Bauernproteste und Versammlungsrecht

Angesichts der heutigen Proteste in der Leipziger Innenstadt ausgehend
von verschiedenen Bauernverbänden zieht das Aktionsnetzwerk „Leipzig
nimmt Platz“ Bilanz. Der Versuch rechter Akteur*innen, die Proteste zu
vereinnahmen oder gar von einem Generalstreik zu sprechen, ist
gescheitert. Dennoch ist offensichtlich, dass extreme Kräfte versuchen,
die Proteste zu nutzen. In Leipzig etwa rief die Gruppe „Engelsdorf
steht auf“, die mutmaßlich vom rechtsradikalen AfD Stadtrat Marius Beyer
geleitet wird, ebenfalls zum Protest auf. Die Gruppe, welche sich in der
Corona-Zeit gründete, hatte vorher auch schon zum Protest gegen
Geflüchtetenunterkünfte aufgerufen. Auch die sogenannte „Bewegung
Leipzig“, die ebenfalls im rechten Spektrum einzuordnen ist, versucht
nunmehr mittels des neuen Themas an Einfluss zu gewinnen. Seit längerer
Zeit beteiligten sich an deren Montagsabendsaufzug auch eine Gruppe
jugendlicher gewaltorientierter Neonazis, die vermummt auftreten. Im
Verlaufe des Tages waren an einigen Autos auch eindeutig rechte Symbole
zu sehen.

„Es ist der extremen rechten Szene nicht gelungen, die Proteste in ihrem
Sinne zu vereinnahmen. Allerdings ist es umso notwendiger, dass sich
auch die Bauern klar in einem demokratischen Rahmen bewegen und Versuche der Einflussnahme von Rechtsextremen klar zurückweisen. Gerade in den Verlautbarungen der Landesbauernverbände ist erkennbar geworden, dass man sich mit klaren Abgrenzungen aber schwertut. So berechtigt die Proteste auch sind, so wenig dürfen sie zur Spielwiese für
Verfassungsfeinde werden. Die Rechten versuchen hier immer wieder, ein
Bürgerkriegsszenario heraufzubeschwören und es sollte jedem klar sein,
dass es ihnen nicht um die Bauern geht, sondern um einen rechten
Systemsturz“, so Jürgen Kasek für das Netzwerk.

Irena Rudolph-Kokot ergänzt zum Versammlungsgeschehen: „Wir haben zur Kenntnis genommen, dass der CDU Innenminister ebenfalls seine Liebe zu Blockaden und Störung der öffentlichen Ordnung entdeckt hat, jedenfalls
dann, wenn es ins Kalkül passt. Als Innenminister ist eine Person, die
angesichts der eigenen politischen Überzeugung Proteste verurteilt oder
Blockaden lobt, ungeeignet. Ebenso ist auch überraschend, dass Christdemokraten auf einmal Staus auf dem Leipziger Innenstadtring aktiv provozieren und dass es seitens der Polizei oder des Ordnungsamtes keinerlei Einschränkungen gibt. Insbesondere die Leipziger Versammlungsbehörde, die noch immer mit Argusaugen Auflagen zur Lautstärke und dem Verkehr erlassen hat, scheint sich nicht daran zu stören, wenn die Anwohner*innen des Leipziger Rings und dort Arbeitende über einen ganzen Tag mit einem Hupkonzert beschallt werden und der sonst so geschützte Verkehr stellenweise komplett zum Erliegen kommt. Das Ordnungsamt muss sich die Frage gefallen lassen, ob man das Versammlungsrecht wirklich unvoreingenommen auslegt.“

Klares Zeichen für Menschlichkeit und gegen Hass in Leipzig Paunsdorf

Heute sind 250 Menschen dem Aufruf des Aktionsnetzwerks „Leipzig nimmt Platz“ gefolgt und haben friedlich für das Grundrecht auf Asyl, für ein solidarisches, vielfältiges Leipzig und gegen die Hetze der AfD demonstriert. Es gab Redebeiträge von der Seebrücke, den Eltern gegen Polizeigewalt und Politiker*innen der Parteien Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen und der SPD.

Dazu erklärt Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk: „Die blau-braune Partei hat zur Hetze gerufen und eine Abordnung des neonazistischen Dritten Weges kam und demonstrierte mit. Damit muss auch dem letzten vermeintlich aus Protest die AfD wählenden klar sein, dass diese Partei eine von Faschist*innen ist. Die substanzfreie Hetze dauerte dann ganze 45 Minuten. Der geplante Spaziergang fand nicht statt. Dafür waren neben den Neonazis des Dritten Weges auch Erhard Kaiser, eine alte Legidabekanntschaft, sowie Anja Tobias und Peter Trautmann, also eine schwurbelig rechtsdrehende Melange, vor Ort.“

Jürgen Kasek, Stadtrat von Bündnis 90/Die Grünen, ergänzt: „Die AfD will keine Lösung anbieten, sondern bietet Sündenböcke und verbreitet Hass auf Schwächere. Dass man dazu im Ernstfall mit militanten Neonazis zusammenarbeitet, wie dem Dritten Weg, und bei den Kundgebungsteilnehmern etliche zum Teil vorbestrafte Neonazis sind, passt ins Bild einer Partei, die keine Lösung hat, außer dem Abwärtsvergleich, und diese Gesellschaft spaltet.“

Juliane Nagel, MdL und Stadträtin, DIE LINKE stellt klar: “Ich freue mich, dass sich viele Paunsdorfer*innen nicht von der rassistischen Hetze der AfD beirren lassen haben, die AfD, die keine Scham zeigte, die Neonationalsozialisten der Kleinstpartei “III. Weg” in ihren Reihen zu dulden. Wir müssen gerade jetzt deutlich machen, dass Migration und Flucht keine Probleme sind, sondern wir ohne Wenn und Aber zum Recht auf Asyl stehen. Dazu gehört aber auch eine menschenwürdige Unterbringung der Schutzsuchenden und eine gute Informationspolitik der Stadt Leipzig. Hier ist definitiv noch Luft nach oben. Wir werden rassistischer Hetze gegen Geflüchtete immer wieder entgegentreten, aber auch im Alltag Unterstützung für ein gutes Ankommen geben.”

Foto: Ferdinand Uhl 

Solidarisch gegen den AfD-Bundesparteitag in Magdeburg! – Anreise aus Leipzig

Am Samstag, den 29. Juli 2023, ruft das Aktionsnetzwerk zur gemeinsamen
Anreise aus Leipzig zum Protest gegen den AfD-Bundesparteitag in
Magdeburg auf.

Der Treffpunkt ist 9:50 Uhr am Gleis 10 auf dem Hauptbahnhof Leipzig.
Die Abfahrt des Zuges ist 10:04 Uhr. Es wird dank Spenden eine begrenzte
Anzahl an Soli-Tickets geben.

In Magdeburg startet 12:00 Uhr eine Demonstration unter dem Motto „Nazis wegbassen 2.0“ direkt am Hauptbahnhof. Diese führt durch die Innenstadt und mündet in eine zentrale Protestkundgebung mit Open-Air-Konzert.

Zur gemeinsamen Anreise erklärt Irena Rudolph-Kokot für das
Aktionsnetzwerk: „Für uns ist es wichtig, in Zeiten, da die Partei des
Hasses und der Hetze, vor allem im Osten der Republik, viel zu hohe
Umfragewerte erzielt, sich dieser Entwicklung klar entgegenzustellen und
neben der klaren Haltung auch den Widerspruch auf die Straße zu tragen.
Dafür schließen wir uns dem Aufruf vom Bündnis solidarisches Magdeburg
an und rufen auf, mit uns zu den Protesten zu fahren.“

Marco Böhme, MdL Die Linke Sachsen, ergänzt: „Wir werden dem
blau-braunen Hass eine bunte und solidarische Demonstration
entgegensetzen. Denn die AfD stellt sich tagtäglich gegen die
Schwächsten in unserer Gesellschaft, sie steht für Ausgrenzung und
Sozialabbau. Das lassen wir nicht unkommentiert und streiten für
Vielfalt und Solidarität in unsere Gesellschaft.“

Mats Rudolph von den Jusos Leipzig führt weiter aus: „Gerade jetzt, wenn
auch die Brandmauer der CDU gegen rechts bröckelt, müssen alle
anständigen Demokrat*innen gemeinsam gegen den Rechtsruck ankämpfen.
Dazu gehört es auch, die eigenen Positionen und Forderungen auf die
Straße zu tragen.“

Abschließend erklärt Katrin Saborowski von den „Eltern gegen
Polizeigewalt“: „Wir wollen für unsere Kinder eine Welt frei von
Rassismus, Chauvinismus, Hass und Hetze. Deswegen müssen wir uns
gemeinsam der Partei, die genau das verkörpert, entgegenstellen. Wir
stehen für Gerechtigkeit, Gleichberechtigung und Solidarität. Fahrt mit
uns am 29.Juli nach Magdeburg!“

Grundrechte gelten auch in Leipzig!

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ ruft nach den Ereignissen der
vergangenen Tage dazu auf, für unsere Grundrechte, die massiv
beschnitten wurden, auf die Straße zu gehen. Wir starten 18:30 Uhr am
Alexis- Schuhmann-Platz.

Dazu erklärt Jürgen Kasek : “Seit Mittwochnacht galt in Leipzig eine
Allgemeinverfügung, die faktisch zu einem kompletten Verbot von
Versammlungen bis zum Sonntag führte. Als versucht wurde, am Sonnabend eine Versammlung in Leipzig, die vorher angezeigt und beauflagt war, durchzuführen, endete dies in einer gewollten Eskalation der Exekutive und für 1000 Menschen in einem Polizeikessel. Politische Äußerungen wurden durch die Polizei für nicht zulässig erklärt. Dass in dem
Polizeikessel auch Minderjährige waren, hat offenbar genauso wenig
interessiert, wie der Umstand, dass es für die Betroffenen weder Essen
noch Trinken gab und auch keine adäquate Kleidung bei einer Gesamtzeit
von bis zu 11 Stunden.

Irena Rudolph-Kokot ergänzt für „Leipzig nimmt Platz“: „Eindrücklich hat
Sachsen gezeigt, dass man im Ernstfall darüber entscheidet, wer, wann
und unter welchen Voraussetzungen demonstrieren darf. Eine Reihe von
Grundrechten, auch von Betroffenen, wurden außer Kraft gesetzt. Die
Eskalation war gewollt und akribisch vorbereitet. Der Rechtsstaat hat
kapituliert. Der Rechtsstaat hat nicht etwa vor der Gewalt der Straße
kapituliert, sondern in Annahme, dass es diese Gewalt geben könnte,
dafür gesorgt, dass elementare Grundrechte in der Demokratie faktisch
ausgesetzt waren. Im Zweifelsfall ist die Bratwurst auf dem Rummel
wichtiger als Meinungs- und Versammlungsfreiheit, vor allen Dingen dann,
wenn emanzipatorische und zivilgesellschaftliche Kräfte aufrufen.“

„Viele Menschen haben in den letzten Tagen staatliche Gewalt erfahren
und auch am Sonntag wurde in der Annahme, dass eine Demonstration gegen eben diese Gewalt Grundlage für neue Gewalt seitens der Demonstrierenden sein könnte, mit verboten. Das ist kein Rechtsstaat mit klarer Trennung der Teilgewalten mehr. Die Exekutive forciert offen die Wandlung in einen autoritären Staat. Vor diesem Eindruck rufen wir alle auf, die von Polizeigewalt betroffen waren, die mit uns zusammen wütend sind, auf die Straße zu gehen. Gewaltfrei – aber in der Sache entschlossen“, so Kasek und Kokot abschließend.

Beschränkungsbescheid_SayitLoud_03.06.2023

Auswertung des 1. Mai 2023 in Leipzig.

Pressemitteilung des Aktionsnetzwerks „Leipzig nimmt Platz“

Die Folgen des 1. Mai

Am 1. Mai 2023 wurden mehr als 100 Personen, die sich an den Protesten gegen einen Aufzug von Rechtsradikalen beteiligten, erkennungsdienstlich behandelt. Nach Auswertung der Gedächtnisprotokolle und Videoaufnahmen lässt sich feststellen, dass ein Großteil der Maßnahmen rechtswidrig war. Unter den Betroffenen waren auch Jugendliche, von denen ohne Einverständnis der Eltern Bilder angefertigt wurden, ein Pressevertreter, der kein Demonstrationsteilnehmer war und deswegen gar nicht hätte behandelt werden dürfen.

Dazu erklärt Jürgen Kasek, Jurist, für das Netzwerk: „Auch eine sogenannte Sitzblockade kann unter den Schutz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit fallen, wie das Bundesverfassungsgericht und etwa auch das OVG in Münster immer wieder betont haben. Entweder hätte daher beim Versuch die Versammlung anzumelden, den es unbestritten gab, diese nach § 15 SächsVersG beauflagt oder aufgelöst werden müssen, was nicht geschehen ist. Wenn die Behörde zur Einschätzung kommt, dass es keine Versammlung ist, wäre es als unerlaubte Ansammlung zu werten, nach §113 OWiG, mit dem Ergebnis, dass es eine 3dreimalige Aufforderung zur Entfernung hätte geben müssen, die es ebenfalls nicht gab. Das ganze Vorgehen war nach rechtsstaatlichen Grundsätzen problematisch.“

Irena Rudolph-Kokot ergänzt für „Leipzig nimmt Platz“: „Unser Eindruck ist, dass hier mit repressiven Mitteln einmal mehr ein Exempel statuiert werden sollte, um die Proteste gegen einen Aufzug von Rechtsradikalen und Reichsbürgern zu kriminalisieren. Dies ordnet sich ein in eine Welle der Repression gegen Klimaschützer*innen und aktive Demokrat*innen, die sich antifaschistisch engagieren und gegen rechte Aufzüge protestieren. Ganz offensichtlich arbeiten hier die Staatsanwaltschaft und das Landeskriminalamt nicht an der Aufklärung von Straftaten, sondern betätigen sich als Gesinnungsjustiz, die in einer Demokratie notwendigen Widerspruch gegen Rechtsextremismus versucht zu kriminalisieren. Klagen gegen dieses rechtswidrige Vorgehen sind notwendig.“

Auswertung des 1. Mai 2023 in Leipzig.

Nach der Auswertung mehrerer Gedächtnisprotokolle lässt sich das Geschehen folgend rekonstruieren.

Sachverhalt: Kurz nach 17 Uhr sammelte sich der Aufzug der „Patriotischen Stimme Deutschlands“ auf der südlichen Seite des Augustusplatzes und machte sich abmarschbereit. Es handelt sich dabei um ca. 70 Personen, die zum Teil nicht aus Leipzig kommen. Darunter sind Vertreter aus Thüringen, sowie mehrere einschlägig vorbestrafte Neonazis. Ein Teilnehmer trägt einen Pullover mit der Aufschrift „Auch ohne Sonne braun“. Bereits gegen 16 Uhr hatte sich eine ca. 20 Personen große Gruppe auf dem Augustusplatz eingefunden und neben Reichsfahnen auch mindestens eine NPD-Fahne mitgeführt.

Bereits kurz vor 18 Uhr kam es in der Prager Str. zu einer Sitzblockade, die allerdings nach einer Ermahnung durch die Teilnehmenden selbstständig aufgelöst wurde.

Gegen 18 Uhr bildete sich eine zweite Sitzblockade auf Höhe Prager Str. / Talstraße mit ca. 100 Personen. Polizei war zu diesem Zeitpunkt nicht vor Ort. Gegen 18:20 Uhr wurden die auf der Straße sitzenden Personen von mehreren BFE-Beamten kommentarlos abgefilmt. Aufforderungen, die Straße zu verlassen, erfolgten nicht. Die Versammlungsbehörde war nicht vor Ort. Gegen 18:30 erfolgte die Entscheidung, dass die rechte Demonstration wieder umkehrt. Gleichzeitig näherten sich mehrere Züge der Bereitschaftspolizei und begannen die Sitzenden zu umschließen.

Eine Person versuchte daraufhin die Versammlung bei der Versammlungsbehörde anzumelden. Die Versammlungsbehörde war zwar mit zwei Personen vor Ort und nahm die Versammlung auf, geht dann aber plötzlich.

Nachdem gegen 18:40 Uhr weitere Züge der Bereitschaftspolizei eintrafen und es unklar war, ob die Versammlung angemeldet werden konnte und wie der rechtliche Status war, versuchten mehrere Personen den Bereich zu verlassen und wurden von den Beamten wieder in den Kessel zurückgeschickt. Weiterhin gegen 18:40 Uhr erfolgte die Durchsage der Polizei, dass sich die Personen strafbar gemacht hätten und nunmehr Maßnahmen der Identitätsfeststellung erfolgen sollen. Eine Aufforderung sich zu entfernen und die Straße zu räumen hat es zu keinem Zeitpunkt gegeben.

Die Maßnahmen starteten schließlich gegen 19:10/19:20 Uhr. Die Teilnehmenden berichten übereinstimmend, dass sie keine Kenntnis vom rechtlichen Zustand der Versammlung hatten. Offenbar wurde die Person, die anmelden wollte, durch die Versammlungsbehörde vertröstet bzw. hingehalten.

Ein Beamter gab im Gespräch mit einer betroffenen Person an, dass offenbar bereits nach der ersten Sitzversammlung vorher, durch die Versammlungsbehörde die Entscheidung gefallen sei, jede weitere Sitzversammlung als Verhinderungsblockade und Straftat zu bewerten. Verschiedentlich wurde den Betroffenen unterstellt, dass sie ja bereits vorher an einer Versammlung teilgenommen hätten und es daher keiner weiteren Aufforderung zur Entfernung bedurfte.

Die Polizeibeamt*innen räumten ein, dass es keine Aufforderung zur Entfernung gegeben hatte. Im Anschluss wurden von allen Personen die Personalien aufgenommen, wobei mindestens zwei Personen Handschellen angelegt wurden. Zusätzlich wurden Fotos gefertigt. Eine Begründung dafür erfolgte nicht, es handle sich um Vergleichsfotos. Dabei wurden auch Fotos von Minderjährigen gemacht, gegen deren ausdrücklichen Willen, ohne dass die Erziehungsberechtigten vorab informiert wurden.

Nach Durchführung der Maßnahmen wurden den Personen zudem Platzverweise ausgesprochen, und zwar ab 20 Uhr und damit zu einem Zeitpunkt, indem bereits klar war, dass keine andere Versammlung an diesem Tage mehr stattfinden würde. Die Platzverweise waren zum Teil auf das komplette Gebiet der Innenstadt beschränkt, zum Teil auch nur auf einen Bereich aus 200 m am Ring. Ein einheitliches Vorgehen scheint es nicht gegeben zu haben. Während der Maßnahme waren auch Beamte mit Maschinenpistole anwesend.

Rechtliche Bewertung:

Eine Versammlung liegt nach dem sächsischen Versammlungsgesetz vor, als Ausformung des Gesetzesvorbehaltes von Art. 8 II GG vor, wenn mindestens 2 Personen mit dem Ziel der gemeinsamen Meinungskundgabe zusammenkommen.

Die rechtliche Bewertung von Sitzblockaden hängt sehr stark von den genauen Umständen des Einzelfalls ab und reicht von völlig legal über die Begehung einer Ordnungswidrigkeit bis hin zur Begehung einer Straftat. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschied 2011, dass Sitzblockaden grundsätzlich eine friedliche Zusammenkunft mehrerer Personen zur gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichtete Kundgebungen sein können, die als solche in den Schutzbereich des Grundrechts der Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 Absatz 1 Grundgesetz (GG) fallen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. März 2011 – Az.: 1 BvR 388/05). Dieser Schutz endet grundsätzlich, wenn es bei der Versammlung zu kollektiver Unfriedlichkeit kommt, was nach der Rechtsprechung des BVerfG jedoch noch nicht allein dadurch vorliege, dass „es zu

Behinderungen Dritter kommt, seien diese auch gewollt und nicht nur in Kauf genommen“ (ebd.).

Der Schutz der Versammlungsfreiheit endet ferner mit der rechtmäßigen Auflösung der Versammlung (bzw. Sitzblockade), was nach § 15 Absatz 3 Versammlungsgesetz (VersG) den Erlass einer Auflösungsverfügung durch die zuständige Behörde (in aller Regel die Ordnungs- bzw. Polizeibehörde) voraussetzt (siehe Details unten). Wer nach der Auflösung und (oftmals mehrfacher) Aufforderung, sich zu erheben und den Ort zu verlassen, weiterhin an der Sitzblockade teilnimmt, überschreitet in der Regel zumindest die Grenze zur Begehung einer Ordnungswidrigkeit.

In einem vergleichbaren Fall 2016 hatte die Versammlungsbehörde zunächst beschieden, dass nur eine Straßenseite genutzt werden dürfe und dann mehrfach durchgesagt, dass die Personen die Straße verlassen sollten. Im Nachgang wurden dann annähernd 140 Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz als Ordnungswidrigkeit behandelt.

Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft, die zum Teil nur eine Ordnungswidrigkeit angenommen hatte und in einigen wenigen Fällen bei Vorstrafen von einer Straftat ausgegangen war, hatte das Landgericht Leipzig scharf gerügt. Auch das Verwaltungsgericht Leipzig hatte das Vorgehen kritisiert, da vor Ort unklar blieb, ob die Versammlung aufgelöst wurde oder nur mit Auflagen beschieden wurde.

Aktuell hat es zu keinem Zeitpunkt eine rechtlich nachvollziehbare Bewertung gegeben. Selbst, wenn die Versammlungsbehörde davon ausgeht, dass keine Versammlung vorliegt, muss dies den Teilnehmenden mitgeteilt werden, damit diese im Einzelfall die Möglichkeit haben, sich zu entfernen. Eine grobe Störung einer angemeldeten und nicht verbotenen Versammlung lag zum genannten Zeitpunkt nicht mehr vor, da die rechte Demonstration bereits vorher umgekehrt war und die Umschließung erst erfolgte, nachdem diese bereits umgekehrt war.

Auch die erteilten Platzverweise sind bei rechtlicher Bewertung nicht haltbar. Platzverweise sind eine Maßnahme der Gefahrenabwehr, geregelt im SächsPVDG. Sie müssen zeitlich und örtlich begrenzt sein und dienen zur Abwehr einer akuten Gefahr. Grundsätzlich kommt zwar bei Versammlungslagen auch der Ausspruch von Platzverweisen in Betracht, allerdings nur solange eine Gefahr besteht. Zum maßgeblichen Zeitpunkt war aber auch die zweite Versammlung am Augustusplatz bereits beendet, sodass sich eine Gefahr nicht ohne weiteres begründen lässt.

Grundlage für die Fotoaufnahmen können § 81b und § 100h StPO sein. Dann müsste es sich um Bildaufnahmen handeln, die für das Strafverfahren oder die erkennungsdienstliche Behandlung notwendig sind. Soweit die Betroffenen sich ausweisen können, scheiden aus Gründen der Verhältnismäßigkeit weitere Maßnahmen zur Identitätsfeststellung (erkennungsdienstliche Behandlung) aus. Auch hinsichtlich des Strafverfahrens bestehen erhebliche Zweifel, da die Personen alle in einem Kessel angetroffen wurden und dort bereits videografisch in der Gruppe festgehalten wurden. Auf Einzelbildaufnahmen, die zudem ein Grundrechtseingriff sind, kommt es an dieser Stelle nicht mehr an.

Weiterhin sind erkennungsdienstliche Maßnahmen bei Minderjährigen, ohne die Eltern einzubeziehen, rechtswidrig. Diese kommen nur dann auch gegen den Willen des Minderjährigen in Betracht, wenn die Erziehungsberechtigten nicht zu erreichen sind. Dann sind diese allerdings unverzüglich danach in Kenntnis zu setzen. Auch dies ist nicht passiert.

Fazit:

Unterstellt man, dass Maßnahmen der Strafverfolgung nur in Abstimmung mit der Staatsanwaltschaft zustande kommen, wird man festhalten müssen, dass es nach dem konkreten Geschehensablauf offenbar das Ziel war, hier die Betroffenen auf rechtlich fragwürdiger Grundlage Maßnahmen zu unterziehen. Offenbar war auch das LKA einbezogen.

Weder gab es eine Aufforderung zur Entfernung von der Versammlung, noch wurde durch die Versammlungsbehörde oder Polizei klar kommuniziert, dass die Personen auf der Straße aktuell eine Straftat begingen. Die Anwendung der Grundregeln des Versammlungsrechts wurden gänzlich missachtet.

Da mindestens ein Pressevertreter mit entsprechendem Ausweis ebenfalls einer Maßnahme unterzogen wurde, wurde zudem auch Art. 5 Abs 3 GG verletzt.

In rechtlicher Hinsicht stellt das Vorgehen der Ermittlungsbeamten der Staatsanwaltschaft (Polizei) und der Versammlungsbehörde einen Grundrechtsbruch in ungewöhnlich großem Ausmaß dar. Der Verdacht, dass es hier vor allen Dingen um Maßnahmen der Abschreckung ging, drängt sich förmlich auf und ordnet sich der Aussage zu, die der Leiter des Landeskriminalamtes getroffen hat, und zwar, dass man verstärkt gegen „Linksextremismus“ vorgehen wolle.

 Rechtlich betrachtet war das Vorgehen in vielerlei Hinsicht ein Offenbarungseid.

Hindernislauf für Nazis. Erfolgreicher Bass gegen Hass.

Am gestrigen Montag rief das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ zu
einer Demonstration auf. Der Aufzug lief tanzend aus dem Leipziger Süden
in die Innenstadt, wo entschlossener Protest gegen die rechte Melange
geübt wurde.

Dazu erklärt Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk: „Das aktive
Platznehmen war heute erfolgreich, und zwang das rechte Sammelsurium zum
Stop-and-Go und Änderungen der Streckenführung. Die Radikalisierung
dieses Auflaufs schreitet auch weiter voran – Zulauf aus dem Spektrum
der ehemals Partei Neue Stärke, der NPD zuzurechnende Slogans und
natürlich wie immer ein reichsbürgeraffines Fahnenmeer.“

Katrin von „Omas gegen Rechts“ ergänzt: „Der Umgang der Polizei mit den
Versammlungen war zum Teil verstörend. Zu einer Sitzversammlung, die
sich spontan auf dem Dittrichring einfand, wurde die Versammlungsbehörde
gar nicht erst gerufen. Die Polizei übernahm, ohne eine
Ersatzzuständigkeit zu haben (die Operativgruppe des Ordnungsamtes der
Stadt Leipzig war im Dienst), einfach den Job der zuständigen Behörde.
Die sich im Versammlungsrecht wähnenden Teilnehmenden wurden kurzerhand
gekesselt und danach Identitätsfeststellungen unterzogen. Dabei wurden
unverhältnismäßig Schmerzgriffe eingesetzt, obwohl alle erklärten
freiwillig mitzugehen. Wieder traf es überwiegend sehr junge Menschen.
Wir werden uns gegen die erneut erfolgte Kriminalisierung mit
juristischem Beistand wehren!“

„Wir danken allen Antifaschist:innen, die dafür gesorgt haben, den
Widerspruch deutlich zu formulieren und Melena für die bassige
musikalische Begleitung des Aufzuges. Auch kommende Woche werden wir
alle Menschen wieder aufrufen, mit uns gemeinsam der rechten Melange zu
widersprechen. Leipzig bleibt stabil!“, so Rudolph-Kokot abschließend.

Stellungnahme von Leipzig nimmt Platz zu „Leipzig leuchtet“

 

Am 30.01.2022 fand die von einem breiten Bündnis getragene Aktion „Leipzig leuchtet“ statt, in der das Aktionsnetzwerk eingebunden war. Wir wollen mit diesem Statement eine solidarische, aber kritische Diskussion anstoßen. Insbesondere nach der Diskussion um einen Redebeitrag des StuRa, hinter den wir uns solidarisch stellen.

Eigene Fehler.
Kritik sollte zunächst eigenes Handeln kritisch reflektieren. Als Aktionsnetzwerk ist es uns nicht gelungen, vorhandene Kritik und Vorschläge stärker in die Vorbereitung einzubringen. Wir versäumten es, die jetzt notwendigen Kritikpunkte im Vorfeld zu klären. Bei den Planungsprozessen brachten wir inhaltlich nicht genug ein. Dies wäre notwendig gewesen, da uns bekannte Gruppen aus der rechtsoffenen Verschwörungszene dazu aufgerufen hatten, die Veranstaltung zu unterwandern. Wir hätten unser Wissen im Umgang mit Versammlungen und den Umgang mit Störversuchen stärker im Vorfeld einbringen können und müssen.

Im Nachhinein den Finger zu heben, ist leicht. Notwendig wäre aber ein Handeln gewesen, das Probleme antizipiert und Fehler schon in der Vorbereitung ausschließt. Leider gelang uns das nicht in einem akzeptablen Maß.

Anspruch und Wirklichkeit.
Grundsätzlich ist es notwendig und richtig in breiten Bündnissen mit unterschiedlichen Vorstellungen gemeinsame Nenner zu suchen, um gemeinsam auch gegen menschenfeindliche Einstellungen handlungsfähig zu sein. Diese Brücken von Gewerkschaften, über Parteien bis hin zu Initiativen und emanzipatorischen Gruppen und Vereinen zu schlagen, ist mitunter mühevoll, nicht frei von Spannungen, aber zwingend notwendig.
Im Vorfeld von „Leipzig leuchtet“ ist es aus unserer Sicht nicht ausreichend deutlich geworden, dass ein breiter Brückenschlag gesucht wird und eben nicht nur das sogenannte bürgerliche Spektrum mobilisiert werden soll. Auch der Anspruch, am 90. Jahrestag der Machtübernahme der NSDAP ein Zeichen zu setzen, ist nur teilweise erfüllt worden. Dennoch gab es viele gute Redebeiträge.

Unbehagen.
So wichtig wie es ist, stellenweise gemeinsam zu agieren, so deutlich muss auch die Kritik ausfallen, wenn Personen die Aktion für sich nutzen dürfen, die sonst eher damit auffallen, antifaschistischen Gegenprotest zu kriminalisieren oder zu kritisieren – also gerade der Ministerpräsident, der mit seinem Handeln in den letzten Jahren auch zur Etablierung von rechten Einstellungen in Sachsen beigetragen hat. Positiv herauszuheben ist, dass auf der Bühne mit den Vertreterinnen des Stadtschüler:innenrates und des Student:innenrates, die junge Generation vertreten war und auch die migrantische Perspektive einbezogen wurde. In diesem Zusammenhang stehen wir auch solidarisch an der Seite des Student:innenrates der Uni Leipzig, dessen Rednerin aus unserer Sicht zu Unrecht für ihren Beitrag kritisiert wurde. Wir verstehen, dass dieser Redebeitrag für einige verstörend wirkte. Aber er spiegelt das Grundgefühl vieler junger Menschen wieder, die das Zitat der Auschwitz Überlebenden Esther Bejarano wieder, dass wer gegen Nazis kämpft sich auf den Staat nicht verlassen kann, mit eigenen Erfahrungen teilen. Für viele junge Menschen, die Montags auch gegen rechte Raumnahmen demonstrieren ist übergriffiges Verhalten von Polizeibeamten Realität, verbunden mit dem Gefühl im Ernstfall nicht geschützt zu werden.

Das auszuklammern, was ist, und sich gegebenenfalls zu distanzieren, nur weil man die Wahrnehmung nicht teilt, verprellt auch diese Menschen, die sich für Menschenrechte und Demokratie engagieren.

Wir verstehen auch die notwendige radikal emanzipatorische Kritik, dass man nicht Seite an Seite mit Menschen stehen will, die mit ihren einseitigen Gesprächsangeboten an Verschwörungsfreund:innen und rechte Demagog:innen immer wieder menschenfeindliche Aufwallungen in Sachsen letztlich legitimiert haben.

Kritik.
Der notwendige Bruch muss kommen, wenn rechte Gruppen, wie geschehen, zur Teilnahme aufrufen und versuchen, die Demonstration zu kapern. Mit Menschen, die montäglich mit Reichsfahnen über den Ring laufen, antisemitische Erzählungen verbreiten und meinen, dass wir in einer Diktatur seien und sie deswegen die eigentlichen „Antifaschisten“ wären, weil dieser Staat bereits „faschistisch“ sei, kann und darf es keinen Frieden geben. Allein schon deshalb nicht, weil damit auch die Shoah verharmlost wird. Die Toleranz darf nicht der Intoleranz weichen.

Notwendig wäre es daher gewesen, die Versuche von rechten Gruppen, am Geschehen teilzunehmen, konsequenter zu unterbinden und Ordner darauf hinzuweisen. Dass rechte Streamer ungestört vor der Bühne filmen und Verschwörungsfans ohne Widerspruch teilnehmen konnten, muss daher denjenigen, die montags – allein gelassen von breiten Teilen der Zivilgesellschaft – den Protest organisieren, wie ein Schlag ins Gesicht vorkommen.
Rechte Gruppen und Personen konnten glücklicherweise keine wirkmächtigen Bilder produzieren. Dies darf uns aber nicht ausreichen.

Es ist leicht als Angehöriger der weißen Mehrheitsgesellschaft darüber hinweg zu sehen, dass rechte Personen teilgenommen haben und zu begrüßen, dass es keine Störungen gab. Für Menschen, die nicht Teil dieser Mehrheitsgesellschaft sind, weil sie rassifiziert werden, war es ein Problem. Dabei wäre diese Perspektive zwingend erforderlich. Auch wir sind hier immer noch lernende und umso wichtiger ist es daher marginalisierten Gruppen mehr Raum zu geben und ernst zu nehmen, was sie sagen. Teil 2/2

Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“
www.platznehmen.de

Gerade jetzt: Verantwortung übernehmen.

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ beteiligt sich am 9. November an der Stolpersteine-Putz-Aktion und ruft zur Beteiligung auf.

Dazu erklärt Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk: „Die derzeitige Entwicklung macht uns betroffen und wütend zugleich. Wieder gibt es Brandanschläge auf Unterkünfte für Geflüchtete, wieder gehen Menschen für nationalegoistische Interessen auf die Straße und wieder nutzen Rechte Kräfte die Krisenlage im Land für sich aus. Gerade jetzt ist es mehr denn je wichtig zu erinnern und zu mahnen.“

Henry Lewkowitz, Vorsitzender des Vereins Leipzig. Courage zeigen ergänzt: „Die tragischen Schicksale der Menschen, die symbolisch hinter den Stolpersteinen stehen, mahnen uns nicht nur die NS- Verbrechen nicht zu vergessen, sondern auch in der Gegenwart aktiv für Weltoffenheit und Zivilcourage einzustehen. Daher putzen wir die Stolpersteine auch am 9. November.“

Der Erich-Zeigner-Haus e. V. organisiert, wie in jedem Jahr, das Putzen der mittlerweile über 660 Stolpersteine an 220 Orten in Leipzig. Alle Informationen und noch offene Orte sind unter https://erich-zeigner-haus-ev.de/neunter-november/ zu finden.

Das Aktionsnetzwerk wird gemeinsam mit Leipzig. Courage zeigen e.V. am 9. November,  17:00 Uhr in der Pfaffendorfer Straße 18 die Stolpersteine von Anna und Bernhard Landesberg und 17:30 in der Pfaffendorfer Straße 52 die von Familie Kalter putzen und gedenken. Dazu laden wir alle Interessierten herzlich ein, rufen aber auch dazu auf, sich für noch offene Stolpersteine beim Erich-Zeigner-Haus e.V. zu melden.

Nachdem die Neue Rechte den Ring 2020 noch freiprügeln musste, wird er 2022 von der Stadt Leipzig geschenkt

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ sagt aufgrund der behördlichen Entscheidungen fast alle angezeigten Versammlungen ab und ruft am 7. November zum aktiven Protest gegen den von rechten Akteuren geplanten Aufmarsch um den Ring auf, der vorbei an Stolpersteinen führt. Zentraler Ort ist 18:30 Uhr am Augustusplatz vor dem Paulinum der Universität.

Zur aktuellen Entscheidung der Behörde und dem geplanten Protest erklärt Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk: „Erst auf öffentlichen Druck hin hat die Versammlungsbehörde die Fackeln beim rechten Aufmarsch verboten. Allerdings darf die rechte Melange in der Gedenkwoche um den 9. November direkt an den Stolpersteinen auf dem Dittrichring laufen. Eine Versammlung des Aktionsnetzwerks wurde wegbeauflagt zu Gunsten des rechten Aufzugs, genau wie auch auf der Goethestraße am Mahnmal an ‘Porajmos’. Die Rechtsblindheit der Behörde ist nahezu unerträglich.“ Mit Porajmos wird in Romanes der Genozid („das Verschlingen“) an den Sinti und Roma während der Zeit des Nationalsozialismus bezeichnet.

Markus Röder stellt klar: „Die Versammlungsbehörde hat alles getan, um die Neonazis laufen zu lassen. Die rechte Daueranmeldung ohne Zusammenhang zum Ring wurde wiederholt höhergestellt als der Protest des Aktionsnetzwerks, der einen inhaltlich thematischen Zusammenhang zu den Stolpersteinen besitzt. Die Behörde misst wieder mal mit zweierlei Maß.”

Jürgen Kasek, Stadtrat, ergänzt: „Die zuständige Behörde der Stadt Leipzig hält es für eine gute Idee, an genau dem Tag, an welchem sich vor zwei Jahren auf dem Ring die Gewalt der Querdenker entlud, diesen geschichtsträchtigen Ort nicht etwa der stetig aktiven und weltoffenen Zivilgesellschaft zu überlassen, sondern denen zu schenken, die unsere Gesellschaft mit ihrer egozentrischen und Wissenschaft leugnenden Agenda terrorisieren und mit den Nazis auch jetzt gemeinsame Sache machen.“

Es bleibt dabei: Erinnern heißt kämpfen. Das Querdenken-Jubiläum muss ein Desaster werden! Je mehr Menschen sich am Montag dem Gegenprotest anschließen, desto besser kann das gelingen. Deshalb rufen wir alle Antifaschist:innen und die breite städtische Zivilgesellschaft auf, sich am 7. November ab 18:30 Uhr auf dem Augustusplatz zu versammeln!

Bildquelle: recherche-nord, 07.11.2020: Demonstration von Querdenken in Leipzig
Pressemitteilung: Leipzig, 5. November 2022

Kein Fußbreit den Rechten, kein Fackelmarsch an Stolpersteinen!

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ ruft am 7. November zum aktiven Protest gegen den von rechten Akteuren geplanten Marsch mit Fackeln um den Ring auf. Erster Anlaufpunkt ist 18:30 Uhr auf dem Augustusplatz vor dem Paulinum.

Zu der Situation und dem geplanten Protest erklärt Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk: „Auch noch nach zwei Jahren sind die Bilder vom 7. November 2020 erschreckend. Im Rahmen einer Querdenken-Großdemonstration konnten Neonazis und Hooligans die Straßen der Leipziger Innenstadt einnehmen und Gegendemonstrant:innen sowie Pressevertreter:innen brutal körperlich angreifen, auch weil die (selbst angegriffene) Polizei der Lage nicht Herrin wurde und einfach den Weg freimachte.  Nun fällt der 7. November 2022 auf einen Montag und damit den Wochentag, an dem sich seit mehr als zwei Jahren ein gefährliches Gemisch aus verschwörungsideologisch motivierten “Bürgerlichen”, radikalen rechten Parteien und gewalttätigen Neonazis auf Leipzigs Straßen versammelt. Zu diesem Jubiläum soll es einen Fackelmarsch um den Ring geben, auch vorbei an Stolpersteinen am Dittrichring, – und der wurde laut Versammlungsbehörde nicht verboten, sondern die Nutzung der Fackeln nur etwas eingeschränkt.“

Lena Gaidis von der Grünen Jugend Leipzig ergänzt: „Nazi-Fackelmärsche rufen furchtbare Erinnerungen an andere Zeiten wach. Doch in der Woche, in der sich die Reichspogromnacht von 1938 jährt, gilt es ganz besonders, der Verbreitung von antisemitischem, rassistischem, menschenfeindlichem Gedankengut und rechter Gewalt entschieden Widerstand zu leisten. Wir Leipziger:innen dürfen nicht hinnehmen, dass Ideologien, die zur Ermordung, Folter und Entrechtung von Millionen von Menschen führten, als Parolen durch die Stadt gegrölt werden können.“

„Es ist klar: Erinnern heißt kämpfen. Das Querdenken-Jubiläum muss ein Desaster werden! Je mehr Menschen sich am Montag dem Gegenprotest anschließen, desto besser kann das gelingen. Deshalb rufen wir alle Antifaschist:innen und die breite städtische Zivilgesellschaft auf, sich am 7. November ab 18:30 Uhr auf dem Augustusplatz zu versammeln!“ so Rudolph-Kokot abschließend.

Pressemitteilung: Leipzig, 4. November 2022