Am Montag, den 01.02.2016 nahmen deutlich mehr als 1000 Menschen an den angemeldeten Kundgebungen gegen die völkisch-faschistische LEGIDA Bewegung teil. Diese Personen verteilten sich u. a. auf die Versammlungen der Initiativen “Für ein Weltoffenes Gohlis“, „Refugees Welcome“, „Leipziger Platzname“, des Erich-Zeigner-Vereines und der Grünen Jugend.
„Leipzig nimmt Platz“ bedankt sich an dieser Stelle bei allen, die immer wieder friedlich und entschlossen für die Menschenrechte einstehen und Vorurteilen konsequent entgegentreten.
Gleichzeitig wird abermals deutliche Kritik am Handeln der Polizeikräfte laut. Im offiziellen Polizeibericht wird verschwiegen, dass es mehr als acht(!) Angriffe auf Pressevertreter_innen gab. Sie wurden durch Teilnehmer_innen der LEGIDA Demonstration zum Teil bedroht, gestoßen und geschlagen.
Ebenfalls taucht der Böllerwurf aus den Reihen von LEGIDA in Richtung der Gegendemonstration nicht auf. Am Ende des Versammlungsgeschehens auf dem geteilten Refugees-Welcome-Platz wurde ein 16-jähriger Gegendemonstrant in der angemeldeten Kundgebung einer Identitätsfeststellung unterzogen. Gegen ihn wurde ein Verfahren eingeleitet, da er auf der angemeldeten Versammlung ein Megafon benutzte, welches als Kundgebungsmittel angezeigt war. Bei der Maßnahme der Identitätsfeststellung kugelten die Beamt_innen dem Demonstranten fast die Schulter aus, sodass ein Rettungswagen gerufen werden musste. Trotz des jugendlichen Alters und angesichts der Schwere der Verletzung wurden die Eltern nicht informiert und der vor Ort anwesende Rechtsanwalt nicht durchgelassen. Ein Beamter der Polizei erklärte, dass sich ein Legida Ordner über die Lautstärke des Megaphons beschwert hätte. „Ich bin entsetzt. Der normale Weg wäre gewesen, die Versammlungsleitung, unsere Ordner_innen oder die Vertreter_innen des Ordnungsamtes darauf hinzuweisen. Aber die Polizei entschied sich zu diesem harten, aus meiner Sicht unverhältnismäßigen Vorgehen. Dem verletzten Jugendlichen wünschen wir eine schnelle Genesung“, erklärt Irena Rudolph-Kokot als Anmelderin der Kundgebung.
An der “Runden Ecke“ bildete sich kurz nach Beginn des Aufmarsches von LEGIDA eine friedliche Sitzkundgebung, die versucht wurde anzumelden. Die anwesenden Vertreter_innen sowohl des Ordnungsamtes als auch der Polizei lehnten die Prüfung ab und handelten damit ermessensfehlerhaft. An einer weiteren Sitzblockade wurde ein ein Pressevertreter von der Polizei daran gehindert, deren massiven Einsatz körperlicher Gewalt in Bildern festzuhalten. Hierzu hat die Leipziger Internet-Zeitung (LIZ) ein Video veröffentlicht. [1]
Der Landtagsabgeordnete Marco Böhme wurden von einem Polizeibeamten mit den Worten bedacht „Hoffentlich passiert Ihnen mal was!“ Vorher wurde er trotz Vorzeigen seines Abgeordnetenausweises mehrfach aufgefordert zu gehen.
Einer jungen Gegendemonstrantin, die sich singend einer Polizeikette näherte, wurde durch einen Beamten mitgeteilt, dass er auch Frauen schlage.
Auf der LEGIDA-Bühne wurden wie üblich Beleidigungen ausgestoßen und man fantasierte sich in die Apokalypse hinein. Abermals wurde zum Sturz des Systems aufgerufen und Gewalt relativiert. Dabei trat auch ein AfD-Mitglied und Mitbegründer der rechtsaußen verorteten „Patriotischen Plattform“ auf der Bühne auf.
Pressevertreter_innen wurden von Legida Teilnehmer_innen wiederholt verbal und tätlich angegriffen. Auch dies hat die Leipziger Internetzeitung ausführlich dokumentiert.
Gewalt ging damit wie auch in der Vergangenheit vor allen Dingen von LEGIDA Teilnehmer_innen aus sowie von Seiten der Polizei.
Zuvor hatte das Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ den Klageweg beschritten. Während sich das Verwaltungsgericht Leipzig rechtsfehlerhaft nicht mit der Frage auseinandergesetzt hatte, von wem Gewalt ausgeht, hatte das OVG in seinem Beschluss erkennen lassen, dass die Beauflagung der Demonstrationen nur als polizeilicher Notstand in Betracht kommt und die Zurechnung von Störversuchen Dritter nicht dem Veranstalter angelastet werden können. Dennoch lehnte das OVG das Ansinnen des Erich-Zeigner-Hauses zu den Mahnwachen ab, da letztlich aufgrund der Kürze der Zeit nicht geklärt werden konnte, ob eine Absicherung der Mahnwache tatsächlich nicht in Betracht kommt. Diese Unsicherheit gehe zu Lasten des Antragstellers. „Damit ist zu konstatieren, dass effektiver Rechtsschutz in Leipzig nicht gewährleistet werden kann“, erklärt Jürgen Kasek, Anwalt des Aktionsnetzwerkes. „Wir werden gegen die Auflagenbescheide der Stadt ins Hauptsacheverfahren einsteigen, um die Rechtswidrigkeit des Handelns der Stadt notfalls vor dem Bundesverfassungsgericht feststellen zu lassen.“
Das Aktionsnetzwerk ruft alle Betroffenen von polizeilicher Gewalt und Beleidigung auf, sich zu melden und Beschwerde einzureichen. Im Fall des 16-jährigen Jugendlichen wird zudem Strafanzeige gegen die Polizeibeamt_innen wegen Körperverletzung gestellt und eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht.
Leipzig, den 2. Februar 2016