#NoCompact – Elsässer, иди домой!

Am 26. November 2022, fast auf den Tag genau fünf Jahre nach der sechsten „Compact-Konferenz für Souveränität“, die in Leipzig stattfand, möchte Jürgen Elsässer, Chefredakteur des Compact-Magazins, wieder in unserer Stadt seine Ideologie verbreiten. Diesmal ruft er zur „Großdemonstration: AMI GO HOME – Frieden, Freiheit, Souveränität“ ab 15:30 Uhr auf den Simsonplatz auf.

Er möchte gemeinsam mit Freien Sachsen, Thüringer Patrioten, Teilen der AfD sowie sonstigen rechten Kräften ihren Hass auf die USA und die bundesdeutsche Regierung, welche nach seiner Auffassung US-amerikanisch gesteuert sei, verbreiten. Dabei werden Verschwörungstheorien verbreitet, Angst vor einem Atomkrieg geschürt und Russland verteidigt.

Aber wer und was ist eigentlich Compact?

Compact ist ein seit 2010 monatlich erscheinendes Magazin, welches als Querfront-Projekt gestartet wurde und inzwischen als medialer Arm von Pegida über die Alternative für Deutschland (AfD) bis zu den Identitären gilt. Nach Recherchen der Zeitung „Die Zeit“ werden monatlich etwa 40.000 Exemplare verkauft.1 Die Redaktion versteht Compact als Kontrapunkt in einer angeblich „gleichgeschalteten“2 Medienlandschaft von „Einheitsmedien“3, die von wenigen Verlagsgruppen wie der Axel Springer SE, Hubert Burda Media, Bertelsmann, der Funke Mediengruppe und den „Systemparteien“4 kontrolliert würde. Compact stellt sich rebellisch dar und begründet die These der gleichgeschalteten Medien mit dem starken Einfluss der USA. Deutschland sei schließlich kein souveränes Land.

Anfangs schrieben öffentlich bekannte Personen wie Peter Scholl-Latour oder der in islamfeindlichen Kreisen beliebte Thilo Sarrazin regelmäßig Beiträge und nahmen an Konferenzen teil.5 Seit 2013 trägt es den Zusatz „Magazin für Souveränität“. Souveränität meint dabei vor allem die angeblich fehlende Souveränität der Deutschen. Als Chiffre steht die herbeigesehnte Souveränität dabei für alles, wonach sich die Rechte sehnt: mehr Nationalismus und weniger EU, mehr „wir hier unten“ und weniger „die da oben“, und überhaupt sei Deutschland kein eigenständiger Staat.

Prokurist der Compact-Magazin GmbH ist Kai Homilius, der zusammen mit Mario Rönsch einer der Administratoren der berüchtigten, inzwischen gelöschten Facebook-Seite „Anonymous.Kollektiv“ war6, die vor allem mit Falschmeldungen und Verschwörungstheorien vorrangig gegen Menschen mit Migrationshintergrund Stimmung machte. Herausgeber Elsässer hat die Zusammenarbeit mit Rönsch eingestanden.7

Auch der ehemalige Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz Thüringen Helmut Roewer, in dessen Ägide die Gründung des NSU fällt und der immer wieder mit Relativierung des rechten Terrorismus aufgefallen ist, schrieb wiederholt für das Magazin.8

Obwohl Compact unabhängig sein will, fällt auf, dass viele Artikel nicht selbst recherchiert wurden, sondern die von der sog. „Lügenpresse“ ermittelten Daten und Fakten zum Teil eigenwillig wieder zusammengesetzt werden. Stellenweise werden ganze Sätze kopiert, was diesen Fakt verdeutlicht.

Der Chefredakteur

Der Herausgeber und Chefredakteur des Compact-Magazins ist Jürgen Elsässer. Politisch engagierte er sich u. a. beim Kommunistischen Bund in Stuttgart und publizierte in diverser linker Presse wie Bahamas, Jungle World, Junge Welt, Konkret und Neues Deutschland. Er war einer der prominenten Vertreter der antideutschen Bewegung. Seit der Jahrtausendwende kam es zum sukzessiven Bruch mit der linken Szene. So trennten sich Junge Welt, Jungle World und auch die Konkret aufgrund seiner Positionen zum Irakkrieg von ihm. Zitate wie „Mit Staatsknete wird Multikulti, Gendermainstreaming und die schwule Subkultur gefördert, während die Proleten auf Hartz IV gesetzt werden und sich oft auch keine Kita, kein Schwimmbad und keine warme Wohnung mehr leisten können“9, waren darauf öfter zu hören.

Als selbst ernannter „Volksvertreter“ spricht er diesen Titel allen Repräsentant*innen der Parteien abseits der AfD ab. Diese würden vielmehr im Auftrag heimlicher Kräfte agieren. An sich bereits ein antisemitisches Stereotyp wird Elsässer auch konkret und bedient antisemitische Mythen, wenn er beispielsweise der jüdischen Familie Rothschild finstere Machenschaften unterstellt.10 Völkische Parolen werden auch mal unverhohlen verbreitet: „Kein Volk ist schlechter als das andere. Aber absolut TÖDLICH ist das Vermischen“.11

Kapitalistische Produktionsweise wird auf die Handlungen einzelner Konzerne und Personen reduziert. Die reale Ungleichheit innerhalb der Gesellschaft sieht Elsässer befriedet in der Besinnung auf Blut und Boden. Soziale Kämpfe werden zu ethnischen Konflikten umgelogen und ein Keil zwischen proletarisierte Menschen getrieben. Folgerichtig trat Elsässer Karl Marx‘ Anliegen mit Füßen, als er am 1. Mai 2017 bei Pegida davon sprach: „Proletarier und Patrioten aller Länder vereinigt euch!“12

Zu Anfang der Corona-Pandemie begrüßte Compact zunächst, dass Italien unter Quarantäne gestellt wurde. Die Regierung und Merkel hingegen wurden scharf kritisiert und es wurde vorgeworfen, dass nicht strikt genug in Deutschland vorgegangen werde.13 Kurz danach, keinen Monat später, schrieb Elsässer angesichts der dann angelaufenen staatlichen Eindämmungsmaßnahmen über eine angebliche „Corona-Diktatur“.14 Zu einer Querdenken-Demonstration am 29. August 2020 in Berlin rief er mit den Worten auf, dass dies „das wichtigste Datum in der deutschen Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg“ sei.15 Nachdem es in deren Verlauf zu einem gewaltsamen Sturm durch hunderte aufgeputschte Teilnehmende – unter ihnen bekannte Rechtsradikale – auf den Bundestag kam, fabulierte Compact von einem „Happening auf der Treppe des Reichstages“.16 Den Protestierenden wurde gar ein Compact-Spezial mit dem Titel „Die Querdenker – Liebe und Revolution“ gewidmet. Auch der Youtube-Kanal CompactTV brachte wiederholt Sendungen zur „Corona-Diktatur“, wie auch das Magazin Sonderausgaben und Artikel.

Die Compact-Magazin GmbH wurde 2021 vom Bundesverfassungsschutz als erwiesen rechtsextremistisch bewertet.17 Anlässlich der vorherigen Einstufung als Verdachtsfall gemeinsam mit dem zwischenzeitlich aufgelösten „Flügel“ der AfD fühlte sich Elsässer bemüßigt, Bernd Höcke, einen Bruder im Geiste, zu verteidigen – dieser sei, „im Unterschied zu den staatlichen Agitatoren, ein echter Demokrat“.18

Ein weiteres Feindbild, das immer wieder thematisiert wird, ist LGBT*. So titelte 2021 Compact „Die schwule Republik“. Ein „COMPACT Spezial“-Heft wurde auch der verhassten „Antifa“ gewidmet.

Bereits im ersten Ukrainekonflikt schlug sich Elsässer auf die Seite Russlands.19 Putin wurde und wird als Patriot gelobt und friedliebend dargestellt. Nach der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland gipfelte die Faktenverdrehung im November 2014 in einer Konferenz „Frieden mit Russland“.20 Nur folgerichtig erschien im März 2022 die Compact-Spezialausgabe Nr. 33 mit dem Titel „Feindbild Russland“.

Die simplen Welterklärungen gepaart mit einer wahnhaften Vorstellung, jede Kritik sei staatlich gesteuert, der Staat amerikanisch versklavt und Gegenprotest gar bezahlt, ziehen sich durch Elsässers Reden und Artikel. Geschürt werden Hass, verbreitet werden Desinformation und Hetze, immer wieder antisemitisch garniert. Dabei wird jede Krise, jedes neu auftauchende Thema passend zurecht gedreht.

Unsere Antwort heißt: #NoCompact. Elsässer, иди домой!


Quellen:

3 u. a. Editorial in COMPACT 09/2013 von Jürgen Elsässer

9 Tageszeitung „junge Welt“, Ausgabe 19. September 2006

14 Editorial in COMPACT 04/2020 von Jürgen Elsässer

17 Bundesamt für Verfassungsschutz, Verfassungsschutzbericht 2021, S. 75 f.

19 vgl. Fußnote 10


Zum Weiterlesen:

  • Felix Schilk: Fallstudie: Compact: Scharniermedium der extremen Rechten. In: Zentrum Liberale Moderne, 2022, https://gegneranalyse.de/fallstudie-2-compact/
  • Felix Schilk: Souveränität statt Komplexität. Wie das Querfront-Magazin ›Compact‹ die politische Legitimationskrise der Gegenwart bearbeitet. Edition DISS, 2017, ISBN 978-3-89771-768-8.
  • Kevin Culina, Jonas Fedders: Im Feindbild vereint. Zur Relevanz des Antisemitismus in der Querfront-Zeitschrift Compact. Edition Assemblage, 2016, ISBN 978-3-96042-004-0.
  • kreuzer — Das Leipzig Magazin (Zeitschrift), Ausgabe April 2016, S. 18 ff.
  • Markus Liske / Manja Präkels (Hg.): Vorsicht Volk!, Verbrecher-Verlag, Berlin 2015, ISBN: 978-3-95732-121-3
  • Jutta Ditfurth: Warum ich vor das Bundesverfassungsgericht gehe, Frankfurt/Main, 2015

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