in vier Städten – in Erfurt, Nordhausen, Schleusingen und Eisenberg – heimgesucht. Auch mit dabei, der Legida Mitorganisator Silvio Rösler und andere Gida-RassistInnen. Hier wird die Funktion der *Gidas als Grundwerteverschieber einmal mehr deutlich. Umso mehr obliegt es uns auf das wahre Wesen dieser Akteure immer wieder den Blick zu lenken.

Wir werden uns jederzeit und überall konsequent Rassismus und Geschichtsrevisionismus entgegenstellen! Gemeinsam sagen wir Nein zu rechtspopulistischer Propaganda! Nein zu rassistischer Hetze! Für eine menschenwürdige Asylpolitik!

[1] Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Asylgeschäftsstatistik 06/2015
[2] Prof. Dr. Dietrich Thränhardt: Gutachten. Warum das deutsche Asylsystem zu einem Bearbeitungsstau führt, Juli 2015

PM: 30. März – Legida goes Nazirap – Fanatischer Islamhasser als Redner

Aktionsnetzwerk ruft zu Protest auf – Kundgebung in echter Hör- und Sichtweite angemeldet

Auch am kommenden Montag will die nationalistische Gruppierung Legida in Leipzig marschieren. So wird wie gehabt 19 Uhr zum „Spaziergang“ auf den Augustusplatz aufgerufen.

Als besondere „Höhepunke“ werden diesmal Islamhasser Michael Mannheimer und – nach eigenem Bekunden – der rechtsaußen Musik-Act “A3stus” erwartet. Dessen Frontrapper Patrick Killat, der über vielfältige Kontakte in die Berliner und Brandenburger Naziszene verfügt, erlangte fragwürdige Bekanntheit durch ein antisemitisches und rassistisches Musikvideo, das er mit “Kameraden” vor dem Flüchtlingsheim in Marzahn-Hellersdorf drehte. Im Text des besagten Liedes heißt es: “Neuer deutscher Widerstand … Wir gehen auf die Straße, um das System zu stürzen.”
Redner Michael Mannheimer, selbst Anhänger einen radikalen Kleinstgruppierung mit christlich-fundamentalistischer Ideologie, fiel in der Vergangenheit durch äußerst aggressive islamfeindliche und rassistische Äußerungen an der Schwelle zur Volksverhetzung auf. Er hatte mehrfach zum bewaffneten Widerstand „nach Art. 20 Abs. 4 Grundgesetz“ aufgerufen.

„Wer vor dem Hintergrund der jeden Montag von der Bühne vorgetragenen kruden Weltsicht und dem nun präsentierten Lineup aus Nazis und fanatischen Islamhassern noch immer behauptet, Legida sei harmlos und bündele ´berechtigte Sorgen und Ängste´, dem ist nicht mehr zu helfen.“ so Juliane Nagel für das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz. „Legida radikalisiert sich offenkundig und schafft eine öffentliche Plattform für unverhohlene rassistische und antidemokratische Hetze .“

Das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz ruft für den kommenden Montag wieder zu Protest auf. Das Aktionsnetzwerk hat eine Kundgebung in Hör- und Sichtweite der Legida-Aufzugsstrecke, nämlich am Wintergartenhochhaus, angemeldet.

„In den vergangenen Wochen ist immer wieder dieselbe Szenerie zu beobachten: Protest gegen Legida wird abgedrängt und behindert. Wir wollen am kommenden Montag unseren Widerspruch gegen die marschierenden RassistInnen und NationalistInnen unmittelbar in Hör- und vor allem Sichtweite äußern. Dies ist unser demokratisches Recht.“ so Juliane Nagel abschließend.

PM: Zu den Ermittlungen gegen Juliane Nagel und Monika Lazar: Demokratisches Engagement ist notwendig

Pressemitteilung

Zu den Ermittlungsverfahren gegen die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel und die Bundestags­abgeordnete Monika Lazar wegen des Aufrufes zu einer Sitzblockade nimmt Leipzig Nimmt Platz Stellung:

„Beide Politikerinnen haben im Rahmen der Pressekonferenz den Konsens von Leipzig Nimmt Platz wiedergegeben, wie er auch im Aufruf niedergeschrieben steht und von mehr als 2000 Menschen im Netz unterzeichnet wurde. Konsequenterweise müsste die Staatsanwaltschaft jetzt die Ermittlungsverfahren gegen Leipzig Nimmt Platz und alle Unterzeichner_innen eröffnen“, spitzt Friis Neubert für das Aktionsnetzwerk zu.

Protest gegen Rassismus und Einstellungsmuster der Ungleichwertigkeit, wie sie von LEGIDA transportiert werden, ist gerade in Sachsen dringend notwendig. Abermals versucht die Staatsanwaltschaft den Protest zu kriminalisieren und reiht sich damit ein in eine Reihe unrühmlicher Verfahren mit dem vorrangigen Ziel, antifaschistischen Protest zu delegitimieren.
Während die vermummten Legida-Hools zum Teil mit ausdrücklicher Billigung von Polizei und Staatsanwaltschaft laufen dürfen, wird demokratischer Protest stigmatisiert. Die sogenannten „sächsischen Verhältnisse“ leben weiter.

Juristisch gesehen ist der Vorwurf mehr als konstruiert. Sowohl Bundesverfassungsgericht als auch verschiedene Oberverwaltungsgerichte haben festgehalten, dass auch Sitzblockaden vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gedeckt sein können (vgl. BVerfG 1 BvR 388/05). Bei der Beurteilung einer Aufforderung zu einer Sitzblockade können nur solche Vorstellungen Verwendung finden, die in dem öffentlichen Aufruf Ausdruck gefunden haben, weil Absichten und Vorstellungen, die jemand hegt, aber nicht äußert, nicht geeignet sind die Strafbarkeit nach StGB § 111 zu begründen (vgl BVerfG, 1990-04-19, 1 BvR 40/86, BVerfGE 82, 43 <53f>). Daran fehlt es im vorliegenden Fall, da weder der genaue Ort, noch die Dauer der Sitzblockade hinreichend bestimmt sind.

Friis Neubert stellt klar: „Wir gehen davon aus, dass die Ermittlungen eingestellt werden. Sie dienen ausschließlich dazu, den notwendigen Protest gegen Rassismus abzuwürgen. Wir erklären uns an dieser Stelle solidarisch mit beiden Betroffenen und rufen für kommenden Montag auf, ein Zeichen gegen das Vorgehen der sächsischen Justiz zu setzen, auf die Straße zu gehen und sich friedlich aber entschlossen dem rassistischen Aufmarsch von LEGIDA entgegenzusetzen.

Sitzblockaden sind ein legitimes Mittel. Jetzt erst recht!“

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PM: Kritik an Versammlungsverbot – Legida zivilgesellschaftlich, nicht obrigkeitsstaatlich ein Ende setzen!

„Leipzig nimmt Platz“ kritisiert das Versammlungsverbot der Stadt Leipzig am 9. Februar. Das Aktionsnetzwerk stellt sich seit Bekanntwerden gegen die Pläne eines Bündnisses „Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes“. Deswegen ist jeder nicht stattfindende Aufmarsch positiv zu bewerten. Dass Legida nicht läuft, darf jedoch nicht das Resultat eines Eingriffes der Verwaltung in Grundrechte sein.

Bei den vergangenen Demonstrationen ist deutlich geworden, dass in Leipzig ein breiter Widerstand gegen die rassistischen und antidemokratischen Aussagen von Legida besteht. Zu allen Legida-Veranstaltungen wurden durch das Aktionsnetzwerk verschiedene Protest- und Aktionsformen unter der Maßgabe der Gewaltfreiheit koordiniert. „Die immer wieder entschlossene Intervention führte zu einer sichtlich abnehmenden Teilnahme bei Legida. Diese erfolgreiche Strategie wollen wir weiterhin umsetzen“, so Juliane Nagel, Sprecherin des Aktionsnetzwerks.

In Dresden gab es bereits am 19. Januar mit einem Verbot einen schweren Eingriff in die Versammlungsfreiheit. Das darf sich nicht einfach so wiederholen. Auch wenn „Leipzig nimmt Platz“ eine Bedrohungslage durch Hooligans und andere gewaltbereite Legida-Teilnehmer_innen sieht, war ein zu den Legida-Veranstaltungen herangezogenes Aufgebot von teilweise mehr als 5.000 Polizist_innen sachlich nicht notwendig. Die hohe Belastung der Polizei wird vom Aktionsnetzwerk anerkannt, erscheint aber als durch die Staatsregierung herbeigeführt. „Die Lösung kann nicht der fortdauernde Eingriff in Grundrechte sein“, schließt Nagel ab.

„Hier geht’s nur durch, wenn Sie zu Legida wollen“?! – Demobeobachtung am 30. Januar

Nach dem seitens Legida teilweise sehr gewalttätig verlaufenden Aufmarsch am 21. Januar haben uns einige Briefe und Kommentare von Teilnehmer_innen der Proteste erreicht, die sich in ihrem grundgesetzlich verankerten Recht auf freie Meinungsäußerung gegen Legida massiv eingeschränkt sehen. Mehrfach wird davon berichtet, dass Beamt_innen den Weg zu genehmigten Kundgebungen versperrten und keine alternativen Zugänge aufzeigten. Legida-Teilnehmer_innen wurden aber an den mit hohem technischen Aufwand errichteten Polizei-Blockaden durchgewunken. Einzelne Versuche aus dem Gegenprotest, ihrerseits den Zugang zu Legida mit gewaltfreien Sitzblockaden zu versperren, wurden mit Einsatz unmittelbaren Zwangs (das bedeutet: Schläge, Tritte, Pfefferspray) aufgelöst. Dabei kamen auch völlig Unbeteiligte zu Schaden.

Das deckt sich mit Beobachtungen der im Netzwerk Beteiligten. Überdies erschien eine vernünftige Kooperation mit der jeweiligen Einsatzleitung zum Teil unmöglich. So wurden zahlreiche Menschen auch in nächster Nähe nur unter Nennung der exakten Bezeichnung der Kundgebungen durchgelassen. Die offensichtliche Ungleichbehandlung zwischen gleichermaßen angemeldeten und genehmigten Versammlungen veranlasst uns zur Einrichtung einer unabhängigen Beobachtung des Demonstrationsverlaufs. Die Mitglieder des Bundestages Monika Lazar (Bündnis 90/Die Grünen) und Daniela Kolbe (SPD) sowie Holger Mann (SPD) und Marco Böhme (Die Linke) aus dem sächsischen Landtag werden das Verhalten der Polizei sachlich dokumentieren und auswerten.

Die Legida-Demonstration selbst wird durch die Aufspaltung von Pegida in Dresden und die Wahl des Jahrestages der „Machtergreifung“ eine besondere Brisanz erhalten. Auch hier wird es eine aufmerksame Beobachtung geben. Laut dem Leipziger Polizeipräsidenten Bernd Merbitz hatten am vergangenen Mittwoch „die begleitenden Einsatzkräfte eindeutig nicht mit der gebotenen Konsequenz gehandelt.“ Die vielfach belegten Angriffe aus dem Legida-Marsch heraus dürfen sich keinesfalls wiederholen.

Wir wollen und werden uns friedlich widersetzen!

Dokumentiert: Offener Brief an den Oberbürgermeister Burkhard Jung

Sehr geehrter Herr OBM Jung,

am Donnerstag haben Sie die frisch eingebürgerten „Neu-Leipziger angesichts der Legida-Bewegung um Mithilfe“ und „nachbarschaftliche Diskussionen“ gebeten. Als 2006 Eingebürgerte fühle auch ich mich in Anbetracht der aktuellen politischen Geschehnisse angesprochen und möchte Ihnen als politisch Verantwortlichen und nicht meinen Nachbarn mitteilen, was mich bewegt.

Ich lebe seit Dezember 1995 in Deutschland, habe in Leipzig studiert und wurde 2006 eingebürgert, was mit meinem Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung einherging. Nicht, dass ich eine komplett andere Vorstellung von den Idealen des Zusammenlebens hätte, aber so eine Unterschrift tut nicht weh, zumal das Ganze wunderbar klingt: Grund- und Menschenrechte für alle, und alle sind gleich.

Wie weit Theorie und Praxis in Sachsen auseinander klaffen, habe ich in der Vergangenheit bereits mehrfach feststellen müssen. Eine besonders bittere Erfahrung habe ich, wie viele Andere No-Legida-Anhänger_innen, am vergangenen Mittwoch gemacht. An diesem Abend wurden meiner Meinung nach gleich mehrere Grundrechte außer Kraft gesetzt.

Seitens der Polizei wurde mir und Anderen der Zugang zu den Kundgebungen gegen Legida mehrfach verweigert, keiner der Beamt_innen wusste auf die Fragen, wie man denn hinkäme, eine Antwort. Dafür bekamen ich folgende Tipps: „Lesen Sie doch den Live-Ticker der LVZ auf Facebook, die wissen mehr, als wir“, „Wir sind nicht von hier, wir kennen uns nicht aus. Weiter hinten ist eine Schleuse“, „Bleiben Sie doch zu Hause“ und „Gehen Sie doch zurück auf Ihre Couch“. Und so weiter, jeder Straßenzug „weiter hinten“ ist ein Polizeiwagenplatz, seit Stunden kein Weiterkommen in diesem Labyrinth. Als wäre dieser Umstand nicht frustrierend genug, wurden vor meinen Augen Legida-Anhänger_innen von der Polizei zu ihrer Demonstration durchgelassen, auch über die Köpfe der friedlichen Sitzblockade hinweg- im wahrsten Sinne des Wortes. Gegendemonstrant_innen wurden dagegen an der Wahrnehmung des entsprechenden Grundrechts von der Polizei gehindert, bedrängt und von der Polizei eingekesselt. An diesem Abend galt das Grundrecht auf die Versammlungsfreiheit wohl nur für die Legida-Anhänger_innen. Das ist nicht hinnehmbar und erschreckend.

Mehr als Sorgen machen mir die Berichte über die Untätigkeit der Polizist_innen bei tätlichen und verbalen Angriffen gegen Journalisten und No-Legida-Anhänger_innen, Vermummungen, Hitlergrüßen und Verwendung von anderen verfassungswidrigen Zeichen aus den Reihen von Legida. Während die einen ihr Grundrecht in einem scheinbar rechtsfreien Raum wahrnehmen konnten, durften sich die Anderen nicht einmal frei bewegen.

Herr Jung, bitte erklären Sie mir, wie sich diese Zustände mit den Prämissen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung vereinen lassen. Ich verstehe es nicht bin zutiefst enttäuscht.

Für Ihre Antwort bedanke ich mich im Voraus und stehe Ihnen für Rückfragen gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
A. K.

Leipzig, 24.01.15