„Fucking hell. I’m disapointed in this country“

Redebeitrag auf der #NoTrump-Demo Stand Up! Represent! Trump Is Not Our President! Leipzig against Trump! am 15.11.2016 in Leipzig

„Fucking hell. I’m disapointed in this country.“ – Das waren die Worte meines Gastbruders aus Minnesota kurz nach dem erschütternden Wahlergebnis in den USA. In der grenzenlosen Enttäuschung schwingt auch das Bangen vor einer Abschiebung zurück nach Indien.

Dass tatsächlich ein „zeitgemäßer Faschist“, um es mit den Worten des Stanford-Wissenschaftlers Fred Turner zu sagen, welcher von vielen nur verlacht wurde, nun wirklich Präsident der USA wird, damit hätte wohl kaum jemand gerechnet. Vor allem nicht nach diesem, einer Schlammschlacht gleichendem Wahlkampf und den rassistischen, sexistischen, auf keinerlei Fakten beruhenden Äußerungen Trumps. Sein Wahlsieg muss als klares Indiz für den Rechtsruck eines Teils der amerikanischen Bevölkerung und für das Desinteresse am politischen Geschehen einiger Bürger_innen, was die enormen Nichtwähler_innenzahlen zeigen, gewertet werden. Aber ist es wirklich Desinteresse? Oder ist es vielmehr Verzweiflung über die beiden Kandidat_innen gewesen?

Auf den ersten Blick lässt es einen nur den Kopf schütteln, wie um alles in der Welt dieser Mann zum Präsidenten gewählt werden konnte. Ein Mann, welcher vermeintlich „Fremde“ einfach deportieren, seinem persönlichem Erzfeind Mexiko eine Mauer vor die Nase setzen will und den Klimawandel für eine große chinesische Verschwörung hält, besitzt bald den Code für die amerikanischen Nuklearwaffen. Dies ist eine mehr als erschütternde Vorstellung, welche bald Realität werden soll.

Dass zahlreiche Amerikaner_innen nun nach diesem katastrophalen Wahlergebnis auf die Straßen gehen, lässt hoffen. Ich spreche heute hier auch für das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“. Wir sind heute hier, um uns mit den Menschen, welche für Freiheit und gegen Ideologien der Ungleichwertigkeit und gegen Trump demonstrieren, solidarisch zu zeigen. Wir wollen diesen Hass nicht dulden. Nicht in Leipzig. Nicht in Sachsen. Nicht in Deutschland. Und nirgendwo sonst auf der Welt.

Was können wir tun, damit es nicht auch in Deutschland nächstes Jahr zu einer Überraschung der besonderen Art kommt? Still schweigen und stehen bleiben ist keine Lösung. Wer es nicht glauben mag, dass Trump-ähnliche Zustände in unserem Land möglich sind, der nehme sich die Rede eines AfD-Mitgliedes und vergleiche sie mit einer Rede von Donald Trump. Die Parallelen sind nicht sonderlich verblüffend, ist doch die zugrunde liegende Ideologie die gleiche. Rechtspopulistische Argumentationsweisen und völkischer Rassismus sind weder in Deutschland noch in den USA Einzelfälle.

Angesichts einer Welt, in der die Komplexität von Sachverhalten und Geschehnissen immer weiter zu- und die Übersichtlichkeit und Erklärbarkeit dieser Vorgänge im gleichen Maße abnimmt, sind einfache Antworten nur allzu bequem und attraktiv.

Rechtspopulisten wie Trump oder die AFD scheinen diese einfachen Erklärungen parat zu haben. Diese finden so gut wie immer ihren Ausdruck in einer Trennung in „die da oben“ und „die anderen“. Das selbst ernannte Volk sei durch „die da oben“ unterdrückt, belogen und machtlos und würde durch die von „denen da oben“ bevorzugten „anderen“ weiter gefährdet. Im Falle der von Trump, der AFD und auch der verschiedenen GIDA-Bewegungen sind „die anderen“ in der Regel Geflüchtete, Migrant_innen und Menschen muslimischen Glaubens. Wahlweise aber auch Frauen, Homosexuelle, Gewerkschafter_innen, Arbeitslose und und und – die Liste lässt sich beliebig fortsetzen. „Die Anderen“ werden zur Gefahr erklärt, zu Täter_innen, die das Wohl der zum „Volk“ erklärten gefährden. Dies findet Ausdruck in Sozialneid, diffusen Ängsten und wilden, häufig gewaltvollen Gerüchten. So wird Menschenfeindlichkeit entfacht und gerechtfertigt. Alle, die nicht in das eigene Weltbild passen und alle, die diesem Weltbild widersprechen, werden angegriffen.

Wir dürfen es nicht mehr zulassen, dass stumpfe Hassparolen und einfache Lösungen den Großteil der Bevölkerung in Euphorie versetzen. Die einfach wirkenden Heilsversprechen werden unserer komplexen Welt nicht gerecht.

Um einen Sieg von Rechtspopulisten*innen hier zu verhindern, dürfen wir nicht schweigen und müssen anderen Menschen die Augen öffnen, damit sie die Parallelen zu noch nicht allzu lang vergangenen Zeiten erkennen. Mund aufmachen immer und überall! Ob in der Kneipe, in der Uni oder im Betrieb. Ideologien der Ungleichwertigkeit müssen mit Argumenten aus den Köpfen der Bevölkerung verdrängt werden. Der Propaganda der Menschenfeinde darf kein Gehör und vor allem kein Glauben geschenkt werden.

Wir sollten unbedingt Schlüsse aus Trumps Sieg ziehen. Über eine Witzfigur sollte man nicht vorschnell lachen, weil sich am Ende auch herausstellen kann, dass man selbst die ganze Zeit die Witzfigur war.

Damit uns das Lachen nicht im Halse stecken bleibt, müssen wir gegen den Rechtsruck zusammenhalten und dürfen Rassisten_innen keinen Raum lassen.

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