Am kommenden Wochenende findet in Leipzig der CSD unter dem Motto „Wir wählen Vielfalt“ statt. Gerade in einer Zeit, in der die Zustimmung zu autoritären Einstellungen wächst und Queerfeindlichkeit zunimmt, fühlen sich Rechtsextreme jeder Couleur herausgefordert und beanspruchen unverfroren die Deutungshoheit des öffentlichen Raums.
Kaum ein CSD in Ostdeutschland kann inzwischen ohne massiven Polizeischutz stattfinden, und das mit einer Polizei, in der ebenfalls rechtsextreme Einstellungen weit verbreitet sind. Zuletzt war dies in Bautzen zu sehen, als 1000 Teilnehmer*innen des CSD durch ein massives Polizeiaufgebot vor einem Aufmarsch von 700 meist jugendlichen Rechtsextremist*innen geschützt werden mussten und ein Polizeibeamter zu einem rechtsextremen Youtuber mit Verweis auf die CSD Teilnehmer*innen von den „Kaputten“ sprach.
Im Hochgefühl dieser Bilder und der Meinung, die vermeintliche Mehrheit zu sein, rufen nunmehr auch Neonazis auf, am Sonnabend den CSD in Leipzig zu stören. Unter dem Motto „weiß, hetero, normal“ wird dazu aufgerufen, in Schwarz zu kommen und Reichsfahnen mitzuführen.
Heroische Männlichkeitsbilder, die auch hier wieder reproduziert werden, und die Idealisierung von Männlichkeit und Fruchtbarkeit als politische Imperative sind kennzeichnend für faschistische Ideologien. Der Aufruf, uniform in Schwarz zu kommen, ist daher nichts anderes als die Rekonstruktion soldatischer Männlichkeit, ein Kennzeichen rechtsextremer Bewegungen. Da spiegelt sich auch wider, dass Neue Rechte und Alt-Right wollen, dass Männer endlich wieder männlich sein dürfen.
Schuld sind insbesondere der Feminismus und die Emanzipation, die Frauen wider ihrer Natur vom Herd getrennt hat. Das Wort „schwul“, als Beleidigung verwendet, trägt die Behauptung einer verweiblichten und damit in den Augen des Verwenders verweichlichten Männlichkeit in sich, die letztlich nicht männlich sei.
Das Rollenangebot und das Versprechen “wahrer Männlichkeit” sind dabei insbesondere für junge Männer nach wie vor anziehend. In ihren Bezugnahmen auf die faschistische Verklärung von Volk, “Rasse” und Maskulinität erscheinen die Neonazi-Akteure als jugendkulturell modernisierte Nachahmer ihrer verehrten NS-Vorgänger. Als aktuelles Beispiel ist die sogenannte Elblandrevolte zu nennen.
Unsicherheit und Zukunftsangst führen zur Zunahme autoritärer Einstellungen und letztlich zu einer Stärkung dieser überkommenen Rollenbilder, in denen der Mann archaisch männlich sein muss und die Frau ihm nicht ebenbürtig ist.
Entsprechend fühlen sich Rechtsextreme durch den CSD, der eine Vielfalt deutlich macht, herausgefordert.
Dabei ist nicht zu verhehlen, dass die gesellschaftliche Stimmung auch durch den von der CDU geführten Kulturkampf gegen das „Gendern“ angefacht wird.
Es geht um die Konstruktion von Feindbildern und die LGQBT+ Community ist in den Augen von fundamentalistisch- religiösen Menschen bis hin zu Faschist*innen ein Feindbild, da sich religiöser Fundamentalismus und Faschismus in der Überbetonung des Männlichen und dem absoluten Schutz der Familie einig sind.
Die Befreiung der Sexualität, wie von den 68ern diskutiert und gefordert, gilt daher nicht nur in weiten Teilen der CDU und ohnehin der AfD als Sündenfall, den es umzukehren gilt.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht nur notwendig, sich mit den Gründen der CSD-Feindlichkeit der Faschist*innen auseinanderzusetzen und das Verhalten der vermeintlichen Mitte zu verstehen. Es ist an der Zeit, dieser offenen Feindseligkeit aktiv und konsequent die Stirn zu bieten.
Es spielt daher keine Rolle, ob man sich selber zur LGQBT + Community zählt oder nicht. Den Angegriffenen wird die Freiheit eines jeden Menschen, der anders ist als, als diejenigen, die gegen den CSD demonstrieren.
Gerade vor dem Hintergrund der Landtagswahl in Sachsen ist es daher notwendig, sich den Faschist*innen, ihren Stichwortgebern und ihren Rollenbildern entgegenzustellen und zu verhindern, dass sie auch nur einen Meter laufen können. Ihre Botschaft ist weder hier noch andernorts wohlgelitten.
Sagen wir der „toxischen Männlichkeit“ und all ihren Vertreter*innen den Kampf an! Für die Befreiung der Liebe und der Sexualität – gegen jeden Faschismus.