Pressemitteilung: Leipziger MdBs für Verbotsverfahren gegen die AfD

Das Aktionsnetzwerk teilt mit, dass 4 von 5 angeschriebenen Leipziger Bundestagsabgeordneten ein Verbotsverfahren gegen die AfD begrüßen und angekündigt haben, den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wanderwitz, Renner, Wegge, Steffen, Seidler zu unterstützen. Das Aktionsnetzwerk hatte in einem offenen Brief die Leipziger Bundestagsabordneten gebeten, zu dieser Frage Stellung zu beziehen. Die Antworten der Abgeordneten dokumentieren wir vollständig untenstehend in chronologischer Reihenfolge des Eingangs.

„Die Antworten zeigen deutlich, dass sich die Leipziger Bundestagsabgeordneten mit der Frage auseinandergesetzt haben und sich alle, die reagierten, (besser vielleicht und sich zumindest jene) einig sind, dass die AfD sich in den letzten Jahren immer weiter radikalisierte. Dies dürfte auch der Grund sein, dass nunmehr die Mehrheit für ein Verbotsverfahren ist. Das muss betont werden, da noch vor anderthalb Jahren die Meinungslage eine andere war. Wir finden auch wichtig, dass sich die Abgeordneten klar positionieren und deutlich machen, dass die ultima ratio des Parteiverbotes niemals leichtfertig gezogen werden darf. Wir erwarten, dass der Antrag zeitnah zur Abstimmung gestellt wird und sich die Leipziger Bundestagsabgeordneten der SPD in ihrer Fraktion für eine Zustimmung starkmachen. Bedauerlich ist, dass der Abgeordnete der CDU, Jens Lehmann, trotz mehrfacher Nachfragen, nicht geantwortet hat“, so Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk. 

Jona Schulze von den Studis gegen Rechts ergänzt: „Es ist ein ermutigendes Zeichen, dass sich die Leipziger Bundestagsabgeordneten so klar positionieren. Wir hätten uns von der Politik früher ein Zeichen in diese Richtung gewünscht, etwa nach den Massenprotesten Anfang des Jahres 2024. Die völkisch-chauvinistische Politik der AfD befördert die Spaltung der Gesellschaft und hat auch zu einem Ansteigen von rechtsextremer, menschenfeindlicher Gewalt geführt. Dagegen müssen wir uns klarstellen und immer wieder deutlich machen, dass die AfD keine demokratische Partei ist, sondern eine Partei, die diese Demokratie überwinden und die Menschenrechte abschaffen will.“

„Die Stimmungslage ist inzwischen sehr deutlich. Das erleben wir an unseren regelmäßigen Ständen in der Stadt. Die Mehrheit der Gesellschaft will, dass ein Verbotsverfahren durch das Bundesverfassungsgericht geprüft wird und dass deutlich wird, dass das „Nie wieder“ gilt. Viele Menschen haben uns gegenüber Angst vor einer Machtergreifung der AfD geäußert. Es geht auch darum, die Ängste der Hunderttausenden ernst zu nehmen und zu hören, die Angst vor einer weiteren Zunahme von Hass und menschenfeindlicher Gewalt haben. Der AfD begegnet man nicht, indem man ihre menschenfeindliche Sprache übernimmt, sondern klare Haltung für die Menschenrechte einnimmt und Grenzen gegen Rassismus und Hetze zieht“, erklären Katrin Saborowski und Rena Wilkens von den Omas gegen Rechts Leipzig abschließend.

Paula Piechotta:

Sehr geehrte Frau Rudolph-Kokot, sehr geehrte Frau Saborowski, liebes Aktionsnetzwerk,

vielen Dank für Ihren offenen Brief sowie Ihr Engagement und Ihren Einsatz zum Schutz unserer Demokratie! Um es direkt vorwegzunehmen: Als eine der 37 Erstunterstützerinnen des Antrags zur Prüfung eines Parteiverbotes werde ich in der kommenden Woche den Antrag unterstützen und werbe auch weiterhin um Zustimmung. Deshalb möchte ich ausdrücklich meine demokratischen Kolleginnen und Kollegen dazu aufrufen, den Antrag nächste Woche zu unterstützen.

Ein Parteiverbotsverfahren ist immer eines der schärfsten Schwerter unserer wehrhaften Demokratie   und   dient   vor   allem   der   Feststellung    der    Verfassungswidrigkeit.   Besonders in den ostdeutschen Landesverbänden sehen wir, wie die Partei gezielt daran arbeitet, unser parlamentarisches System zu untergraben. Die AfD muss hierfür nicht einmal regieren: Wir sehen bereits jetzt, dass sie Einfluss auf die Wahl von Richterinnen und Richtern auf Landesebene nehmen und blockieren kann. Im Sächsischen Landtag darf nun ein AfD-Abgeordneter in der Parlamentarischen Kontrollkommission den Sächsischen Landesverfassungsschutz kontrollieren. Damit hat die AfD, als Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes, Zugang zu hochsensiblen Daten und kontrolliert als Verfassungsfeind den Verfassungsschutz.

Es ist nicht zu übersehen, dass sich die AfD in den letzten Jahren zunehmend radikalisiert hat und ihr Gedankengut und menschenverachtende Sprache in die Parlamente und Gesellschaft getragen hat. Bedrohungen und Einschüchterungsversuche gegenüber kommunalen Politikerinnen und Politikern sowie zivilgesellschaftlichen Akteuren führen bereits jetzt dazu, dass Menschen aus Angst um ihre Familie oder sich selbst ihre Ämter niederlegen. Dadurch werden ihre im Grundgesetz verankerten Rechte eingeschränkt.

Mir ist bewusst, dass ein Verbotsverfahren mit Risiken behaftet ist und es wird nie eine 100- prozentige     Sicherheit     geben,     dass     ein     Parteiverbotsverfahren     Erfolg     hat. Dennoch gibt es ausreichend wissenschaftliche Analysen und Gutachten, die belegen, dass genügend Beweismaterial und eine solide Grundlage für ein erfolgreiches Verfahren vorhanden sind.

Klar ist jedoch auch, dass ein Parteiverbotsverfahren ein langwieriger Prozess ist, und wir uns erst am Anfang dieses Weges befinden. Es muss betont werden, dass ein solches Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht mehrere Jahre dauern wird.

Natürlich bestreitet niemand der Unterstützerinnen und Unterstützer des Antrags, dass durch ein Verbotsverfahren und ein Parteiverbot allein rechtes Gedankengut verschwindet. Deshalb braucht es weiterhin ein starkes zivilgesellschaftliches Engagement aller Demokratinnen und Demokraten, die mit Entschlossenheit gegen Rechtsextremismus und Feinde der Demokratie vorgehen.

Darüber hinaus ist es weiterhin Aufgabe der Politik, sich inhaltlich mit diesen Themen auseinanderzusetzen und insbesondere den globalen Herausforderungen und dem damit einhergehenden länderübergreifenden Erstarken von Populisten entschieden entgegenzutreten. Wir Grüne werden uns auch künftig mit aller Kraft für den Schutz unserer Demokratie, gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Freiheit und Sicherheit aller Personen in unserer Gesellschaft einsetzen - unter anderem durch ein starkes Demokratiefördergesetz und eine Politik, die die Sorgen und Probleme der Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt.

Ich hoffe weiterhin auf Ihre Unterstützung im Kampf gegen die Feinde unserer Demokratie und danke Ihnen herzlich für Ihr Engagement.

Mit freundlichen Grüßen Dr. Paula Piechotta
Nadja Sthamer:

Sehr geehrte Initiator:innen,sehr geehrte Beteiligte des Aktionsnetzwerks „Leipzig nimmt Platz",

vielen Dank für Ihre Initiative. Für mich ist ganz klar: Die AfD steht für rassistische, rechtsextreme Politik. Sie ist eine Gefahr für unsere liberale Demokratie, für unser aller Zusammenleben. Deswegen spreche ich mich für ein Parteiverbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht aus.

Falls es nächste Woche, in der letzten Sitzungswoche dieser Legislatur, zu einer Abstimmung im Deutschen Bundestag kommt, werde ich für den Antrag stimmen, den die Abgeordneten Carmen Wegge, Marco Wanderwitz, Till Steffen, Martina Renner und Stefan Seidler koordinieren. Denn es ist jetzt an der Zeit, ein Verfahren zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der AfD einzuleiten. Da ich an dem Tag krankgeschrieben war, an dem der Antrag eingereicht wurde, man diesen aber nur persönlich zeichnen konnte, bin ich leider keine Erstunterzeichnerin – ich unterstütze ihn aber dennoch.

Es gibt einige juristische Instrumente, mit denen wir unsere Demokratie verteidigen können. So haben wir im Dezember im Bundestag die Festschreibung wesentlicher Strukturmerkmale des Bundesverfassungsgerichts im Grundgesetz beschlossen, um diese unabdingbare, verfassungsrechtliche Institution noch besser zu schützen. Darüber hinaus diskutieren wir über ein mögliches Verbot von verfassungsfeindlichen Vereinen, den Entzug von Grundrechten einzelner Personen nach Artikel 18 unseres Grundgesetzes und eben auch über ein Parteiverbotsverfahren. Ich bin dafür, alle juristischen Möglichkeiten auszuschöpfen und nichts unversucht zu lassen – denn dazu ist die AfD bereits viel zu gefährlich. Das Brechen der Landesverfassung in der konstituierenden Sitzung des thüringischen Landtages durch die AfD im letzten Jahr untermauert diesen Eindruck auf erschütternde Weise.

Zugleich ist mir bewusst, dass wir die AfD aufgrund ihrer hohen Zustimmungswerte in der Bevölkerung auch politisch stellen müssen. Denn ein Parteienverbot allein wird die Einstellungen der Menschen, welche die AfD wählen, nicht ändern. Hier braucht es Investitionen in Bildung, in die Infrastruktur, in soziale Dienste und in den ländlichen Raum, genauso wie gute Löhne und Demokratieprojekte. Anstatt rechte Narrative zu übernehmen, müssen wir Vereine und Initiativen gut ausfinanzieren, die sich dem Rechtsextremismus entgegenstellen. Insbesondere in Ostdeutschland müssen wir denjenigen Menschen, die weiterhin bleiben und für die Demokratie kämpfen, endlich genügend Mittel zur Verfügung stellen. Dafür setze ich mich im Bundestag und in der SPD ein.

Zudem ist es wichtig, dass wir als gesamte Gesellschaft der AfD lautstark entgegentreten. So beziehe ich öffentlich und privat, im Alltag und als Abgeordnete, Stellung gegen rechten Hass und Hetze. Die Menschenrechte und unsere liberale Demokratie müssen wir aktiv verteidigen.

Ich danke Ihnen für Ihr großes Engagement in Leipzig und wünsche Ihnen weiterhin viel Kraft für den gemeinsamen Kampf gegen Rechtsextremismus.

Mit freundlichen Grüßen Nadja Sthamer
Sören Pellmann:

Liebe Irena, Liebe Katrin,

Ich werde, wenn es am Donnerstag zur Abstimmung über den Antrag auf Einleitung einer Prüfung eines AFD-Verbotes geht, mit JA für diesen stimmen. Auch wenn das nur ein Baustein sein kann, wenn es um den Kampf gegen den aufkeimenden Faschismus und Neonazismus geht. Ich werde darüber hinaus auch an anderen Stellen immer wieder alten und neuen Nazis die Stirn bieten.

Mit solidarischen Grüßen Sören Pellmann
Holger Mann:

Liebe Aktive des Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz, liebe Irena, sehr geehrte Frau Saborowski,

auch ich und meine Kolleginnen und Kollegen in der SPD-Bundestagsfraktion machen uns Sorgen um unsere Demokratie, um die Grundrechte, um die Zukunft der Verfassungsinstitutionen und um den Diskurs in unserer Gesellschaft. Die Entwicklungen in der AfD, aber nicht minder die Ankündigung des Oppositionsführers und Parteivorsitzenden der CDU, im Zweifel mit der AfD Mehrheiten im Deutschen Bundestag zu schaffen, stellen einen tiefen Bruch mit der Verfassungstradition und der demokratischen Kultur dar.

Mich alarmiert, wie schnell sich radikale Positionen in der AfD verschärfen, aber ebenso im öffentlichen Diskurs verbreiten. Viele Äußerungen – selbst von führenden Köpfen der AfD – zeigen klar, dass diese Partei eine Haltung vertritt, die mit den Grundwerten unserer Verfassung unvereinbar sind.

Um die von euch geäußerte Bitte zu beantworten: Ja, ich werde dem Gruppenantrag der Abgeordneten Wegge, Wanderwitz, Wallstein, Steffen et al. (Drs.: Drucksache 20/13750) zustimmen, ein Verfahren zur Feststellung der Verfassungswidrigkeit der “Alternative für Deutschland“ einzuleiten.

Auch am heutigen Tag ist leider noch nicht klar, ob es im Bundestag überhaupt zu einer Abstimmung kommt. Selbst dann ist nicht sicher, ob es dafür eine Mehrheit im Deutschen Bundestag gibt. Bisher haben sich große Teile von CDU/CSU, FDP, BSW und natürlich die AfD verweigert.

Aus sehr grundsätzlichen Erwägungen heraus und weil alle drei AfD-Landesverbände in Mitteldeutschland von den Verfassungsschutzbehörden als sicher rechtsextremistisch eingestuft werden, halte ich eine solche Prüfung aber für geboten und vielleicht zumindest lokal auch für erfolgversprechend im Sinne von (Teil-)Verboten.

Wie ihr bereits schreibt, ist ein Parteiverbot ist das schärfste Mittel der repräsentativen Demokratie, das der Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes zu deren Verteidigung vorsieht. Die Hürden für ein Verbot sind aus historisch schmerzhafter Erfahrung bewusst hoch gesetzt. Es reicht bekanntlich nicht aus, dass eine Partei die Verfassungswerte ablehnt oder infrage stellt. Es muss bewiesen werden, dass sie gezielt und mit Erfolgsaussicht daran arbeitet, unsere Demokratie zu zerstören. Dies dann vor dem Bundesverfassungsgericht klar und eindeutig nachweisen zu können, erfordert nicht nur viel Zeit und Vorbereitung, sondern vor allem stichhaltige und belegbare Beweise.

Dafür hätten wir - und so auch viele Innenpolitiker:innen und mit dem Komplex betraute Institutionen - gerne mehr Zeit gehabt. Die erschreckenden Vorfälle, wie das konspirative Treffen in Potsdam, bei dem rassistische „Remigrationspläne“ diskutiert wurden, oder Spionagevorwürfe gegen AfD-Mitglieder zeigen, wie notwendig gute Recherche und Ermittlungen sind. Diese sind erst seit kurzem vollumfänglich möglich. Diese Zeit lässt uns die vorgezogene Bundestagswahl leider nicht.

Uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten eint das Ziel, Demokratie und Freiheit in unserem Land zu verteidigen. Dafür wollen wir alle Instrumente der wehrhaften Demokratie nutzen und werden weiterhin alles daransetzen, ihre Werte zu schützen.

Unabhängig von diesen Instrumenten setze ich mich weiterhin für Demokratie, Toleranz, wie gesellschaftlichen Fortschritt, gegen Rechtsextremismus und Diskriminierung ein. Dies unterstütze ich durch politische Bildung, demokratische Debatten und entschlossenes Handeln, um die AfD politisch zu entkräften und parlamentarisch fern der Macht zu halten.

Mit solidarischen Grüßen Holger Mann, MdB