Wider das Vergessen! Erinnern – Gedenken – Kämpfen

Aufruf zur Demonstration am 7.11.2016

Vor 78 Jahren begann am 7. November die Pogromwoche des NS-Regimes, welche am 9. November 1938 ihren Höhepunkt fand. In diesen sieben Tagen brannten mit staatspolizeilicher Absicherung Synagogen. Jüdische Wohnungen, Geschäfte und Betriebe wurden verwüstet und geplündert. Eine Welle von Verhaftungen und Einweisungen in Konzentrationslager folgte. Zeitgleich spitzte sich die Lage mit dem forcierten Ausschluss von Jüdinnen und Juden aus allen gesellschaftlichen Bereichen immer weiter zu. Als perfide Krönung des konzertierten Terrors drückten die Nationalsozialisten den zu Feinden des deutschen Volkes Erklärten eine Kollektivstrafe auf. Die ihrer Würde und ihrer Rückzugsorte Beraubten sollten den angerichteten Schaden auch noch selbst bezahlen. Hilfe konnten sie nach über fünf Jahren des Niedergangs menschlicher Grundwerte kaum erwarten.

Die Wirkung von permanenter staatstragender Hetze ging einher mit der kontinuierlichen Beschneidung der Rechte jüdischen Menschen. Die 1935 verabschiedeten Nürnberger Gesetze stehen pars pro toto für die Rechtsgrundlage des sozialdarwinistisch begründeten Rassismus der Nazis, ihre verwaltungstechnische und propagandistische Wirkung kam voll zur Entfaltung. Die Pogrome vom November 1938 waren das Fanal zur Umsetzung der systematisch vorbereiteten Vernichtungspolitik, welche bis zum Ende des zweiten Weltkriegs sechs Millionen jüdische Menschen das Leben kostete.

Aktuell können wir die Auswüchse des deutschen Antisemitismus bei der *Gida-Bewegung deutlich beobachten. Besonders der *Gida-Schlachtruf „Lügenpresse“, führt uns in die Zeit des Nationalsozialismus zurück. Damals wurden liberale, linke und andersdenkende Presseerzeugnisse mit dem Begriff „Judenpresse“ belegt. Der Antisemitismus gestern wie heute unterstellt der Presse, gelenkt und vereinnahmt zu sein. Sie verschweige angeblich die Wahrheit und sei dafür da, „das deutsche Volk“ zu beeinflussen. Deswegen müsse sich „das Volk“ wehren. Dies ist nur ein Beispiel für Parallelen des nationalsozialistischen Antisemitismus und dessen der heutigen Neuen Rechten.

Diese *Gidas um das sächsische Original Pegida als Sammelbecken der Rassist_innen aller Couleur bereiten der AfD den Weg, die sich als parlamentarische Vertretung der so genannten „besorgten Bürger“ versteht. Die anfänglichen Reaktionen auf Pegida und Co. – vor allem aus den Unionsparteien – halfen dieser Wegbereitung massiv.

Die AfD versucht indes, rechte Ideologie als berechtigten Widerstand umzudeuten und bedient sich unverhohlen der Nazi-Rhetorik. So orientiert sich Björn Höcke an Goebbels-Reden, wie MONITOR vergleichend dargestellt hat. Zitate wie „1000 Jahre Deutschland. Ich gebe euch nicht her!“ oder „Die Evolution hat Afrika und Europa – vereinfacht gesagt – zwei unterschiedliche Reproduktionsstrategien beschert.“ erinnern an düsterste Zeiten der deutschen Geschichte. Auch die AfD-Vorsitzende Frauke Petry befeuert den rechten Sound mit der Forderung, den Begriff „völkisch“ wieder positiv zu besetzen. Genau die Betonung des Völkischen benutzte der Nationalsozialismus zur Abgrenzung und begründete mit einer Blut-und-Boden-Ideologie die millionenfache Vernichtung von Menschenleben.

Die *Gidas und andere rechte Gruppierungen werden durch die AfD darin bestätigt, dass Rassismus und Hetze zum öffentlichen Diskurs gehören würden. So begreifen sich die Täter_innen von Meißen, Heidenau, Clausnitz, Bautzen usw. als Widerständige, die ein „deutsches Volk“ verteidigen müssten.

Das kategorische Ablehnen der geschichtlichen Verantwortung Deutschlands ist eine weitere Voraussetzung für all diese Umtriebe und der Ruf nach einem Schlussstrich unter die Vergangenheit der deutschen Täter und Täterinnen deren folgerichtiger Bestandteil. So, wie in den 1930-er Jahren die unmenschlichen Ideen und Wertekanons des Nationalsozialismus salonfähig gemacht wurden, sollen menschenfeindliche Ansichten und ihr ideologischer Überbau der heute auftrumpfenden Rechten zur gesellschaftlichen Normalität werden. Der mahnende Ruf der Geschichte ›Nie wieder!‹ soll verstummen.

Dass sich die Protagonist_innen dieser Strategie immer provokantere Ausfälle erlauben und sich eines zustimmenden Publikums sicher sein können, ist hinreichender Beleg für das erneute Abdriften der Grundwerte. Dies erzeugt ein gesellschaftliches Klima, in dem Migrant_innen und Andersdenkende Anfeindungen und Angriffen ausgesetzt sind. Deswegen ist es wichtig, dass sich alle Demokrat_innen, Antirassist_innen und Antifaschist_innen im Kampf gegen diese erschreckenden Entwicklungen verbünden.

Legida will am 7. November erneut ausgrenzenden Hass auf die Straße tragen. Dies darf nicht unwidersprochen bleiben. Wir rufen alle Leipzigerinnen und Leipziger auf, besonders in dieser Woche des Gedenkens an die Opfer des nationalsozialistischen Terrors, nicht zuzulassen, dass rechte Parolen durch die Stadt getragen werden.

„Es ist Zeit für einen Aufschrei von uns allen, einen unüberhörbaren, lauten Aufschrei, der bis in den letzten Winkel unseres Landes und der ganzen Welt widerhallt. Der Satz ›Wehret den Anfängen!‹ ist längst überholt! Wir sind mittendrin!“ (Esther Bejarano, Auschwitz-Überlebende, über das Aufkommen der Neuen Rechten Anfang 2016 in Berlin)


Demonstration am 7.11.2016
Start: 18 Uhr
Ort: Augustusplatz, Leipzig


Download Aufruf zur Demonstration am 7.11.2016 (PDF, 173kB)

8. Offener Kneipenabend – Keine Einheit mit Menschenfeindlichkeit!

? 3.10.16 in Dresden ? Rechtliches ? Lage in Leipzig ?

#schnapsnehmen am 30. September ab 19:00 Uhr im Peter K.(Ludwigstraße 81)

Der 3. Oktober wäre eigentlich der nächste Termin LEGIDAs, ein weiteres Mal in Leipzig aufzumarschieren – wohlgemerkt: Wäre. Nachdem gleich mehrere bedeutende Personen das neurechte Bündnis verlassen haben und am 5. September kaum noch Anhänger_innen mobilisiert werden konnten, schloss sich an diesen Misserfolg die Meldung an, LEGIDA werde sich am ersten Oktobermontag PEGIDA in Dresden anschließen.

Neben anderen Leipziger Gruppen und Initiativen ruft auch das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz dazu auf, sich dem Protest gegen Nationalismus und Rassismus, von denen die Dresdner Einheitsfeierlichkeiten begleitet werden, anzuschließen.

Es gibt vielfältige Möglichkeiten, sich an diesem Protest zu beteiligen und mehrere Optionen, wie ihr nach Dresden gelangt. Wir wollen all das in gemütlicher Runde und bei kalten Getränken zusammenfassen und diskutieren. Der Blick darauf, wie neurechte und neonazistische Bündnisse in und um Leipzig agieren, soll natürlich auch nicht fehlen.

Kommt vorbei, nehmt Platz & Schnaps, habt einen schönen Abend unter lieben Menschen und geht gut informiert ins Wochenende vor dem Protestmontag!

PM: Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ ist für den Deutschen Engagementpreis nominiert und ruft zur Unterstützung antifaschistischen Einsatzes auf.

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ wurde nach der Anerkennung des Engagements gegen Legida und rechte Strukturen in und um Leipzig mit dem Gustav-Heinemann-Preis für den Publikumspreis des Deutschen Engagementpreises nominiert. Dieser Dachpreis wird seit 2009 durch das Bündnis für Gemeinnützigkeit verliehen und soll als „Preis der Preise“ bundesweit freiwilliges Engagement stärken und anerkennen. Bis zum 31. Oktober kann online für alle der rund 600 Projekte abgestimmt werden. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert, die ersten 30 Plätze gewinnen außerdem die Teilnahme an einem Weiterbildungsseminar in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Projektmanagement.

„Wir freuen uns sehr über die Nominierung“, so Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk, „und sehen den Preis als weitere Chance, antifaschistisches und antirassistisches Engagement in und um Leipzig zu stärken. Im Jahr 2016 hat Sachsen vor allem mit den Ortsnamen Clausnitz und Bautzen Schlagzeilen gemacht, die sich an Freital, Heidenau, Bischofswerda und Meißen anschließend für Rassismus und Hass bis hin zu Pogromstimmung stehen. Daher sieht das Netzwerk den Preis als Auszeichnung und Unterstützung derjenigen, die sich alldem in Sachsen entgegen stellen und immer wieder Repression anstelle von Anerkennung erfahren müssen.“

Neben dem Aktionsnetzwerk sind sachsenweit weitere antifaschistische und antirassistische Projekte für den Publikumspreis nominiert, beispielsweise die „AG Asylsuchende Sächsische Schweiz-Osterzgebirge e.V.“, der „Bon Courage e.V.“ sowie das Projekt „Meißen Watch“ und die Initiative „Adopt a Revolution“. Abstimmende haben die Möglichkeit, allen Nominierungen je eine Stimme geben zu können.

„Diese Art der Abstimmung entspricht unserem Netzwerkgedanken des solidarischen Umgangs miteinander“, erklärt Irena Rudolph-Kokot. „Das Netzwerk will diese Solidarität fortsetzen und den Deutschen Engagementpreis dafür nutzen, positive Aufmerksamkeit auf antirassistische Projekte, vor allem in Sachsen, zu lenken.“

Die sächsischen Nominierten sind zu erreichen über den Kurzlink: platznehmen.de/publikumspreis/
Für das Aktionsnetzwerk man direkt abstimmen unter platznehmen.de/vote
Pressemitteilung: Leipzig, 20. September 2016

Leipzig nimmt Platz für Publikumspreis 2016 des Deutschen Engagementpreises nominiert

Hurra!

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ ist für den Publikumspreis 2016 des Deutschen Engagementpreises nominiert.

➡ Die Nominierten: platznehmen.de/publikumspreis

➡ Hier für #platznehmen abstimmen: platznehmen.de/vote

Der Deutsche Engagementpreis ist ein Dachpreis für Engagierte und Projekte, der die Preisträger_innen bundesweiter Preise für freiwilliges Engagement auszeichnet. „Leipzig nimmt Platz“ ist durch die Auszeichnung mit dem Gustav-Heinemann-Preis nun auch für diesen Preis nominiert.

Bis zum 31. Oktober hat jedEr die Möglichkeit, nicht nur für bestimmte Projekte abzustimmen, sondern für alle: Ihr habt die Möglichkeit, allen Nominierungen je eine Stimme zu geben!

Das Aktionsnetzwerk hat beschlossen, die Nominierung anzunehmen und ein weiteres Mal nicht nur in und um Leipzig zu zeigen, dass Antifaschismus und Antirassismus aller Repression und Ermüdung zum Trotz wichtig bleiben und auch in Sachsen lebendig sind. Dass sie auch Anerkennung finden, dafür wäre die Auszeichnung ein deutliches Zeichen und der Preis ganz praktischer Support.
Wir wollen den Deutschen Engagementpreis nutzen um positive Aufmerksamkeit auf antirassistische Projekte, vor allem in Sachsen, zu lenken und lokale antirassitsichen Strukturen vor Ort – auch finanziell – zu unterstützen.

Darum stimmt für uns und weitere antifaschistische und antirassistische Projekte, beispielsweise die „AG Asylsuchende Sächsische Schweiz-Osterzgebirge e.V.“, der „Bon Courage e.V.“ sowie das Projekt „Meißen Watch“ und die Initiative „Adopt a Revolution“ und viele weitere.

PM „LEGIDA enttäuscht sich selbst – kein Grund zum Aufatmen“

Am vergangenen Montag stellten sich mehr als sechshundert Leipziger*innen aus allen Teilen der Bevölkerung der rassistischen Stimmungsmache von LEGIDA entgegen und demonstrierten für Demokratie. Mit sieben Gegenveranstaltungen, darunter Mahnwachen, Kundgebungen, sowie Demonstrationen per Fuß und Rad, wurde der pluralistische Anspruch der Zivilgesellschaft deutlich.

Der sichtbare Erfolg war, dass LEGIDA die angekündigte Demonstration mangels eigenen Interesses absagte. Eine weitere Kundgebung aus dem Umfeld von LEGIDA vermeldete gar überhaupt keine Teilnehmer*innen. So ist auch folgerichtig, dass LEGIDA nach eigener Angabe auch im Oktober keine Versammlung anmelden wird.

„Wir werten es als Erfolg der Leipziger Zivilgesellschaft von Kirchen und Gewerkschaften bis hin zu antifaschistischen Gruppen, dass LEGIDA sichtbar die Kraft ausgeht und keine Resonanz mehr findet”, erklärt Max Malkus für das Aktionsnetzwerk.

Dies ist aber kein Grund zum Aufatmen. Die erst vergangene Woche in Meusdorf stattgefundene Veranstaltung zur Unterbringung von Geflüchteten hat wieder gezeigt, wie weit Einstellungsmuster der Ungleichwertigkeit auch in Leipzig verbreitet sind und offener Hass das Klima vergiftet.

Es ist zwar gelungen, der Ausbreitung von LEGIDA Einhalt zu gebieten, aber rassistische Stimmungsmache bricht sich andernorts ihre Bahn. Hetze gegen alles „Fremde“ hat die Gesellschaft infiziert und ist in Parteien des demokratischen Spektrums zu finden. „Dass etwa die CDU Leipzig inzwischen Kampagnen der neuen Rechten aufgreift, gegen soziokulturelle Zentren wettert und aktiv gegen Vertreter der Zivilgesellschaft vorgeht, ist schockierend, zeigt aber wie sehr LEGIDA, AfD und Co. den Diskurs vergiftet haben und wie empfänglich die CDU dafür ist”, ergänzt Irena Rudolph-Kokot.

Umso nötiger ist es, deutlich stärker als bislang demokratische Prozesse vorzuleben, Aufklärung zu leisten und aktiv Vorverurteilungen zu widersprechen. Neben der regelmäßigen Mobilisierung zu Demonstrationen und Kundgebungen gegen rechte Aufmärsche plant das Aktionsnetzwerk in nächster Zukunft auch Veranstaltungen zu den Themen Flucht und Zivilgesellschaft.

Pressemitteilung, 7. September 2016
Bildquelle: Initiative durchgezählt

Wir werden uns wi(e)dersetzen – Gegen jede Form von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit

Aufruf zum Protest gegen Legida am 5.9.2016

Nach acht Wochen Pause will Legida am 5. September wieder durch Leipzig spazieren. Ihre Art Spazieren verheißt kein entspanntes Beisammensein sondern die Verbreitung von Hetze und Hass gegen eine Minderheit in unserer Stadt. Legidas Hass richtet sich gegen Menschen, die hier schon lange wohnen, und Menschen, die neu hinzukommen. Deren einziger Fehler ist, dass sie nicht zu einem imaginierten „deutschen Volkskörper“ gehören.

Auch wenn Legida heute nur noch als „Gemeinsam für Deutschland“ firmiert, sind die Thesen der „Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“ (Pegida) aus Dresden immer noch ihr eigenes Programm. Selbst nach schweren internen Querelen ist der Zusammenhalt, dieser Grundkonsens nicht gebrochen. Legida und Pegida bedienen sich gleichermaßen einer schwelenden Feindlichkeit gegenüber allem, was irgendwie „fremd“ erscheint. Dafür schien seit Mitte 2014 das medienwirksame Auftreten von Daesh, einer terroristischen islamistischen Splitterorganisation mit der Eigenbezeichnung ISIS, besonders geeignet. Jahrzehntelange Gräueltaten von Boko Haram oder der Taliban hatten keinen annähernden Widerhall in unserer Gesellschaft erfahren. Woran liegt das?

Nach den Angriffen auf die New Yorker „Twin Towers“ im September 2001 ist antiislamischer Rassismus zum wichtigsten Feld der alten und neuen Rechten geworden und hat Antisemitismus in den Hintergrund treten lassen. So wurde offener Antiislamismus jahrelang auf gesellschaftlich akzeptierten Medien wie „Achse des Guten“ hingenommen. Aber erst im Jahr 2014 hatten die Fluchtbewegungen von Millionen im Zusammenhang mit dem syrischen Bürgerkrieg Europa erreicht. Der hierzulande viel bejubelte „arabische Frühling“ ist in Syrien in einen schrecklichen Krieg des Staates gegen die Bürger*innen umgeschlagen. Deutsche Asyl- und internationale Menschenrechte und unser Gewissen verpflichteten den deutschen Staat zur Aufnahme von Hunderttausenden Zuflucht suchender Menschen.

Schon zu diesem Zeitpunkt war Pegida eingesprungen, um – statt Solidarität mit den Flüchtenden zu zeigen – den Hass gegen den Islam, aber eigentlich gegen alles vorgeblich Fremde zu schüren. Pegida hat nicht die Konflikte beleuchtet, die zwischen (islamischen) Sunniten, Schiiten, Alawiten und auch Christen verlaufen, aber grundsätzlich machtpolitisch begründet sind. In der Tradition rechter Gruppierungen haben Pegida und später Legida alles dafür getan, bereits vorhandene Ressentiments zu verstärken. In der christlich geprägten Bundesrepublik erscheint es immer noch einfach, mit vorgeblicher Religionskritik – diesmal am Islam –, völkisch-nationalistische und letztendlich rassistische Vorurteile zu transportieren, die sich auch gegen eine egalitäre Gesellschaft richten. Lange inhärent geglaubte Errungenschaften wie „Liberté, égalité, fraternité“ aus der Französischen Revolution werden durch einen Lokus des Hasses gespült, sobald Freiheit bedeutet, diese Anderen zu gewähren.

Dabei spielen Legida und verbundene Gruppen geschickt mit Einzelaspekten. Ein wesentliches Merkmal neurechter Organisationen ist das Herausstellen der Unterdrückung von Frauen im Islam. Angesichts des von ihnen propagierten patriarchalen Modells ist der taktische Aspekt offensichtlich, allzu leicht lässt sich breite Zustimmung zu einem „Burkini-Verbot“ herstellen. In der Realität tut sich Legida dann aber schon damit schwer, zumindest einer theoretischen Gleichstellung zuzustimmen – zum Beispiel damit, in der Umgangssprache Frauen mitzudenken oder gar inter-, trans- oder homosexuelle als vollwertige Menschen mitzudenken. Die Akzeptanz einer Lebensrealität, die eine bipolare geschlechtliche Zuordnung schlicht nicht zulässt – und die hierzulande ca. 80.000 Menschen betrifft – wird dann schlicht mit „Genderismus“ abgekanzelt.

Auch zum Antisemitismus haben die Neurechten bei Legida etwas zu sagen: mit der systematischen Verfolgung und Ermordung von Jüdinnen und Juden im Nationalsozialismus wollen sie nichts zu tun haben. Daneben wird aber schon mal „Judenpresse“ gezischt und die „Lügenpresse“ damit auf ein völkisches Niveau gehoben. Überdies beinhaltet die Propagierung eines gesunden deutschen Volkskörpers den Ausschluss jüdischer Menschen. Offensiv wird auch eine Schuldknechtschaft der Deutschen herbeifantasiert. Eine im Geheimen agierende Wirtschaftslobby würde einen „Großen Austausch“ betreiben, um „das deutsche Volk“ in die Knie zu zwingen. Und mit Stichworten wie “Bilderberger” und “Rothschilds” werden die allseits bekannten antisemitischen Verschwörungstheorien bedient.

Mit unterschiedlichen Erzählweisen verbreitet LEGIDA Islamfeindlichkeit und Antisemitismus gleichermaßen und schreckt nicht davor zurück, Personengruppen, die in die Erzählung passen, zum Spinnen eines völkischen Opfermythos zu instrumentalisieren. Die Trickkiste der Neurechten ist so groß wie durchschaubar und es bleibt wichtig, ihren Behauptungen und Forderungen zu widersprechen, sie zu widerlegen und sich der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, auf denen sie basieren, immer und immer wieder zu widersetzen.

Wir werden uns widersetzen. Wir werden uns wieder setzen. Wir rufen alle engagierten Menschen auf, dies ebenfalls zu tun, wenn LEGIDA am 5. September ihre menschenfeindliche Weltanschauung durch die Leipziger Innenstadt tragen will.

PM: Leipzig nimmt Platz ruft zum intergalaktischen Protest auf

#LegidaChilltNicht – wir schon!

Leipzig nimmt Platz ruft zum 1. August in die Innenstadt auf
Mobilisierungsveranstaltung am 29. Juli in der „Frau Krause“

Das Aktionsnetzwerk “Leipzig nimmt Platz“ ruft alle Leipziger_innen auf, am 1. August, 18 Uhr auf den Refugees-Welcome-Platz, welcher an diesem Tag von rassistischer Hetze verschont bleibt, zu kommen oder sich auch online am offensiven Urlauben zu beteiligen.

Folgende Demonstrationen sind am 1. August angemeldet:

  • ab 18:00 Uhr Kundgebung am Refugees-Welcome-Platz „Legida Chillt nicht – wir schon“
  • ab 17:30 Uhr Fahrraddemo ab Connewitzer Kreuz „Summer in the City – Reclaim the Streets“ (beide Anmeldungen: Aktionsnetzwerk)
  • ab 18:00 Uhr Kundgebung am Brühl „Kapitulation? Nein danke!“ („a monday without you“)

Für den Freitag vor der Demo, am 29. Juli, ist wie gewohnt ein „Kneipenabend“ angesetzt. Das Aktionsnetzwerk lädt ab 19 Uhr in die „Frau Krause“ in Connewitz ein, um über die aktuellen Aktivitäten von Legida & Co. und den Stand der rechtlichen Auseinandersetzungen zu informieren.

Am 1. August wird am Refugees-Welcome-Platz eine Installation Grüße aus aller Welt mit dem Hashtag #LegidaChilltNicht zeigen. „Die Aktion soll eine breite Beteiligung auch aus dem Urlaub ermöglichen. Wir rufen alle Leipziger_innen und Freund_innen dazu auf, uns kreative Fotogrüße zu schicken – egal ob per Mail, Facebook, Instagram oder Twitter. Jede Stimme gegen den Hass und die Hetze von Legida und Co. und für ein solidarisches Miteinander ist gefragt“, erklärt Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk.

Legida hat für den 1. August ihren menschenfeindlichen Aufzug abgesagt. Es ist ein Zeichen des Schwächelns, aber leider noch nicht das Ende. Auch die Hassbotschaften und Lügen in den sozialen Netzwerken reißen nicht ab, sie haben im Zusammenhang mit Würzburg, Ansbach und München gerade Hochkonjunktur. Selbst der Putsch in der Türkei wurde zur Hetze genutzt. Die Menschenfeindlichkeit macht keinen Urlaub.

Primitive Weltsichten und Ideologien der Ungleichwertigkeit verschwinden nicht, weil sie nicht wie erwartet ins Rampenlicht drängen. Die grundfalschen Antworten auf dringende gesellschaftspolitische Fragen werden diese realitätsverzerrenden Menschen nicht revidieren. Die rechten und nationalistischen Denkmuster bleiben leider existent.

Dem möchte das Aktionsnetzwerk am ersten Augustmontag eine entspannte Atmosphäre und ein Miteinander in Vielfalt und Solidarität entgegensetzen. „Wir wollen mit Sonnenbrille auf der Nase, guter Musik im Ohr, Getränken in der Hand und Freund_innen um uns herum vor Ort und über soziale Netzwerke den Hetzer_innen mit Urlaubsstimmung, Solidarität und vielen Stimmen gegen Rechts den Platz nehmen – off- und online“, ergänzt Jürgen Kasek für „Leipzig nimmt Platz“.

Thematisch wird es Beiträge zu Akteurinnen und Akteuren der Neurechten Bewegung und Naziszene in der Region Leipzig geben. Ein Montag ohne Legida und ohne die im Umfeld immer wieder stattfindenden Repressionen bietet Raum und Zeit für die inhaltliche Auseinandersetzung und Aufklärung.

Pressemitteilung Leipzig, den 28. Juli 2016

Intergalaktischer Protest! #LEGIDAchilltNicht – wir schon!

Setzt die Sonnenbrillen auf, schnappt euch eure Freund_innen und ein paar erfrischende Getränke und seid am 1. August dabei, wenn in Leipzig offensiv Urlaub gemacht und den Menschenfeind_innen das entgegengesetzt wird, was sie einschränken wollen: Das schöne Leben.

Nach über 18 Monaten scheint den Neofaschist_innen von LEGIDA endgültig die Puste auszugehen: Auf den Wechsel von wöchentlichen zu monatlichen Aufmärschen, wahnwitzige Streitereien und mit ihnen Markus Johnkes Rücktritt von Spitze und Fronttransparent und die Aufnahme Tatjana Festerlings Hetztiraden als Höhepunkt jeder Demonstration folgt nun die Absage der Demonstration am ersten August-Montag.

LEGIDA chillt nicht.

Doch bei alldem muss festgestellt werden: LEGIDA chillt nicht. Der Wanderzirkus von Heidenau über Freital, Meißen, Dresden, Leipzig und bis nach Halle speist sich aus dem immer gleichen Personenkreis. Während Streitigkeiten mit der Dresdner PEGIDA-Gruppierung um Lutz Bachmann und Siegfried Däbritz öffentlich ausgetragen werden, unterstützt man einander nach wie vor gegenseitig mit Ordner_innen. Die Mitinitiatoren der LEGIDA-Abspaltung „Offensive für Deutschland“ Alexander Kurth und David Köckert sind überregional aktiv und unterstützen Neonazi-Aufmärsche im gesamten Osten Deutschlands.

LEGIDAs Hass wirkt.

Seien es die Gewaltaufrufe gegen Jürgen Kasek oder die gewaltvolle, menschenfeindliche Hetze, die sich in Sozialen Netzwerken unter den Hashtags #Nizza, #Würzburg und #München wiederfand – lange bevor die Umstände der dortigen Gewalttaten aufgeklärt waren. Nicht nur in Leipzig, nicht nur in Sachsen und nicht nur in Deutschland gewinnen die Menschenfeind_innen Aufwind, nehmen Hass, Hetze und Gewalt zu.

Wegschauen und schweigen, ihnen die Orte und Resonanzräume zu überlassen, ist nicht der richtige Weg. Jeglicher Menschenfeindlichkeit muss jederzeit und überall widersprochen werden, um ihr keine Macht zu über- und ihre Gewalt nicht zuzulassen. Ebenso wichtig ist es aber auch, sich von ihr nicht einschüchtern oder das Leben diktieren zu lassen.

Bei allem Ernst wollen wir die Sommerzeit nutzen und das leben und zelebrieren, wofür wir LEGIDA und allen anderen Menschenfeind_innen widersprechen: Die entspannte Lebensatmosphäre, das Miteinander, Freiheit, Offenheit und Vielfalt.

Vor Ort oder Online:

Wir treffen uns am 1. August um 18:00 Uhr auf dem #RefugeesWelcomePlatz mit Sonnenbrille auf der Nase, guter Musik im Ohr, Getränken in der Hand und Freund_innen um uns herum. Der Lauti wird euch dazu mit informativen Beiträgen über Akteur_innen und Aktivitäten der Neurechten und Neonaziszene in und um Leipzig versorgen und über soziale Netzwerke wird den Hetzer_innen mit Urlaubsstimmung, Solidarität und vielen, vielen Stimmen gegen Rechts der Platz genommen.

Denn #LEGIDAchilltNicht – wir schon!

PM: Demonstration am 9. Juli, 14 Uhr am Wilhelm-Leuschner-Platz

Aufruf »Solidarität mit allen von rechter Gewalt Betroffenen!«

Seit der Wiedervereinigung Deutschlands bis 2014 sind nach Recherchen von Journalist_innen 156 Menschen durch rechtsradikale Gewalttäter_innen ermordet wordfen. Laut polizeilicher Kriminalitätsstatistik gab es 2015 1485 Gewalttaten durch rechte Täter_innen. Vermutlich ist die Dunkelziffer noch viel höher. Die Zahl der Menschen, die von nationalistischen Menschenfeind_innen tagtäglich bedroht werden, liegt um ein Vielfaches höher.

Einen bisher nicht aufgeklärten Angriff auf einen Ordner bei Legida nutzt die völkische Gruppierung, um ihrer Anhängerschaft, die zu einem beträchtlichen Teil aus Hools und bekennenden Rechten besteht, einen Anlass für ihre aufgestauten Aggressionen zu bieten. Der Mitorgansiator bei der Initiative No Legida und im Aktionsnetzwerk Jürgen Kasek wird seit Dienstag mit Gewaltandrohungen bis hin zu Mordaufrufen gegen ihn und seine Angehörigen überzogen. Dieses Mal trifft es Jürgen Kasek, morgen trifft es vielleicht jemanden anderen.

Am Samstag will Legida eine besonders perfide Art der Täter-Opfer-Umkehr betreiben: „Nach über anderthalb Jahren Hetze und gestiegenen Gewaltakten, welche von den Vollstrecker_innen eines imaginierten Volkswillens ausgeführt werden, gegen Menschen, die nicht in deren völkisches Weltbild passen, will Legida unter dem Motto ‘Wir gegen Gewalt’ die Leipziger Innenstadt mit einer weiteren nationalistischen Auflauf überziehen.“ so Carolin Franzke für das Aktionsnetzwerk.

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ ruft gemeinsam mit verbundenen Initiativen und Gruppen am Samstag ab 14:00 Uhr am Wilhelm-Leuschner-Platz dazu auf, Solidarität mit allen Betroffenen rechter Hetze und Gewalt zeigen.

Auf Facebook werden Informationen zur Veranstaltung hier veröffentlicht: https://www.facebook.com/events/822114581222182/

Der Aufruf »Solidarität mit allen von rechter Gewalt Betroffenen!« ist dieser Mitteilung angehängt und kann online hier unterzeichnet werden:
http://www.leipzig-nimmt-platz.de/rechte-gewalt/.

Pressemitteilung, Leipzig, 08.07.16

PM zu den Vorbereitungen des Protestes gegen Legida am 04.07.16

„re/public – reclaim the streets“

In Leipzig mobilisiert am 4. Juli ein breites Netzwerk zu vielfältigen Aktionen gegen Aufmärsche von zwei rassistischen Gruppierungen: insgesamt acht Anmeldungen ab 18 Uhr.

Für Montag, den 4. Juli 2016 haben sich in Leipzig gleich zwei nationalistische, rassistische und gewaltbereite Gruppierungen angesagt – Legida und Wir lieben Sachsen/Thügida. Auch diesmal werden für diese Aufmärsche viele Straßen gesperrt, und es wird ein massives Polizeiaufgebot aufgefahren, um dem so genannten Volk das Verbreiten von Hass und Hetze zu ermöglichen. Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ ruft auf, sich an den zahlreichen und vielfältigen Aktionen zur Rückgewinnung des öffentlichen Raumes für die demokratische Gesellschaft zu beteiligen.

„Auch nach 18 Monaten bleibt es wichtig, diesem menschenverachtenden Treiben zu widersprechen. Das Problem wird sich nicht von alleine lösen. Nur eine starke demokratische Zivilgesellschaft ist in der Lage, die Deutungshoheit zu behalten und das selbst ernannte Volk und deren nationalistischen Anhang ins Abseits zu stellen“, so Carolin Franzke für das Aktionsnetzwerk.

Auf dem Augustusplatz erwartet „Leipzig nimmt Platz“ als Redner_innen unter anderen Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag, Vertreter_innen des Bündnisses „Aufstehen gegen Rassismus“, die Initiative „Druck! Machen.“ und Aktivist_innen der Besetzung am „Black Triangle“ in Connewitz/Marienbrunn.

Die LINKE Leipzig startet 16:45 Uhr einen Aufzug unter dem Motto „Refugees welcome. Kein Platz für Rassisten!“ nahe des Karl-Liebknecht-Hauses in der Shakespearestraße, welcher auf dem Augustusplatz endet. Am Rabet beginnt 17 Uhr eine Jugenddemo unter dem Motto „Was ist das für 1 Aufzug?“. Auch dieser Aufzug endet auf dem Augustusplatz, wo 18 Uhr die Auftaktkundgebung des Aktionsnetzwerks „Leipzig nimmt Platz“ startet und anschließend in einem Aufzug über den Ring zum Richard-Wagner-Platz führt. Dieser Demonstration schließt sich die ab 18:15 Uhr am Hauptbahnhof/Westhalle* stattfindende Versammlung „Nationalismus raus aus dem Bahnhof und den Köpfen“ an. Ebenfalls 18 Uhr startet am Alexis-Schumann-Platz eine Fahrraddemo „Fahrrad fahren statt hetzen“, welche über Karl-Liebknecht-Straße, Martin-Luther-Ring, Westplatz und Waldplatz zum Naturkundemuseum führt. Die Gruppe „a monday without you“ trifft sich diesmal 18 Uhr an der Arno-Nitzsche-/Zwickauer Straße zum antifaschistischen Stadtteilrundgang. Eine öffentliche Vorlesung „Antidemagogie“ veranstaltet die Evangelische Studierendengemeinde ab 18:30 Uhr am Naturkundemuseum. Auf dem Richard-Wagner-Platz ist vom Erich-Zeigner-Haus e. V. ab 19 Uhr ein interrelligiöses Treffen unter dem Motto „Vielfalt leben – Einfalt die kalte Schulter zeigen“ geplant, welches zu später Stunde gemeinsam das Ende des Fastenmonats Ramadan begeht.

„Es ist die Aufgabe jeder und jedes Einzelnen, durch sein Handeln mit zu entscheiden, welches Gesicht die Stadt haben soll, in der wir leben. Denn diese Gesellschaft bilden wir alle und jede/-r Einzelne trägt dafür die Verantwortung. Leipzig soll für Vielfalt und Weltoffenheit einstehen. Wir laden euch ein, dies in aller Öffentlichkeit zu zeigen“, so Franzke abschließend.

Pressemitteilung: Leipzig, den 1. Juli 2016

*) Der Text der Pressemitteilung wurde wegen eines Rechtsstreits nach dessen Veröffentlichung abgeändert.