Seit anderthalb Jahren wird der Montag in Leipzig regelmäßig durch die „Spaziergänge“ von LEGIDA geprägt. LEGIDA hatte sich in Anlehnung an die Dresdner PEGIDA als „Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes“ gegründet. PEGIDA hatte 2014 einen Aufschwung unter dem Eindruck der Terrororganstation des damals neu entstandenen „Islamischen Staates“ (Daesh). Nachdem in ganz Europa von einer Islamisierung immer noch nichts vermeldet werden kann, ist Legida jedoch nicht verschwunden, sondern firmiert heute als „Gemeinsam für Deutschland“ – ganz nah an all den *GIDA-Splitterorganisationen, die in internen Machtkämpfen entstanden sind wie „Offensive für Deutschland“ (OfD) oder „GIDA regional“. Wenn LEGIDA in Leipzig aggressiv aufmarschiert, werden ganze Straßenzüge gesperrt. Ein martialisch anmutendes Polizeiaufgebot bestimmt das Gesicht der Stadt.
Diese Parallelgesellschaft aus Nazis, Hooligans und in euphemistischer Eigenbezeichnung „besorgten Bürgern“ hat sich aus unserer Gesellschaft und deren pluralistischem Grundverständnis verabschiedet. LEGIDA lehnt Demokratie, Meinungs- und Religionsfreiheit ab und geifert gegen alle, die sich für Schwächere engagieren. LEGIDA und dessen Gefolgschaft profitieren dabei von der europaweiten Welle eines autoritär geprägten Nationalismus. Menschenfeindliche Stimmungsmache scheint zur Normalität geworden zu sein.
Waren es am Anfang noch zehntausende Menschen, die sich gegen diesen aufziehenden Faschismus stellten, ist die Zahl derjenigen, die immer wieder Menschen- und Grundrechte verteidigen, zurückgegangen. Traumatisierende Bilder von Polizeieinsätzen, das Erleben von Gewalt und Hilflosigkeit haben dazu beigetragen. Viele Menschen haben angefangen, sich mit dem Zustand der Dauerbelagerung abzufinden. Aber Hass, Hetze und Ideologien der Ungleichwertigkeit sind nicht zu tolerieren. LEGIDA ist nicht zu akzeptieren. Niemand muss es hinnehmen, dass das Leben in der Stadt für eine reaktionäre Parallelgesellschaft zum Erliegen kommt.
Auch der Anschein von Sarkasmus, wenn ThüGIDA am Montag gegen LeGIDA zu Felde ziehen will, befreit nicht vom öffentlich wirksamen Protest gegen beide rassistischen Gruppen. Die Lösung des Problems liegt nicht darin, zu hoffen, dass sich all diese *GIDAs „totlaufen“ oder dass „die Politik“ oder „der Staat“ Lösungen findet. Es ist die Aufgabe jeder und jedes Einzelnen, durch unser Handeln mit zu entscheiden, welches Gesicht die Stadt haben soll, in der wir leben.
Mit vielfältigen Aktionen von Fahrraddemos über Platzbesetzungen, Friedensandachten bis zum gemeinsamen Fastenbrechen, von Demonstrationen über Mahnwachen bis hin zu Lesungen und Vorlesungen machen wir deutlich, dass in Leipzig für Hass und Hetze kein Platz ist.
Wir rufen daher alle Menschen auf, sich mit kreativen Aktionen an der Gestaltung unserer Stadt zu beteiligen und durch das gemeinschaftliche Handeln Widerspruch gegen Menschenfeindlichkeit zu leisten.
Denn diese Gesellschaft bilden wir alle und jede/-r Einzelne trägt dafür die Verantwortung. Leipzig soll für Vielfalt und Weltoffenheit einstehen. Wir laden euch ein, dies in aller Öffentlichkeit zu zeigen.