Das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz lädt gemeinsam mit dem Netzwerk gegen Islamophobie und Rassismus (NIR) zu einer 3-teiligen Veranstaltungsreihe ein. Wir wollen anknüpfend an Debatten aus dem November 2012, als die NPD mit ihrer Brandstiftertour auch an einer umstrittenen Moscheegemeinde in Leipzig Halt machte, eine unaufgeregte und differenzierte Auseinandersetzung mit dem Islam und besonders mit salafitischen Strömungen ermöglichen.
Unser Ankündigungstext, der auch die Motivation und Knackpunkte, der Reihe deutlich machen soll:
Eine Mediendebatte über Migration und den Islam nach der anderen: Die neuen „Islamisten“ in Fernsehen und Zeitung sind die „Salafisten“. Auch in Leipzig kochte die Debatte im Zuge der „Brandstifter“-Tour der NPD im November vergangenen Jahres hoch. Die neonazistische Partei hatte in diesem Rahmen unter anderem muslimische Gebetshäuser angesteuert, um Stimmung gegen eine vorgebliche Islamisierung zu machen. In Leipzig war ihr Anknüpfungspunkt die Al-Rahman-Moscheegemeinde, die in der Vergangenheit immer wieder auch Gegenstand des lokalen Medien- und Politikdiskurses war. Die Leipziger Volkszeitung sprang im Zusammenhang mit den Protesten, die das Aktionsnetzwerk u.a. gemeinsam mit NIR organisierte, prompt über das Stöckchen der NPD und titelte „Linke Szene sucht Kontakt zu Salafisten“. Der Artikel war versehen mit Zitaten aus einem Bericht des sächsischen Verfassungsschutzes, um die Gefährlichkeit der Moschee-Gemeinde und damit auch der vermeintlichen Liaison zu belegen.
Das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz reagierte damals mit einer Pressemitteilung in der unter anderem stand:
Die NPD bezweckt mit ihren Veranstaltungen, MuslimInnen pauschal mit fundamentalistischen Bestrebungen innerhalb des Islam gleichzusetzen, dies mit ihrer rassistischen Einstellung zu verknüpfen und damit an gesellschaftlich verbreitete Ressentiments anzuknüpfen.
Ihre pauschalisierende Bezeichnung der Al-Rahman Moschee-Gemeinde in Leipzig als salafistisch ist falsch. Wer sich dieser Propaganda der Nazis anschließt, beweist nicht nur mangelnde Kenntnis über die Gemeinde und den Islam, sondern auch mangelndes Fingerspitzengefühl gegenüber MuslimInnen. Sicherlich ist der Iman der besagten Gemeinde, Hassan Dabbagh, keine unproblematische Figur. Er gehört zu den bekanntesten und wohlmöglich einflussreichsten VertreterInnen dieser ultrakonservativen, fundamentalistischen Strömung in Deutschland.
Andererseits hat er sich auf juristischem Wege erfolgreich gegen die Verfassungsschutz-Einordnung seiner Person als „extremistisch“ gewehrt. Dies muss zur Kenntnis genommen werden und darf gleichzeitig nicht bedeuten sich der Kritik seiner Person und Ideologie zu enthalten.
Das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz bekennt sich zu den Menschenrechten und positioniert sich seit jeher gegen jegliche Ideologie der Ungleichwertigkeit von Menschen, zu der Rassismus und Antisemitismus gehören.
Von einem unkritischen Verhältnis zu möglicherweise problematischen religiösen Positionen konnte demnach schon damals keine Rede sein. Es bedarf jedoch bei der Beschäftigung mit dem Islam und/oder einer bestimmten Strömung eines differenzierten Blickes statt vorschneller Kategorisierungen und Urteile. Zum einen um die Möglichkeit der kritischen Auseinandersetzungen mit Religion und religiösen Praxen zu wahren. Zum anderen zur Abgrenzung von rassistischen Positionen, ob nun von der NPD oder durch Vertreter_innen der „Mitte der Gesellschaft“ vorgetragen. Die verfassungsmäßig verbriefte Religionsfreiheit steht dabei selbst nicht zur Debatte, wohl aber das Verhältnis zwischen Religion, Gesellschaft und dem oder der Einzelnen. Dass Rassismus sich verstärkt gegen Muslime/ Muslima richtet, steht außer Frage. Umstritten ist hingegen, ob diese Äußerungen einen neuen antimuslimischen Rassismus manifestieren, oder alte rassistische Ressentiments neu verhüllen. Umstritten ist auch, in welchem Verhältnis Religionskritik und Rassismus zueinander stehen.
Wie kann die notwendige Auseinandersetzung mit problematischen religiösen Praxen aussehen, ohne sich rassistischer und kulturchauvinistischer Argumentationsmuster zu bedienen – welche Rolle spielen dabei SprecherInnenpositionen und normative Bezugspunkte?
Mit einer dreiteiligen Veranstaltungsreihe wollen das Netzwerk gegen Islamophobie und Rassismus und das Aktionsnetzwerk Leipzig nimmt Platz an die Debatte im November anknüpfen. Im Zentrum steht die Vermittlung von Hintergrundwissen, die eine unaufgeregte und differenzierte Auseinandersetzung mit dem Islam und besonders der Strömung des Salafismus ermöglichen soll.
In der ersten Veranstaltung wird der Rahmen der Salafisten-Debatte in Deutschland ausgelotet: Ausgehend von einem gesellschaftlichen Zustand, in dem rassistische und antimuslimische Positionen mehrheitsfähig sind, widmet sich Pia Probst (Netzwerks gegen Islamophobie und Rassismus Leipzig) den Begriffen Islamfeindlichkeit und antimuslimischer Rassismus. Die anschließende Veranstaltung ist dem (vermeintlichen) Gegenstand der Debatte gewidmet. Florian Illerhaus stellt die muslimische Strömung der Salafit_innen vor und ordnet sie historisch und soziologisch ein. Zuletzt widmen sich Hannah Schultes und Sebastian Friedrich dem Medienereignis, der aktuellen Debatte um „Salafisten“. Dabei wird klar: Mit Salafisten ist ein neuer Stellvertreter für die deutsche „Islamdebatte“ gefunden. Um die religiöse Minderheitenströmung der Salafit_innen geht es dabei nicht.
4.3.13: „Zu Islamfeindlichkeit und antimuslimischem Rassismus“
18.3.13: „Salafit_innen“
25.3.13: „Medienereignis Salafismus“
Alle Veranstaltungen finden Montags um 19 Uhr statt. Im Anschluss an die Vorträge wird es Zeit für Fragen und Diskussionen geben.
Schillerstraße 6, Religionswissenschaftliches Institut, Raum S 102