Seit mehreren Monaten kommt es in Leipzig jeden Montag zu Kundgebungen und nicht angezeigten Versammlungen. Diese ziehen unterschiedliche Menschen an, und es wird versucht, eine Brücke von der Kritik an Corona-Maßnahmen, über Verschwörungserzählungen und Antisemitismus hin zu neonazistischen Einstellungen zu schlagen. Es wundert daher nicht, wenn diese inhaltsentleerte Kritik den Nährboden für extrem rechte Parteien bereitet. Die sogenannten „Spaziergänger“, die wegen der Abwesenheit gemeinsamer Inhalte ein diffuses Gefühl des Dagegenseins verbindet, sind die prädestinierten Mitläufer:innen, wenn extrem rechte Gruppen wie „Freie Sachsen“ oder die AfD aufrufen.
Oft genug bleiben diese Ansammlungen unwidersprochen und von den Behörden bestenfalls begleitet statt konsequent deren Regelverstöße zu ahnden. Dagegen wird gegenüber links gelesenen Menschen hart durchgegriffen: Personenkontrollen, absurde Vorwürfe angeblicher Verstöße gegen Corona-Schutzmaßnahmen und permanente Gängelung.
Die Behörden wollen offenbar „die Lager trennen“, aber während die einen sich an das Versammlungsrecht halten, demonstrieren die „Spaziergänger“ ihre Abneigung gegen den Staat durch Verstöße gegenpräventive Abstandsregeln oder eine Maskenpflicht.
Seit einiger Zeit hat sich Leipzig-Engelsdorf zu einem Hotspot der Szene entwickelt. Während in der Innenstadt, Gohlis, Schleußig und Markkleeberg immer mehr zivilgesellschaftlicher Protest gegen die rechte Raumnahme deutlich wurde, blieb das Treiben in Engelsdorf weitgehend ungestört. Zentrale Figur ist dabei ein AfD-Stadtrat, der bislang mit Reden an der Grenze zur Volksverhetzung auffiel und keine Möglichkeit auslässt, Hass zu säen. Die Rede ist von Marius Beyer einem besonders unangenehmen Hetzer.
Im Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz haben viele Gruppen, Initiativen und Parteien ausdauernd auf dieses rechte Treiben aufmerksamen gemacht und Protest dagegen organisiert. Dem haben sich immer wieder viele Leipziger:innen angeschlossen. Wir wissen, dass es unter den Gefährdungen einer Pandemie für jede und jeden Einzelnen schwierig sein kann, an Demos teilzunehmen. Dennoch sind wir der festen Überzeugung, dass es entschlossenen antifaschistischen Protest gerade auch in dieser Zeit dringend braucht. Wir sind keine Schönwetter-Demonstrant:innen, die nur dann auf die Straße gegen, wenn es gerade mal bequem zu sein scheint.
Es bleibt schwierig, Menschen mit geschlossenen rechten Weltbildern oder Verschwörungsgläubige vom Gegenteil zu überzeugen. Wir richten unsere Proteste aber vor allem an die solidarische Mehrheit in dieser Gesellschaft. An die vielen Menschen, die sich an Regeln halten, sich einschränken, sich regelmäßig testen. Zum eigenen Schutz, aber vor allem auch zum Schutz ihrer Liebsten und des persönlichen Umfelds. Wir werden daher auch künftig immer dann protestieren, wenn unsolidarische und regressive Kräfte versuchen, in dieser Stadt rechte Handlungsräume zu etablieren oder zu erweitern. Wir bleiben laut gegen Verschwörungserzählungen, Antisemitismus und rechte Hegemoniebestrebungen. Wir rufen die solidarische Stadtgesellschaft auch weiterhin zum gemeinsamen Platznehmen auf.
Corona nervt – uns auch. Wir sind gefrustet, haben Alltagssorgen oder schwanken zwischen der Forderung nach mehr Einschränkungen und der notwendigen Kritik an Grundrechtseinschränkungen. Wir sind uns aber unserer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst, immer wieder gegen rechte Einstellungen aufzustehen. Wir kämpfen solidarisch an der Seite mit vielen anderen gesellschaftlichen Gruppen und Bewegungen, die ebenso ihre Kämpfe umsetzen. Wir bleiben dabei aber stets selbstkritisch und antifaschistisch. Wir hinterfragen uns selbst. Und wir unterstützen eben gerade nicht vorbehaltlos alle Demos in Leipzig – wir halten Abstand gegen rechts. Das unterscheidet uns von den vielen Corona-Protesten, denen es um egoistische Ziele geht, die Hass und Hetze vorantreiben und dabei willfährig den immer gleichen Leuten hinterherlaufen, ohne zu hinterfragen welche menschenverachtenden Einstellungen dort reproduziert werden. Für uns ist klar: Spazierengehen ist auch nur Mitlaufen!
Wir werden deshalb auch am kommenden Montag auf der Straße sein und dafür sorgen, dass rechte Trolle wie Marius Beyer auch in Engelsdorf nicht mehr ungestört bleiben. Schließt euch unserem Protest an – mit Abstand, Anstand und Maske. Für eine solidarische Stadtgesellschaft, die auch auch in Zeiten einer Pandemie laut sagt: Alerta Antifascista!
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Protest am 07. Februar 2022
Fahrrad-Anreise
17:00 Uhr
ab Augustusplatz nach Engelsdorf
Zuganreise
17:25 Uhr, Gleis 19, Hauptbahnhof Leipzig
oder Zustieg 17:40 Uhr ab Leipzig-Sellerhausen
Demo durch Engelsdorf
17:45 Uhr
P+R Engelsdorf (Ecke Hans-Weigel-Straße / Topasstraße)