Aufruf 21.11.: Kritisch bleiben. Abstand halten. Platz nehmen.

Querdenken Leipzig #le2111

Zum zweiten Mal ruft das Querdenken-Netzwerk zur bundesweiten Demonstration in Leipzig auf. Am kommenden Samstag wollen sich wieder tausende Leugner:innen von Covid-19 und Kritiker:innen der Maßnahmen gegen die dann doch existierende Pandemie gemeinsam mit Hooligans, Reichsbürger:innen, Rechtsradikalen, Gegner:innen der Demokratie und ganz „normalen“ Nazis verbünden, um über den Ring zu marschieren. Wir rufen dazu auf, diesen Aufmarsch am 21. November zu verhindern! Kommt am Samstag um 12:30 Uhr zum Augustusplatz! Bildet Bezugsgruppen! Wir rufen dazu auf, ihnen wortwörtlich den Platz zu nehmen!

Ein wesentlicher Teil der sich um Corona manifestierenden Mythologie ist eine Vergleichbarkeit mit den Protesten in Leipzig, die 1989 zum Ende der damaligen DDR geführt hatten. Keineswegs aber lassen sich permanente Mobilisierung gegen einen äußeren Feind und Überwachung der gesamten Gesellschaft mit den aktuellen Beschränkungen vergleichen, die nicht nur Selbständige und Kulturschaffende massenhaft in Krisen stürzen. Diese Maßnahmen müssen kritisiert und abgemildert werden. Genauso muss aber mit entschiedener antifaschistischer Intervention ein neuerlicher Marsch um den Leipziger Innenstadtring verhindert werden.

Am 7. November kam es in Leipzig zu einer bundesweiten „Querdenken“ Demo, auf deren Höhepunkt eine Runde um den Leipziger Innenstadtring gelaufen werden sollte. Die Kundgebung auf dem Augustusplatz wurde durch die Stadt Leipzig verlegt und nach Beschwerde der Organisator:innen durch das Oberverwaltungsgericht Bautzen doch genehmigt.

Tausende Corona-Kritiker:innen aus dem gesamten Bundesgebiet reisten nach Leipzig, um ohne Abstand und Masken ein politisch markiertes Superspreader-Event durchzuführen. Zu den Gegner:innen der Coronaschutzmaßnahmen gesellten sich organisierte Neo-Nazis und Hooligans aus allen Ecken des Landes; rechte Meinungs- und Medienmacher:innen waren ebenfalls zusammengeströmt.

Obwohl die Versammlung unter Auflagen (Mund-Nasen-Bedeckung sowie 6m² Platz für alle Teilnehmenden) beschieden war, wurden diese wie im Vorfeld angekündigt von Anfang an missachtet. Als nach Stunden die Versammlung für aufgelöst erklärt wurde, setzten sich die Teilnehmenden als Demonstrationszug Richtung Hauptbahnhof in Bewegung. Die Polizei versuchte den Zug zu stoppen und wurde von mehreren hundert Hooligans und Nazis attackiert. Nachdem der Weg über den Ring freigeprügelt war und die Polizei kapituliert hatte, liefen Tausende über den Ring. Die gewaltvollen, verstörenden Bilder gingen durch alle Medien der Republik.

Aussagen der politisch Verantwortlichen dieses katastrophalen Behördenversagens weisen in die Richtung, man hätte dem Mob keinen Einhalt gebieten wollen, da sich „eine Pandemie nicht mit polizeilichen Mitteln“ lösen ließe. Beobachtungen vor Ort und die riesige Menge zusammengezogener polizeilicher Kräfte lassen aber den Schluss zu, dass es Kalkül war, nicht einzuschreiten und damit die Bevölkerung vor Corona, rechter Gewalt und die historischen Ereignisse 1989 durch eine Vereinnahmung von Rechtsradikalen nicht zu schützen.

Es wirkt wie aus einem schlechten Film: rechtsradikale Hooligans prügeln tausenden bürgerlichen „Kritikern der Corona-Maßnahmen“ den Weg für eine Demonstration frei, Teilnehmer:innen greifen Journalist:innen und Bürger:innen an, und aus dem Kreise der Organisator:innen feiert man sich für einen gelungenen Auftakt zur „friedlichen Revolution (2.0)“.

Das sächsischen Staatsversagen am 7. November kam aber nicht aus heiterem Himmel. Es war angekündigt und forciert durch die „Querdenken“-Bewegung. Engagierten Menschen war klar, dass es dazu kommen würde, auch wenn sicher nur wenige eine Ahnung vom Ausmaß der Gewalt gehabt hatten. Es ist schockierend und dennoch nicht überraschend, dass behördlicherseits niemand damit zu rechnen schien.

Während Inzidenzwerte aller Orten steigen, gießt „Querdenken“ mit solchen Großveranstaltungen ohne jedes Hygienekonzept weiter Öl ins Feuer. Die „Querdenken“-Bewegung und ihre faschistischen Schläger feiern indes dieses Datum als historischen Erfolg.

Wir laden euch exakt zwei Wochen nach den völkischen Ausschreitungen und dem kalkulierten Behördenversagen zu einer Kundgebung auf dem Augustusplatz ein. Wir wollen unsere Kritik an dem Agieren der Behörden und politisch Verantwortlichen in die Öffentlichkeit tragen und unsere Kundgebung auch dazu nutzen, unsere emanzipatorische Kritik der Corona-Krisenpolitik zu formulieren. Gerade weil so vielen sich ein Eindruck aufzudrängen scheint, dass linke und kritische Akteur:innen die staatlichen Maßnahmen unkritisch verteidigen, formulieren wir unsere konstruktive Kritik unmissverständlich. Wir sind auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse überzeugt davon, dass Maßnahmen wie das Tragen einer Alltagsmaske und Abstand zu unseren Mitmenschen uns vor einer weiteren Verbreitung des Virus schützen und wir so praktisch in Solidarität mit Risikogruppen handeln müssen.

Kommt am 21. November ab 13 Uhr auf den Augustusplatz und demonstriert mit uns gegen Behördenversagen, die Raumnahme durch Rechtsradikale und staatliche Krisenpolitik, die auf dem Rücken der Schwachen und Prekarisierten und zugunsten der Wirtschaft die gesundheitliche Krise überwinden will.

Denkt an eure Masken, haltet Abstand und bleibt gesund!

Foto: Christoph Hedtke