Pressemitteilung des Say it loud e. V. zum Geschehen des 3. Juli 2023 in Leipzig
Am gestrigen Tag haben wir versucht, eine Versammlung unter dem Motto
“Die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig” durchzuführen. Wir haben
diese Versammlung als Reaktion auf die Allgemeinverfügung der Stadt
Leipzig vom 30.05.2023 am Mittwoch, den 31.05.2023 angemeldet, um gegen die aus unserer Sicht massive Grundrechtseinschränkung zu protestieren.
Das Verbot der sogenannten Tag-X-Demonstration folgte am Donnerstag, die endgültige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu diesem Umstand erfolgte wenige Minuten vor Beginn unserer Demo.
Im Kooperationsgespräch am Freitag haben wir auch darüber gesprochen,
dass gegebenenfalls mit mehr Teilnehmer*innen zu rechnen ist und daher
eine zweite Route, die einer größeren Demonstration Rechnung trägt,
abgesprochen. Für den Einsatz hatten wir 30 Ordner*innen ausgewählt,
die aktiv waren. Wir haben sie mit Funkgeräten verbunden. Unsere
Versammlung hatte am Beginn regen Zulauf. Bereits frühzeitig ist uns
kommuniziert worden, dass man uns nur noch eine stationäre Kundgebung
gewähren wolle, parallel dazu wurde die zu diesem Zeitpunkt bunte und
vollständig friedliche Versammlung umschlossen und der Kessel enger
gezogen. An alles im Kooperationsgespräch Verabredete wollten sich die
Versammlungsbehörde der Stadt Leipzig und die Polizeiführung vor Ort
nicht mehr halten. Die Kräfte aus den 12 verschiedenen Landespolizeien
wurden, so ergaben das zahlreiche Gespräche, lückenhaft bis gezielt
falsch zur Lage informiert. Auch die jeweiligen Direktiven unterschieden
sich erheblich, was feindselige Affekte schüren und eine erhellende
Gesamtschau der Polizist*innen verhindern sollte.
In mehreren Verhandlungen haben wir versucht, die Demonstration
durchzusetzen, um die Situation zu entzerren und auch um unsere
Ordner*innen effektiver einsetzen zu können. Wir stellen fest, dass
entgegen den getroffenen Zusagen von Versammlungsbehörde und Polizei aus dem Kooperationsgespräch und des Auflagenbescheids zu keinem Zeitpunkt geplant war, tatsächlich eine Demonstration laufen zu lassen. Der
wissentlich und willentlich aufgebaute Druck in diesem von der
martialisch auftretenden Polizei erst geschaffenen Kessel kann nur als
perfide Absicht angesehen werden.
Es erfolgten so dann die provozierten Ausbruchsversuche aus der zu
diesem Zeitpunkt bereits umschlossenen Demonstration. Dabei entwickelte
sich in der Folge kurzzeitig eine dynamische Situation, bei der auch
Flaschen und Steinen geworfen wurden.
In der Folge davon wurden mehr als 1000 Personen in mehrere Maßnahmen
gezwungen und bis zu 11 Stunden festgehalten, lange Zeit ohne Zugang zu
Trinkwasser und Essen. Versuche, Essen und Trinken an die Umschlossenen
weiterzugeben, wurden teilweise unterbunden und konnten nur durch
Sanitäter*innen erreicht werden.
Es wurde ein Hamburger Kessel aufgebaut und selbst Minderjährige bis
nachts 03.00 Uhr bei Außentemperaturen um die 10 °C ohne Decken und
adäquate Kleidung festgehalten, ohne die anwesenden Eltern zu
informieren oder diese zu ihren Kindern zu lassen.
Versuche, Solidaritätsdemonstrationen anzumelden, wurden untersagt und
mehrfach wurden beim Zurückdrängen Versammlungsteilnehmer*innen gezielt durch Polizeibeamt*innen in Kopfhöhe geschlagen. Mindestens zwei Personen wurden aufgrund der Behandlung durch die Polizei ohnmächtig, ohne dass die Polizei adäquat reagierte.
Wir stellen fest, dass es offenbar von Anfang an darauf ausgelegt war,
dass der Staat seine Macht zeigt und jegliches Aufbegehren und die
Inanspruchnahme von Grundrechten unterbindet. Wir stellen fest, dass wir
gezielt von Stadt Leipzig und Polizei belogen wurden, um die
Rechtfertigung für den seit der Wende größten Polizeieinsatz (insgesamt
12000 Beamt*innen über die Tage) in der Stadt zu präsentieren. Dieses
amtliche Schmierentheater ist strategisch darauf ausgerichtet, die Zahl
vermeintlich linker Straftaten (dazu zählt im Zweifel auch Vermummung
mit einer FFP2-Maske) in die Höhe zu treiben und das gesellschaftliche
Zerrbild der Gefahr von links zu verschärfen.
Viele Eltern und Unbeteiligte haben gestern erlebt, was es heißt, wenn
man in Sachsen seine Grundrechte mit einer progressiven und
verfassungskonformen Attitüde in Anspruch nehmen will.
Wir können uns auf diesen Staat nicht verlassen!