Bauernproteste und Versammlungsrecht

Angesichts der heutigen Proteste in der Leipziger Innenstadt ausgehend
von verschiedenen Bauernverbänden zieht das Aktionsnetzwerk „Leipzig
nimmt Platz“ Bilanz. Der Versuch rechter Akteur*innen, die Proteste zu
vereinnahmen oder gar von einem Generalstreik zu sprechen, ist
gescheitert. Dennoch ist offensichtlich, dass extreme Kräfte versuchen,
die Proteste zu nutzen. In Leipzig etwa rief die Gruppe „Engelsdorf
steht auf“, die mutmaßlich vom rechtsradikalen AfD Stadtrat Marius Beyer
geleitet wird, ebenfalls zum Protest auf. Die Gruppe, welche sich in der
Corona-Zeit gründete, hatte vorher auch schon zum Protest gegen
Geflüchtetenunterkünfte aufgerufen. Auch die sogenannte „Bewegung
Leipzig“, die ebenfalls im rechten Spektrum einzuordnen ist, versucht
nunmehr mittels des neuen Themas an Einfluss zu gewinnen. Seit längerer
Zeit beteiligten sich an deren Montagsabendsaufzug auch eine Gruppe
jugendlicher gewaltorientierter Neonazis, die vermummt auftreten. Im
Verlaufe des Tages waren an einigen Autos auch eindeutig rechte Symbole
zu sehen.

„Es ist der extremen rechten Szene nicht gelungen, die Proteste in ihrem
Sinne zu vereinnahmen. Allerdings ist es umso notwendiger, dass sich
auch die Bauern klar in einem demokratischen Rahmen bewegen und Versuche der Einflussnahme von Rechtsextremen klar zurückweisen. Gerade in den Verlautbarungen der Landesbauernverbände ist erkennbar geworden, dass man sich mit klaren Abgrenzungen aber schwertut. So berechtigt die Proteste auch sind, so wenig dürfen sie zur Spielwiese für
Verfassungsfeinde werden. Die Rechten versuchen hier immer wieder, ein
Bürgerkriegsszenario heraufzubeschwören und es sollte jedem klar sein,
dass es ihnen nicht um die Bauern geht, sondern um einen rechten
Systemsturz“, so Jürgen Kasek für das Netzwerk.

Irena Rudolph-Kokot ergänzt zum Versammlungsgeschehen: „Wir haben zur Kenntnis genommen, dass der CDU Innenminister ebenfalls seine Liebe zu Blockaden und Störung der öffentlichen Ordnung entdeckt hat, jedenfalls
dann, wenn es ins Kalkül passt. Als Innenminister ist eine Person, die
angesichts der eigenen politischen Überzeugung Proteste verurteilt oder
Blockaden lobt, ungeeignet. Ebenso ist auch überraschend, dass Christdemokraten auf einmal Staus auf dem Leipziger Innenstadtring aktiv provozieren und dass es seitens der Polizei oder des Ordnungsamtes keinerlei Einschränkungen gibt. Insbesondere die Leipziger Versammlungsbehörde, die noch immer mit Argusaugen Auflagen zur Lautstärke und dem Verkehr erlassen hat, scheint sich nicht daran zu stören, wenn die Anwohner*innen des Leipziger Rings und dort Arbeitende über einen ganzen Tag mit einem Hupkonzert beschallt werden und der sonst so geschützte Verkehr stellenweise komplett zum Erliegen kommt. Das Ordnungsamt muss sich die Frage gefallen lassen, ob man das Versammlungsrecht wirklich unvoreingenommen auslegt.“

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