PM: Welche Daten hat der sächsische Verfassungsschutz?

Nachdem bekannt wurde, dass das Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen einzelne Gruppen und Personen des Aktionsnetzwerkes „Leipzig nimmt Platz“ beobachtet, ruft das Netzwerk dazu auf, nach der Teilnahme an Aktionen und Demonstrationen des Aktionsnetzwerkes eine Anfrage auf Datenauskunft beim Landesamt zu stellen.

„Durch das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gedeckt hat Jede und Jeder einen Anspruch darauf, zu erfahren welche Daten von ihm oder ihr gespeichert wurden. Das Landesamt für Verfassungsschutz muss daher das Auskunftsersuchen beantworten“, so Jürgen Kasek, Rechtsanwalt für das Aktionsnetzwerk.

„Wir haben begründeten Verdacht, dass der sächsische Verfassungsschutz willkürlich Daten sammelt und einzelne Personen und Gruppen ohne rechtliche Grundlage überwacht. Den Versuch das Aktionsnetzwerk und damit auch Parteien, Kirchen und Gewerkschaften zu kriminalisieren werden wir nicht unwidersprochen hinnehmen. Wir wollen damit klären, wer und aus welchem Grund überwacht wird, und zudem den Grundrechtsschutz stärken“, so Irena Rudolph-Kokot zum Ansinnen der Aktion.

Das Aktionsnetzwerk wiederholt seine Kritik am Kurs des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz. Es entsteht der Eindruck, dass das Landesamt nicht die Verfassung schützt sondern selbst zu einem Problem für die Demokratie geworden ist. Immer wieder wird versucht, den Verdacht des „Linksextremismus“ zu konstruieren.

Dabei gilt der Satz, dass da wo es auch in der Mitte braun schimmert, bereits diejenigen als „linksextrem“ verdächtigt werden, die Grundrechte und Demokratie verteidigen.

Anbei ein Musterschreiben zur Einholung einer Auskunft zu den gespeicherten Daten. Betroffene von Überwachungsmaßnahmen werden gebeten, sich beim Aktionsnetzwerk zu melden.

Hintergrund: Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“, zu dem Gewerkschaften, Vereine, Parteien, Initiativen und Kirchen und gehören, hat sich mit dem Ziel gegründet, Widerspruch gegen rassistische, nationalistische und antidemokratische Aufmärsche gewaltfrei deutlich zu machen. Dazu finden regelmäßige offene Treffen statt, in welche die beteiligten Partner Personen entsenden können.

Download: Pressemitteilung und Musterschreiben: Leipzig, den 28. Januar 2016 (PDF, 151 kB)


Musterschreiben

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Landesamt für Verfassungsschutz Sachsen
Postfach 10 02 47
01072 Dresden

Leipzig, den _______________

Auskunft über zu meiner Person gespeicherte Daten

Sehr geehrte Damen und Herren,

bitte erteilen Sie mir auf Grundlage von §18 Abs. 1 des Sächsischen Datenschutzgesetzes sowie §9 Abs. 1 des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes Auskunft über die durch Ihre Behörde (auch im Weg der Auftragsdatenverarbeitung) zu meiner Person in Systemen der elektronischen Datenerfassung und -verarbeitung gespeicherten Daten, im Besonderen über

  • personenbezogene Datensätze, die der sächsische Verfassungsschutz in NADIS pflegt,
  • den Zweck der Speicherung sowie
  • soweit möglich die Herkunft der Daten und
  • im Fall einer Übermittlung deren Empfänger.

Meiner Anfrage liegt ein generelles Informationsinteresse unter Wahrnehmung meines verfassungsrechtlich verbürgten Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung zugrunde.

Mit freundlichen Grüßen

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[Unterschrift]

Keinen Dialog, keinen Meter! Keinen Platz für Faschismus!

Der 11. Januar 2016 war für mehrere tausend Leipziger_innen erneuter Grund, gegen die faschistische Ideologie der GIDA-Bewegung zu protestieren, die mit ihrem Ableger LEGIDA das einjährige Bestehen in Leipzig erreichen konnte. Anders als beim ersten Auftreten LEGIDAs am 12. Januar 2015 schien dem Protest jedoch die Selbstverständlichkeit zu fehlen, mit der eine offene und demokratische Gesellschaft totalitären, völkischen und rassistischen Ideologien entgegen treten muss.

Bereits im Vorfeld wurde der Protest seitens des sächsischen Verfassungsschutzes kriminalisiert und die Leipziger Fraktion der CDU lehnte die Beteiligung daran schlicht ab. Wo auf der einen Seite Bedrohung durch „linksextremistische“ Gewalttäter heraufbeschworen wurde, wurden auf der anderen Seite Bedrohungen und Gewaltaufrufe durch die Kameradschaftsszene, die sich LEGIDA nicht nur am Jahrestag anschloss, ignoriert oder verharmlost.

Der offensichtlich geplante und koordinierte Angriff von etwa 300 Neonazis auf mehrere Läden in der Connewitzer Wolfgang-Heinze-Straße (Wolfgang Heinze war Mitglied einer Leipziger antifaschistischen Gruppe und wurde am 12. Januar 1945 von den Nationalsozialisten hingerichtet) konnte nur im Rahmen von Verharmlosung und einer in Sachsen immanenten „Blindheit auf dem rechten Auge“ durchgeführt werden. Auch während in Connewitz noch Spenden gesammelt, Läden und Projekte wieder aufgebaut werden, wird seitens der CDU bereits der Ruf laut, „Linksextremismus“ als sächsisches Problem anzusehen und anzugehen.

Dies ist der Hintergrund, vor dem am 1. Februar 2016 der nächste LEGIDA-Aufmarsch stattfinden wird. LEGIDA ist kein Phänomen, das von ein paar „Verwirrten“ oder „Extremen“ in die Stadt getragen wird, und obwohl in Leipzig nicht anschlussfähig, so aber zumindest in der Lage zu bestehen. Wenn das Ziel von Zivilgesellschaft und Politik ist, die Verbreitung faschistischer Ideologie in der Stadt zu verhindern, muss sich dies im gemeinsamen Handeln widerspiegeln. Verharmlosung, Relativierung und Schweigen ermöglichen es dem demokratiefeindlichen Bündnis immer wieder, in Leipzig aufzutreten und von vielen Leipziger_innen als wöchentliche Nervigkeit abgetan zu werden, gerne auch mit dem Hinweis, in Dresden sei es mit PEGIDA doch noch viel schlimmer.

PEGIDA und LEGIDA treten jedoch nicht getrennt auf, sondern gehören ebenso zusammen wie die AfD mittlerweile zu ihnen – wie der Leipziger Kreisvorsitzende der Partei erst kürzlich in einem Annäherungswunsch und dem Vorschlag einer gemeinsamen Großdemonstration auch öffentlich verkündete. Die wöchentlichen Aufmärsche der GIDA-Bewegungen sorgten im vergangenen Jahr bei denjenigen, die sich gegen ihre faschistische Ideologie einsetzen, für Ermüdungserscheinungen und bei einem großen Teil der Zivilgesellschaft für Abstumpfung. Auf diesem Nährboden konnten die zahlreichen „Nein zum Heim“-Initiativen entstehen, die unter besorgt-bürgerlichem Deckmantel auch außerhalb von Dresden und Leipzig gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und entsprechend motivierte Gewalttaten zum sächsischen Alltag werden ließen.

Wenn LEGIDA weiterhin wiederholt in Leipzig auftreten will, muss dem braunen inszenierten Volksfest der Rahmen genommen werden, in dem es stattfinden kann. Die Ideologie der GIDAs, ihrer Ableger und Bündnisse muss eindeutig als faschistisch benannt werden. Dem muss in allen Punkten widersprochen werden. Das gewaltvolle Bedrohungsklima, das LEGIDA und Umfeld gegenüber denjenigen aufbauen, die sich ihnen entgegen stellen, muss ebenso aufgelöst und verhindert werden wie die dauerhafte Bedrohung aller, die nicht in das Weltbild der GIDA-Anhänger_innen passen.

Der Protest, der direkte Widerspruch gegen LEGIDA, ist ein Teil dessen – und die Demonstration des Aktionsnetzwerks „Leipzig nimmt Platz“ am 1. Februar 2016 ab 18 Uhr vom Augustusplatz zum Refugees-Welcome-Platz ein Teil des breiten zivilgesellschaftlichen Protests, der sich LEGIDA an diesem Tag entgegenstellen wird.

Sächsischer Verfassungsschutz – eine Behörde im Wahn der Extremismustheorie?

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ hat im Zusammenhang mit den angemeldeten Protesten für den 11. Januar 2016 von einer Lageeinschätzung des sächsischen Landesamtes für Verfassungsschutz Kenntnis erhalten, welches das Aktionsnetzwerk in die Nähe gewalttätiger Aktionen rückt.

Alle Beteiligten im Aktionsnetzwerk verwahren sich entschieden gegen die Vorwürfe des sächsischen Verfassungsschutzes. Den Aufrufen des Netzwerks liegt die „Leipziger Erklärung“ vom Januar 2015 zugrunde. In dieser ist die Gewaltfreiheit aller Aktionen festgeschrieben. Im Netzwerk sind unter anderem Politiker_innen von Grünen, Linken und SPD ebenso engagiert wie Kirchen, Gewerkschaften und Initiativen.

„Der offensichtliche Versuch des Landesamtes für Verfassungsschutz und damit des Staatsministeriums des Inneren, den gewaltfreien Protest gegen eine rassistische und menschenverachtende Gruppierung zu kriminalisieren, kann und darf nicht hingenommen werden“, empört sich Irena Rudolph-Kokot als Anmelderin der Proteste.

Das Aktionsnetzwerk ruft regelmäßig zu Widersetz-Aktionen auf. Friedliche Blockaden sind nicht generell unzulässig und können ebenso vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit erfasst sein. Das gemeinsame Behindern menschenverachtender und rassistischer Aufmärsche von Gruppierungen im Muster der *GIDA versteht das Aktionsnetzwerk als kollektives Recht auf demokratischen Meinungsstreit und Mitbestimmung. Das Aktionsnetzwerk wird nicht akzeptieren, dass das Grundrecht auf Meinungsfreiheit durch Rassist_innen missbraucht wird, um eine Hassstimmung gegen Menschen, die hier Zuflucht suchen, aufzubauen.

Dem Aktionsnetzwerk wird insbesondere vorgeworfen, Aktionen „gegen Bullenschweine“ zumindest „subtil“ zu unterstützen. Dieser Duktus entspringt der Ära einer „Armeefraktion“ und ist dem Aktionsnetzwerk vollständig fremd. Ziel des Netzwerkes ist es, eine demokratische solidarische Gesellschaft zu stärken, nicht Feindbilder aufzubauen. Alle Menschen in Uniform oder in Zivil sind vollwertig einbezogen.

Bekanntlich befreien Uniformen und Ämter aber nicht von Fehlverhalten. Uniformen und Ämter haben die Demonstrationen von „Leipzig nimmt Platz“ immer wieder massiv eingeschränkt. Beispiele in jüngerer Zeit waren die Kesselung ohne Angabe von Gründen (23.09.2015), der anlasslose Abschuss einer Gasgranate in die Kundgebung (12.12.2015) oder die vermutlich verdeckte Überwachung der Versammlung (04.01.2016). Dagegen wehrt sich das Aktionsnetzwerk auch juristisch – auf dem Boden der Rechtsordnung.

Auch der Dialog mit Herrn Innenminister Ulbig wurde von Akteuren des Aktionsnetzwerks gesucht. Der im Januar 2015 an ihn versandte Brief blieb leider ohne Antwort. Der offensichtliche Unwille zum Dialog auf der einen und die fehlenden Berührungsängste zu Pegida auf der anderen Seite deuten darauf hin, dass der für den Verfassungsschutz zuständige Minister keineswegs neutral agiert. So traf sich Herr Ulbig im selben Monat mit der damaligen Pegida-Sprecherin K. Oertel.

Der Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz Sachsen Meyer-Plath hatte im Oktober 2015 erklärt, dass Legida und Pegida nicht beobachtet würden. Entsprechend hatte der öffentliche Aufruf von Lutz Bachmann (Pegida) „Wir holen uns die Neustadt“ für den 21. Dezember 2015 in Dresden zur Folge, dass dieser verbreitet und schließlich mit zahlreichen Gewalttaten, die zum Teil schwere Körperverletzungen zur Folge hatten, auch umgesetzt wurde. Die Polizei und der Verfassungsschutz waren hier offensichtlich überfordert.

Der Verfassungsschutz, der im Falle des NSU vollständig versagt hat und ganz offensichtlich mit zweierlei Maß misst, folgt der wissenschaftlich kritisierten Extremismustheorie, die Rechte und Linke als analoge Phänomene umdeutet, aber die empirisch belegten „extremistischen“ Einstellungsmuster einer gesellschaftlichen „Mitte“ ausblendet. In widersinniger Konsequenz scheint der Verfassungsschutz nun das Aktionsnetzwerk zu observieren.

Rechtsanwalt Jürgen Kasek, der sich laut dem VS-Papier „als Rechtsanwalt für ‘No LEGIDA’ ausgibt“ und dem vorgeworfen wird, dass er Demonstrationsteilnehmer_innen über ihre Grundrechte aufgeklärt habe, erklärt: „Wir werden die lückenlose Aufklärung der nun wahrscheinlichen Beobachtung tausender Menschen einleiten. Für die Staatsregierung ist das offenbar der Versuch, gegen die Stadt Leipzig und die Zivilgesellschaft vorzugehen.“

Aufruf des Aktionsnetzwerks „Leipzig nimmt Platz“ gegen Legida/Pegida am 11. Januar 2016

Wir lassen uns den Platz nicht nehmen

Am 12.01.2015 demonstrierten 35.000 Menschen in Leipzig gemeinsam gegen Rassismus und Ideologien der Ungleichwertigkeit. Seitdem haben sich Woche für Woche, Tag für Tag Menschen für Geflüchtete engagiert, haben gespendet und haben immer wieder gegen diskriminierende Ideologien Stellung bezogen. Damit konnte in Leipzig eine breite Anschlussfähigkeit von Legida – anders als bei Pegida in Dresden – verhindert werden.

Dennoch ist bei weitem nicht „alles gut“. Auch in Leipzig hat sich das gesellschaftliche Klima eingetrübt, und die Anzahl an Übergriffen auf Migrant_innen und Nichtrechte ist deutlich angestiegen. Antifaschistische und antirassistische Arbeit konnte die Verbreitung von Einstellungsmustern der Ungleichwertigkeit und ihre Auswirkungen nicht verhindern, wohl aber deutlich begrenzen.

11. Januar 2016: Wir lassen uns den Platz nicht nehmen. NoLegida NoPegida

Vom Irrglauben mit LEGIDA zu reden

Das Entstehen der GIDAs, die auf die Erfahrungen der Montagsmahnwachen zurückgriffen, war absehbar. Dass LEGIDA, CEGIDA, PEGIDA und weitere immer noch eine gefährliche Anziehungskraft besitzen, hängt auch mit dem ambivalenten Agieren von Teilen der Politik und Zivilgesellschaft zusammen, die trotz unzähliger Übergriffe schweigen, das Problem leugnen und dem Irrglauben folgen, dass man mit den GIDAs reden könne. So wurde der GIDA-Bewegung ein Resonanzraum gegeben, der das eigentliche Problem der Vorurteile und Einstellungsmuster der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit verdeckte, und den Hass als „berechtigte Ängste“ legitimierte. Dabei hat sich mehr als ein Mal gezeigt, dass die GIDAs und ähnliche rassistische Gruppierungen in ihrem Kern weder durch Fakten noch Argumente zu erreichen sind.

Sehenden Auges nimmt ein Großteil der Gesellschaft hin, dass sich eine völkische Front von Rechts herausbildet, die demokratischen Grundwerten und Grundrechten ablehnend gegenübersteht. Diese „Volksfront“, die auf die Theorien der Neuen Rechten zurückgreift, hat in der völkisch-nationalistischen Partei AfD bereits einen parlamentarischen Arm, der stetig an der Etablierung von menschenfeindlichem Gedankengut arbeitet. Dennoch werden weiterhin Gesprächsangebote unterbreitet und eine Bereitschaft zum Dialog gefordert.

Eine ähnliche Aufmerksamkeit wird den Gegner_innen des Rassismus nicht zuteil. Stattdessen wurde im letzten Jahr immer wieder deutlich, dass nicht nur Teile der Politik, sondern auch der Polizei mit den GIDAs sympathisieren und versuchen, den notwendigen Protest gegen Vorurteile und Faschismus zu kriminalisieren. Mithilfe einer wissenschaftlich fragwürdigen Extremismustheorie wird „linke Gewalt“ als staatsgefährdendes Mysterium beschworen, werden Antirassist_innen pauschal verurteilt und stigmatisierend unter Generalverdacht gestellt. Wer sich in Sachsen demokratisch äußern darf, bestimmt anscheinend die herrschende CDU mit ihrem willfährigen Arm der parteigebundenen Extremismus- und Politikforschung. Dabei wird konsequent ignoriert, dass es ebenso wenig um Kommunalpolitik geht wie um den Ruf Sachsens.

Es geht nicht um Leipzig, es geht um Menschen- und Grundrechte

Der Protest gegen Ideologien der Ungleichwertigkeit bleibt weiterhin notwendig – gerade in Sachsen, einem demokratischen Entwicklungsland. Ziel des Protests gegen LEGIDA war von Anfang an eben nicht, das Image Leipzigs zu verteidigen. Die Stadt Leipzig will als weltoffen wahrgenommen werden, ein Teil seiner Bewohner_innen ist es jedoch nicht, wie der Widerstand gegen den Moscheebau in Gohlis, die Diskussionen um die Unterbringung von Geflüchteten und die Versammlungen in Paunsdorf, Wahren und Schönefeld und schließlich die LEGIDA-Aufmärsche immer wieder gezeigt haben.

Es geht um die Menschenrechte, wie sie 1948 von den Vereinten Nationen verabschiedet wurden, inbegriffen das Menschenrecht auf Asyl. Ein Menschenrecht, das zusammen mit anderen Grundrechten in unserem Grundgesetz Einklang findet und seitdem immer wieder Angriffen ausgesetzt war. Mit der letzten Asylrechtsverschärfung ist dieses Recht faktisch im Grundgesetz abgeschafft.

Aber der Angriff der GIDAs und nationalkonservativer Politiker_innen richtet sich nicht nur gegen das Asylrecht – auch die Gleichheit aller Menschen und die Religionsfreiheit sind wie die Presse- und Meinungsfreiheit in Bedrängnis geraten. In Leipzig wie in Dresden wurden am Rande der Aufmärsche immer wieder Pressevertreter_innen attackiert. Auch die Gleichheit von Mann und Frau wird durch das Gesellschaftsbild der GIDAs negiert, das kämpferischen Antifeminismus propagiert. Die Frau als Mutter, als ausschließlich Reproduktionsarbeit leistender Teil der Familie und der gesamten Gesellschaft entspricht dem nationalsozialistischen Frauenbild und ist mit dem des 21. Jahrhunderts nicht vereinbar. Dass auch die Religionsfreiheit abgeschafft werden soll, ist fast eine Randnotiz im Ringen um die „völkische Revolution“.

In der Auseinandersetzung mit dieser Entwicklung wird ein Versagen der gesellschaftlichen Mitte deutlich, die sich angesichts des Auftretens von völkischem Nationalismus und rechten Gewalttaten in Schweigen hüllt und damit einem neuen Faschismus dem Weg bereitet. Es geht längst nicht mehr darum, die vielbeschworene aber nicht erreichte Weltoffenheit zu verteidigen, für die Leipzig gern stehen möchte, sondern den aufkeimenden Faschismus und den Angriff auf die Grund- und Menschenrechte abzuwehren.

Ein Jahr Hass und Gewalt

Wenn am 11. Januar die auf wenige hundert Menschen zusammengeschmolzene Parallelgesellschaft von LEGIDA in Leipzig zusammen mit der Dresdner PEGIDA aufmarschieren will, steht auch unser gemeinsames Ziel einer offenen, demokratischen und pluralistischen Gesellschaft zur Disposition. Nein, wir stellen uns nicht vor die Politik irgendeiner Regierung oder Partei. Wir stellen uns nicht nur gegen die Inbesitznahme öffentlichen Raumes in Form wöchentlicher GIDA-Aufmärsche.

Wir treten dem Angriff gegen Grund- und Menschenrechte durch Diskriminierung und Einstellungsmuster der Ungleichwertigkeit entschlossen entgegen.

Wir rufen daher dazu auf, am 11.01.2016 ein deutliches Zeichen gegen den aufkeimenden Faschismus zu setzen und Hass und Rassismus den Platz zu nehmen. Treffpunkt zur Demonstration von „Legida? Läuft nicht.“ ist 17 Uhr am Augustusplatz. Ab 18 Uhr wird die Lichterkette des Bündnisses „Willkommen in Leipzig“ den Ring umschließen.

Leipzig, den 5. Januar 2016
Aufruf als Download (PDF, 124kB)

Aufruf zum 12. Dezember 2015: Früh aufstehen gegen völkische Erweckung!

Am 12.12. wollen neonazistische Strukturen einen Sternmarsch nach Connewitz veranstalten. Dagegen hat das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ eine Kundgebung am geplanten Treffpunkt der drei Demonstrationszüge direkt an der HTWK angemeldet.

Grafik: Früh aufstehen gegen völkische Erweckung! #le1212

Die „Offensive für Deutschland“ (OfD) ist eine Abspaltung der ebenso menschenfeindlichen LegIdA, die seit Ende September in Leipzig keinen Fuß fassen konnte und von Aufmarsch zu Aufmarsch immer stärker in Lächerlichkeit abdriftete. Die OfD erhält Unterstützung durch „ThügIdA“, ein weiterer PEgIdA-Ableger („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“), der von organisierten Neonazis geführt wird, und von der ihre Verfassungsfeindlichkeit kaum verhehlenden Partei „Die Rechte“. Alexander Kurth, der dabei für Die Rechte auftritt, war bereits im Oktober mehrmals unterstützend für die OfD tätig. Komplettiert wird der Aufmarsch gescheiterter Neonazi-Existenzen durch Silvio Rösler (ehemals LegIdA), Erhard Kaiser (ehemals LegIdA), Anne Zimmermann (ehemals Initiative Heimatschutz Meißen: IHS), Michel Fischer (ThügIdA, Die Rechte) und Christian Worch (Die Rechte). Letzterer war Anmelder und Versammlungsleiter unzähliger neonazistischer Demonstrationen in Leipzig. Bereits im Jahr 2004 hatte Worch zum Sturm auf Connewitz aufgerufen, was in einem Fiasko endete. Kaum mehr als 100 Neonazis standen umzingelt von 1000 Polizist_innen und mehr als 4000 Gegendemonstrant_innen auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz und mussten abziehen, ohne einen einzigen Meter gelaufen zu sein.

Das Vorhaben, einen Sternmarsch im alternativen Leipziger Stadtteil Connewitz zu veranstalten, als Provokation zu bezeichnen, ist noch zu kurz gegriffen. Teilen der Veranstalter_innen geht es nicht um die Kommunikation der eigenen Menschenverachtung, sondern mobilisiert wird erneut zum Sturm auf Connewitz. So ruft die neonazistische Kameradschaftszene dazu auf, “Connewitz in Schutt und Asche zu legen”.

Über das gesamte Jahr hinweg versuchten sich die einzelnen Akteur_innen in diversen nationalistischen Bewegungen, einzeln meist erfolglos, insgesamt jedoch mit Wirkung: Ob LegIdA, ThügIdA, IHS oder OfD, alle völkischen Erweckungsbestrebungen trugen maßgeblich zur aktuellen rassistisch und menschenfeindlich geprägten Grundstimmung der Gesellschaft bei. Jede einzelne Demonstration der Rassist_innen führte dazu, dass knallharte Neonazis verharmlosend als „Besorgte“ oder „Patriot_innen“ bezeichnet werden – und ringsherum täglich Anschläge auf Geflüchtetenunterkünfte und Angriffe auf nicht zum „Volk“ gehörende Personen verübt werden. Bei bis zu 37 rassistischen Kundgebungen pro Woche führte ein Gewöhnungseffekt wiederum dazu, dass diese Entwicklung nach Freital und Heidenau nicht länger skandalisiert wurde und zum sächsischen Normalzustand werden konnte. Die Bedrohung von Migrant_innen und Nichtrechten ist in Sachsen zum Normalzustand geworden. Unterstützung fanden die unzähligen menschenverachtenden Zusammenrottungen in Teilen der Politik, die immer wieder Rassismus und Ideologien der Ungleichwertigkeit relativierte und teilweise – selbst, nachdem der faschischtische Kern bei PEgIdA sichtbar wurde – nicht müde wurde, Gespräche mit den Besorgniserregenden zu fordern.

Es bleibt daher notwendig, sich gegen völkische Erweckung, gegen Nationalismus und Rassismus zu wehren!

Wenn die Nazis sich nun nach Connewitz bewegen, hat das mehrere Aussagen: Sie fühlen sich in inzwischen derart sicher, dass sie nun auch hier als „das Volk“ auftreten wollen. Mit Slogans wie „Nicht links, nicht rechts“ und der Aussage der OfD, man wolle von Connewitzer_innen gehört werden, wird eine überhebliche Querfrontbestrebung deutlich, die nur im härtesten Volkstaumel erdacht worden sein kann. Und schließlich ist da noch die erwähnte Provokation, mit der Andersdenkende nicht nur aus der Reserve, sondern am liebsten in polizeiliche Repressionsmaßnahmen gelockt werden sollen.

Einer Reihe von Politiker_innen ist der linksalternative „Mythos Connewitz“ schon lange ein Dorn im Auge. Kaum eine Distanzierung von Gewalt von konservativer Seite vergeht ohne Reproduktion der Extremismustheorie und die damit einhergehende Gleichsetzung von links und rechts. Immer wieder werden notwendige antirassistische Proteste kriminalisiert und im Nachhinein genutzt um zu erklären, Linksextremismus wäre ebenso ein Problem wie der grassierende Rechtsextremismus. Für die CDU-Mehrheit in Sachsen und ihre völkische Ergänzung in der AfD sind das Hauptproblem nicht die rassistischen Proteste und Gewalttaten sondern diejenigen, die immer wieder darauf hinweisen und sich gegen Menschenfeindlichkeit stellen.
Wenn in Leipzig der Protest gegen Neonazis und ihre menschenverachtende Ideologie zu erwarten ist, hat andernorts schon jemand die entsprechenden Schreiben auf dem Tisch, hofft und wartet auf Eskalation und wird im nächsten Moment ein entschiedenes Durchgreifen gegen emanzipatorische Strukturen fordern. In dieser Logik konservativer Innenpolitiker_innen, deren einzige Antwort auf die Zunahme rechter Gewalt immer noch Symbolismus ist, werden die Nazis zu Erfüllungsgehilfen und die Eskalation zum notwendigen Durchgangsstadium um endlich „in Connewitz aufräumen“ zu können. Dementsprechend wichtig ist es, sich dieses Problem zu vergegenwärtigen und der konservativen Armada nicht die sehnlichst gewünschten Bilder zu liefern.

Eine weitere Bedrohung an diesem Tag ist die Nähe der Naziaufmärsche zu diversen Unterkünften für Zufluchtsuchende. Im direkten Umkreis der ehemaligen 3. Grundschule soll die Demonstration von Die Rechte um Alexander Kurth starten. Zum Schutz der Menschen dort und um gemeinsam mit ihnen einen positiven Gegenpol zu den Naziaufmärschen zu schaffen, hat „Leipzig nimmt Platz“ eine weitere Kundgebung angemeldet.

Wir rufen dazu auf, euch den Protestaktionen am 12.12. anzuschließen. Seid in Gruppen unterwegs, seid kreativ und deutlich! Lasst euch nicht auf die Provokationen ein, sondern tretet den Neonazis gewaltfrei und mit Mitteln des zivilen Ungehorsams entgegen!

Vom Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ angemeldete Versammlungen:

  • HTWK, 13 Uhr – Kundgebung: „Früh aufstehen gegen völkische Erweckung“
  • Bernhard-Göring-Str. 107, 13 Uhr – Kundgebung: „Kein Mensch ist illegal“

Leipzig, den 7. Dezember 2015
Download des Aufrufes als PDF (121 kB)

Am 13. & 18. Februar 2012: Naziaufmarsch, Geschichtsrevisionismus und Repression entgegenstellen

*Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz mobilisiert nach Dresden. Bustickets erhältlich. Info- & Diskussionsveranstaltung und Aktionstraining in Leipzig*

Auch in diesem Jahr und Mal wollen Neonazis im Februar in Dresden aufmarschieren und Geschichte verdrehen. Die Bombardierung der Stadt Dresden durch alliierte Luftstreitkräfte im Jahr 1945 dient ihnen als Projektionsfläche um sich als Opfer des 2. Weltkrieges zu inszenieren. Auch Teile der Stadtgesellschaft und -politik wähnen sich in der Opferrolle und trauern am 13.2. um die „unschuldige Stadt Dresden“, die in ihren Augen vor 67 Jahren vollkommen grundlos zerstört wurde. Dass die Stadt Teil des nationalsozialistischen Regimes und ein wichtiges Rüstungs-, Industrie- und Verkehrszentrum war, bleibt in dieser Perspektive ausgeblendet. Und so werden sich RepräsentantInnen aus Politik und Gesellschaft auch in diesem Jahr wieder auf dem Heidefriedhof einfinden und am Rondell, in dem 14 Gedenkstelen aufgereiht sind, mit denen neben Orten nationalsozialistischer Verbrechen wie Auschwitz, Buchenwald, Warschau oder Coventry auch der Stadt Dresden gedacht wird, Blumen niederlegen. Die von der Stadt Dresden angekündigte „wesentliche inhaltliche Veränderung“ des Gedenkens besteht darin, dass nicht Trauerkränze, sondern weiße Rosen vor dem geschichtsrevisionistischen Gedenkort niedergelegt werden und die Uhrzeit von 11 auf 15 Uhr verlegt wird.
Am 13.2.2012 werden dem wenige Stunden später die Nazis folgen. Das so genannte „Aktionsbündnis gegen das Vergessen“, das sich vor allem aus dem Spektrum „Freie Kräfte“ speist, ruft für den 13.2. zum Fackel-Trauermarsch auf. Für den 18.2.2012 ist der Trauermarsch der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen (JLO) angemeldet. Ob und in welcher Dimension dieser stattfinden wird, ist offen.

In den vergangenen beiden Jahren ist mit der Unterstützung von bis zu 20.000 Menschen gelungen die zentralen neonazistischen Trauermärsche in Dresden zu verhindern.
Der sächsische Staat reagierte auf diese erfolgreiche antifaschistische und zivilgesellschaftliche Mobilisierung mit krassen Repressionen: begonnen mit der Stürmung des „Haus der Begegnung“ am Tag des 2011er Aufmarsches durch SEK-Einheiten über eine Handy-Daten-Erfassung im großen Stil bis hin zu Razzien, Ermittlungen nach § 129 StGB (Bildung einer kriminellen Vereinigung) und der juristischen Ahndung und Bestrafung von Blockadeaktionen.
Eine landeseigene Extremismusklausel soll darüber hinaus dafür sorgen die Arbeit gegen Neonazismus zu diskreditieren und kritische Initiativen außerhalb des demokratischen Konsens zu stellen.

Wir sind und bleiben kritisch und rufen dazu auf sich auch 2012 Naziaufmärschen, Geschichtsrevisionismus und Repression entgegenzustellen.
Schließt euch an: gegen jede Relativierung der Geschichte und der deutschen Schuld am Nationalsozialismus. Dafür, dass den Nazis auch im nächsten Jahr kein Fußbreit gewährt wird. Weder die Einschüchterungsversuche, die der sächsische Staat im vergangenen Jahr gegen AntifaschistInnen und zivilgesellschaftliche Akteure gerichtet hat, noch die Diskreditierung von Blockaden gegen Neonazis werden uns davon abhalten.

Aus Leipzig werden am 13. und am 18.2.2012 Busse nach Dresden fahren. Tickets für den 13. und 18.2. gibts für 5 Euro im el libro/ linXXnet, Bornaische Straße. Tickets für den 18.2. gibt es außerdem im Campus-Service des StudentInnenrates der Uni Leipzig am Augustusplatz und in der Vleischerei, Zschochersche/ Karl-Heine-Straße.

Zur Vorbereitung auf die Aktionen hat das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz zwei Veranstaltungen organisiert:

01.02.12, 19:00, Leipzig, Hörsaalgebäude der Universität, Universitätsstraße 1, Hörsaal 16 : Infoveranstaltung “Naziaufmarsch, Geschichtsrevisionismus und Repression entgegenstellen” mit Dresden nazifrei

08.02.12, 18:00, Leipzig, Cammerspiele Connewitz auf dem Gelände des WERK II, Kochstraße 132: Aktionstraining in Vorbereitung auf Anti-Nazi-Proteste in Dresden

Außerdem empfehlen wir folgende Veranstaltungen:

02.02.2012, 19:30, Leipzig, Conne Island, Koburger Str. 3: Protest – geht’s noch? Podiumsdiskussion zum Stand der Proteste gegen den Naziaufmarsch in Dresden mehr

09.02.2012, 19:00, Leipzig, Conne Island, Koburger Str. 3: Mobilisierungsveranstaltung zur Demonstration “extrem_ist_in: Gegen das sächsische Demokratieverständnis und die Kriminalisierung von Antifaschismus” mehr


Mobilisierungsmaterial kann im linXXnet in der Bornaischen Str. 3d in Leipzig-Connewitz abgeholt werden.

Links:
http://leipziggoesdd.blogsport.de/

http://dresden-nazifrei.com
http://left-action.de/antifa/

Aller guten Dinge sind drei! BLOCK DRESDEN 2012 – Blockieren, bis der Naziaufmarsch Geschichte ist

Das Aktionsnetzwerk unterstützt den Aufruf des Bündnisses Dresden nazifrei und mobilisiert auch 2012 nach Dresden!

Wieder Nazis in Dresden blockieren!

In den vergangen zwei Jahren ist uns etwas gelungen, das viele für unmöglich gehalten hatten: Wir haben den Naziaufmarsch in Dresden erfolgreich blockiert. Tausende Nazis konnten ihr eigentliches Ziel, mit einer Großdemonstration ihre menschenverachtende Ideologie zur Schau zu stellen, nicht erreichen.

Mit dem Aufmarsch im Februar versuchten sie in den vergangenen Jahren, an das Gedenken an die Bombardierungen Dresdens im Februar 1945 und den damit einher gehenden Mythos der „unschuldigen Stadt Dresden“ anzuknüpfen. Auch durch Ignorieren und Wegschauen seitens der Stadtverwaltung und eine mangelnde Entschlossenheit großer Teile der Dresdner Zivilgesellschaft konnte dieser Termin zu Europas größtem Naziaufmarsch mit bis zu 7000 Teilnehmenden werden. Doch die Dynamik der Aufmärsche ist gebrochen. Zu verdanken ist dies insbesondere dem entschlossenen Handeln von zwölftausend (2010) und zwanzigtausend Menschen (2011), die mit Massenblockaden den Marsch der Nazis verhinderten.

Wir wenden uns gegen jede Form von Geschichtsrevisionismus. Alten und neuen Nazis darf keine Gelegenheit gegeben werden, die deutsche Geschichte zu verklären und die NS-Verbrechen zu verherrlichen. Daher werden wir am 13. Februar 2012 den „Täterspuren“-Mahngang durchführen, um an die NS-Geschichte in Dresden zu erinnern.

„Sagen, was man tut, und tun, was man sagt“ – durch dieses Motto war unser Handeln der letzten Jahre geprägt. Dabei bleibt es! Uns eint das Ziel, den Naziaufmarsch durch Massenblockaden zu verhindern. Unser Ziel ist dabei nicht die Auseinandersetzung mit der Polizei. Wir sind entschlossen, den Naziaufmarsch zu blockieren – von uns wird dabei keine Eskalation ausgehen. Wir sind solidarisch mit allen, die mit uns das Ziel teilen, den Naziaufmarsch zu verhindern.

„Unsere Vielfalt ist unsere Stärke“ – das war unser Credo der letzten Jahre. Dabei bleibt es! Mit einem breiten Bündnis aus Antifagruppen, lokalen Initiativen und Aktionsgruppen, Gewerkschaften, Parteien und Jugendverbänden, religiösen Gruppen sowie zahlreichen weiteren Organisationen und Einzelpersonen haben wir deutlich gemacht: Blockaden sind legitim, und Dresden geht uns alle an!

AntifaschistInnen wurden in den letzten Monaten vermehrt mit staatlichen Repressionen überzogen. Rechtswidrige Funkzellenabfragen, politisch motivierte Strafverfahren, selbst Immunitätsaufhebungen werden uns nicht einschüchtern. Versuchen von außen, uns mittels der Extremismustheorie zu spalten, setzen wir unsere Solidarität entgegen. Wir lassen uns nicht spalten. Ziviler Ungehorsam ist unser Recht, unsere Blockaden sind legitim!

Lassen wir uns nicht einschüchtern! Wir protestieren im Februar in Dresden auch gegen die staatliche Aushöhlung des Versammlungsrechts und einen Schnüffel-Staat. In Dresden soll bewusst das Rechtsordnungsprinzip der Verhältnismäßigkeit verschoben werden, um einen „gläsernen Demonstranten“ zu schaffen. Wir treten dem entschieden entgegen. Dabei stehen wir zusammen gegen alle Versuche der Einschüchterung und der Beschneidung unserer Bürgerrechte.

Auch 2012 werden wir den Naziaufmarsch in Dresden blockieren. Die Mordserie der in Sachsen untergetauchten Nazis zeigt einmal mehr, wie wichtig entschlossenes antifaschistisches Handeln ist. Antifaschistisches Engagement darf nicht kriminalisiert, sondern muss unterstützt werden. Jahrelang sind Anschläge, Nazigewalt und Waffenfunde in der Naziszene bagatellisiert worden. Schluss damit!

Wir geben den Nazis keinen Meter Straße preis. Wir blockieren sie in Dresden: bunt und lautstark, kreativ und entschlossen!

Nie wieder Faschismus! Nie wieder Krieg!

Website Dresden nazifrei

Aktivierungskonferenz Dresden nazifrei am 7./8.10.2011

Am 19. Februar haben mehr als 20.000 Menschen zum zweiten Mal in Folge Europas größten Naziaufmarsch durch entschlossene Blockaden verhindert. Dieser Erfolg Zivilen Ungehorsams reiht sich in erfolgreiche Blockadeaktionen in Leipzig, Berlin, Jena und Köln ein. Jedoch gehen die Polizei und die Dresdner Staatsanwaltschaft mit einer ungeahnten Repressionswelle gegen „Nazifrei! – Dresden stellt sich quer“ vor.

In einem bisher beispiellosen Ausmaß wurden Funkzellenabfragen durchgeführt. Von zehntausenden Menschen wurden Daten gespeichert und ausgewertet. Selbst die konservative FAZ kritisierte den Schnüffelwahn des Staates massiv mit den Worten „Teheran – Damaskus – Minsk – Dresden“ und wies damit auf die Albtraumvision eines gläsernen Demonstranten und einer entgrenzten Verfolgungspraxis des Staates hin. Aktuell werden massenweise Strafbefehle gegen BlockiererInnen ausgesprochen, unverhältnismäßige Gewalt gegen DemonstrantInnen eingesetzt. Zahlreiche AntifaschistInnen werden mit § 129-Verfahren überzogen und kriminalisiert. BündnispartnerInnen werden mit der Extremismusklausel unter Druck gesetzt. Bei Hausdurchsuchungen machte die Staatsanwaltschaft auch vor einer Anwaltskanzlei und dem Jenaer Jugendpfarrer König nicht halt. Dieser hatte es gewagt im „Spiegel“ die absurden Ermittlungen gegen ihn wegen § 129 – Bildung einer kriminellen Vereinigung – zu kritisieren. Eine Woche später führte die sächsische Polizei in Thüringen eine Hausdurchsuchung bei ihm durch. Der Vorwurf lautet nun: „Aufrührerischer Landfriedensbruch“. Die Absurdität dieser Anklage wurde zuletzt von der Sendung „Frontal 21“ belegt.

Gemeinsam mit dir wollen wir beraten, wie wir zukünftig Blockaden organisieren, Repressionen gemeinsam abwehren und noch mehr Menschen zu entschiedenem Eintreten gegen Neonazi-Umtriebe ermutigen. Dazu laden wir Dich herzlich zur Konferenz am 7. und 8. Oktober 2011 ins Hörsaalzentrum der TU Dresden ein. Neben Diskussionen und Informationsveranstaltungen bieten wir auch verschiedene Workshops zu Blockaden, der rechtlichen Situation und Zivilen Ungehorsam an. Genauere Informationen findest du auf unserem Infoflyer weiter unten.

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Aktionsnetzwerk unterstützt Erklärung gegen die Extremismusklausel

Am 22.03.2011 trafen sich verschiedene Vereine, Initiativen und Akteur_innen der Leipziger Zivilgesellschaft, um einen gemeinsamen Umgang mit der sogenannten „Demokratiebestätigung“ bzw. „Extremismusklausel“ auf lokaler Ebene zu diskutieren. Ergebnis des Treffens ist eine Aufforderung an den Begleitausschuss des Lokalen Aktionsplans „Leipzig. Ort der Vielfalt“ (LAP) und an die Stadt Leipzig sich offensiv gegen die Extremismusklausel einzusetzen, und damit für eine lebendige demokratische Kultur, in der Kritik nicht mit autoritären Methoden unterdrückt wird.

Aufforderung an den Begleitausschuss des Lokalen Aktionsplans „Leipzig. Ort der Vielfalt“ (LAP) und an die Stadt Leipzig

Am 22.03.2011 trafen sich verschiedene Vereine, Initiativen und Akteur_innen der Leipziger Zivilgesellschaft, um einen gemeinsamen Umgang mit der sogenannten „Demokratiebestätigung“ bzw. „Extremismusklausel“ auf lokaler Ebene zu diskutieren.
Dabei wurde deutlich, dass demokratiefördernde Arbeit generell als wichtige und somit gesamtgesellschaftliche Aufgabe anzusehen ist, die durch öffentliche Gelder getragen sein muss, ohne sich dabei Bekenntniszwang und Gesinnungsschnüffelei unterwerfen zu müssen.
In der Annahme, dass der Begleitausschuss des Lokalen Aktionsplans Leipzig sowie die Stadt Leipzig die sogenannte „Demokratiebestätigung“ als genauso untragbar empfinden, wie der oben genannte Initiativkreis, fordern wir hiermit:

– auf die obligatorische Abforderung der oben genannten Klausel als Voraussetzung für die Gewährung von Fördermitteln aus dem Lokalen Aktionsplan zu verzichten. Stattdessen fordern wir, dass sich der Ausschuss – wie in der Vergangenheit – ausschließlich an den Inhalten der Projekte orientiert.
– sich gegenüber der Bundesregierung und dem zuständigen Bundesministerium (BMFSJ) dafür einzusetzen, dass die bislang von Initiativen beantragten Mittel aus dem entsprechenden Bundesprogramm unter Verzicht auf die Abgabe derartiger Erklärungen gewährt werden und deren Abgabe als Fördervoraussetzung aus dem entsprechenden Programmen gestrichen wird.
– die Stadt Leipzig auf, dem positiven Beispiel anderer Kommunen zu folgen und nach weiteren Fördermöglichkeiten für lokale demokratiefördernde Arbeit zu suchen und diese zu erschließen.

Begründung:
Die Einführung einer sogenannten „Extremismusklausel“ würde die – auch von Seiten der Stadt bestätigte – bisherige vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Kommune und Zivilgesellschaft sowie den seit vielen Jahren bestehenden demokratischen Konsens in Leipzig gefährden und durch ein Klima von Unsicherheit und Misstrauen ersetzen.
Zudem kritisieren wir die generelle Ausrichtung einer solchen „Extremismusklausel“ aus verschiedenen Gründen:

1. Die Klausel basiert auf einer formalisierten, ordnungspolitischen Auffassung von Demokratie und Gesellschaft. Jedoch lebt eine demokratische Gesellschaft nicht allein von staatlichen Strukturen, sondern vielmehr von einer aktiven Zivilgesellschaft, welche einen permanenten politischen Diskurs antreibt und somit die gelebte Demokratie einem stetigen Wandel unterwirft.

2. Darauf aufbauend betrachten wir die Klausel als Beschneidung des politisch Sagbaren sowie als Mittel, zivilgesellschaftliche Kritik „mundtot“ zu machen. Eine offene inhaltliche Auseinandersetzungen über gesellschaftsrelevante und -kritische Themen – der für Demokratien wichtige Prozess der öffentlichen Meinungsbildung – wird somit tendenziell unterbunden.

3. Weiterhin werden durch die Klausel vereinfachte „antidemokratische“ Feindbilder geschaffen. Denn die Einschätzung, was als „extrem“ und somit „undemokratisch“ gilt, basiert lediglich auf dem oben beschriebenen, ordnungspolitischen Demokratieverständnis.
Grundlegend für die Beurteilung einer demokratischen Gesellschaft sollten jedoch die Menschenrechte und somit die Bekämpfung von menschenverachtenden und diskriminierenden Einstellungen sein. Nur so kann über einen institutionellen Rahmen hinaus Demokratie als Alltagskultur und Lebensform gestaltet werden.

4. Problematisch ist zudem der Verweis auf die Berichte des Verfassungsschutzes als entscheidendes Kriterium zur Bewertung von Initiativen und Organisationen. Die Einschätzung einer Behörde kann in einem Rechtsstaat nicht ausschlaggebend sein für die Beurteilung von Personen bzw. Organisationen als »extremistisch« und damit deren Ausschluss aus dem staatlich geförderten Handeln für Demokratie und Vielfalt.

5. Abschließend ist zu sagen, dass durch die Verfassung – deren Anerkennung die Projekte mithilfe der Klausel bestätigen sollen – kein Generalverdacht und somit Bekenntniszwang vorgesehen ist. Zudem bestätigen die Gutachten von Prof. Ulrich Battis und des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages die Unverhältnismäßigkeit eines solchen Bekenntnisses, welches den freiheitlich demokratischen Staat selbst diskreditieren würde.

Wir laden den Begleitausschuss des Lokalen Aktionsplans Leipzig sowie die diesbezüglich relevanten Entscheidungsträger_innen der Stadt Leipzig zu einem gemeinsamen Treffen mit den hier unterzeichnenden Vereinen und Personen ein. Dabei soll eine produktive Auseinandersetzung im Umgang mit dieser, die bestehende demokratische und vertrauensvolle Atmosphäre vergiftenden, Klausel gefunden werden.

Leipzig, den 24.03.2011

Erstunterzeichnende Vereine und Personen:
Frank Kimmerle, Erich-Zeigner-Haus e.V.
Juliane Nagel, Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“
Projekt Verein e.V. Conne Island
Forum für kritische Rechtsextremismusforschung bei Engagierte Wissenschaft e.V.
Sebastian Krumbiegel (Musiker)
Edda Möller, Leizig.Courage zeigen e.V.
Carsten Völtzke, Mitarbeiter Netzwerk für Demokratie und Courage
Leila Schilow, Mitarbeiterin Netzwerk für Demokratie und Courage
Richard Gauch, Projektleiter der Gruppe “Gedenkmarsch” – Leipzig
Oliver Reiner, Geschäftsführer Soziokulturelles Zentrum “Die VILLA”
kunZstoffe – urbane Ideenwerkstatt e.V.
Falk Elstermann
Stephan Meister (Organisationsberater)
Frank Schubert
Dr. Barbara Höll, MdB
Küf Kaufmann
Enrico Billing
Magdalene Schlenker (Bildungsreferentin)
Susanne Brettin
Anja Treichel
Paul Schmidt
Susanne Stoll (Kommunikationsdesignerin)
Claudia Ratering
Kulturbüro Sachsen e. V. – Mobiles Beratungsteam / Regionalbüro Nordwest
globaLE e.V.
Martin Henker, Superintendent
Michael Reibetanz, M.A. Soziologie, ehemaliger Leipziger Student
Ulf-Peter Graslaub, Vorsitzender Stadtbezirksverband Alt-West Die Linke.Leipzig
Renate Peinel, Vorsitzende Bund der Antifaschisten e.V. Leipzig
Dr. Volker Külow, MdL DIE LINKE
Frank Schott, ARBEIT UND LEBEN Sachsen e.V.

Die Liste bleibt für weitere Unterzeichnungen offen.
Rückmeldungen unter initiativkreis.lap at googlemail.com

Einladung zu einem Initiativtreffen gegen die »Extremismus- oder Demokratieklausel«

… am 22. März 2011, 18 Uhr im Erich-Zeigner-Haus, Zschochersche Str. 21, 04229 Leipzig …

In diesen Wochen erreichen die ersten Bescheide verschiedener Landes- und Bundesprogramme gegen Rassismus, Antisemitismus und Naziideologien mit der sogenannten »Extremismus- oder Demokratieklausel« ihre ZuwendungsempfängerInnen.
Sprachlich leicht variierend wird ein Bestandteil der Bescheide das Bekenntnis zur »Freiheitlichen demokratischen Grundordnung« sowie eine Verpflichtungserklärung über die demokratische und antiextremistische Einstellung möglicher KooperationspartnerInnen beinhalten. Wer diese nicht unterschreibt, bekommt keine Mittel, so die verantwortlichen Stellen und Ministerien.
Seit Wochen und Monaten tobt diesbezüglich eine breite, öffentliche Debatte. Nicht nur die betroffenen Gruppen, Vereine und Initiativen wehren sich gegen das »Bekenntnisprogramm« vom zuständigen Familienministerium oder der Sächsischen Landesregierung. Das Land Berlin verweigert sich der Klausel ebenso wie verschiedene Begleitausschüsse Lokaler Aktionspläne, JuristInnen erklären die Klausel nicht nur als verfassungsrechtlich bedenklich,sondern einem demokratischen Selbstverständnis diametral ent-
gegenstehend. Im Bundestag wird wütend über Sinn und Unsinn eines rein formalen Demokratiebekenntnisses debattiert, der Zentralrat der Juden plant ebenso wie Vertreter von Gewerkschaften gegen die Klauseln zu klagen.

In Leipzig, der Stadt, in der demokratische Entwicklungsprozesse stets angeschoben und forciert wurden, die sich seit Jahren aktiv, übergreifend und erfolgreich gegen Naziaufmärsche zur Wehr setzt, scheint die Diskussion zur »Extremismus- oder Demokratieklausel«, zumindest bis auf eine Handvoll Ausnahmen, wenig Widerstandspotential zu entfalten. Hier wartet man scheinbar geduldig ab.

Wir empfinden dieses Abwarten als strategisch falsch, vor allem aber als ein fatales Signal gegenüber allen Initiativen,Vereinen und Einzelpersonen, die sich seit Jahren gegen Nazis, für mehr zivilgesellschaftliches Engagement und für politische Teilhabe oder demokratische Aushandlungsprozesse engagieren. Fatal auch, weil die politischen Folgen unterschriebener »Demokratieklauseln« zumindest ebenso verhehrend sind wie die finanziellen Folgen, die entstehen, wenn staatliche Instanzen eine geförderte Initiative oder deren PartnerInnen unter »Extremismusverdacht« stellen. Bereits jetzt ist festzustellen, dass verschiedene Initiativen in vorauseilendem Gehorsam mit früheren oder potenziellen KooperationspartnerInnen nicht mehr zusammenarbeiten oder dies nur noch heimlich tun.
Egal wie man es dreht und wendet, die Unterschrift bedeutet eine Form von Akzeptanz staatlicher Eingriffe in zivilgesellschaftliches Engagement. Wir kritisieren diese Tendenz und wollen stattdessen Standards wie Meinungsvielfalt, Diskurs und demokratische Aushandlungsprozesse verteidigen. Wir finden, an die Stelle von Paragraphen, Klauseln und Verboten sollten besser Politisierung, Meinungsbildung, konstruktiver Streit und Diskussion treten!
Es geht neben der finanziellen Absicherung von Projekten und Initiativen auch um deren politische Glaubwürdigkeit. Es geht um ein prinzipielles Verständnis von politischem Handeln, Unabhän-
gigkeit und pluralistischer Meinungs- und Entscheidungsfindung. »In einem Klima des Misstrauens und der Gesinnungsprüfung«,so Bundestagsvizepräsident Thierse, »dürfte sich das Erleben von demokratischer Teilhabe kaum organisieren lassen.«

Wir möchten einladen, um genau diese zu erwarteten Konsequenzen zu diskutieren. Wir wollen – auch wenn der Zug für manche abgefahren scheint – Möglichkeiten besprechen, die Klausel zu kritisieren, vielleicht sogar abzuwenden. Welche Möglichkeiten haben freier Träger und Vereine sich zu wehren? Wie
kann die Kommune agieren? Welche Unterstützung und welche Form von Rückhalt erwarten wir in und von einer Stadt wie Leipzig? Wie kann eine breite und öffentliche Debatte zur »Extremismus- oder Demokratieklausel« auch in Leipzig stattfinden? Wie agiert der Lokale Aktionsplan der Stadt Leipzig und was passiert, wenn niemand unterschreibt?

Um all diese, und vielleicht weitere Fragen zu diskutieren, laden wir Euch herzlich zu einem vom Netzwerk für Demokratie und Courage moderierten Treffen am Dienstag den 22. März ins Erich-Zeigner-Haus ein. Versucht bitte, dass ein/e VertreterIn Eurer Initiative dabei sein kann.

Mit herzlichen Grüßen von den vorbereitenden Personen,

Frank Kimmerle (Erich-Zeigner-Haus e.V.)
Juliane Nagel (Aktionsnetzwerk »Leipzig nimmt Platz«)
Sebastian Kirschner (Projekt Verein e.V. Conne Island)
Frank Schubert (Forum für kritische Rechtsextremismusforschung bei
Engagierte Wissenschaft e.V.)
Sebastian Krumbiegel (Musiker, Mitglied des LAP-Begleitausschuss)
Edda Möller (Leipzig. Courage Zeigen e.V.)