– Bündnis 17. Oktober kritisiert den ordnungspolitischen Fokus der Debatte im Nachgang zum Aufmarsch der „Nationalen Sozialisten“
– Verschärfung des Versammlungsrechtes und Verbote von Demonstrationen sind kein Allheilmittel im Kampf gegen Neonazis und Ideologien der Ungleichheit
– Bündnis setzt Arbeit fort
Nach dem misslungenen Aufmarsch der „Nationalen Sozialisten“ am 17.10.2009 in Leipzig wird auf politischer Ebene und in den Medien hauptsächlich über Verbote und die Verschärfung des Versammlungsrechtes diskutiert. Dabei bleibt die Auseinandersetzung über die gesamtgesellschaftliche Verantwortung im Kampf gegen Neonazis und Ideologien der Ungleichwertigkeit auf der Strecke.
Dazu erklärt das Bündnis 17. Oktober, das unter dem Motto „Bitte nehmen Sie Platz“ zu Protesten gegen den Neonaziaufmarsch aufgerufen hatte:
„Wir kritisieren den ordnungspolitischen Fokus der Debatte um den Umgang mit Neonazis und deren Demonstrationen. Wir denken, dass dem Problem rassistischer, antisemitischer und antidemokratischer Ideologien nicht mit Verboten zu begegnen ist. Gerade das vergangene Wochenende hat gezeigt, dass es eines breiten gesellschaftlichen Widerspruchs gegen derartige Einstellungen und deren Träger bedarf. Ordnungspolitische Maßnahmen verhindern inhaltliche Auseinandersetzungen und die aktive Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen.
Wir plädieren hingegen für eine lebendige Demokratie, für zivilen Ungehorsam und Zivilcourage gegen Neonazis anstelle von Einschnitten in Grundrechte. Diese treffen immer auch andere gesellschaftliche Gruppen.
Die schwelende demonstrationsbezogene Verbotsdebatte halten wir in diesem Sinne für kontraproduktiv und verfassungsrechtlich fragwürdig. Ein Verbot von Demonstrationen der Neonaziszene muss im Einzelfall geprüft werden – das Versammlungsgesetz gibt dazu in § 15 bereits ausreichend Handhabe.“
Mit der Ankündigung einer Null-Toleranz-Strategie gegen „rechte und linke Extremisten“ im Nachgang zur erfolgreichen Verhinderung der Neonazidemonstration am 17.10. in Leipzig verunglimpft der Innenminister Markus Ulbig das antifaschistische Engagement der Gegendemonstranten am 17.10. Es waren und sind jedoch die Neonazis, die mit ihrer menschverachtenden Ideologie von ‘rassisch reinen’, wertvollen Menschen einerseits und Menschen mit geminderten oder gar keinen Grundrechten andererseits eine Gefahr darstellen. Sie, die Nazis, üben in Wort und Tat Gewalt aus, unterwandern gesellschaftliche Strukturen und bedrohen damit die Demokratie.
Insbesondere die Leipziger Neonaziszene ist für ihre gewaltsame Praxis bekannt. Erst vor zwei Wochen wurde ein linker Fußball-Fan Opfer eines Übergriffs, an dem auch bekannte Protagonisten der „Freien Kräfte“ beteiligt waren. Laut Statistik der Beratungsstelle für Betroffene rechter Gewalt der RAA findet in Leipzig regelmäßig rechte Gewalt statt (64 rechte Übergriff im Jahr 2008).
Das Bündnis 17. Oktober hat sich in einem ersten Auswertungstreffen darüber verständigt, seine Arbeit fortzusetzen. „Wir halten es auch nach dem 17.10. für dringlich geboten, dass sich die Leipziger Stadtgesellschaft wie auch Stadtverwaltung und Stadtrat kontinuierlich mit dem Problem menschenverachtender Ideologien und Gewalt auseinandersetzen und dagegen aktiv werden. Dazu wollen wir beitragen.“
Ein Gedanke zu „Pressemitteilung 22.10. – Nach dem Naziaufmarsch“