Hass ist keine Alternative

Leipzig. Mehr als 400 Menschen haben gestern spontan und friedlich in Leipzig gegen den Einzug der AfD in den Bundestag protestiert. Das Aktionsnetzwerk ruft alle Demokrat*innen dazu auf, jetzt nicht zu resignieren sondern umso stärker für die Demokratie zu kämpfen und sich der Menschenfeindlichkeit entgegenzustellen.

„Das war ein schwarzer Tag für Sachsen. Dass die AfD stärkste Partei geworden ist, zeigt wie sehr Rassismus und Ideologien der Ungleichwertigkeit in diesem Bundesland verbreitet sind. Gleichzeitig war es ein wichtiges Zeichen, dass schon kurz nach Verkündung der ersten Hochrechnungen sich spontan mehr als 400 Menschen zu einer Demonstration versammelten und ihre Meinung zu diesem offensichtlichen Rechtsruck auf die Straße brachten“, erklärt Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk.

„Es ist zu befürchten, dass mit dem Erfolg der AfD die Anzahl an Übergriffen gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und Andersdenkende durch Rechte weiter zunehmen wird, auch in Leipzig. Die Rhetorik der AfD hat dies immer wieder angekündigt und die jetzt schon schockierend hohe Zahl an Straftaten mit rechtem Hintergrund macht dies deutlich“, so Jürgen Kasek.

Auch das Ergebnis in Leipzig macht klar, wie stark Einstellungsmuster der Menschenfeindlichkeit hier verbreitet sind. Es ist deshalb eine Herausforderung an alle Demokrat*innen, sich dieser Aufgabe zu stellen und gemeinsam für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft zu streiten.

Bildquelle @trollkommando
Pressemitteilung: Leipzig, 25. September 2017

Legida kaputt

Leipziger Zivilgesellschaft feiert einen großen Erfolg

„Leipzig nimmt Platz“ bedankt sich gemeinsam mit den im Aktionsnetzwerk verbundenen Initiativen, Gewerkschaften, Parteien, Kirchen bei den tausenden Menschen, die gestern kraftvollen und dynamischen Protest gegen den völkischen Reste-Auflauf von Legida möglich gemacht haben. Zugleich kritisiert das Aktionsnetzwerk das unverständliche und im Verlauf des Versammlungsgeschehens brutale und zum Teil rechtswidrige Vorgehen der Polizei.

„Das Aktionsnetzwerk zeigt sich begeistert, dass sich die Mehrheitsgesellschaft zu so breiten zivilgesellschaftlichen Gegendemonstrationen zusammengefunden hat“, erklärt Christin Melcher für das Netzwerk. „Leipzig zeigt immer wieder, dass es eine von der Mehrheit getragene Haltelinie gibt – Geschichtsvergessenheit, offener Rassismus und Nationalismus sind nicht konsensfähig.“

Legida hatte einen kurzen „Spaziergang“ geplant, mit dem die favorisierte Partei AfD noch etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen sollte. Die Inhaltsleere des Aufrufes, der wie üblich nicht über Lügenpresse und Bashing gegen im weiteren Sinne linke Positionen hinausging, konnte kaum 150 Anhänger_innen aktivieren. Diese sahen sich 3000 Menschen gegenüber, die es vermochten, die geplante Strecke mehrfach zu blockieren und sie zum Umlenken zu zwingen. Der Abschluss der Route am Polizeipräsidium konnte nicht stattfinden. Stattdessen musste Legida ihren Spaziergang in eine Straßenbahn gezwängt beenden.

Doch gerade der nicht stattfindende Abschluss an der Polizeidirektion Leipzig wirft ein spezielles Licht auf die taktische Planung der Polizei. Alleine die Proteste konnten – wenn schon nicht den kompletten Abbruch – die Änderung der zur Polizeidirektion anmeldeten Legida-Route bewirken. Im Vertrauen darauf hat dieselbe Polizei, die sicherlich kein Interesse an Legida vor der eigenen Haustür hatte, wieder einmal punktuell gewalttätig reagiert. Ohne Rücksicht und ohne die Beachtung von angezeigten Spontandemos wurde auf Teilnehmende in Sitzblockaden eingeprügelt und mit Hunden auf diese losgegangen. Dabei wurde der Schutz der grundgesetzliche Versammlungsfreiheit eklatant missachtet.

Juliane Nagel, Mitanmelderin dieser Spontanversammlung kommentiert: „Bevor die Verhandlungen überhaupt abgeschlossen waren, wurden die mehr als 100 Teilnehmer*innen entgegen aller Absprachen aus dem Weg geräumt. Dies wird ein Nachspiel haben. Insbesondere die Polizei hat eine Verantwortung Grundrechte zu achten und nicht mit Füßen zu treten.“

Weniger körperliche Verletzungen hat das Agieren der Versammlungsbehörde im Vorfeld der Demonstrationen hinterlassen. „Dennoch ist es ein Akt der vollständigen Ignoranz und Behinderung demokratischen Engagements, wenn alleinig dem Aufmarsch Legidas, der wie gewohnt von der Rückwärtsgewandtheit der Neuen Rechten getragen war, der geschichtsträchtige Leipziger Ring zugewiesen wird. Das Aktionsnetzwerk erwartet hier eine Neuausrichtung im Handeln der Versammlungsbehörde, die – wie schon bei den überdurchschnittlich hohen Strafen für die Sitzblockaden am 2. Mai 2016 – ein transparentes Handeln vermissen lässt. Wir sind zu entsprechenden Gesprächen und Beratungen mit der Verwaltung bereit“, so Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk abschließend.

Pressemitteilung: Leipzig, 22. September 2017

Aktionsnetzwerk streicht beauflagte Demonstrationsroute

Kundgebung am Wilhelm-Leuschner-Platz

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ hat soeben nach intensiver Diskussion am Rande der Auftaktveranstaltung beschlossen, dass die weitere Versammlung aufgelöst wird. Die Teilnehmenden werden dazu aufgerufen, sich spontan zum Ring zu begeben oder den bestehenden Versammlungen am Thomaskirchhof und Richard-Wagner-Platz anzuschließen. Das Netzwerk wird die beauflagte Abschlusskundgebung direkt auf dem Wilhelm-Leuschner-Platz vor der Stadtbibliothek durchführen, da dort der einzige Ort ist an dem die Hör- und Sichtweite gewährleistet wird.

Irena Rudolph-Kokot für das Netzwerk:„Wir wollen damit ein klares Zeichen setzen, dass wir uns das Vorgehen der Ordnungsbehörde nicht mehr gefallen lassen. Mit unseren Versammlungen tragen wir immer Sorge für eine geordnetes Versammlungsgeschehen. Wenn die Stadt an einem kooperativen Vorgehen kein Interesse hat, muss sie mit den Konsequenzen leben. Wir übernehmen an dieser Stelle keine Verantwortung mehr für die Geschehnisse und sind es leid, von der Ordnungsbehörde jeweils als Sündenbock herangezogen zu werden.“

Pressemitteilung: Leipzig, 21.09.17 18:15 Uhr

Vive la république! Für die Freiheit, für das Leben!

Aufruf zur Demonstration gegen völkische Parteien und Gruppen
– die Bundestagswahl nicht den Rechten überlassen

Am 24. September wird aller Voraussicht nach mit der AfD eine offen menschenverachtende Partei in den Deutschen Bundestag einziehen, deren Programm und Forderungen in großen Teilen verfassungsfeindlich sind. Wie die Wahl von Trump, das Brexit-Referendum aber auch der Einzug der AfD in verschiedene Landesparlamente in der jüngsten Vergangenheit bereits gezeigt haben: Das Wahlergebnis wird rassistischen und nationalistischen Gruppen Rückenwind verschaffen. Es sollte klar sein, dass es Menschen gibt, die besonders von rechter Hetze und Gewalt betroffen sind.

Die vermeintlichen Brandmauern, die in der Bundesrepublik eine gesellschaftliche Ächtung von nationalsozialistischem Gedankengut zur Folge haben sollten, sind eingerissen. So zeigt sich die schon längst stattgefundene Diskursverschiebung nach rechts auch an der neuerlichen Verschärfung des Asylrechts durch die Einführung der Abschiebehaft in Sachsen.

Mit der nahenden Bundestagswahl versuchen völkische, nationalistische Gruppierungen gemeinsam mit der AfD ihre menschenverachtenden Ideologien noch stärker in die Öffentlichkeit zu transportieren. Eine dieser Gruppen ist der lokale Pegida-Ableger Legida, der bereits in der Vergangenheit mit dem hiesigen AfD-Kreisverband den Schulterschluss suchte und von einem heutigen Landtagsabgeordneten mitbegründet wurde. Beteiligt waren auch immer neonazistische Hooligans und die Leipziger NPD, deren Reste-Organisation nach dem Parteiausschluss unter dem Namen „Wir für Leipzig“ firmiert. Auf vergangen Legida-Aufmärschen und im Umfeld dieser gab es mehrere Übergriffe auf Personen, die als Gegner_innen angesehen wurden.

Der drohende Bundestagseinzug der AfD, die klar auf nationalsozialistische Versatzstücke Bezug nimmt, macht unseren Protest auf der Straße notwendig. Wo und wann immer es nötig ist, werden wir uns Ideologien der Ungleichwertigkeit in den metaphorischen Weg stellen und für eine solidarische Gesellschaft, frei von Diskriminierung streiten.

Lasst uns gemeinsam am 21. September im Vorfeld der Bundestagswahl ein kraftvolles Zeichen setzen und den Hetzer_innen um Legida, AfD und wie sie auch heißen mögen den Platz nehmen.

Wir rufen auf zur Demonstration
am 21. September 2017
ab 18 Uhr
Treffpunkt: Wilhelm-Leuschner-Platz

Für die Freiheit, für das Leben!

Redebeitrag vom 20.02.17

Dieser Redebeitrag wurde auf den Kundgebungen gegen die AFD-Veranstaltung am 20.02.17 in Leipzig gehalten

Weiter Infos zum Thema:

1. Offenes Treffen am 22.02.17 19:30 Uhr im interim (Demmeringstraße 32)

Zivilcourage ist kein Verbrechen – Lasst uns Solidarität organisieren

Erinnert ihr euch noch an den 2. Mai 2016? Für mehr als 160 Menschen hinterlässt dieser Tag leider sehr schlechte Erinnerungen an Polizeigewahrsam und die Ankündigung strafrechtlicher Maßnahmen.

Am ersten Montag im Mai vergangenen Jahres fand am Leipziger Innenstadtring nicht nur lautstarker Protest gegen das neofaschistische LEGIDA-Bündnis statt, sondern eine dreistellige Zahl von Demonstrierenden beschloss, das „Platznehmen“ wortwörtlich zu nehmen. Auf Höhe der Otto-Schill-Straße setzten sie sich auf die angekündigte LEGIDA-Route. Eine solche Sitzblockade ist eine friedliche Form des zivilen Ungehorsams, um einen Nazi-Aufmarsch vollständig zu verhindern. Dies gelang an diesem Tag nicht, sondern LEGIDA wurde an den sich Widersetzenden vorbei geleitet. Im Anschluss wurden die Personalien von 163 Personen aufgenommen, denen fälschlicherweise ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorgeworfen wird.

Fälschlicherweise? Allerdings, denn weder wurde LEGIDAs Versammlungsrecht eingeschränkt, noch wurden durch die Teilnehmenden Versammlungsauflagen verletzt. Einige von ihnen berichten, es sei ihnen gar nicht mehr möglich gewesen, noch vor der dritten Räumungsaufforderung die Blockade zu verlassen.

Nun flattern seit über einem Dreivierteljahr mehr als schlechte Erinnerungen ins Haus der Betroffenen: Bußgeldbescheide in überdurchschnittlicher Höhe und willkürliche Strafbefehle gegen Einzelpersonen erreichten nach und nach fast alle, deren Personalien am 2. Mai aufgenommen worden sind. Insgesamt fordert die Stadt Leipzig über 50.000 € für ihre Repression ein.
Es sind nicht nur die Kosten für die Einzelpersonen, die diesen Fall so bitter machen, vielmehr ist es nach zwei Jahren LEGIDA ein fatales Zeichen gegen all diejenigen, die weiterer Repression und Ermüdung zum Trotz gegen die regelmäßigen Nazi-Aufmärsche protestiert haben. Während die Stadt Leipzig und das Land Sachsen Zivilcourage einfordern und anpreisen, werden diejenigen, die sie zeigen, mit Strafbefehlen belegt. Sich dagegen zu wehren, ist schwierig und mühselig. Doch es gibt eines, das alle, ob betroffen oder nicht, ob Gruppe oder Einzelperson, dem entgegensetzen können: Solidarität.

Solidarität bedeutet ihn diesem Fall nicht nur praktische Unterstützung für die Betroffenen, sondern auch ein starkes politisches Zeichen. Rechte Umtriebe und Aufmärsche in Sachsen hat es immer gegeben und wird es auch in Zukunft geben. Ob sie nun LEGIDA heißen oder Bürgerbewegung, PEGIDA oder AfD, es ist nicht abzusehen, dass menschenfeindliche Bewegungen in naher Zukunft und ohne Weiteres Geschichte sind. Umso wichtiger ist eine entschlossene Zivilgesellschaft, die ihre Grundrechte nutzt und mit aller Deutlichkeit und allen Mitteln jeglicher Diskriminierung und Ideologie der Ungleichwertigkeit widerspricht.

Um zu planen, wie genau diese Solidarität aussehen soll, findet am 22. Februar ab 19:30 Uhr ein Treffen im Interim in der Demmeringstraße 32 statt. Dort werden Ideen gesammelt und letzten Endes geplant, welche Aktionen der Repression des 2. Mai 2016 entgegengesetzt werden können.

Ihr wollt

  • einen Solitresen starten?
  • eine Party feiern?
  • eine Unterschriftensammlung auf den Weg bringen?
  • kennt euch mit Crowdfundingprojekten aus?

Vielleicht habt ihr Ideen oder auch Wünsche, vielleicht habt ihr Fragen oder schon Projekte in den Startlöchern – kommt vorbei! Lasst uns Solidarität organisieren!

»Extremismus kannste knicken« | Aufruf zum Protest gegen den Extremismusbegriff und die AfD

Am morgigen Montag, dem 20. Februar 2017, will die AfD in der Alten Handelsbörse eine Veranstaltung zum Thema Extremismus durchführen. „Leipzig nimmt Platz“ ruft dazu auf, den Protest unüberhörbar zu machen. Ab 18 Uhr finden auf dem Naschmarkt und unmittelbar hinter der alten Börse im Salzgäßchen Protestkundgebungen statt, die die Einstellungen der AfD sowie den Extremismusbegriff kritisieren.

„Der wissenschaftlich umstrittene Extremismusbegriff schafft eine formale Gleichheit von links und rechts und definiert eine Mitte, die es gegen Extremismus zu verteidigen gälte. Diese Gleichsetzung dient regelmäßig reaktionären Parteien dazu, noch die schlimmsten rassistischen Gewalttaten in Sachsen mit dem Verweis auf Connewitz aufzurechnen, und negiert, dass Einstellungsmuster der Ungleichwertigkeit in der Mitte der Gesellschaft fußen. Dass Carsten Hütter (AfD Sachsen) heute das Aktionsnetzwerk im besten Nazi-Jargon als ‚Antifanten‘ bezeichnete, lässt die Brisanz der Kritik nur deutlicher zutage treten“, betont Jürgen Kasek für das Aktionsnetzwerk.

Die Untauglichkeit des Extremismusbegriffes wird insbesondere mit Blick auf die AfD deutlich. Nach deren Definition ist die AfD eine im Kern extremistische Partei.

„Mit dieser Veranstaltung will sich die AfD als Teil einer Mitte definieren, die es gegen Extremismus zu verteidigen gälte. Das strategische Ziel ist offensichtlich: Auch wenn die Partei immer öfter als faschistisch zu erkennen ist – wie anlässlich der Höcke-Rede in Dresden und bei der Aufforderung von Frauke Petry, den Begriff ‚völkisch‘ positiv zu besetzen –, soll nicht der Eindruck entstehen, dass die Partei selbst auch nur irgendwie extremistisch sei. Dies schreibt die AfD in einem geleakten Strategiepapier, da, so die eigene Einschätzung, der Eindruck des Rechtsextremismus oder gar Faschismus die Partei Stimmen kosten würde. Die AfD will damit einerseits klar eine neonazistische Klientel ansprechen, ohne die Anbindung an menschenfeindliche Einstellungsmuster in der Mitte der Gesellschaft zu verlieren. Wer sich daher mit der AfD gemein macht, unterstützt damit auch Einstellungsmuster der Menschenfeindlichkeit und des Neonazismus“, schließt Friis Neubert für das Aktionsnetzwerk ab.

Leipzig, den 19. Februar 2017


archivierte Quelle im Internet, Original vom 19.02.2017, 16:08 Uhr: https://archive.fo/8IbPI

Die AfD ist extremistisch – zur Kritik eines Begriffes und einer protofaschistischen Partei

Am 20. Februar 2017 will die AfD über „Extremismus in Sachsen“ unterrichten und dabei ihre Positionen zum Thema politischer und religiöser Extremismus ausbreiten.

Kritik an der Extremismustheorie

Die Extremismustheorie basiert auf der Vorstellung, dass es eine konstituierende gesellschaftliche Mitte gäbe, die von den Rändern her bedroht wird. Diese Ränder würden sich einander annähern, daher wird dieses Modell auch als Hufeisentheorie bezeichnet. Diese These negiert, dass die Ursachen für antidemokratische und menschenfeindliche Einstellungsmuster in der Mitte der Gesellschaft wurzeln und schafft eine gefährliche Gleichsetzung zwischen links und rechts.

»Nach der Logik der „Extremismusformel“ gilt es, den demokratischen Verfassungsstaat gegen politische Extreme zu verteidigen, da diese „in der Regel auf grundsätzlicher Ablehnung gesellschaftlicher Vielfalt, Toleranz und Offenheit basieren“. Dabei spielt die Betonung der formalen Gleichheit von linkem, rechtem und seit einigen Jahren auch „Ausländer-“Extremismus eine entscheidende Rolle. Aus diesen festen Bestandteilen ergibt sich auch die politische Relevanz der Extremismusformel. Denn auch wenn sie eigentlich aufs wissenschaftliche und politische Abstellgleis gehört, dient sie staatlichen Ordnungsorganen und PolitikerInnen als Handlungsgrundlage, wenn es darum geht, politische Aktivitäten von all jenen zu delegitimieren, die zentrale Elemente der Naziideologie ablehnen, sei es das Leitbild einer ethnisch homogenen Volksgemeinschaft oder der Ruf nach dem autoritären Staat.« (Initiative gegen jeden Extremismusbegriff 2008)

Das eindimensionale Modell wird durch soziologische Untersuchungen wie die „Mitte“-Studien oder „Deutsche Zustände“ regelmäßig widerlegt. Dennoch wird es beispielsweise von der CDU immer wieder genutzt um anlässlich rechter Ausschreitungen in Sachsen vor einer linken Gefahr zu warnen, zuletzt vor dem 9. Januar beim Protest gegen den zweiten und letzten Legida-Geburtstag.

Die rechten Ausschreitungen (nicht nur) in Sachsen werden so zu einem Phänomen von Randgruppen erklärt, und damit wird eine gefährliche Relativierung betrieben. Wie bekannt ist, kam nur ein Teil der Täter*innen aus stramm rechten Zusammenhängen. Auch die Aktiven in der AfD rekrutierten sich in unauffälligen Kreisen der Zivilgesellschaft oder waren zuvor in demokratischen Parteien tätig. Kritisiert werden muss die Konstruktion von „Randgruppen“, denen die Gesamtgesellschaft mit abwertenden Zuschreibungen begegnet und die auf Basis dieser pauschalen Vorurteile ausgegrenzt werden. Dies ist kein Phänomen an den Rändern sondern tief in der gesellschaftlichen Mitte verwurzelt. Zur Verantwortung einer aufgeklärten, demokratischen Gesellschaft gehört vor allem, zu Abwertung führende soziale Konstellationen aufzuzeigen und dagegen Strategien zu entwickeln.

Anitidemokratisch faschistoid Deutschtümelnd

Für die AfD gilt es, den Extremismusbegriff strategisch zu nutzen. Mit dem Verweis auf rechten, linken und „Ausländerextremismus“ bei exzessiver Verwendung des Begriffes auch in der Presse konstituiert sich die AfD als Teil einer Mitte, die es gegen Extremismus zu verteidigen gälte. Das strategische Ziel ist offensichtlich: Auch wenn die Partei immer öfter als faschistisch zu erkennen ist – wie anlässlich der Höcke-Rede in Dresden und bei der Aufforderung von Frauke Petry, den Begriff „völkisch“ positiv zu besetzen –, soll nicht der Eindruck entstehen, dass die Partei selbst auch nur irgendwie extremistisch sei. Dies schreibt die AfD in einem geleakten Strategiepapier, da, so die eigene Einschätzung, der Eindruck des Rechtsextremismus oder gar Faschismus die Partei Stimmen kosten würde.

Die AfD will damit einerseits klar eine neonazistische Klientel ansprechen, ohne die Anbindung an menschenfeindliche Einstellungsmuster in der Mitte der Gesellschaft zu verlieren. Daher war es auch für die AfD ein Erfolg, dass die NPD nicht verboten wurde. So kann die AfD bei der Fragestellung nach dem Rechtsextremismus auf die NPD abstellen und sich davon absetzen. Anlässlich der klar faschistischen Rede von Björn Höcke in Dresden, konnte Jörg Meuthen als Co-Vorsitzender der Bundes-AfD ausweichen, dass die Kritik von Frauke Petry nicht inhaltlich intendiert sei sondern hinsichtlich des Auftretens.

Damit einhergeht andererseits die Umdeutung von Begrifflichkeiten und der Versuch, rassistische und völkische Einstellungen über die Sprache weiter in die Mitte zu rücken.

Extremismus und die AfD

Würde der Extremismusbegriff trotz der zwingend gebotenen Kritik angewendet, ließe sich unschwer feststellen, dass die AfD klar unter dessen Definition fällt, indem sie sich völkisch, diskriminierend und demokratiefeindlich positioniert.

Zu dieser Zuschreibung kommt es indes im Herkunftsland der Extremismusdoktrin nicht, da die AfD in breiten Teilen der Gesellschaft verankert ist und eine Gefolgschaft vom antidemokratischen Landesamt für Verfassungsschutz mit dessen Präsidenten bis hin zur CDU hat, die der Etablierung von Einstellungsmustern der Ungleichwertigkeit, wie sie von der AfD offensiv verbreitet werden, den Boden bereitet.

Teilen der CDU geht es dabei um das strategische Ziel, die AfD als möglichen Bündnispartner im Rennen zu halten, um eine Alternative zu einem möglichen rot-rot-grünen Bündnis zu haben, wie es der Europaabgeordnete Hermann Winkler unumwunden zugab. Die Mitte wird nach rechts verschoben. Folglich kann die CDU auch darauf abstellen, dass es zwar ein Problem mit Neonazis gebe aber das eigentliche Problem linke Autonome (aka Antifa) seien, wie der Präsident des LfV, Gordian Meyer-Plath, ebenso wie der Chef des LKA äußerten.

Umso wichtiger ist es daher, den Extremismusbegriff ebenso anzugreifen wie deutlich zu machen, dass die AfD eine im Kern faschistische Partei ist, die die Grundwerte der Demokratie ablehnt.

Wir rufen daher dazu auf, am 20. Februar um 18 Uhr in die Innenstadt zu kommen und am Naschmarkt den AfD-Politiker*innen und Sympahtisant*innen laut und klar zu widersprechen.

Vollversammlung am 14. Dezember 2016 im interim

Strategisches Plenum – Wie weiter mit LEGIDA und anderen Nazi-Aufmärschen?

Seit fast zwei Jahren kippt LEGIDA sozialdarwinistischen Hass und rassistische Hetze in Leipzig aus – und genauso lange finden sich in Leipzig engagierte Menschen zusammen, die sich all dem entgegen stellen. In fast zwei Jahren gelang es nicht, LEGIDA endgültig zu stoppen. Was jedoch gelang, war, dem demokratiefeindlichen Bündnis die Anziehungskraft zu nehmen. Es ist absehbar, dass LEGIDA in ihrer aktuellen Gestalt die Puste ausgeht und der Verein sich noch vor dem Erreichen seines zweijährigen Bestehens von der Straße zurückzieht.

Die fast zwei Jahre des Protests waren für viele Menschen jedoch auch ermüdend und ernüchternd, denn trotz aller Erfolge ist eines klar: Auch wenn LEGIDA bald Geschichte ist, verschwindet damit nicht die Menschenfeindlichkeit aus den Köpfen, von den Stammtischen und aus den Straßen. Das gesellschaftliche Klima in Deutschland erlebt derzeit einen Rechtsruck. Feindlichkeit und Gewalt gegen alles, was einer sogenannten „Leitkultur“ nicht entspricht, sind an der Tagesordnung.

„Leipzig nimmt Platz“ ist entschlossen, sich dem weiterhin entgegenzustellen und als Netzwerk aus Bündnissen, Initiativen, Gruppen, Parteien, Gewerkschaften und Kirchen breiten Protest gegen Nazi-Aufmärsche zu organisieren. Wir sind der festen Überzeugung, dass das gewaltfreie Verhindern von neurechten Aufmärschen Teil der öffentlichen Meinungsäußerung ist und nach demokratischen Grundwerten keine Straftat darstellen kann.

Dafür brauchen wir vor allem: euch! Wenn ihr die strategische Ausrichtung des Aktionsnetzwerks mitbestimmen oder uns bei der Organisation unterstützen wollt, laden wir euch herzlich ein, auch bei der Diskussion am 14. Dezember 2016 Platz zu nehmen.

Wir treffen uns um 19 Uhr im Interim (Demmeringstraße 32, 04177 Leipzig) und wollen vorrangig den 09.01.2017 – den letzten angemeldeten LEGIDA-Aufmarsch – planen, aber auch darüber reden, wie wir mit weiteren Naziaufmärschen und AfD-Aktionen umgehen wollen.

Wie immer gilt:
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsradikalen Parteien oder Organisationen angehören, der rechten Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit oder vor Ort durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind oder treten, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen. Hierzu gehören insbesondere aktuelle und ehemalige Vertreter_innen, Redner_innen, Organisator_innen und regelmäßige Besucher_innen von Pegida, Legida, Offensive für Deutschland und aller Ableger und Organisationen, die in Verbindungen mit ihnen stehen. Das gilt auch für alle Personen aus dem Umkreis der Freien Kameradschaften und rechten Hooliganszene. Weiterhin sind Personen ausgeschlossen, deren Erscheinungsbild, z. B. durch szenetypische Kleidung, auf rassistische, nationalistische, antisemitische Einstellungen hindeutet.

Gemeinsam gegen TTIP und Rassismus! Solidarität geht nur international!

Mit Sorge nimmt das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ die Aufrufe rechter Gruppierungen aus Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt nach Leipzig zu den Protesten gegen CETA und TTIP am 17. September wahr. Ein Erfolg der sogenannten Freihandelsabkommen würde für Hunderte Millionen Menschen in den Mitgliedsländern der Europäischen Union die Stärkung wirtschaftlicher Interessen und eine technokratische Beschneidung der parlamentarischen Demokratie bewirken. Diese Themen sind auch anschlussfähig für Rechte, die mit einer nationalistischen Abgrenzung die europäische Idee aushöhlen wollen.

Die einzige ostdeutsche Demonstration gegen CETA/TTIP in Leipzig ist durch Pegida, Legida und deren weiteres Umfeld besonders belastet. Der bundesweite Trägerkreis bereitet sich mit geschulten Ordner_innen auf eine Teilnahme von Personengruppen aus dem Spektrum von NPD, *GIDA und AfD vor, um diese aus der Demonstration am 17. September 2016 fernzuhalten.

Das Aktionsnetzwerk ruft alle Teilnehmenden dazu auf, rassistischen, antiamerikanischen oder homophoben Positionen innerhalb der Demonstration energisch zu widersprechen und diese den Ordner_innen zu melden. In den sozialen Netzwerken kann dafür der Aktions-Hashtag #le1709 verwendet werden.

PM: Sächsische Verhältnisse reloaded

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ bezieht Stellung zur Aufhebung der Immunität der sächsischen Landtagsabgeordneten Juliane Nagel. Im Internet wurde ein Aufruf zur Solidarisierung veröffentlicht: http://leipzig-nimmt-platz.de/soliaufruf/

Dieser war vorgeworfen worden, auf einer Pressekonferenz von „Leipzig nimmt Platz“ zu Straftaten aufgerufen zu haben. Dabei wurde auf den Aufruf des Aktionsnetzwerkes abgestellt, den Vertreter_innen aus Politik, Gewerkschaften und Kirchen und viele weitere Menschen unterschrieben hatten und in dem es ausdrücklich heißt, dass LEGIDA und andere rassistische Aufmärsche von Neonazis und Neurechten in Leipzig verhindert werden sollen.

„Über die Entscheidung des Immunitätsausschusses kann man nur den Kopf schütteln. Das Verfahren trägt die Züge einer Farce. Juliane Nagel hat, wie alle anderen engagierten Menschen, die sich konsequent gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit stellen, unsere volle Unterstützung. Abermals zeigt sich, wie der Freistaat, die viel beschworene Zivilgesellschaft behandelt: mit Nichtachtung und Kriminalisierung”, erklärt Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“.

Nach Bekanntwerden der Ermittlungen gegen Monika Lazar und Juliane Nagel hatten sich Mitglieder des Aktionsnetzwerkes und weitere Menschen selbst angezeigt und darauf abgestellt, dass sie ebenfalls die Erklärung unterzeichnet hatten. Diese Verfahren wurden durchweg eingestellt mit der Begründung, dass der Aufruf des Netzwerkes die Schwelle zur Strafbarkeit gerade nicht überschreite. Das Verfahren gegen Monika Lazar wurde ebenfalls eingestellt, nachdem die Staatsanwaltschaft während einer Anhörung im Immunitätsauschuss des Bundestages gestellte Fragen nicht beantworten konnte.

„Das Verfahren wirft mehrere Fragen auf“, so Jürgen Kasek, Rechtsanwalt des Aktionsnetzwerkes. „Es ist unverständlich, dass die inkriminierte Handlung in der Verfolgung über ein Jahr dauert. Das Verfahren weist weder in rechtlicher, noch tatsächlicher Hinsicht Probleme auf. Im Prinzip haben wir es mit einer offensichtlichen Verfahrensverzögerung zu tun zum Schaden von Frau Nagel. Das Vertrauen in den Rechtsstaat wird damit weiter unterminiert. Ebenfalls ist es nicht einleuchtend, warum der sächsische Immunitätsausschuss auf die Anhörung der Staatsanwaltschaft verzichtet hat um die bestehenden Ungereimtheiten in der Sache, ähnlich wie im Verfahren von Frau Lazar, aufzuklären. Der Immunitätsausschuss hat damit seiner Sorgfaltspflicht nicht Genüge getan und den Eindruck erhärtet, dass es sich letztlich um ein politisch gewolltes Verfahren handelt.“

„Dass die CDU und die AfD gemeinsam stimmen überrascht nicht. Einzelne CDU-Landtagsabgeordnete wie Sebastian Fischer, Daniela Kuge und Alexander Krauß fordern bereits seit Längerem die Zusammenarbeit mit der AfD. Dass die SPD sich in diesen Reigen der Rechtspopulist_innen einreiht überrascht dann doch. Haltung sucht man bei der SPD im sächsischen Landtag offensichtlich vergeblich“, ergänzt Carolin Franzke für das AktIonsnetzwerk.

Das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ ist auch weiterhin fest entschlossen, mit gewaltfreien Mitteln Einstellungsmustern der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit zu widersprechen und sich rassistischen Zusammenrottungen und Naziaufmärschen konsequent entgegenzustellen.

Pressemitteilung: Leipzig, den 17.03.2016